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"Es lohnt sich, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht zu kultivieren" - Zhao Ming über seine Erlebnisse in Haft (Teil 2)

25. April 2002

Über die angeblich „gute“ Behandlung im Tuanhe-Arbeitslager

Frage: Manche internationale Medien haben auf Einladung das Tuanhe-Arbeitslager besucht. Es wurde berichtet, dass die dortigen Bedingungen sehr gut seien und die Gefangenen gut behandelt würden. Können Sie etwas zu der Situation sagen, die Sie selbst erlebt haben?
Zhao Ming: Journalisten gingen nach Tuanhe und machten dort Interviews. Oft besuchten auch unterschiedliche Behörden das Tuanhe-Arbeitslager. Im Innenhof des Arbeitslagers wurden Hühner, Hasen und Hirsche gezüchtet, die im Hof frei herumliefen. Äußerlich schien alles in Ordnung zu sein, denn man konnte auf den ersten Blick nicht feststellen, dass Polizisten die Inhaftierten folterten.
Wenn Journalisten oder Leute aus anderen Behörden zum Interview oder zu Besuch kamen, bewegten sich einige Gefangene im Hof, andere arbeiteten sogar, doch diese Menschen hatten entweder die Gehirnwäsche bereits hinter sich oder sie entsprachen den Forderungen der Regierung. Die unerschütterlichen Falun Gong Praktizierenden wurden zusammen mit Anderen in die Zelle eingesperrt, mussten sich Videos anschauen und durften erst wieder hinaus, wenn die Journalisten weggingen. Einmal wurden drei Leute interviewt, die durch Gehirnwäsche umgedreht wurden, sie lobten das Arbeitslager und als Belohnung wurde ihre Strafe um ein paar Monate verkürzt.

Körperliche Folter im Arbeitslager, die selten ans Licht kommt

Frage: Wurden Sie im Arbeitslager zusammen mit anderen Praktizierenden eingesperrt?
Zhao Ming: Anfangs wurde ich zusammen mit einigen Kriminellen, die Diebstähle und Plünderungen begangen hatten, eingesperrt. Nachher wurden die Falun Gong Praktizierenden separat eingesperrt, da immer mehr Praktizierende verhaftet wurden.

Frage: Wie haben die Kriminellen Sie behandelt?
Zhao Ming: Zu Beginn durfte ich nicht im Arbeitslager normal schlafen. Die Polizisten stellten mich jeden Tag zur Rede und verlangten von mir, dass ich auf Falun Gong verzichtete. Einmal wurde ich kräftig verprügelt von den über zehn Kriminellen, die zusammen mit mir eingesperrt waren. Sie folterten mich, in dem ich mich zusammen kauern musste und, wenn ich dies nicht mehr aushalten konnte, schlugen sie mit dem Klappstuhl kräftig meinen Kopf und meinen Körper. Dies hat über zwei Stunden gedauert. Am andern Tag drückten sie mich in ein Becken hinein, schoben mich zusammen mit dem Becken unters Bett, so dass das Bett von unten nach oben gepresst wurde. Dann setzten sich manche auf das Bett, um dieses wieder nach unten zu drücken, so dass ich große Blutergüsse an beiden Beinen hatte und lange Zeit nicht laufen konnte.

Frage: Warum wagte man es überhaupt, Sie so zu verprügeln?
Zhao Ming: Damals wurde ich frisch im Tuanhe-Arbeitslager verhaftet und konnte noch nicht
so viele Feindschaften haben, dass es einen Grund gegeben hätte, mich so zu verprügeln. Nach den Vorschriften des Arbeitslagers war eine Schlägerei ein schweres Vergehen, so dass die Kriminellen dafür Haftverlängerung oder Einsperrung bekamen. Doch keiner von ihnen wurde bestraft, im Gegenteil, einige wurden sogar belohnt und früher freigelassen. Nachdem wir längere Zeit zusammen waren, gestanden sie mir, dass sie mich nicht so verprügeln wollten, doch dies wurde ihnen von den Polizisten befohlen.

Frage: Haben die Polizisten im Arbeitslager Sie auch verprügelt?
Zhao Ming: Ja, hauptsächlich mit Elektroschocks. Letztes Jahr, kurz bevor meine einjährige Strafe zu Ende ging, wurde ich zum Xingan-Arbeitslager für Frauen in Peking gebracht, wo es auch wenige Männergruppen gab. Über zwei Wochen lang durfte ich nicht schlafen, nur stehend ein bis zwei Stunden dösen. Außerdem gab es noch andere körperliche Folter z..B. Militärhocken, „Flugzeug fliegen“ usw. Zwei Wochen vor dem Ende meiner Strafe, hatten mir die Polizisten zwei Nächte lang den Schlaf entzogen. Als ich den Vizeleiter des Arbeitslagers sah, wollte ich ihm über den Schlafentzug berichten, er reagierte aber nicht. In der darauffolgenden Nacht haben fünf Polizisten mich mit Elektroschocks gefoltert, indem sie ein Bettbrett auf den Boden legten, meinen Körper, die Gliedermaßen und den Kopf mit einem Gürtel fest banden und mich dann mit sechs Elektrostöcken folterten. Mein Körper zitterte gewaltig und die Atmung war erschwert. Ein solcher Elektrostock war 50 cm lang und hatte an beiden Enden Elektroden. Am Stock selbst waren spiralförmige Metallteile, die eine große Fläche des Körpers elektronisch misshandeln konnten. Fünf Polizisten hatten daran teilgenommen, der Leiter der Verwaltungsabteilung, der Leiter und Vizeleiter der Erziehungsabteilung und zwei Polizisten von der „Gong Jian Ban (Kampfklasse gegen die Unbeirrbaren)“. Der Leiter der Verwaltungsabteilung sagte: Das ist die Quittung dafür, das ich dem Vizeleiter des Arbeitslagers vom Schlafentzug benachrichtigen wollte.

