Bei der 109. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Innere Medizin hat Herr Wolfgang Preiser, der sich vor kurzem als WHO-Experte in China mit Untersuchungen über die Lage von SARS befasst hatte, über seine China-Reise berichtet. Mit einer Reporterin von The Epoch Times sprach der 37jährige Virologe aus Frankfurt.
Herr Wolfgang Preiser |
F: Frage
F: Herr Preiser, warum sind Sie nach China gefahren ?
Preiser: Ich bin Oberarzt im Institut für medizinische Virologie in der Universität in Frankfurt und war in dieser Eigenschaft auch mit den ersten beiden SARS Fällen in Deutschland befasst. Da ist uns ja einiges gelungen, was den Erreger-Nachweis anbelangt und ich bin eine Woche später schon als Berater der Weltgesundheitsorganisation nach China gefahren
F: Wann war das?
Preiser: Das war am 23. März. Und ich bin dann statt der vorgesehenen 10 Tage fünf Wochen insgesamt in China geblieben, am vergangenen Wochenende erst zurückgekehrt und habe in der Zeit zunächst das gesamte Land, also Peking, aber die Landesbehörden, also für ganz China, danach die Provinz Guandong, anschließend dann Peking, also das Stadtgebiet Peking und zuletzt Shanghai besucht und in jedem Falle die Eignung des Gesundheitssystems mit SARS fertig zu werden überprüft, Krankenhäuser besucht, Gesundheitsämter besucht und habe entsprechend dann, mit meinen Kollegen natürlich, Empfehlungen gegeben zur Verbesserung.
F: Und was war Ihr Eindruck in China? Wie sieht die aktuelle Lage der Verbreitung von SARS in China aus?
Preiser: Die Lage hat sich ja in den letzten Wochen dramatisch zugespitzt, aber man darf nicht vergessen, dass das die jetzt offiziell gemeldeten Zahlen sind und das die Lage nicht erst jetzt so schlimm geworden ist sondern eine geraume Zeit schon sehr schlecht sich darstellt, nur war das nach außen hin nicht bekannt und auch im Lande selber nicht bekannt gewesen. Also ein ganz wesentliches Problem war die mangelnde Offenheit, das war ja auch der Grund unserer Reise. Die war in keiner Weise gegeben, es wurde ja abgewiegelt und verharmlost und wir haben festgestellt, dass die Lage bei weitem nicht so gut unter Kontrolle ist wie das eben dargestellt wurde und die Folgen sehen wir jetzt mit den täglich ja teilweise drastisch ansteigenden Infektionszahlen insbesondere aus Peking, aber auch andere Provinzen sind betroffen, innere Mongolei, Shanxi und sicherlich noch viele andere, wo erst allmählich das Gesundheitssystem beginnt diese Fälle überhaupt zu erfassen. Denn nur wenn die Fälle erfasst werden, kann man ja auch eine weitere Ausbreitung verhindern.
F: Und wie schätzen Sie, wie wird es sich in China jetzt noch weiter entwickeln?
Preiser: Es wird sicherlich schwierig. Es ist ja wertvolle Zeit leider verschenkt worden, mehrere Wochen, in denen man sich hätte vorbereiten sollen und müssen. Das ist vertan worden. In der Zeit konnte sich die Infektion weiter ausbreiten und natürlich ist es jetzt sehr viel schwieriger geworden als es jetzt im Anfang März gewesen wäre. Wir hoffen schon, dass die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen ist. Das wird aber bestimmt mehrere Monate dauern, wahrscheinlich ein halbes Jahr oder noch länger.
F: Und wie schätzen sie jetzt die Lage in Shanghai?
Preiser: Es gibt in Shanghai einige Hinweise, dass es hier zu nicht ganz korrekten Einteilungen, Klassifizierungen von Patienten in Verdachtsfälle und bestätigte oder probable cases gekommen ist. Das haben wir auch entsprechend empfohlen, dass man hier noch einmal darüber nachdenkt und noch mal die einzelnen Patienten untersucht. Aber es sind tatsächlich offensichtlich weitaus weniger Patienten als etwa in Peking. Das liegt sicher an der guten Vorbereitung der Stadt. Zum anderen aber wohl auch am Glück. Shanghai hatte einfach auch Glück und es sind weniger Fälle dorthin eingeschleppt worden und es kam eben auch nicht zu solchen gewaltigen Krankenhausausbrüchen wie sie beispielsweise auch Peking gesehen hat.
F: Wird noch ein Höhepunkt in Shanghai erwartet?
Preiser: Shanghai muss wie alle Landesteile weiter mit Einschleppung rechnen und es muss auf höchster Alarmstufe bleiben. Die schon eingeleiteten Maßnahmen sind sicherlich gut, aber müssen auch noch weiter verbessert werden und müssen auch aufrechterhalten werden. Das haben wir auch eindeutig so empfohlen. Also für Shanghai ist die Gefahr natürlich noch nicht vorbei. Bislang ist alles sehr gut verlaufen, wohl. Aber man muss sicherlich weiter sehr vorsichtig sein und es ist eigentlich unvermeidlich, dass weitere Fälle eingeschleppt werden und wir hoffen dass man dann damit richtig umgeht.
F: Was ist ihr Eindruck zu den Maßnahmen, die die Chinesische Regierung bis jetzt durchgeführt hat?
Preiser: Die kommen einem schon teilweise sehr übertrieben und überzogen vor. Man fürchtet auch, dass die dann einen paradoxen, gegenteiligen Effekt haben, indem Leute eben bestraft werden, dass sie in Kontakt waren oder dass sie erkranken und deswegen versuchen unterzutauchen und sich nicht zu melden. Andererseits sind natürlich im gegenwärtigen Zustand mit diesen stark ansteigenden Zahlen auch sehr einschneidende Maßnahmen vielleicht gerechtfertig. Es kommt trotzdem darauf an hier die Balance zu wahren und das scheint nicht immer der Fall zu sein. Auf alle Fälle ist es wohl auch ein Versuch, die Verspätung zu kompensieren, durch umso größere Aktivität.
F: Und was würden Sie China und den Chinesen empfehlen, wie sie sich noch verbessern könnten.
Preiser: Oh, da gibt es eine ganze Reihe von Dingen. Ganz wichtig ist, dass das öffentliche Gesundheitswesen, also die Gesundheitsämter, in der Lage sind, die Fälle sehr zeitnah, also schnell zu erfassen und Kontaktpersonen zu ermitteln. Und dass die Krankenhäuser in der Lage sind, alle Patienten, auch Verdachtspatienten mit SARS rechtzeitig gut zu behandeln und auch so zu behandeln, dass keine weiteren Infektionen davon ausgehen. Das sind die beiden wesentlichen Komponenten, auf die es ankommt.
F: Wie schätzen Sie, dass die Gefahr der Verbreitung von SARS außerhalb Chinas, besonders in den Entwickelten Ländern wie Europa ist?
Preiser: Ja, es ist schon so, dass man immer wieder mit Einschleppung rechnen muss. Nach meinen eigenen Erfahrungen sind die Maßnahmen an den Flughäfen nicht sehr gut, bislang. Aber wir sind glaube ich hier in Europa und auch in Amerika recht gut vorbereitet auf solche Einschleppungen. Also ich rechne nicht mit einem katastrophalen Ausbruch der Infektion, aber es kann natürlich zu einzelnen Einschleppungen kommen und auch mit einer Weiterverbreitung auf enge Kontaktpersonen, beispielsweise die Familie.
F: OK, vielen Dank!
Preiser: Bitte!