Die Verantwortung einer Stiefmutter

(Minghui.org) Meine erste Ehe dauerte nicht lange. Als mein Mann wegen chronischer Nierenerkrankung verstarb, war ich Anfang dreißig und meine Tochter gerade einmal drei Jahre alt.

Über einen Freund traf ich den Mann, mit dem ich heute verheiratet bin. Er war alleinerziehender Vater mit einer Tochter, die sehr verwöhnt war. Er hatte nicht viel Geld, war aber ehrlich und freundlich. Wir heirateten und ich wurde für seine Tochter die Stiefmutter.

Im Jahre 1997 begann ich mit dem Praktizieren von Falun Dafa, um meine Gesundheit zu verbessern. Aber ich merkte schnell, dass dieser Übungsweg auch eine moralische Anleitung beinhaltet. Geleitet von den Prinzipien des Fa begegnete ich meiner Stieftochter mit Gutherzigkeit, auch wenn sie mir feindlich gegenüber gesinnt war. Schließlich half ich ihr dabei, ihr Leben neu zu gestalten. Heute nimmt sie Dafa gegenüber eine sehr unterstützende Rolle ein und wurde entsprechend gesegnet.

Die ersten Jahre

Als mein jetziger Mann und ich heirateten, konnte mich meine Stieftochter überhaupt nicht anerkennen. Sie liebte ihre leibliche Mutter und hegte mir gegenüber eine Abneigung. Die meiste Zeit ignorierte sie mich und wenn sie jemals mit mir sprach, schrie sie mich an.

Einmal sagte ich zu ihr: „Meine Liebe, es ist nicht höflich, mit anderen so zu reden. Wer dich hört, denkt, du seist unhöflich. Warum nennst du mich nicht einfach ‚Tante‘? Daraufhin begann sie zu weinen. Sie weinte jedes Mal, wenn ich mit ihr sprach, obwohl ich versuchte, nett zu sein.

Meine Tochter und meine Stieftochter gingen in die gleiche Grundschule. Wenn sie nachmittags von der Schule nach Hause kamen, verweigerte meine Stieftochter meiner Tochter den Zutritt ins Haus. Erst kurz bevor ich nach Hause kam, öffnete sie ihr die Tür. Meine Tochter stand dann die ganze Zeit draußen vor der Tür oder hockte sich hin, wenn sie müde wurde.

Einmal war meine Tochter krank. Ich verließ früher die Arbeit, um sie zum Arzt zu bringen. Als ich auf den Hof kam, sah ich, wie meine Tochter aus dem Haus ging. Meine Stieftochter warf die Schultasche meiner Tochter hinter ihr her und trat die Tür anschließend zu. Ich blieb ruhig, nahm die Tasche und ging ins Haus. Meine Stieftochter schrie: „Nimm sie weg!“ Als ich sie fragte, wohin ich sie legen solle, sagte sie nichts und begann nur zu weinen.

Ein anderes Mal kam ich von der Arbeit nach Hause und stieß auf meine Stieftochter, als sie gerade ihre Socken in einer Plastikschüssel wusch. Als sie mich sah, goss sie das Wasser samt den Socken in die Toilette. Ich sagte nichts. Dann nahm sie die Schüssel und warf sie mir direkt vor die Füße.

Ich fragte sie: „Warum hast du die Schüssel nicht einfach abgelegt? Warum musstest du sie werfen? Sie kann kaputt gehen, wenn du sie wirfst.“ Sie antwortete: „Ich habe versucht, dich damit zu treffen.“ Ich wurde sehr wütend, erinnerte mich aber daran, dass ich eine Kultivierende bin und ruhig bleiben sollte.

Der Schule verwiesen

Nach der 8. Klasse wurde meine Stieftochter der Schule verwiesen. Ihrer Erklärung zufolge geschah dies, weil sie sich nichts sagen lassen wollte. Sie verbrachte ihre ganze Zeit in Internet-Cafes, wo sie ihr gesamts Geld ausgab, um sich dort mit älteren Kindern die Zeit zu vertreiben. Meine Stieftochter ist ein großes, hübsches Mädchen und erregt durch ihr Auftreten viel Aufmerksamkeit, wohin sie auch geht.

