Der Prozess Informationen aus dem Arbeitslager hinauszubringen - Ergänzung zum Brief „Made in China“

(Minghui.org) Redaktioneller Hinweis: Guo Jufeng lebt seit 2008 in Deutschland. Er arbeitete früher als Ingenieur in der Stadt Dalian, Provinz Liaoning. In Festlandchina wurde er wegen der Ausübung seiner Kultivierungspraktik Falun Gong viermal inhaftiert. Die letzte Haftzeit verbrachte er in drei verschiedenen Arbeitslagern, wo er mit über dreißig Arten psychischer und körperlicher Folter gequält wurde.

Zwölf Praktizierende, die er persönlich kannte, haben während der Verfolgung ihr Leben verloren. Darunter stammten sieben aus der Stadt Dalian und fünf waren unter 18 Jahre alt. Frau Wang Qiuxia, Herr Wang Zhehao und Herr Guo trafen sich früher oft am Übungsplatz in dem Gebiet Shahekou der Stadt Dalian. Vor der Verfolgung im Jahr 1999 gab es dort über 300 Praktizierende. Frau Wang wurde im Dalian Arbeitslager zu Tode geprügelt, weil sie sich weigerte, ihren Glauben an Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht aufzugeben. Auch Herr Wang wurde in verschiedenen Arbeitslagern schwer gefoltert, im Huludao Arbeitslager schlug man ihn so schwer, dass sein ganzes Gesicht mit Blut bedeckt war. Im Dezember 2004 starb er im Alter von nur 27 Jahren an den Folgen jahrelanger Verfolgung.

Herr Cao Yuqiang und Herr Guo wurden in drei verschiedenen Arbeitslagern festgehalten. Erst nach einem gemeinsamen Hungerstreik kamen sie frei. Herr Cao wurde später erneut verhaftet und verfolgt, bis er an den Auswirkungen starb.

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Nachdem ich den Artikel „Hilferuf aus einem chinesischen Zwangsarbeitslager treibt Untersuchung durch US-Regierung an“ (http://de.minghui.org/artikel/71591.html) auf Minghui gelesen hatte, war ich teils erschüttert, teils berührt. Der Mut des Briefverfassers und die Tatsache, dass der Brief so viele Eisentore und Prüfstellen glücklich passiert hatte, bis er in die Hände einer gütigen Person gelangte, bewegte mich sehr. Welche Folgen hätte es gehabt, wenn dieser Brief während des Versands entdeckt worden wäre? Was wäre gewesen, wenn der Empfänger diesen Brief nicht entdeckt hätte? Was wäre, wenn der Brief in die Hände einer gleichgültigen Person geraten wäre? Aber dieser Brief ist durchgekommen, denn er war von Buddhas und Gottheiten gesegnet!

Aus dem Inhalt geht nicht hervor, wo und unter welchen Bedingungen der Verfasser oder die Verfasserin den Brief geschrieben hat. Ich erinnerte mich wieder an meine eigene Haftzeit im Arbeitslager, wo es mir ebenfalls gelang, einen Brief aus dem Lager hinauszuschicken. Vielleicht können meine persönlichen Erlebnisse dazu beitragen, dass Frau Julie Keith (Amerikanerin, sie entdeckte den Brief) und andere Interessierte die Umstände innerhalb eines Arbeitslagers und die Schwierigkeiten Informationen über die Brutalität in den Lagern herauszuschmuggeln, besser verstehen lernen.


Die normale Kommunikation ist sehr erschwert

Ich komme aus der gleichen Provinz Liaoning, wie der Verfasser des Briefes. Vor zwölf Jahren wurde ich gesetzwidrig und ohne Gerichtsverfahren zu zweieinhalb Jahren Zwangsarbeitslager verurteilt. Sie brachten mich in das Arbeitslager Huludao in der Provinz Liaoning. Es war meine dritte Haft in einem Arbeitslager. In meiner Zelle war auch Herr Cao Yuqiang inhaftiert, der später an den Folgen der Verfolgung starb.

Wir mussten uns den ganzen Tag in der Zelle aufhalten. Auf derselben Etage befanden sich noch andere Praktizierende, aber wir wurden von ihnen isoliert. Zwei Häftlinge überwachten uns 24 Stunden am Tag. Unsere Zelle war die erste auf der rechten Seite des Gebäudes. Wenn ich zur Toilette musste, musste ich einen langen Gang entlang laufen. An der Decke befanden sich überall Überwachungskameras. Wir wurden ständig überwacht, auch beim Zähneputzen, beim Waschen oder bei der Benutzung der Toilette. Die überwachenden Häftlinge kontrollierten uns auf Schritt und Tritt. Es wurde uns untersagt mit anderen Praktizierenden den Kontakt aufzunehmen, mit ihnen zu kommunizieren oder sie in ihren Zellen zu besuchen. Wir durften die Mahlzeiten nur in unserer Zelle einnehmen.

