Nahost, der Terrorismus, die UN, die Weltkonjunktur und die beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen waren die Themen zum Auftakt des Staatsbesuchs von Chinas Präsident Jiang Zemin. Mit Bundeskanzler Schröder habe weitreichende Einigkeit in der Bewertung der internationalen Lage bestanden, hieß es am Dienstag.
Zuvor hatte Bundespräsident Rau auch die Menschenrechte und die Bedeutung des Rechtsstaats angesprochen. Wie das Präsidialamt mitteilte, wies Rau auf die Lage der christlichen Kirchen in China hin und argumentierte, dass in Deutschland Religion und Kultur friedlich miteinander lebten. Jiang bekundete die Bereitschaft, offene Fragen schrittweise zu lösen, verwies aber auf das Spannungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit nach dem 11. September. Nach Angaben einer Sprecherin betonte Rau, dass Freiheit und Sicherheit kein Gegensatz seien sowie die gemeinsame Verantwortung für eine freiheitliche und friedliche Welt.
Rau und Jiang würdigten den guten Stand der bilateralen Beziehungen. Jiang bezeichnete sie auf Deutsch als "sehr gut" und lobte den von deutschen Firmen gebauten Transrapid, der demnächst in Schanghai fahren soll. Der Beitritt seines Landes zur WTO sei auch mit Problemen verbunden, sagte Jiang. China werde sich aber der weltweiten Konkurrenz stellen.
Kritisch bewertet wurde die Pressepolitik rund um den Besuch. Eine geplante Pressebegegnung von Jiang und Schröder im Anschluss an ihr Gespräch wurde gestrichen. Bereits am Montag bei der Bundespressekonferenz hatte zu Missfallensäußerungen geführt, dass Jiang auf chinesischen Wunsch hin völlig von deutschen Fragestellern abgeschirmt wurde.
Am Dienstagnachmittag empfing Jiang im Hotel Adlon Deutschlands Parteichefs im Halbstundentakt. Neben Merkel, Westerwelle und Zimmer kam auch Alt-Kanzler Kohl. CSU-Chef Stoiber sagte sein Treffen wegen der Kirch-Debatte im bayerischen Landtag ab. Die Grünen wollten ihren Bundesgeschäftsführer und China-Experten Reinhard Bütikofer schicken, weil der "in den knappen 20 Minuten die Message am besten rübergebracht hätte". Die chinesische Seite beharrte indes darauf, dass nur Parteivorsitzende in Frage kämen, sodass die Grünen letztlich nicht vertreten waren.
Jiangs Besuch, der ihn bis Sonnabend auch nach Potsdam, Dresden, Wolfsburg und Goslar führen wird, war von Protesten begleitet. Vor dem Roten Rathaus, in dem der Regierende Bürgermeister Wowereit mit Jiang über die Städtepartnerschaft Berlin-Peking sprach, demonstrierte Amnesty International. Chinesische Menschenrechtsgruppen und Falun Gong protestierten vor dem Brandenburger Tor, Unter den Linden und am Hotel Adlon. Am Rande des Besuchs wurde ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Hochschulabschlüssen unterzeichnet. Auch die Arbeit von Kulturinstitutionen im jeweiligen Partnerland soll noch verstärkt werden.