Einmal log sie mich an und sagte, sie würde ihre Mutter zwei Tage lang besuchen. Als ihre Freunde am nächsten Tag zu uns kamen, um sich mit ihr zu treffen, sagte ich zu ihnen, dass sie bei ihrer Mutter sei. Sie erzählten mir daraufhin, dass sie nicht mehr dort und schon lange zurückgekommen sei. Ich machte mir Sorgen, wusste aber nicht, wo ich nach ihr suchen sollte. Ihre Freunde sagten mir, ich solle in den Internetcafés nachsehen.

Ich nahm mir den Tag frei und fuhr durch die ganze Stadt, um nach ihr zu suchen. Da ich keine Ahnung hatte, wo die ganzen Internetcafés waren, nahm ich mir ein Taxi und bat dem Fahrer, bei jedem Internetcafé zu halten, das er kannte. Dann fand ich sie endlich.

Als ich vor ihr stand, war sie keineswegs überrascht, mich zu sehen. Sie fragte mich: „Was machst du hier?“ Ruhig sagte ich zu ihr: „Gehen wir nach Hause. Hör auf zu spielen. Dein Vater sucht dich überall und zerbricht sich den Kopf, wo du sein könntest.“ Sie antwortete: „Ich gehe nach Hause, wann ich es will!“

Da mein Mann seine Tochter kaum erzogen hatte, musste ich oft die „böse Polizistin“ sein. Ich sagte zu ihr: „Wenn du ausziehen willst, brauchst du dich nicht um mich keine Sorgen zu machen. Aber denke an deinen Vater; er ist schon in den Fünfzigern und muss schwere körperliche Arbeit verrichten, um für dich zu sorgen. Er liebt dich so sehr. Bist du sicher, dass du deinem Vater so etwas antun möchtest?“ Da warf sie ein: „Wenn ich ausziehe, dann nur, weil du mich vertrieben hast.“ Ich wurde derart wütend, dass ich zu zittern begann. Ich konnte einfach nicht ruhig bleiben, so sehr ich es auch versuchte.

Meine Fehler suchen

Einige Tage lang konnte ich ihre verletzenden Worte nicht aus dem Kopf bekommen. Ein Mitarbeiter fragte mich: „Was ist los? Du siehst aus, als würdest du gleich weinen.“ Ich zwang mir ein Lächeln aufs Gesicht und erwiderte: „Ich bin in Ordnung.“ Aber in Wahrheit war es tatsächlich so, dass ich am liebsten an Ort und Stelle laut losgeweint hätte. Ich konnte einfach nicht herausfinden, wo mein Fehler lag. Als meine Stieftochter vermisst wurde, war ich so besorgt gewesen und hatte überall nach ihr gesucht. Ich hatte sie wie meine eigene Tochter behandelt. Warum konnte sie nicht sehen, wie sehr ich mich um sie bemühte?

Zu jener Zeit wurde die neue Fa-Erklärung des Meisters auf der Fa-Konferenz in Philadelphia veröffentlicht. Als ich die folgende Stelle las, schmolzen all mein Groll und die Wut, als ob eine Tür in meinem Herzen geöffnet wurde.

Der Meister sagte:

„Es ist Toleranz, immens große Toleranz“ (Li Hongzhi, Fa-Erklärung auf der Fa-Konferenz 2002 in Philadelphia in den USA, 30.11.2002)

Ich erkannte, dass ich nicht tolerant genug war. Die Worte des Meisters weckten mich auf und ich wusste, was ich zu tun hatte.

Am nächsten Tag plante ich, Knödel zu kochen und mit meiner Stieftochter zu sprechen. Als sie vor dem Abendessen rausgehen wollte, bat ich sie, zu bleiben und mir zu helfen. Sie grinste höhnisch.

Ich sagte: „Ich möchte mit dir reden. Wir beide hatten in letzter Zeit viele Konflikte und Streitigkeiten. Seit Jahren kultiviere ich mich im Dafa, dennoch habe ich es nicht gut gemacht. Es ist meine Schuld. Ich war nicht geduldig genug mit dir.“ Sie begann zu weinen, noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte.

Ich fuhr fort und sprach über die Prinzipien von Dafa, unsere Beziehung und die Familie. Wir hatten ein wirklich gutes Gespräch. Obwohl ich es war, die die meiste Zeit sprach, hörte sie still zu und nickte hin und wieder.

