(Minghui.de) Jing Wang ist eine zierliche, schüchtern wirkende Frau. Seit acht Jahren lebt die 32jährige Chinesin in Deutschland, hat in Weimar und Heidelberg studiert und arbeitet jetzt als Dolmetscherin in Berlin. Aber Frau Wang ist sehr resolut, wenn es um die Menschenrechte in ihrer Heimat geht. Sie ist Mitarbeiterin der chinesischen Auslandszeitung "Die neue Epoche", die weltweit in neun Sprachen und mit einer Auflage von 700 000 Exemplaren erscheint. Das Wochenblatt berichtet vor allem auch über Menschenrechtsverletzungen in China.
"Sie müssen unbedingt mehr über das wirkliche China berichten", beschwor mich Frau Wang bei unserer Begegnung im Berliner Springer-Hochhaus. Sie empfinde es als bedenklich, daß westliche Geschäftsleute in China nur einen riesigen Markt, aber nicht das immer perfekter betriebene Unterdrückungssystem der kommunistischen Partei sehen wollten. "Wenn ein Land nicht die Menschenrechte respektiert, haben Investoren irgendwann Probleme", meinte sie. So entspreche das chinesische Rechtssystem nicht einmal im Ansatz den internationalen Standards, sondern sei vollständig von der Partei kontrolliert. Da sich ausländische Geschäftsleute in der Regel wenig um Menschenrechtsfragen kümmerten, könnten sie den Eindruck gewinnen, der unbestreitbare wirtschaftliche Aufschwung käme allen Chinesen zugute.
Das sei aber keineswegs der Fall. Gerade der Wirtschaftsboom führe zu willkürlichen Enteignungen, fingierten Anklagen wegen "Korruption" und zur Verfolgung von Gewerkschaftern, die sich für Arbeitslose einsetzten. 68 Delikte könnten mittlerweile mit dem Tod bestraft werden. 10 000 Menschen seien 2004 in der Volksrepublik China hingerichtet worden. Jede Form von Opposition werde von den kommunistischen Machthabern mit aller Härte verfolgt, vor allem Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten.
Als Mitglied der seit 1999 in China unterdrückten Falun-Gong-Bewegung ist Jing Wang bestens über Menschenrechtsverletzungen informiert, zu denen Verschleppung, Folter, Arbeitslager und Todesstrafe gehören. Einschlägige Strafrechtsparagraphen erlaubten die willkürliche Verhaftung und Verurteilung mißliebiger Personen unter dem Vorwand, sie gefährdeten die Sicherheit, planten einen Umsturz oder betrieben Subversion. Bedroht fühlten sich die Kommunisten besonders von jenen Gruppen, die wie Falun Gong metaphysisch orientiert sind und seit Jahren großen Zulauf haben, sagt Frau Wang.
Auch die Zahl chinesischer Christen wächst immer weiter, auf annähernd 100 Millionen werden die meist evangelikalen Anhänger geschätzt. Ein Fünftel davon ist staatlich kontrolliert, die große Mehrheit organisiert sich als "Hauskirchen" im Untergrund und ist deshalb ständig von Verfolgung bedroht.
Jing Wang setzt ihre Hoffnung angesichts der wachsenden Repression auf das Auseinanderbrechen der kommunistischen Partei. Fast zwei Millionen Chinesen hätten seit Sommer 2004 die Partei verlassen. Mit sanftem Lächeln sagte sie mir beim Abschied: "Ihr Deutschen habt das 1989 doch alles schon erlebt -
und haben Sie damals etwa auf die SED gesetzt?"
Artikel erschienen am 5. Februar 2006 Welt am Sonntag
Quelle: http://de.clearharmony.net/articles/200602/29367.html