Nach meiner Ankunft gab mir Herr Cao nähere Informationen über bestimmte Vorfälle weiter. Aber unter der sehr strengen Überwachung war es uns fast unmöglich, frei miteinander zu sprechen. Jegliche Konversation über Falun Gong war strikt untersagt. Angesichts der seltenen Möglichkeiten dauerte es lange, bis er mir die vollständigen Informationen weitergeben konnte.

Wir sprachen vor allem über unsere Erfahrungen in dem früheren Arbeitslager Gunanshanzi, in dem wir vorher festgehalten wurden, es liegt in der Provinz Liaoning. Es gibt in der Provinz Liaoning zwei Arbeitslager: Das Masanjia Arbeitslager, das in dem Brief erwähnt wird und in dem sich vor allem weibliche Falun Gong Praktizierende befinden und das Guanshanzi Arbeitslager, indem hauptsächlich männliche Falun Gong Praktizierende inhaftiert sind. In beiden Arbeitslagern werden die Falun Gong Praktizierenden von den Lagerwachen gefoltert und zur Zwangsarbeit gezwungen.

Anfang August 2001 wurden 20 Falun Gong Praktizierende einschließlich Herrn Cao und mir heimlich vom Arbeitslager der Stadt Dalian in das Guanshanzi Arbeitslager verlegt. Ab dem vierten Tag wurden wir dort abwechselnd gefoltert. Sie sperrten uns in sehr kleine Zellen und zwangen uns, in einem Steinbruch oder einer Lehmgrube zu arbeiten.

Herr Cao und ich waren die einzigen die Einzelheiten über das Guanshanzi Arbeitslager wussten. Da wir nun beide in der gleichen Zelle im Huludao Arbeitslager eingesperrt waren, sprachen wir über die dortige Situation und die Umstände, mit denen die inhaftierten Praktizierenden konfrontiert waren. Schließlich fassten wir den Entschluss, die wahren Begebenheiten über die Verfolgung nach draußen zu bringen. Das erschien uns damals wie ein Wundermärchen.

Denn die erste Schwierigkeit war, dass wir weder Papier noch einen Stift besaßen. Alle Informationen, die mir Herr Cao übermittelte, waren sehr wichtig. Aufgrund der ununterbrochenen Überwachung, musste ich alles was er mir sagte, auswendig lernen. Eine weitere Möglichkeit es nochmals zu besprechen, gab es meist nicht mehr. Als er mir alle relevanten Informationen über fünf inhaftierte Praktizierende gegeben hatte, musste ich aufpassen, dass ich die Informationen der Opfer nicht durcheinander brachte: Wer, war wann in eine kleine Zelle gesperrt? Wie oft? Für wie lange...

Ich wiederholte die Informationen jeden Tag, um sie im Gedächtnis zu behalten. Ich dachte nicht darüber nach, ob unsere Idee erfolgreich sein würde, sondern konzentrierte mich auf das, was ich tun sollte und wartete auf eine Gelegenheit. Ich erinnerte mich immer wieder an ein chinesisches Sprichwort: „Der Glaube kann Berge versetzen.“

Ein Stift aus dem Nirgendwo

Irgendwann sagte mir Herr Cao, dass er einen Stift gefunden hatte. Ich war sehr glücklich und musste fast weinen. Doch ich durfte meine Freude nicht zeigen, nicht einmal mit einem Lächeln. Der sogenannte Stift war in Wirklichkeit nur eine Mine. Ich bewunderte die Hartnäckigkeit, von Cao, fand aber nicht heraus, wie er an den Stift herangekommen war. Vielleicht besaß er einen vollständigen Stift, musste sich aber des Restes entledigen.

Mit dem Stift nahm unser Plan Gestalt an. Auch wenn es schwieriger war, mit einer Mine zu schreiben, für unser Vorhaben reichte es. Ich dankte den Gottheiten für diesen Gefallen. Glücklicherweise reichte auch die Farbe des Stiftes, um den gesamten Text aufzuschreiben.