Frage: Was ist „Gong Jian Ban (Kampfklasse gegen die Unbeirrbaren)"?
Zhao Ming: „Gong Jian Ban (Kampfklasse gegen die Unbeirrbaren)“ wurde extra für Praktizierende, die die Gehirnwäsche ablehnten und nicht zu beeinflussen waren, gegründet. Alle Falun Gong Praktizierenden, deren Haftzeit zu Ende ging und die nicht zu „bekehren“ waren, brachte man zu „Gong Jian Ban (Kampfklasse gegen die Unbeirrbaren)“ in das alte leerstehende Westgebäude. Dort wurden zunächst Einzel-Gespräche geführt, später körperliche Folter vorgenommen, um den Willen der Praktizierenden zu brechen und Falun Gong aufzugeben.


Willensbrechende Gehirnwäsche im Arbeitslager

Frage: Was mussten Sie im Arbeitslager ertragen?
Zhao Ming: Die größte Verfolgung der Falun Gong Praktizierenden im Arbeitslager ist die Gehirnwäsche. Sie haben viele Bücher, Videos sowie unterschiedliche sogenannte „Neuigkeiten“ veröffentlicht, über deren Inhalt ich hier nicht sprechen möchte. Die Falun Gong Praktizierenden wurden gezwungen, den ganzen Tag dies zu lesen, zu hören und darüber zu sprechen, um ihnen eine andere Meinung aufzuoktroyieren. Weitere Maßnahmen waren Schlafentzug, körperliche Folter, Elektroschocks usw. Einmal wurde ich zusammen mit anderen 15 Falun Gong Praktizierenden über einen Monat gezwungen, jeden Tag fünfzehn Stunden auf einem kleinen Plastikstuhl zu sitzen und dabei Audiokassetten zu hören, die inhaltlich Falun Gong verleumdeten. Wir durften uns – außer zum Essen und zur Toilette zu gehen – nicht bewegen. Es wurde sogar reglementiert, wie oft wir zur Toilette gehen durften. Nachts im Bett schmerzten dann Oberschenkel und Gesäß, eine außergewöhnliche Qual, wenn der Körper zu lange in einer Haltung ausharren muss.

Frage: Wann teilte man Ihnen im Arbeitslager mit, dass Ihre Haft um zehn Monate verlängert wurde?
Zhao Ming: Einen Tag vor Beendigung meiner Strafe teilte man mir plötzlich mit, dass meine Haft um 10 Monate verlängert wurde. In diesem Moment fühlte ich mich wie vom Blitz getroffen.

Frage: Wurde Ihnen dafür eine Erklärung gegeben?
Zhao Ming: Zwei Wochen zuvor wurde ich zum Xingan-Arbeitslager für Frauen gebracht. Nach der grausamen Folter sollte ich eine Garantie unterschreiben, Falun Gong nicht mehr zu praktizieren. Nachdem ich dies abgelehnt habe, wurde von mir verlangt, zusammen mit anderen Gefangenen, die jedoch kein Falun Gong praktizierten, einen Artikel zu lesen, der Falun Gong verleumdete. Da ich dies nicht tat, wurde ich bezichtigt, im Arbeitslager Falun Gong zu propagieren, der Grund für die Verlängerung meiner Strafe um 10 Monate.

Frage: Haben Ihre Eltern in Changchun damals von der Verlängerung Ihrer Strafe erfahren?
Zhao Ming: Sie wussten nichts davon.

Frage: Was war die größte Qual für Sie während dieser zwei Jahre?
Zhao Ming: Ich habe gegen kein Gesetz verstoßen und doch wurde ich meiner Freiheit zwangsweise beraubt. Ich konnte weder die Falun Gong-Bücher studieren noch die Übungen praktizieren. Falun Dafa lehrt uns, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht zu kultivieren. Dies wurde mir verwehrt und war meine größte Pein.

Frage: Während Ihrer Gefangenschaft hatten Ihre Studienkollegen und Professoren der Universität Trinity, um Sie zu retten, ein große Initiative „Freunde von Zhao Ming“ gegründet und weltweit Aufmerksamkeit erregt. Haben Sie dies im Arbeitslager erfahren?
Zhao Ming: Ich wusste nicht das Geringste, habe allerdings nach meiner Rückkehr nach Irland davon erfahren. Im Arbeitslager wurden wir gezwungen, nur das zu lesen, was der Gehirnwäsche diente. Sie ließen dir nicht die geringste Information zukommen, die dich interessierte, sodass du sehr einsam warst und das Gefühl entwickelt hast, dass sich niemand um dich kümmerte. Selbst wenn man dich zu Tode schlug, würde niemand davon erfahren. Auf diese Art und Weise wurde Geist und Wille gebrochen. Es wäre eine große Hilfe gewesen, wenn ich während meiner Gefangenschaft von den internationalen Bemühungen um meine Freilassung gewusst hätte. In der Tat befürchtet das Arbeitslager bzw. das Jiang Zemin Regime, dass man in China davon erfährt.

Fortsetzung folgt morgen...