(Minghui.de)
1. Sechs Prüfungen der Reihe nach bestehen
Im alten China gab es eine Menge Kultivierender; aber nur wenige von ihnen waren fähig, den Zustand eines göttlichen Wesens zu erreichen. Das kommt daher, dass die Kultivierung eine große Herausforderung darstellt und die Meister von ihren Schülern erwarten, dass sie sich an sehr strikte und schwierige Standards halten. Ohne einen besonders starken Willen und Entschlussfähigkeit kann der Kultivierende seine Kultivierung nicht vollenden.
In China gab es einmal einen Mann namens Zhao Sheng. Da er sich nach dem Tao sehnte, reiste Zhao Sheng sehr weit, bis in die Provinz Sichuan im Westen Chinas, um sich im Taoismus unter der Führung von Zhang Daoling zu kultivieren. Um Zhao Shengs Willen zu prüfen, bereitete er ihm eine Reihe von Prüfungen.
Einmal ging Zhao Sheng zu Zhang Daoling und stand vor seiner Tür. Er erklärte dem Türsteher, warum er gekommen sei und bat ihn, Zhang Daoling das mitzuteilen. Zu seiner Überraschung ging der Türsteher nicht zu Zhang Daoling, um ihm dies zu berichten. Statt dessen überschüttete er Zhao Sheng mit Flüchen. Da er entschlossen war, sich im Taoismus zu kultivieren, verlor Zhao Sheng jedoch nicht seine Ruhe. Er beschloss, nicht eher fortzugehen, bis er nicht Zhang Daolings Schüler geworden sei. Er schlief in der Nacht vor der Tür und das tat er auch noch für 40 weitere Nächte. Der Türsteher verfluchte ihn die ganze Zeit. Schließlich stimmte Zhang Daoling zu, Zhao Sheng zu treffen und erlaubte ihm, zu bleiben. Meister Zhang Daoling befahl ihm jedoch, auf den Schaufelrädern zu leben und als Vogelscheuche zu dienen, die Vögel und Tiere von den Feldfrüchten wegjagt. Zhao gehorchte, ohne zu zögern.
Nachts war es kalt und windig auf dem Feld. Wilde Tiere machten erschreckende Geräusche, die ihm ein Schauder über den Rücken jagten. Trotzdem war Zhao sehr ergeben. Er sorgte dafür, dass kein Körnchen an die Tiere ging. Eines Tages, bei Sonnenuntergang, als er gerade eine Vogelschar vertrieben hatte, sah Zhao ein unglaublich schönes junges Mädchen auf sich zu kommen. Sie sagte, dass sie in ein fern gelegenes Dorf gehen wolle und fragte ihn, ob sie bei ihm übernachten dürfe. Zhao Sheng dachte, dass er als Kultivierender Menschen in Not helfen sollte. Er lud die Frau ein, in seiner mit Stroh gedeckten Hütte zu schlafen; er setzte sich selbst aber bis zur Morgendämmerung allein ins Feld. Am nächsten Tag klagte die Frau über Fußschmerzen und blieb noch ein paar Tage. In der Nacht versuchte sie, Zhao Sheng zu verführen; aber Zhao Shengs Herz war auf die Kultivierung eingestellt und er kam nicht in Versuchung.
Als Nächstes befahl Meister Zhang Zhao Sheng, in die Berge zu steigen und Feuerholz zu holen. Sobald Zhao loszog, sah er am Wege 30 Gefäße voller Gold stehen. Er wurde sich des Goldes gar nicht bewusst. Er ging an den Gefäßen vorüber und drehte nicht einmal den Kopf, um das Gold anzusehen. Als er auf den Berg kam, stürzten sich drei heulende Tiger gleichzeitig auf ihn, so als wollten sie ihn verschlingen. Im entscheidenden Augenblick geriet Zhao nicht in Panik. Er dachte: „Ich bin Meister Zhangs Schüler. Der Meister passt auf mich auf! Mich kann nichts verletzen!” Und wirklich, die Tiger zerrten an seinen Kleidern und leckten sein Gesicht, aber sie bissen ihn nicht. Als sie merkten, dass er keine Angst hatte, senkten sie den Kopf und verließen ihn.
Als Nächstes befahl Meister Zhang Zhao Sheng, zum Markt zu gehen und einige Stoffe einzukaufen. Als Zhao die Stoffe ausgesucht und bezahlt hatte, beschuldigte ihn der Verkäufer, dass er die Ware nicht bezahlt habe. Er schrie Zhao an und machte eine große Szene, sodass sich viele Zuschauer einfanden. Zhao stritt nicht mit ihm und verteidigte sich auch nicht. Statt dessen zog er sein Gewand aus und gab es ihm als Bezahlung für den Stoff. Plötzlich gab der Verkäufer zu, dass er sich geirrt hatte.