Ich stellte alle Informationen in meinen Gedanken zu einem Entwurf zusammen. Wir hatten einen Stift, aber noch kein Papier! Als einzige Möglichkeit fiel mir das Toilettenpapier ein, es war zwar weich, könnte aber gehen. Das nächste Problem war: Wann schreibe ich? Am Tag ging es überhaupt nicht, nachts brannte auch überall das Licht. Die diensthabenden Gefangenen liefen die ganze Nacht hin und her. Die beste Zeit wäre nach Mitternacht bis in den frühen Morgen hinein. Es war auch kein Problem nachts nicht zu schlafen, viel wichtiger war es, die wahren Fakten weiterzugeben!

Ich ermutigte mich selbst und unterdrückte die Angst und die Sorge. Ich durfte vor allem nicht meinen negativen Gedanken nachgeben: „Wird es funktionieren? Vielleicht erreicht er den Empfänger nicht? Werden sie mich foltern, wenn Sie ihn entdecken? Weiß irgendein Gefangener von meinem Plan? Warten sie nur auf eine Gelegenheit, um etwas gegen mich in der Hand zu haben?"

Sobald diese Art Gedanken auftauchten, bereinigte ich sie.

Kein Schlaf in jener Nacht

Die Szenen die anschließend folgten waren mit all jenen Konflikten und Ängsten beladen, die die meisten Menschen nur in Filmen sehen können. Aber es war kein Film, sondern harte Realität. Wenn mein Plan entdeckt wurde, müsste ich mit Folter durch Elektroschocks und anderen Foltermethoden rechnen.

Als ich in jener Nacht die Augen schloss, stellte ich den Artikel in Gedanken fertig. Ich musste ein normales Verhalten beibehalten und auf die Verhaltensweisen der diensthabenden Häftlingen achten, wie zum Beispiel, wann er sich nah an der Zelle aufhielt, wann er weiter weg war und wie viel Zeit er benötigte bis er zurückkam.

Es war sehr ruhig nach Mitternacht. Ich nahm sehr sorgsam den Stift und das Papier und bat um den Segen der Buddhas und Gottheiten. Dann begann ich zu schreiben. Ich zog die Decke über meinen Mund bis zu den Augen hoch. Augen und Ohren mussten frei bleiben, damit ich den diensthabenden Gefangenen beobachten konnte. Hätte ich mich unter der Decke versteckt, wäre es zu dunkel gewesen und die anderen Gefangenen hätten Verdacht geschöpft.

Als der diensthabende Gefangene sich mir mit dem Rücken zuwandte, konnte ich mich etwas bewegen und ein bisschen Raum unter der Decke schaffen. Da ich das Geschriebene nicht sah, durfte die Schriftgröße nicht zu groß sein. Wenn der diensthabende Gefangene auf mich zukam, hörte ich mit dem Schreiben auf, damit mir bei etwas Unvorhergesehenen noch Zeit blieb, zu reagieren, das Papier zu schlucken oder den Stift zu verstecken. Mein Geist war die ganze Zeit über sehr konzentriert und wach.

Als ich den Brief fertig geschrieben hatte, war er über 2.800 chinesische Schriftzeichen lang.

Timing ist alles

Nun war der Artikel fertig und ich musste ihn an einem sicheren Ort verstecken. Meine Tasche war keiner guter Platz, denn die Zellen wurden willkürlich durchsucht…

Eines Tages kam dann die Familie eines wegen Diebstahls verurteilten Gefangenen zu Besuch. Er fragte mich leise: „Brauchst du von mir irgendeine Hilfe?" Ich dachte unsicher: „Will er mir wirklich helfen? Was ist wenn er den Brief hat, wird er mich bei der Polizei anzeigen? Er ist ein Dieb, kann ich ihm vertrauen? Auch wenn er mir helfen will, kann er es schaffen?" Ich musste mich schnell entscheiden, seine Familienangehörigen warteten bereits im Besuchszimmer. Ich dachte einen Augenblick nach und sagte: „Ich muss noch zur Toilette."

Er ging mit. Ich überlegte weiter und kam zu dem Entschluss: „Der Artikel ist geschrieben, nun muss er nach draußen, egal auf welche Weise. Ich werde einfach diese Gelegenheit nutzen."

Als wir bei den Toiletten angekommen waren, fragte ich den Gefangenen, ob er mir seine Zigarettenbox geben könnte. Er gab sie mir. Dann nahm ich den Brief und bat ihn: „Bitte, sende ihn zu dieser Adresse. Danke.“ Danach schickte mich der Gefangene zurück und ging zu seiner Familie.

