De Ochtenden (Der Morgen) ist ein beliebter Radiosender in den Niederlande. Das folgende Interview wurde am Mittwoch dem 27. August gesendet.
Muss sich das frühere Staatsoberhaupt Chinas, Jiang Zemin wegen Völkermordes verantworten und muss es in Belgien sein? Die Chinesische Falun Gong Bewegung denkt so. In der letzten Woche haben sechs Mitglieder dieser Bewegung Jiang Zemin und zwei andere Parteifunktionäre in Belgien nach dem neuen belgischen Völkermordgesetz verklagt. Einer dieser sechs Falun Gong Praktizierenden ist ein belgischer Staatsbürger namens Matthias Slaats. Er sitzt in einem Studio in Ghent und ich wünsche ihm einen guten Morgen.
Radiosprecher: Guten Morgen!
M: Guten Morgen.
Radiosprecher: Für welche Verbrechen wollen sie das frühere Chinesische Staatsoberhaupt, Jiang Zemin, der letztes Jahr zurückgetreten ist, zur Verantwortung ziehen?
M: Wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschheit und Folter.
Radiosprecher: Ja, und weswegen ?
M: Weil er der Mann ist, der für die Verfolgung von Millionen Falun Gong Praktizierender in China und außerhalb Chinas verantwortlich ist. Diese Verfolgung hat Tausenden von Menschen ihr Leben gekostet und bedroht täglich die Existenz von Millionen Menschen.
Radiosprecher: Lassen Sie uns über den Inhalt der Klage in einer Minute sprechen, zuerst jedoch über Falun Gong für diejenigen, die noch nicht ganz verstanden haben, was es ist. Welche Ziele verfolgt Ihre Bewegung, Sie sind ja selbst ein Mitglied, was möchte diese Bewegung?
M: Wir bezeichnen es als eine Kultivierungsmethode, eine Meditationsmethode, einen Lebensweg, in welchem die Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht zentral sind. Die Menschen, die Falun Gong machen, versuchen diese drei Prinzipien in ihrem alltäglichen Leben umzusetzen und machen zusätzlich eine Reihe an meditativen Übungen ähnlich dem Tai-Chi oder Yoga.
Radiosprecher: Ist es eine politische Bewegung?
M: Nein, absolut nicht. Bei Falun Gong gibt es keine Regelungen, außer zweien. Alles muss frei und kostenlos sein und die zweite Regelung lautet, dass man sich mit dem Namen Falun Gong nicht in die Politik einmischen darf.
Radiosprecher: Ja, dennoch hat die Chinesische Führung, die Menschen an der Macht, richtige Todesangst vor Falun Gong. Sie selbst wurden in China einmal wegen ihrer Involvierung in Falun Gong festgenommen. Wie kam es übrigens dazu?
M: Seit dem Beginn der Verfolgung haben Falun Gong Praktizierende auf der ganzen Welt Anstrengungen unternommen, die Verfolgung aufzuhalten. Die Chinesische Regierung ging niemals darauf ein. Dann haben wir eines Tages den Plan gefasst, nach China zu gehen, um mit der Chinesischen Regierung einen Dialog aufzunehmen. Als wir jedoch ankamen, haben sie uns grob festgenommen und ausgebootet.
Radiosprecher: Was heißt grob verhaftet?
M: In meinem Fall war es nicht so ernsthaft. Ich wurde selbst weder geschlagen noch misshandelt, jedoch andere, die mit mir zu der Zeit zusammen waren, erlitten sozusagen heftige Schläge.
Radiosprecher: Nun wollen sie die Chinesischen Führungspersonen auf Grundlage des neuen belgischen Völkermordsgesetz verklagen, das vor kurzem in Kraft getreten ist. Es ist jetzt nur möglich, wenn eines der Kläger in einer klaren Verbindung zu Belgien steht, weil es vor kurzem international eine Menge Ärger für Belgien gab. Du bist Belgier, bist du diese Verbindung?
M: Tatsächlich bin ich Belgier und es gibt außerdem eine Frau, die schon seit sieben Jahren in Belgien lebt, sie ist mir zusammen, sozusagen die Verbindung.
Radiosprecher: Ja, aber wenn ich es richtig verstanden habe, ist das, was dir angetan wurde nicht so ernsthaft. Heißt es nicht im Gesetz, dass man selbst ein Opfer sein muss oder können Sie es im Namen einer ganzen Gruppe machen?
M: So wie es das neue belgische Gesetz vorsieht, muss es eine Verbindung zum Völkermord geben. Die Verbrechen, die an uns zwei Belgiern verübt wurden, sind sicherlich die nicht schwerwiegendsten Verbrechen, aber sie sind klare Beweise dafür, dass diese Verbrechen ein Teil eines weltweiten Völkermordes und einer Verfolgungskampagne sind.
Radiosprecher: Aber es nicht persönlich gegen sie gerichtet; dieses Gesetz möchte alle Arten von beginnenden Prozessen, die in der Tat auch vor das Internationale Gericht gehören, sozusagen verhindern.