Eines Tages als Zhao das Getreide bewachte, kam ein Bettler von weit her. Der Bettler war in Lumpen gekleidet und mit Schmutz und Dreck bedeckt. Am ganzen Leibe hatte er eiternde Geschwüre. Sein Gestank war so übel, dass es einem den Atem nahm. Der Bettler näherte sich Zhao und bat ihn um etwas zu essen. Zhao tat der Bettler von Herzen leid. Er zog seine Kleidung aus und bot es dem Bettler an. Er gab ihm sein eigenes Mittagessen und dazu das Essen aus seinem Vorrat. Der alte Bettler war gerührt über Zhaos Freundlichkeit. Er rührte aber seine Essensvorräte nicht an.
2. Pfirsiche pflücken
Zhang Daoling hatte 201 Schüler; aber er prüfte sie, um das Tao dem aufrichtigsten unter ihnen zu übergeben. Eines Tages führte er seine Schüler auf einen Bergrücken, der hieß: „Treppe zu den Wolken, auf dem Berge Guming.” Er zeigte auf einen Pfirsichbaum, der auf einer Klippe stand und sagte: „Ich werde das große Tao demjenigen übergeben, der Pfirsiche von diesem Baum pflücken kann.” Der Pfirsichbaum wuchs mitten in einem sehr steilen, rauen Felsen, zwischen den Wolken und einem sehr tiefen Tal. Die meisten Schüler sahen von der Klippe aus auf den Baum hinab und waren in kalten Schweiß gebadet. Sie scheuten diese Herausforderung und sagten: „Das ist unmöglich, Meister!”
Nur Zhao Sheng dacht anders darüber. Er dachte: „Wenn der Meister sagt, wir sollen die Pfirsiche pflücken, dann muss es einen Weg geben, um das zu tun. Außerdem ist ja mein Meister hier. Er würde mich niemals in den Abgrund stürzen und sterben lassen. Ein Kultivierender muss an den Meister und das Tao glauben, ehe er das Große Tao erreichen kann.” Er machte vertrauensvoll einen Sprung und landete genau auf dem Pfirsichbaum. Alle waren erschüttert über sein Tun.
Zhao pflückte die Pfirsiche einen nach dem anderen und warf sie Meister Zhang zu. Im Ganzen pflückte er 202 Pfirsiche, so konnten seine 201 Schüler und er jeder einen essen. Als Zhao mit dem Pflücken fertig war, streckte Meister Zhang seine Hand aus, um ihn herüberzuziehen. Alle Schüler dachten: „Wie kann er ihn von hier aus wohl erreichen?” Aber vor ihren Augen streckten sich Meister Zhangs Arme um das Dreifache ihrer Länge und zogen Zhao auf die Klippe hoch.
Als Zhao seinen Pfirsich gegessen hatte, sagte Meister Zhang zu seinen Schülern: „Zhao Sheng konnte auf dem Baum landen weil er den rechten Gedanken im Kopf hatte. Jetzt will euer Meister mal versuchen das Gleiche zu tun. Mal sehen, ob ich das auch kann. Es wäre großartig, wenn ich von dem Baum einen großen Pfirsich pflücken könnte. Wenn ich nicht auf dem Baum landen kann, dann bin ich nicht wert, euer Meister zu sein und werde versuchen, ohne Reue zu sterben.” Außer Zhao Sheng versuchten nun alle, Meister Zhang davon abzuhalten, so eine gefährliche Sache zu unternehmen. Ihre Bitten missachtend machte Meister Zhang einen großen Sprung, aber er verfehlte den Baum und fiel in das Tal. Alle wurden blass vor Schrecken. Lange gab keiner einen Laut von sich. Alle glaubten, dass ihr Meister tot sei und fingen an, zu weinen. Auch Zhao war von Leid überwältigt. Ein chinesisches Sprichwort heißt: „Meister für einen Tag, Vater ein Leben lang.” Wenn dem Meister etwas geschehen sein sollte, wie könnte man als sein Schüler weiterleben? Aber dann dachte er: „Der Meister ist mächtig, er ist auf einer sehr hohen Ebene. Am Grunde eines jeden Tales muss es einen festen Grund geben, selbst in dem tiefsten Tal. Das bedeutet für einen Kultivierenden, der den Tao erreicht hat, gar nichts. Ich muss dem Meister unter allen Umständen nachfolgen. Ich kann den Meister nicht verlassen und alleine leben.” Er schloss die Augen und sprang erneut vertrauensvoll in das Tal hinab.
Zhao verlor sein Zeitempfinden. Als er schließlich landete, war er überhaupt nicht verletzt und er landete tatsächlich genau vor Meister Zhang. Der lächelte ihm zu, als ob er ihn erwartet hätte. Es gab dort eine Hütte mit einem Bett und einem Zimmer. Meister Zhang sagte: „Ich wusste, dass du kommen würdest.” Meister Zhang übergab ihm das Große Tao drei Tage lang, ehe sie wieder nach Hause gingen. Alle anderen Schüler waren überrascht und traurig, weil sie die Gelegenheit, das Große Tao zu empfangen, verpasst hatten.
Schließlich stiegen Meister Zhang und Zhao Sheng am helllichten Tage zum Himmel auf und wurden Unsterbliche. Alle anderen Schüler sahen zu, wie sie in den Himmel aufstiegen, bis sie in den Wolken verschwanden.