Die nächsten zwei Tage war ich sehr nervös, weil ich nicht wusste, ob der Brief auch weitertransportiert wurde. Ich wurde oft von üblen Gedanken geplagt: „Was mache ich, wenn jetzt eine Gruppe von Wächtern in meine Zelle stürmt?“ Diese düsteren Gedanken fraßen sich in meinen Geist und trieben mich durch ein erstickendes Meer der Finsternis. In solchen Situationen erinnerte ich mich an die Wichtigkeit des Briefes und den Grund, warum ich ihn schrieb.

Schlussendlich erreichte der Brief meinen Freund. Er war schockiert und leitete die Informationen an die Minghui Webseite weiter. Der Artikel wurde am 18. Mai 2002 veröffentlicht: „Falun Dafa Practitioners' Fa Rectification Path at the Guanshanzi Forced Labor Camp, Liaoning Province” (http://en.minghui.org/emh/articles/2002/5/28/22527.html) Damals befand ich mich seit fünf Tagen im Hungerstreik. 24 Tage danach wurde ich bedingungslos entlassen.

Drastische Folgen, bei der Entdeckung eines geschmuggelten Briefes

Die Versuche, Informationen aus dem Gefängnis oder einem Arbeitslager herauszubringen, verlaufen nicht immer erfolgreich. Ein Falun Gong Praktizierender, der fünf Jahre im Huazi Gefängnis in der Stadt Liaoyang der Provinz Liaoning verbrachte, erzählte mir: „Ein Gefangener hat bei seiner Entlassung der Bitte eines Falun Gong Praktizierenden entsprochen und einen Brief angenommen, um ihn aus dem Gefängnis hinauszuschmuggeln. Bei der letzten Durchsuchung vor dem Verlassen des Gefängnisses wurde der Brief entdeckt. Der Gefangene wurde für ein weiteres Jahr ins Gefängnis gesteckt.“

Viele Produkte, die in Arbeitslagern hergestellt werden, sind in der Außenwelt schon bekannt. Eine Gefangene im Frauengefängnis in Shanghai, sagte mir einmal, dass sie Zehntausende britische Fähnchen, angeblich für den Geburtstag der Queen, hergestellt hätten.

Die Mutter eines meiner Freunde ist derzeit in der zweiten Abteilung des Ersten Frauengefängnisses der Provinz Shandong inhaftiert. An zwei Montagebändern arbeiten 50 Sklavenarbeiter, pro Tag jeweils 15 und 16 Stunden. Die Gefangenen haben zwischenzeitlich 5.000 bis 6.000 Fischereischiffe hergestellt. Die Fischereiboote gehören zu der Weihai Guangwei Fischerei der Provinz Shandong, deren Produkte in über 70 Ländern der Welt exportiert werden.

Das Arbeitslager bezahlt den Arbeitern keinen Lohn. Ein normal arbeitender Betrieb müsste für diese Arbeitsleistungen einen Betrag von 300.000 Chinesischen Yuan (~36.520 Euro) pro Monat aufwenden. Dieser Berechnung liegen tägliche Arbeitskosten von 200 Yuan (~24 Euro) zugrunde, hochgerechnet auf die 50 Arbeiter. Arbeitslager haben keinen Aufwand an Arbeitskosten, sie machen nur illegalen Profit.

Als die Menschen das erste Mal von den Konzentrationslagern der Nazis in Deutschland hörten, konnten es viele kaum glauben. Diese traurige Wahrheit schockierte alle. „Das Tagebuch der Anne Frank" wird als eines der wichtigsten Bücher des 20 Jh. betrachtet. Es sind die Alltagserlebnisse der Familie von Anne, die sie in ihrem Versteck in den geheimen Räumen eines Hinterhauses in Amsterdam durchmachten, um einer Verhaftung zu entgehen.

Heute geschehen solche schreckliche Szenen jeden Tag in China. Dutzende Millionen Falun Gong Praktizierende werden gezwungen, Zwangsarbeit zu verrichten oder werden als Lebend-Organbank für einen lukrativen Organhandel benutzt. Diese Dinge sind eine Herausforderung an uns alle, weil es das Fundament der menschlichen Moral betrifft. Deshalb rufe ich alle gütigen und mutigen Menschen weltweit auf, sich zu vereinen, um dieser Verrohung der menschlichen Moral Einhalt zu gebieten.