M: Ich denke, dass es nicht persönlich gegen uns gerichtet sein muss, weil die Definition des Völkermordes lautet: Jede Anstrengung eine Gruppe oder einen Teil einer Gruppe.. und wir bilden gewiss eine Gruppe, die Jiang Zemin auszurotten versucht.
Radiosprecher: Ist es eine Art Präzedenzfall?
M: Ein Präzedenzfall, nein ich würde es nicht so nennen. Es ist in der Tat ein Fall, in der einer der größten Kriminellen der Zeit......
Radiosprecher: Nein, ich meine Präzedenzfall im Sinne, ob dieses neue Gesetz wirklich anwendbar ist.
M: Für uns ist es kein Präzedenzfall. Ich denke, dass sich das Ganze vollkommen innerhalb des Zieles dieses Gesetzes bewegt. Das Gesetz dient dazu, Menschen vor solchen Verbrechen zu schützen.
Radiosprecher: Ja, ich verstehe. Sie haben gegen Jiang Zemin eine Klage eingereicht. Er wurde gewählt, weil er zu der Zeit der Hauptverantwortliche im Chinesischen Politbüro war.
M: Ja, so ist es: zu dieser Zeit wollte Jiang Zemin die Verfolgung starten und nicht jeder im Politbüro stimmte ihm zu. Jedoch setzte er seinen Willen aus Neid und Machtgier durch. Er hat versucht Falun Gong zu einer Art inneren Feind zu machen und auf diese Weise jeden in der kommunistischen Partei gezwungen, sich zu positionieren, entweder für oder gegen ihn und auf diese Weise versucht, seine Macht zu erweitern.
Radiosprecher: Ja, tatsächlich hat er es gebraucht, um seine Macht auszuweiten bzw. seine Macht zu bewahren.
M: In der Tat, deshalb ist er für die Ingangsetzung und die weitere Durchführung der Verfolgung verantwortlich.
Radiosprecher: Nichtsdestotrotz ist Falun Gong in China sehr beliebt. Gibt es aktuelle Zahlen dafür, wie beliebt es ist?
M: Vor dem Beginn der Verfolgung gab es Schätzungen zwischen 70 bis 100 Millionen Menschen, die Falun Gong praktizierten und das sind mehr als die Mitglieder, die die Chinesische Kommunistische Partei zu der Zeit hatte.
Radiosprecher: Und wurde dabei nicht vielleicht, um es bedrohlicher wirken zu lassen, etwas gelogen? Oder hat die Anzahl (der Praktizierenden) erst nach der Verfolgung in diesem Maße zugenommen?
M: Nein, es gab vor der Verfolgung wirklich so viele Menschen, die Falun Gong lernten und das ist sicherlich einer der Gründe, weshalb es verfolgt wurde.
Es ist nicht nur Falun Gong, das in China verfolgt wird. Zum Beispiel wird die Katholische Kirche in China auch verfolgt. Ich kann mir vorstellen, wenn es zu der Zeit in China 70 Millionen Katholiken gegeben hätte, dann wären sie auch verfolgt worden.
Radiosprecher: Nur wegen der Bedrohung der Partei, gibt es irgendeine andere Organisation neben der Kommunistischen Partei in China?
M: Ja, nur deshalb. Es gab auch Menschen innerhalb der Partei und in der Armee, die Falun Gong praktizierten. Nochmals, es wollte nicht jeder Falun Gong verfolgen, jedoch war es Jiang Zemin, der darin eine Gelegenheit sah, durch die Verfolgung seine eigene Macht auszuweiten.
Radiosprecher: Und wie stehen die Dinge jetzt in China?
M: In diesem Moment werden täglich oder wöchentlich immer noch Menschen ermordet, diese Menschen werden in Haft zu Tode gefoltert.
Radiosprecher: So geht das Ganze also auch unter dem neuen Parteiführer weiter?
M: Ja, aber in Wirklichkeit ist Jiang Zemin immer noch der Führer des Militärs und der mächtigste Mann in China.
Radiosprecher: Also gut. Sie haben ihn mit einigen anderen Regierungsfunktionären nach dem neuen Völkermordsgesetz angeklagt. Wann werden Sie erfahren, ob es tatsächlich Gehör findet und ob es wirklich vor Gericht kommt?
M: Wir wissen es nicht genau. Es ist nämlich das erste Mal nach diesem neuen Gesetz. Es wird das erste Mal sein, dass der Staatsanwalt einen solchen Entscheid trifft. Laut unseres Rechtsanwaltes sollte es schnell gehen, innerhalb eines Monates oder anderthalb Monate. Aber das ist nicht sicher.
Radiosprecher: Und dann werden sie den Entscheid darüber haben, ob der Fall tatsächlich angenommen wurde und es zum Prozess kommen wird?
M: Ja, genau.
Radiosprecher: Und dann sind wir noch nicht bei der Verurteilung, das wird viel später kommen. Herr Matthias Slaats, Ich danke Ihnen für diese kleine Unterhaltung und den kleinen Einblick in Falun Gong.
M: Es war mir ein Vergnügen.