Falun Gong aus der Perspektive eines Wissenschaftlers - Teil 1 (Foto)

(Minghui.org) Herr Zhong Weiguang ist ein in Deutschland lebender chinesischer Wissenschaftler und Autor. Er begann seine Untersuchung von Falun Gong nach dem Appell vom 25. April 1999. Damals hatten sich 10.000 Falun Gong-Praktizierende friedlich in Peking versammelt, um bei der Regierung eine faire Behandlung einzufordern. Herr Zhong teilte seine Beobachtungen in einem Interview mit Minghui.org mit.

Das Folgende wurde auf der Grundlage einer Mitschrift des Interviews geschrieben und ausformuliert.

Zhong Weiguang

Der Appell vom 25. April 1999 erregte meine Aufmerksamkeit

Im Sommer 1999 las ich eine Nachricht über den Appell vom 25. April 1999 in einer deutschen Zeitung. Vordem hatte ich nichts über Falun Gong gewusst. Daher war ich überrascht und etwas schockiert, aber auch erfreut.

Die Chinesen in Festlandchina sind durch so viele „Kämpfe“ gegangen. Insbesondere das Tiananmen Massaker von 1989 hat die Erinnerung an den Terror durch die Hand des eigenen Regimes verstärkt. Und doch hatten sich, 10 Jahre nach dem Massaker, erneut 10.000 Chinesen friedlich in der Nähe des Zhongnanhai Regierungskomplexes versammelt. Ich konnte es kaum glauben.

Diese Menschen waren ruhig und räumten [nach ihrem Appell] selbst alles auf, bevor sie wieder gingen. Ich war auch darüber erstaunt, da wir Chinesen alle wissen, dass unsere Landsleute solchen Dingen nicht so viel Beachtung schenken. Wenn in China 10.000 Menschen spontan an einer Veranstaltung teilnehmen und dann die Umgebung säubern und aufräumen, bevor sie gehen, zeigt das doch ihren guten Charakter und Willen. Sie sind schon anders als die alltägliche Bevölkerung.

Eigentlich hat der damalige Appell nicht so lange gedauert. Die nachfolgende Niederschlagung löschte Falun Gong auch nicht aus. Im Grunde genommen dauert der Appell bis zum heutigen Tage an. Falun Gong hat sich in der ganzen Welt verbreitet.

Anfangs konnte ich die Nachricht kaum glauben. Ich weiß zu gut, dass die Jahrzehnte anhaltende Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) die chinesischen Traditionen völlig zerstört hat. Die traditionelle chinesische Kultur wurde so oft immer wieder sabotiert, dass sie einem Stück Ackerland gleicht, das pausenlos umgepflügt wurde. Der Schaden ist umfassend.

Doch dieses Mal - als die Sabotage anscheinend ihren Gipfel erreicht hatte - tauchte Falun Gong auf! Ich war freudig überrascht. Doch konnte ich nicht herausfinden, woher seine Stärke kam.

Damals konnte ich die Kraft der Kernprinzipien von Falun Gong – Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht – noch nicht nachvollziehen. Später erkannte ich, dass dieser Glaube tief in den Seelen der Kultivierenden verwurzelt ist. Andernfalls hätten sie nicht solch einen hohen Grad an Charakter entwickeln können.

Nach einiger Zeit erkannte ich, dass der Appell vom 25. April durch die von He Zuoxiu, einem politisch motivierten Wissenschaftler, betriebene Verleumdungen ausgelöst worden war. Bevor ich 1988 nach Deutschland kam, arbeitete ich am Institut für Wissenschaftsgeschichte an der Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften. Somit wusste ich über solche Leute wie He Zuoxiu Bescheid. Ich wusste auch, dass die „akademischen Gedanken“ des „Wahrheitsdezernats“ lediglich politische Propagandawerkzeuge für zunehmende Attacken waren. Dies alles diente dazu, die Macht der KPCh aufrechtzuerhalten.

Die von Yu Guangyuan angeführten „intellektuellen Eliten“ des Propagandadezernats sind zuständig für die Medienzensur. Sie kreieren fabrizierte Nachrichten. Diese Propagandataktik wurde im Jahre 1949 entwickelt. Die Teilnehmer dieser Gruppe wurden später zum Rückgrat der KPCh und ihrer ideologischen Vertreter in den Bereichen Dialektik, Rhetorik, Philosophie und der Wissenschaftsgeschichte. Die ideologischen Artikel, die bei verschiedenen Verfolgungskampagnen dem Angriff dienten, wurden von dieser Gruppe geschrieben.

He Zuoxiu begann seine Karriere, indem er die Aktentasche für Yu Guangyuan trug. Später wurde er in die frühere UdSSR geschickt, um dort Physik zu studieren. Liu Dun, der Leiter des Instituts für Wissenschaftsgeschichte ist, gehört ebenfalls dieser Gruppe an.

