Vor einem Gericht in Hongkong sind heute 16 Falun Gong-Anhänger in allen sieben Anklagepunkten schuldig gesprochen worden, darunter vier Schweizer und ein Neuseeländer. Ihnen wird vorgeworfen, durch eine Demonstration am 14. März dieses Jahres in Hongkong die öffentliche Ruhe gestört und sich ihrer Verhaftung widersetzt zu haben. Sie hatten gegen die Verfolgung ihrer Bewegung durch chinesische Behörden demonstriert. Die Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV) und die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) fordern die chinesische Führung auf, die Unterdrückung von Falun Gong und anderen Glaubensgemeinschaften zu beenden.
Für die Vergehen, welche den Angeklagten zur Last gelegt werden, droht im Normalfall eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis. Die ausländischen Falun Gong-Anhänger wurden lediglich zu Bussen von bis zu 3000 Hongkong Dollar (etwa 600 Franken) verurteilt. Der Schuldspruch des Richters fiel milde aus, um internationales Aufsehen zu vermeiden. Jedoch hat das Urteil schwerwiegende Konsequenzen, denn es handelt sich hier um einen Präzedenzfall. Die Falun Gong-Bewegung ist seit Juli 1999 in China verboten und wird dort massiv verfolgt. Bislang war sie aber in Hongkong erlaubt. Mit der jetzigen Verurteilung wird nicht nur die Verfolgung in Festlandchina gerechtfertigt, sondern diese auch auf Hongkong ausgedehnt. Damit verschlechtert sich die Menschenrechtssituation in China insgesamt weiter dramatisch.
Erich Bachmann, einer der Schweizer Angeklagten, berichtete heute der GfbV telefonisch aus Hongkong, dass der Prozess unfair verlaufen sei. Die Verteidiger hatten erfolglos auf Befangenheit des Richters plädiert. Nach Angaben von Bachmann schenkte der Richter lediglich den Aussagen der beteiligten Polizeibeamten Glauben, Zeugenaussagen der Falun Gong-Anhänger seien konsequent als unwahr abgetan worden.
Die GfbV und die IGFM fordern gemeinsam, dass die chinesische Führung den "Kampf gegen Terrrorismus" nicht zur Unterdrückung der Glaubensfreiheit missbraucht. Mit dem Argument, es handle sich um terroristische Organisationen, werden immer wieder Falun Gong-Anhänger, muslimische Uiguren, buddhistische Tibeter sowie Angehörige der römisch-katholischen und evangelischen Freikirchen in ihrer Glaubensausübung eingeschränkt. Die Verfolgung reicht von willkürlichen Verhaftungen und unfairen Gerichtsverfahren über Folter und Zwangspsychiatrisierung bis hin zu gewaltsamem Tod in der Haft und exzessiver Anwendung der Todesstrafe. Öffentlicher Protest gegen diese Repression wird als Störung der öffentlichen Ordnung bestraft.
Bern/Frankfurt, 15. August 2002