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HNA Online (Deutschland): In China sieht er keine Zukunft (Foto)

29. Juli 2008 |   Von Mark-Christian von Busse

(Minghui.de)

Yu erzählt, und Lu kritzelt in Windeseile winzige chinesische Schriftzeichen aufs Papier, um festzuhalten, was sie übersetzen soll. Es ist eine lange Geschichte, und es werden viele, viele Striche.

Lu die seit 1997 in Deutschland lebt, mit einem Deutschen verheiratet und zweifache Mutter ist, ist eigens aus Dortmund in Yu Zhangs Wohnung ganz am nördlichen Rand Kassels gekommen, damit die Öffentlichkeit seine Geschichte erfährt. Als wollten die beiden am Küchentisch dieser unscheinbaren WG frühzeitig der riesigen Olympia-Euphorie etwas entgegensetzen, die in den nächsten Wochen losbrechen wird und die für sie reine Propaganda für die Kommunistische Partei ist. Sportler aus der ganzen Welt werden bald nach Peking reisen. Der 30-jährige Yu Zhang, der seit November 2001 in Kassel lebt, fürchtet die Rückkehr in sein Heimatland, weil ihm, wie er sagt, Verfolgung droht. Er gehört der in China verbotenen Falun-Gong-Bewegung an. Nach seinem Examen an der Kunsthochschule Kassel hat er einen Asylantrag gestellt, über den noch nicht entschieden ist.

Yu Zhang studierte an der Kunstakademie in Shenyang, mit knapp sieben Millionen Einwohnern Hauptstadt der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas, als er zu Falun Gong fand. Er litt unter dem Druck des Studiums, unter Schlaflosigkeit und beobachtete, dass ein Freund sich durch diese spirituelle Lehre positiv veränderte. Zhang las das Falun-Gong-Hauptwerk und erkannte, dass, wie er es ausdrückt, die Falun-Gong-Prinzipien der Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht wichtiger seien als Ruhm und Reichtum. Dass er Abend für Abend mit anderen Quigong-Übungen machte, habe ihm Kraft gegeben.

Doch 1999 wurde Falun Gong verboten. Statt an der Akademie traf man sich heimlich zuhause, doch bald wurde die Familie (auch die Mutter praktiziert Falun Gong) bedroht, durch Verhöre sowie ständige Anrufe unter Druck gesetzt. Sein Vater, der eine gute Stelle in einer Bibliothek gehabt habe, sei zum Pförtner degradiert worden.

Als er mit anderen Falun-Gong-Mitgliedern eine Petition gegen das Verbot einreichen wollte, seien sie verhaftet, geschlagen, einige verschleppt, selbst kleine Kinder von ihren Müttern getrennt worden. Eine Bekannte sei an den Folgen von Folterungen gestorben. Es laufe eine unablässige Verleumdungskampagne in China, die Falun-Gong-Zugehörigkeit komme in die Akten, die die KP-Büros über jeden Chinesen führten: "Mit einem solchen Eintrag hat man nirgendwo eine Zukunft, in keiner Firma, in keinem Geschäft."

Mittels eines Tricks besorgte sich Zhang einen Pass, um auszureisen. Aber auch in Deutschland verfolge das offizielle China Falun Gong: Manche Studierende lieferten der Botschaft gegen Geld Spitzelberichte. Auch Ai Weiweis 1001 Chinesen seien während der documenta 12 genau beobachtet, die Kasseler Quartiere heimlich durchsucht worden, glaubt er. An einer Ausstellung chinesischer Studierender in der Evangelischen Studentengemeinde habe Zhang, der in Kassel bei Prof. Rolf Lobeck studierte, aus Furcht der übrigen Chinesen nicht teilnehmen können.

Hoffen auf TV-Wettbewerb

Yu Zhang will aufklären, deutlich machen, dass man der chinesischen KP nicht trauen dürfe, dass die den Westen "ausnutzt": "Olympia ist eine Ausrede, um die Diktatur fortzuführen." Gleichzeitig malt Zhang viel. Zurzeit setzt er seine ganze Hoffnung auf einen Wettbewerb, den der in New York von Auslands-Chinesen betriebene, unabhängige Fernsehsender New Tang Dynasty Television (NTDTV) veranstaltet - eine Art weltweites "China sucht den Superstar", nur dass es um "die Essenz und Schönheit der traditionellen chinesischen Kultur geht", wie es auf einem Flyer des Senders heißt. Die neun Disziplinen reichen von Klavier über Kampfkunst bis zum Kochen. Zhang will in der Disziplin "naturalistische Ölporträts" teilnehmen. Sein Bild soll Aufrichtigkeit, Schönheit, innere Kraft ausdrücken - eben das, wofür Falun Gong für ihn steht. (vbs)

Hintergrund: Die spirituelle Lehre von Falun-Gong

Falun Gong vereint Elemente des Buddhismus, Taoismus, der traditionellen Medizin und des Quigong. Die spirituelle Lehre basiert auf traditionellen chinesischen Übungen zur Vervollkommnung von Körper und Geist. Vorgestellt wurde sie 1992 durch Li Hongzhi. Das Hauptwerk dieses "Meisters" erschien 1995.
Vier Jahre später wurde die Bewegung, die sich selbst nicht als Religion betrachtet, verboten. Gemäß dem chinesischem Strafgesetzbuch verbreitet sie "Irrlehren bzw. abwegige Doktrinen". Nach Angaben von amnesty international dient dieser Passus, der Strafen bis zu lebenslanger Haft vorsieht, der Repression religiöser Minderheiten in China.

Seit 1999 seien hunderte Falun-Gong-Anhänger ohne Gerichtsverfahren und Urteil zur "Umerziehung durch Arbeit" inhaftiert worden. Amnesty sieht auch Hinweise darauf, "dass Folter und Misshandlung entweder systematisch geduldet oder gezielt angewendet werden". (vbs)


Quelle: http://www.hna.de//kulturstart/LINK00_20080723181718_In_China_sieht_er_keine_Zukunft.html