GENF. Bundesaußenminister Joschka Fischer hat die Regierungen Chinas und Russlands mit teilweise harten Worten attackiert. Er brandmarkte zudem die massiven Menschenrechtsverstöße im Nahen Osten.
Auf der Sitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf appellierte Fischer an die israelische Regierung und an die palästinensische Autonomiebehörde, das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte zu achten. Zu den möglichen Folgen des Kampfes gegen den Terrorismus sagte der deutsche Außenminister: "Unter keinen Umständen darf es zu einer Aushebelung von menschlichen Grundnormen unter dem Deckmantel von Terrorismusbekämpfung kommen." Niemand dürfe einen "Anti-Terror-Rabatt" erhalten.
Westliche Diplomaten zeigten sich von der "knackigen Rede" Fischers beeindruckt. Besonders die klaren Worte an die Adresse Pekings und Moskaus ließen "Profil" in der deutschen Außenpolitik erkennen. Der Chef des Auswärtigen Amtes betonte, er sehe die Menschenrechtssituation in China weiterhin "sehr kritisch". Er forderte die Machthaber in Peking auf, die Repressionspolitik gegenüber christlichen Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften zu beenden. Auch müsse die Unterdrückung von Minderheiten wie der Tibeter und Uighuren sowie der spirituellen Falun-Gong-Bewegung eingestellt werden.
Der chinesische Vertreter im Uno-Gremium wies die Ausführungen Fischers scharf zurück. China habe es nicht nötig, sich von Berlin belehren zu lassen. Deutschland solle den Rassismus, die Fremdenfeindlichkeit und den Neonazismus im eigenen Land bekämpfen. Sonst müsse man eine Wiederauferstehung des Faschismus befürchten.
Die Situation in Tschetschenien, wo Russland weiter gegen Separatisten einen Krieg führt, erfülle die Bundesregierung "mit anhaltender großer Sorge", sagte Fischer weiter. Russland habe durchaus das Recht zur Selbstverteidigung gegen den Terrorismus. "Wir halten jedoch das gewaltsame Vorgehen der Streitkräfte gegen die Zivilbevölkerung für inakzeptabel und mit europäischen und UN-Normen nicht vereinbar."
Über die Lage im Nahen Osten äußerte sich Fischer "zutiefst schockiert". Israels Regierung müsse unverzüglich ihre Streitkräfte aus den Gebieten abziehen, die bisher vollständig unter der Autorität der Palästinenser standen. Weiter reklamierte Fischer von der Regierung Ariel Scharons die Einstellung außergerichtlicher Hinrichtungen, einen Siedlungsstopp und die Aufhebung der Blockaden von Palästinensergebieten. Von der Palästinenserbehörde erwartet Fischer einen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus.