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Das Asiatische Wallstreet Journal (AWS), am 8. Mai 2003: Chinas Wendepunkt

19. Mai 2003 |   Von Gordon G. Chang

Wolken bilden sich über China. Manche Menschen blockieren Straßen; andere umzingeln Regierungsgebäude und dringen in sie ein und zerstören Staatseigentum. Provinz- und örtliche Behörden widersetzen sich den Erlassen aus Peking. Verliert die zentrale Regierung die Kontrolle über die Volksrepublik?

Kommentatoren haben Chinas neuen Präsidenten gelobt, daß er endlich Ende des letzten Monats entscheidende Schritte unternommen hat, um die SARS zu bekämpfen. Was allerdings nicht gesagt wurde, war, daß sie nur gehandelt haben, nachdem chinesische Ärzte und Krankenpflegerinnen offen ihrer Regierung widersprachen und deren fortgesetzte Geheimhaltung, die fast ein halbes Jahr andauerte, unhaltbar machten. Die Führer in der chinesischen Hauptstadt hatten zum ersten Mal seit zehn Jahren keine andere Wahl, als die Wahrheit zu sagen, da professionelle Gesundheitsfürsorger Gesundheitserhaltungs- Professionelle schon alles, was sie wussten, der Weltgesundheitsbehörde erzählten.

Danach nahmen gewöhnliche Menschen die Sache selbst in die Hand. In der Woche nach der Bekanntgabe der neuen Kampagne der Regierung gegen die Krankheit flohen etwa eine Million Menschen aus Peking aus Angst vor Ansteckung. Verwaltungserlasse, um die Abwanderung zu verhindern, halfen nicht, und auch strenge Kontrollen wirkten nicht.

Das Gesundheitsministerium wusste, daß die Massenabwanderung aus der Hauptstadt zu einer Gesundheitsfürsorge-Katastrophe führen würde, aber sie konnte von sich aus nichts machen.
”Die Regierung trat für Stunden zusammen, ohne eine Entscheidung zu treffen und derweil verließen alle die Stadt,” sagte Bi Shengli, ein Virologe, der für den in Ungnade gefallenen Zhang Wenkang, den ehemaligen Gesundheitsminister, gearbeitet hat.

Infolge der gelähmten Regierung bekamen Menschen die Krankheit, andere breiteten sie, in Panik geraten, über China und den Rest der Welt aus. Viele von denen, die nicht weggingen, schlossen sich hinter den Fensterläden ihres Hauses ein und Tausende wurden von den Behörden unter Quarantäne gesetzt.

Das chinesische Volk war zuerst ganz benommen, als sich aber die Panik zu Angst abflaute, wurde aus Benommenheit Ärger. Der Ärger führte zu einer neuen Bestimmtheit. Heute fordern einige offen, aufzugeben und andere- in Zhejiang, Tianjin und Peking- gehen auf die Straße, manchmal in wilden Protesten. Dorfbewohner richten ihre eigenen Straßensperren ein, in der Hoffnung, daß Außenseiter SARS nicht in ihre Häuser tragen. In ganz China haben ganz gewöhnliche Menschen sich entschlossen, daß sie selbst die Herren ihres Schicksals sind und die Kommunistische Partei nicht benötigen, um ihnen zu sagen, was sie tun sollen.

Vor einem Monat - das war vor der Massen-Quarantäne, Geschäftsschließungen mit Wolldecken und offizieller Resignation - war die chinesische Bevölkerung fügsam und die Regierung hatte eine Glückssträhne. Im Laufe weniger Jahre hatte die Kommunistische Partei eine bemerkenswerte Reihe von Errungenschaften: Das Land wurde Mitglied der Weltwirtschafts-Organisation, ihm wurden die Olympischen Spiele 2008 für Peking zugesprochen und die Weltausstellung für Schanghai im Jahre 2010. Sie hatte ein hohes wirtschaftliches Wachstum und Handelsüberschüsse sowie das Anwachsen ausländischer Reserven. Das Inlandsprodukt stieg im ersten Viertel dieses Jahres um 9,9%, das ist die höchste Vierteljahres-Wachstumsquote seit 1998. Tatsächlich sagte jede Analyse voraus, daß das Jahr 2003 wieder ein gutes Jahr für Peking sein würde. Fast allen schien es, als sei die Volksrepublik endlich Wirklichkeit geworden.

Ein paar Wochen später befindet sich das Land in einer Notlage und seine Führer verlieren ihre Fähigkeit zu direkten Taten. Die ”erste Welt-Epidemie des 21.-Jahrhunderts” verwüstet nicht nur die chinesischen Menschen, sondern ebenso das Wachsen der Nation. J.P. Morgan Chase sagte für das laufende Quartal ein Abnehmen um 2% voraus, während andere Analysten von einem wirtschaftlichen Stillstand sprechen.

In dieser frühen Phase ist es noch nicht klar, ob die Wirkung so ernst sein wird. Aber es ist augenscheinlich, daß die gegenwärtige Periode die schlechteste sein wird, wie schließlich auch das Abflauen, das dem Massaker vom Tiananmen-Platz von 1998 folgte. Auf jeden Fall ist der aufkommende Dienstleistungs-Sektor, der vielleicht die am schnellsten wachsende Komponente für Inlandsprodukte ist, platt gewalzt wordendurch die Zwangsschließung von Unternehmensplätzen und anderen öffentlichen Begegnungsstätten sowie die Verkehrsbeschränkungen, und, am wichtigsten, daß die Menschen ihre Häuser nicht verlassen wollen.

