(Minghui.de) Auf der einen Seite der Straße versammeln sich mehrere 100 Staatsanwälte hinter den getönten Scheiben des Scandic Hotels für eine Konferenz über Zeugen, Experten und Opfer in Kriminalfällen. Direkt gegenüber der Straße auf einem Grashügel bei den Kopenhagener Seen stehen eine Handvoll dänischer und chinesischer Falun Gong Praktizierender mit ihren Spruchbändern. Einige sitzen in Lotus-Position und meditieren. Andere verteilen Flyer in der Sonne.
Zwei Jahre lang haben sie gewartet und sich darauf vorbereitet, im richtigen Moment zu handeln. Falun Gong hat an diesem Wochenende eine Folterstrafanzeige gegen den zu Besuch weilenden chinesischen Generalstaatsanwalt Jia Chunwang eingereicht. Dies war Strafanzeige Nr. 49 gegen chinesische Regierungschefs und -beamten im Ausland.
"Jeder hier kann sehen und wissen, daß sie einen Menschenrechtsverbrecher in ihrer Mitte haben," sagte Marco Hsu, Sprecher für Falun Gong in Dänemark. "Sie repräsentieren Gesetz und Ordnung, und wir möchten gerne wissen, was sie darüber zu sagen haben."
Unter den Teilnehmern ist die Staatsanwältin für Special International Strafsachen Birgitte Vestberg. Sie hat nicht viel zu sagen, außer daß ihr Büro sich viel Mühe gibt, die Strafanzeige zu untersuchen. "Wir haben der Anzeige die höchste Priorität gegeben, doch andererseits behandeln wir sie wie alle anderen Fälle. Und nein, ich finde es nicht eigenartig, daß ich hier teilnehme - sollte ich gehen, weil jemand angezeigt wurde?", fragt sie.
Ein böses Regime
Für die demonstrierenden Falun Gong Leute ist dies ihre Chance, das Rampenlicht auf die Verfolgung zu richten, die sie durchleiden, und von der es so schwierig ist, der Welt zu erzählen. Vielleicht versteht niemand zu richtig, warum diese Menschen, die nur ihren Glauben an "Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht" kultivieren wollen, bei den chinesischen Behörden so verhaßt sind. Tatsächlich verstehen sie es nicht einmal selber, warum sie so verfolgt werden.
"Wir ringen gegen ein böses Regime, welches unschuldige Menschen verfolgt," sagte der chinesische Flüchtling Zhao Ming, der sich selbst als "überlebendes Folteropfer" der mitleidlosen Verfolgung von Falun Gong Praktizierenden bezeichnet. Heute lebt er in Irland, doch er agiert als Zeuge in mehreren internationalen Strafanzeigen.
"Westliche Regierungen schweigen bezüglich dieser Verbrechen und sind nicht gewillt, diese Verbrecher festzunehmen, doch eines Tages wird es geschehen," sagt er.
Der Generalstaatsanwalt Jia Chunwang ist nicht irgendwer. Chinas höchster Staatsanwalt war 1999 Chinas Minister für Öffentliche Sicherheit, als Chinas Regierung entschied, Falun Gong zu vernichten, und nach Angaben der Anzeige war er einer der Hauptverantwortlichen hinter der Kampagne gegen die Praktizierenden der Bewegung. Von einem Tag zum nächsten wurde die friedliche und unpolitische Meditationsbewegung verboten, und Millionen ihrer Praktizierenden wurden zu gejagten Opfern, sowohl innerhalb als auch außerhalb von China. Seitdem haben sich Berichte bei der UNO, Amnesty International und internationalen Medien über Inhaftierung, Folter, Verfolgung und Mord angehäuft. Sowohl Dänemark als auch China haben die UN Folterkonvention unterschrieben und ratifiziert. Die Konvention ist grenzüberschreitend und gibt deshalb Dänemark das Recht- und die Pflicht- zu handeln, wenn es den Verdacht gibt, das Verbrechen gegen die Konvention begangen wurden.
Der dänische Menschenrechtsanwalt Tyge Trier hat die Klage für Falun Gong eingereicht. "Es gibt ein informelles Netzwerk von Rechtsanwälten, die Falun Gong helfen, zum Beispiel aus Frankreich, Deutschland, England, Schweden und den USA bestätigte er. Er selbst hat die Bewegung in Dänemark seit 2003 beraten und ihnen geholfen, die notwendigen Dokumente zu sammeln. Am Sonntag kam dann die Chance, als Jia Chunwang in und Kastrup landete.
"Wir haben auch versucht, eine Anzeige einzureichen, als Chinas stellvertretender Premierminister Irland besuchte," sagte Zhao Ming. "Doch es war ein Staatsbesuch, und er hatte diplomatische Immunität."
Die Elektroschocks waren das schlimmste
Seine persönliche Geschichte ist, daß er Computerwissenschaften in Irland studierte, doch von der Polizei während eines Besuchs in seinem Heimatland im Mai 2003 verhaftet wurde. "Ich hatte nichts widerrechtliches getan. Ich wurde jedoch für ein Jahr und 10 Monate inhaftiert. Ich war in zwei verschiedenen Zwangsarbeitslagern in Peking und in einem Gefängnis in meiner Heimatprovinz. Ich wurde mit Elektroschocks, Schlafentzug für zwei Wochen und schweren Schlägen gefoltert. Die Folter mit Elektroschocks ist besonders schrecklich. Man wird besinnungslos," sagte er über seine Erfahrungen.
Jia Chunwang ist nicht der Staatschef und er ist nicht auf einem offiziellen Staatsbesuch bei seiner Teilnahme an der Konferenz, die von einer Nichtregierungsorganisation organisiert wurde, sagte Marco Hsu.
"Er hat keine diplomatische Immunität, deswegen steht nichts im Wege, ihn zu verhaften," sagte er.
Die 49 Versuche, chinesische Regierungsführer der Gerechtigkeit zuzuführen, haben bis jetzt noch nicht zu konkreten Ergebnissen geführt. Es gibt einige Siege, einige Gerichte in den USA haben Urteile gegen chinesische Beamten verhängt, die nicht vor Gericht erschienen sind und deshalb automatisch verloren haben. In Sambia wurde ein Haftbefehl gegen eine hohe chinesische Beamtin verhängt, die in den Untergrund ging und später aus dem Land floh.
"Es ist schockierend für chinesische Beamten, daß sie das Risiko tragen, im Ausland verhaftet und inhaftiert zu werden," sagt Marco Hsu. Und dies ist Teil des Grundes, warum die Strafanzeigen eingereicht werden - um Aufmerksamkeit zu erregen und die verantwortlichen Menschen im chinesischen System zum Nachdenken zu bringen.
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"Wir versuchen, eine Botschaft an die chinesischen Führer zu senden: Wir beobachten, was Sie tun und wissen über Ihre Verbrechen Bescheid, " sagt Marco.
Quelle: http://www.clearharmony.de/articles/200509/26348.html