Vermisst

Eines Tages lernte meine Stieftochter einen jungen Mann aus Hubei kennen und die beiden begannen, sich zu treffen. Einmal ging sie, ohne unser Wissen, mit ihm, um einen seiner Verwandten zu besuchen. Mein Mann und ich hatten keine Ahnung, wo sie war. Wir riefen alle ihre Freunde an, bis einer von ihnen schließlich sagte, dass sie mit einem Mann aus Hubei mitgegangen sei. Ich wusste nicht, was ich denken sollte; ich dachte, sie wäre entführt worden. Sie war noch ein Teenager und ich war sehr besorgt um ihre Sicherheit.

Deshalb rief ich ihre Mutter an. Gemeinsam nahmen wir einen Zug nach Harbin und suchten am dortigen Hauptbahnhof nach ihr. Ich erkannte, wie sehr ich mich um sie sorgte. Ich war so besorgt, dass ich laut zu weinen begann. Ihre Mutter dagegen war ruhig und gefasst. Sie versuchte, mich zu trösten, und sagte: „Mach dir keine Sorgen. Sie wird in Ordnung sein.“ Als wir sie endlich fanden, konnte sie überhaupt nicht verstehen, warum wir uns solche Sorgen gemacht hatten.

Ich habe diesen Vorfall nach unserer Ankunft zuhause nie wieder erwähnt, fühlte aber große Traurigkeit, wenn ich darüber nachdachte, welche Bahn ihr Leben eingeschlagen hatte. Nachdem ich viel darüber nachgedacht hatte, führte ich ein langes Gespräch mit ihr und überzeugte sie schließlich davon, zurück zur Schule zu gehen.

Die Kehrtwende

Ich bin eine Kultivierende und versuche, stets freundlich zu sein und immer an die anderen zu denken. Ich kümmere mich um meine Tochter und um meine Stieftochter und schenke ihnen die gleiche Menge an Liebe. Oft stellte ich sogar die Tochter meines Mannes vor meine eigene und gewann dadurch allmählich ihren Respekt.

Ihre Haltung mir gegenüber veränderte sich. Durch mich konnte sie sehen, dass Falun Dafa-Praktizierende wirklich gute Menschen sind. Heute erzählt sie allen, dass ich eine gute Stiefmutter sei. Sogar ihre leibliche Mutter sagte zu mir: „Du bist so gut zu ihr.“

Im Jahr 2003 wurde ich von den Beamtem des örtlichen Büros 610 wegen meinen Glauben an Falun Dafa festgenommen und in ein Gefängnis gesperrt. Später erzählte meine Stieftochter mir, dass sie nach meiner Verhaftung alle meine Dafa-Bücher in ihre Schultasche gesteckt und sie im Haus eines Freundes versteckt habe. Zudem warnte sie die lokalen Mitpraktizierenden, damit sie rechtzeitig untertauchen konnten. Ich war stolz auf sie.

Ihre unterstützende Einstellung gegenüber Dafa brachte ihr Segen. Im Jahr 2014 wurden meine Stieftochter und ihr Mann in einen Unfall verwickelt. Als sie auf der Autobahn unterwegs waren, funktionierten die Bremsen an ihrem Wagen nicht. Das Auto prallte gegen die Leitblanke und kam von der Straße ab. Da meine Stieftochter ihren Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte, wurde sie aus dem Fenster geschleudert. Zum Glück fuhr das Auto sie nicht an, als es den Hügel hinunterrollte.

Alle drei Insassen wurden ins Krankenhaus gebracht und überlebten. Als wir sie im Krankenhaus besuchten, hatte meine Stieftochter Stiche an ihrer linken Augenbraue und ihre linke Schulter und zwei Rippen waren gebrochen. Dabei hatte die Autobahnpolizei gedacht, als sie als Erste an den Unfallort kam und das Auto am Ende des steilen Hanges sah, dass diesen Unfall niemand überleben konnte.

Später fragte ich meine Stieftochter, was sie gedacht hatte, als sie das Bewusstsein wiedererlangte. Sie sagte: „Falun Dafa ist gut.“ Ich wusste, dass der Meister sie beschützt hatte.