Der nächste, der leiden wird, ist der Export, der fast dreiviertel des letzten Jahres für das Wachstum sorgte. Chinas Verkäufe an die Welt werden im laufenden Quartal verhältnismäßig wenig betroffen sein; aber Werksschließungen, abnehmende Investitionen und gestrichene Messen werden in der zweiten Hälfte dieses Jahres und vielleicht im ersten Quartal des Jahres 2004 eine nachteilige Wirkung haben. Beobachter haben recht, wenn sie sagen, daß der Export bisher durch die Epidemie keine Auswirkungen gezeigt habe. Was sie aber nicht sagen ist, obgleich es lange Zeit benötigen wird, bis der Boom der chinesischen Wirtschaft abkühlt, so wird es noch längere Zeit benötigen, daß sie erneut in Schwung kommt. Wie SARS so haben auch Rezessionen eine lange Inkubationszeit.

Dennoch gibt es für die Pekinger Technokraten noch ein wichtigeres Problem. Die Führer der Zentralregierung haben es eingerichtet, in der Vergangenheit ein beeindruckendes Wachstum zu produzieren; aber sie haben das mit Taktiken fertig gebracht, die letzten Endes nicht zu halten sind. Die Unfähigkeit der Regierung, SARS gewachsen zu sein, erhellt, wie Wirtschaftsplaner an Erziehung, Gesundheitsfürsorge und anderen wesentlichen sozialen Diensten geknausert haben.

Heute, im Angesicht der Unzufriedenheit, wird die Zentralregierung sehr viel mehr ausgeben müssen, um die Grunddienste zu unterhalten. Zu den 725 $, die benötigt werden, um die Epidemie zu bekämpfen hat der neue Gesundheitsminister der Nation, Wu Yi, die Zuweisung von 423 $ angekündigt, um ein Gesundheitsnetzwerk für die Nation einzurichten. Dieser Betrag ist gerade nur eine Anzahlung, um das System zu erneuern, das nach Jahrzehnten der Nichtbeachtung zusammengebrochen ist. Die chinesischen Menschen nach der SARS WERDEN EINE BESSERE Gesundheitsfürsorge, bessere Erziehung und Besseres von allem verlangen.

Pekings angeschwollenes Budget-Defizit wuchs auf 27% jährlich während der vergangenen halben Dekade und wird sogar noch schneller anwachsen, da die Beamten nun gezwungen sind, Geld in vorher vernachlässigte Dienste zu pumpen. Dann wird die Welt anfangen, die prekäre Natur von Chinas Finanzen zu begreifen. Die Kosten für das laufende Finanzankurbelungsprogramm hat schon das Defizit zu GDP Verhältnis in die Gefahrenzone gestoßen, weit über die 3% Höhe, die von den Statistikern der Nation geltend gemacht werden.

Wenn das Wachstum infolge von SARS hingehalten wird, werden die chinesischen Führer die Möglichkeit verlieren, die Schwierigkeiten, die in der ”Sozialen Marktwirtschaft” enthalten sind, zu übertünchen. Regierungsausgaben werden die chinesischen Menschen nicht veranlassen, in die Läden zurückzukehren oder Ausländer dazu zwingen, Gegenden ohne die Krankheit zu besuchen. An diesem Punkt, die Kosten für strukturelle Änderungen vorzuverlegen, die nicht nur kosmetisch sind, werden die Reformen zum Vorschein kommen: China wird weiterhin eine halbreformierte Wirtschaft haben. Geplagt von Schwierigkeiten, die aus der Mao-Aera übriggeblieben oder sogar ein bisschen von der Reformperiode hervorgebracht sind. Es gibt keine Mittel, welche das Wachstum anregen könnten, ohne heftige Veränderungen durchzuführen wie das Unterstützen von unwirtschaftlichen Staatsunternehmen und Kapitalisieren von Staatsbanken.

In den letzten zehn Jahren haben viele Leute aus dem Geschäftsleben, in der Diplomatie und in China beobachtende Gemeinschaften es fertig gebracht, die Unannehmbarkeit der Politik des Regimes zu ignorieren, als seien sie in Trance infolge von Jahren der anwachsenden wirtschaftlichen Betätigungen. Auf jeden Fall erzwang die bestehende Epidemie eine Überprüfung unserer kritischen Voraussetzungen über den zukünftigen Kurs der Volksrepublik. SARS bringt die Schwäche der chinesischen Wirtschaft als auch die des Regimes selbst zum Vorschein. Die Krankheit erzählt uns noch etwas: China hat eine Bevölkerung, die man nicht länger einfach ignorieren kann.

Da die wirtschaftliche Wachstumsrate in diesem und wahrscheinlich auch im nächsten Jahr niedriger wird, wird eine Regierung, die ihre Legitimität vor allem auf befreienden Geschäftserfolg gründet, in Schwierigkeiten geraten. Dann werden die Herausforderungen der Beherrschung einer wachsenden vielschichtigen Nation ein Test für Peking sein. Wie die SARS-Epidemie deutlich macht, sind die Führer noch stur in ihrer Denkweise. ”Chinas Kommunistische Partei regierte einst eine sehr einfache Gesellschaft,” sagt Zheng Yongnian von der Nationalen Universität in Singapur.” Nun, mit der Globalisierung und der Marktwirtschaft ist die gesamte Gesellschaft beweglich und die alten Methoden wirken nicht mehr.” Wie die Welt jetzt lernt, markiert SARS das Ende von Chinas Zeit, in der es Glück hatte. Wir sind nun Zeugen eines Wendepunktes in der Geschichte des modernen chinesischen Staates.

Herr Chang ist der Verfasser von ”Der bevorstehende Zusammenbruch Chinas” (Random House 2001)
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