Die Erlaubnis für den Glauben
Erping Zhang kann sich noch sehr deutlich daran erinnern, wie erschüttert er war, als er das erste Mal Amerikaner über ihren Glauben in Gott erzählen hörte.
„Ich habe es schlicht nicht verstanden. Wie kann sich jemand vorstellen, dass ein Gott existiert? Das war für mich unfassbar”, sagte der 44jährige Erping Zhang, der in den letzten Tagen der Kultur Revolution aufgezogen wurde und dazu abgerichtet wurde, jeden Glauben in einen Gott ab zu tun.
Als er mit 24 Jahren in die USA kam, um dort zu studieren, hatte nichts bis dahin sein fest zementiertes Bild der Welt Risse entwickelt. Kleine Risse zuerst, die nach und nach größer wurden und in den letzten fünf Jahren Zhang für seine Kritik am chinesischen System einen Eintrag auf der schwarzen Liste bedeutete. Heute ist er der Manager einer unabhängigen Vereinigung für asiatische Studien in New York, die im Besonderen die Menschenrechte untersucht.
„Der Gottesglaube ist für das kommunistische System gefährlich. Es hebt anstelle der Gemeinschaft das Individuum hervor, auf diese Weise steht es im Gegensatz zu der Idee des Klassenkampfes und der Herrschaft des Proletariats”, so Erping Zhang, der gestern ein durch die dänische PEN organisiertes Seminar zu Menschenrechten in Christinansborg besuchte.
China besitzt eine offizielle Freiheit der Religionsausübung, wobei mehr als 200 Millionen Menschen zu einer religiösen Gemeinschaft zugehörig geschätzt werden. Diese Freiheit ist jedoch sehr begrenzt. Den Gläubigen wird die Ausübung nur in einer Kirche, einem Tempel oder Ähnlichem erlaubt, welche vom Staat anerkannt sind.
„Auf dem Papier realisiert die chinesische Regierung das Recht der Religionspraxis, jedoch nur solange, wie der Ort der Religionsausübung der staatlichen Kontrolle unterliegt. Wenn sich z.B. eine Gruppe Christen mit einem Priester treffen will, riskiert sie ernst zu nehmende Strafen”, verdeutlicht Erping Zhang.
Er stellt heraus, dass die chinesische Regierung die religiösen Gemeinschaften nur duldet, da sie hofft, dass diese am Ende dazu verwendet werden können, das kommunistische System zu stabilisieren.
Somit hat die Regierung seit 1998 in etwa 100 Millionen Chinesen, die Falun Gong - eine modernisierte Version alter chinesischer Qigong Techniken - praktizierten, ernsthaft verfolgt. Es wird den Beschreibungen des Meisters Li Hongzhi zur Kultivierung gefolgt, die sich um die drei Hauptprinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht drehen.
„Die Regierung ermutigte ursprünglich die Menschen dazu, Falun Gong zu praktizieren, da sie erkannte, dass es den Menschen eine bessere Gesundheit verschaffte und die hohen Gesundheitskosten des Staates reduzierte. Als man jedoch begriff, dass Falun Gong die Menschen auch dazu brachte, anders zu denken, begann die Verfolgung”, erläutert Erping Zhang.
Gerade letzten Monat wurde bestätigt, dass weitere 25 Falun Gong Anhänger getötet wurden.
Das Risiko das eigene Leben zu verlieren oder in einem Gefängnislager zu enden, sobald ein Anhänger sich außerhalb der durch den Staat festgelegten Grenzen für religiöse Praxis aufhält, ist eine der schwersten Konsequenzen für die chinesischen Landsleute. Doch auch wenn man sich an alle Regeln hält, ist es nicht harmlos, sich öffentlich zu einer Religion zu bekennen.
Zuvorderst ist es wichtig zu erwägen, dass man nicht gleichzeitig religiös und ein Mitglied der Kommunistischen Partei sein kann. Somit hat man automatisch der langen Liste der besonderen Vorzüge, die einem Parteimitglied zuteil werden: Hausverwaltungsposten und sogar der Einbeziehung in die Politik entsagt.
„Die Chinesen mit religiösem Glauben haben zwei Möglichkeiten, einen Job zu bekommen: Ihren Glauben im Stillen zu praktizieren oder in ein Privatunternehmen einzusteigen”, informiert Erping Zhang.
Vielleicht wird es eines Tages für ihn möglich sein, seine Mutter in China wieder an zu rufen. Er hat das, seitdem er auf der schwarzen Liste steht, unterlassen. Dies, weil er sehr genau weiß, dass seine Mutter für das Sprechen mit einem Kritiker des Regimes bestraft werden würde.
Quelle: http://www.clearharmony.de/articles/200405/17016.html