Meine Überlegungen, nachdem ich Falun Gong kennengelernt hatte

Ich erwarb mein Grundwissen über die Philosophie im Selbststudium, als ich während der Kulturrevolution 1969 aus der Stadt aufs Land verbannt wurde. Während ich darüber nachdachte, erkannte ich, dass ich 20 Jahre zuvor von der KPCh getäuscht worden war. Damals glaubte ich schon nicht mehr an den Marxismus.

Im Jahre 1970 begann ich meine systematischen Studien in Philosophie, Mathematik, Physik, Fremdsprachen und Geschichte. Ich wollte in der Lage sein, die wahre Natur der KPCh klar darzustellen und zu erläutern. In den frühen 1980ern wurde ich Doktorand am Institut für Wissenschaftsgeschichte an der Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften.

1999 stieß ich auf einige westliche Bücher über Totalitarismus. Besonders die Werke von G. Dahrendorf interessierten mich. Gemäß Dahrendorf besitzt der Totalitarismus zwei Hauptcharakteristiken: einen Gegensatz zu zeitgenössischen Menschenrechten und Freiheit und eine Grundhaltung traditionellen Werten gegenüber. Außerdem sagt Dahrendorf, dass Totalitarismus Widerstand und Konfrontation verpflichtet sei.

Ich wunderte mich, warum ich nie einen Widerstand oder Bewegungen der traditionellen Kraft gegen das Regime gesehen hatte, obwohl das Regime von Anfang an gegen die traditionelle Kultur gewesen war. Nach den 1990er Jahren schienen viele Regionen in China  oberflächlich gesehen den Traditionen gar nicht mehr so sehr abgeneigt zu sein. Sie übernahmen sogar einige Formalitäten der traditionellen Kultur. Konnte die KPCh denn mit der traditionellen Kultur friedlich koexistieren?

Dies war genau der Zeitpunkt, als Falun Gong auftauchte. Während eines Interviews, das ich der British Broadcasting Corporation (BBC) Ende 1999 gab, deutete ich an, dass Falun Gong das Erwachen und die Wiederbelebung der traditionellen chinesischen Kultur repräsentiere und nicht das Ergebnis der prodemokratischen Bewegung von 1989 sei. Meine Sichtweise war damals nur eine grobe Theorie.

Im Februar 2001 war ich in Berlin bei einigen Protestaktivitäten anlässlich des Besuches des Generalsekretärs Jiang Zemin anwesend. Es war das erste Mal, dass ich einen Falun Gong-Praktizierenden kennenlernte. Diese Erfahrung half mir, eine Perspektive aus erster Hand zu gewinnen.

Ich wusste, dass einige der heutigen Falun Gong-Praktizierenden im Jahre 1989 an den Studentenprotesten teilgenommen hatten. Diese Falun Gong-Praktizierenden fuhren lange Strecken, um an den Berliner Protesten teilzunehmen, und das trotz der kalten Witterung. Ich war tief beeindruckt.

Falun Gong-Praktizierende handeln nach ihrem Herzen und nicht nach Anweisungen einer Organisation oder für persönliche Vorteile. Als ich einen Praktizierenden fragte, wie viele denn zu den Protestaktivitäten kommen würden, meinte dieser, dass er es nicht wisse. Er wisse nur, dass die Leute kommen würden, sobald es an der Zeit sein würde. Ehrlich gesagt, ich war skeptisch. Ich dachte, dass mir die wahren Informationen nicht gegeben wurden, weil ich ein Außenseiter war. Aber 10 Jahre später glaubte ich seinen Worten. Jede Aktivität wurde auf diese Weise behandelt und die Veranstaltungen sind immer so gewesen.

Die gegenwärtige Logik der chinesischen Sozialwissenschaft ist eigenartig. Zum Beispiel ist der Appell vom 25. April nicht nachvollziehbar für die Chinesen, die unter der Herrschaft der KPCh so viele brutale Verfolgungen durchgemacht haben, besonders nach der blutigen Niederschlagung 1989. Dass sich so viele Menschen in der Nähe von Zhongnanhai versammelt haben, kann mit der heute üblichen Logik der Chinesen nicht erklärt werden. Wenn wir es aber von einer anderen Perspektive aus betrachten, nämlich aus der Perspektive eines Menschen mit einem wahren Glauben, dann wäre eine Nicht-Teilnahme unlogisch.

Diese Darstellung beabsichtigt, allen Chinesen (einschließlich mir) zu zeigen, dass die Mentalität und Logik der heutigen Chinesen sich sehr stark von denen der Menschen einer normalen Gesellschaft unterscheiden. Die Ursache liegt in der lang anhaltenden Kontrolle durch die KPCh, die unsere Gesellschaft ständig manipuliert und schließlich zerstört hat.

Ich las in den 30 Jahren vor 1999 viele Bücher. In den frühen neunziger Jahren hörte ich auf, über die westliche Denkweise der Bezugssysteme nachzugrübeln und begann, die traditionelle chinesische Kultur neu zu bewerten. Aus meinem Bedürfnis, kulturelle Phänomene zu untersuchen, begann ich meine Recherchen über Falun Gong. Dadurch wurde mein Verständnis über die traditionelle chinesische Kultur als auch über die Welt inspiriert und erweitert.

(wird fortgesetzt)