(Minghui.org) Der Himalaya war im Laufe der Geschichte immer eine Region mit vielen Kultivierenden. Die Menschen dort führen ein einfaches, bescheidenes Leben. Sie singen und tanzen und verehren das Buddha-Fa (Gebot). Vor fast einem Jahrtausend gab es in dieser Gegend einen Kultivierenden namens Milarepa. Während sich die meisten Buddhas und Bodhisattwas viele Leben lang kultivieren und viel Leid ertragen mussten, bevor sie zur Vollendung kamen, hat Milarepa die gleiche mächtige Tugend in nur einem Leben erlangt. Später wurde er bekannt als der Begründer der Weißen Sekte des tibetischen Buddhismus.
(Fortsetzung von Teil X)
Der Geshe Tsakpuwa hatte eine Geliebte. Er bat diese Frau, Gift in einen Käse zu tun und diesen dem Ehrwürdigen zu bringen, um ihn zu töten. Dafür versprach er ihr einen großen Jadestein. Die Frau glaubte ihm und brachte dem Ehrwürdigen als Opfergabe den vergifteten Käse.
Der Ehrwürdige wusste bereits davon. Durch Visualisierung der karmischen Beziehungen wusste er, dass diejenigen mit einer Schicksalsverbindung gerettet worden waren. Obwohl das Gift ihm nicht schaden konnte, kam sein Nirvana, weshalb er beschloss, den vergifteten Käse als Opfergabe anzunehmen. Auch wusste der Ehrwürdige, dass Tsakpuwa der Frau den Jadestein nach der Vergiftung des Ehrwürdigen nicht mehr geben würde, sondern nur vorher. So sagte der Ehrwürdige zu ihr: „Ich werde deine Gabe jetzt nicht annehmen. Wenn du später wiederkommst, werde ich sie wahrscheinlich annehmen.“
Diese Worte verwirrten und verängstigten die Frau. Sie vermutete, dass der Ehrwürdige bereits wusste, dass der Käse vergiftet war. Nervös und verunsichert ging sie fort.
Sie berichtete Tsakpuwa, was passiert war, und sagte, dass der Ehrwürdige übernatürliche Fähigkeiten besitzen müsse, da er den Käse nicht angenommen habe.
Tsakpuwa antwortete: „Hm! Wenn er übernatürliche Fähigkeiten hätte, hätte er dich nicht gebeten, ihm den Käse später zu bringen. Oder er hätte dich den Käse essen lassen. Stattdessen hat er dich gebeten, ihm den Käse später zu bringen. Das zeigt eindeutig, dass er keine übernatürlichen Fähigkeiten besitzt. Jetzt nimm diesen Jadestein und bringe ihm den Käse noch einmal. Diesmal musst du dafür sorgen, dass er ihn isst!“ Dann gab er ihr die Jade.
Die Frau sagte zu Tsakpuwa: „Alle glauben, dass er übernatürliche Fähigkeiten hat. Deshalb hat er den Käse gestern nicht gegessen. Wenn ich ihm den Käse heute bringe, wird er ihn ganz gewiss nicht essen. Ich habe solche Angst und wage es nicht, zu ihm zu gehen. Den Jadestein möchte ich nicht mehr haben. Bitte vergebt mir. Ich kann das nicht für Euch tun.“
Tsakpuwa sagte: „Nur Narren glauben, dass er übernatürliche Fähigkeiten hat. Sie lesen keine Sutren, haben keine Vernunft und lassen sich von seinen Lügen täuschen. In den Sutren, die ich lese, kommen Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten vor. Ich garantiere dir, dass er über keine übernatürlichen Fähigkeiten verfügt. Nun bringe ihm den vergifteten Käse! Wenn wir Erfolg haben, werde ich dich nicht im Stich lassen. Wir sind schon so lange ineinander verliebt und ich glaube, um das Gerede brauchen wir uns nicht mehr zu sorgen. Wenn du das schaffst, werde ich dich heiraten. Dann gehört nicht nur dieser Jadestein dir, sondern mein gesamter Besitz. Ob reich oder arm, wir werden zusammenbleiben, bis wir sterben. Stimmst du zu?”
Sie glaubte ihm und stimmte zu. Wieder tat sie Gift in Käse und brachte ihn dem Ehrwürdigen als Opfergabe. Der Ehrwürdige lächelte und nahm ihn an. Die Frau dachte: „Der Geshe hat Recht. Er hat wirklich keine übernatürlichen Fähigkeiten!“
Der Ehrwürdige lächelte sie an und fragte sie: „Die Belohnung hierfür, den Jadestein, hast du ihn erhalten?“
Als sie das hörte, war sie so erschrocken, dass ihr der Unterkiefer herunterfiel und sie sprachlos war. Schuldbewusst und verängstigt zitterte sie am ganzen Leib und ihr Gesicht war blass. Sie machte Kotau vor dem Ehrwürdigen und sagte mit zitternder Stimme: „Ja, ich habe den Jadestein bekommen. Aber bitte esst den Käse nicht! Gebt ihn mir!“ – „Warum?“, fragte der Ehrwürdige. Sie rief: „Lasst mich, die Sünden begangen hat, den Käse essen.“
Der Ehrwürdige erwiderte: „Erstens kann ich nicht dulden, dass du ihn isst, weil du nur zu bemitleiden bist. Zweitens, wenn ich deine Opfergabe ablehne, würde ich damit gegen die Bodhisattwa-Regeln verstoßen. Außerdem habe ich die Dinge für mich selbst, für andere und für die Erlösung erfüllt. Es ist für mich an der Zeit, in eine andere Welt zu gehen. In Wirklichkeit kann mir deine Opfergabe nicht schaden und es macht keinen Unterschied, ob ich den Käse esse oder nicht. Hätte ich ihn das letzte Mal gegessen, hättest du wahrscheinlich den Jadestein nicht bekommen. Deshalb habe ich deine Opfergabe nicht angenommen. Jetzt, da du den Jadestein bekommen hast, kann ich den Käse bedenkenlos essen und der Geshe wird zufrieden sein. Eine weitere Sache ist, dass er dir dieses oder jenes versprochen hat, nachdem du dies erledigt hast. Doch auf seine Worte ist kein Verlass. Was seine Bemerkungen über mich betrifft, so ist keine davon wahr. Ihr beide werdet später voller Reue sein. Bis dahin ist der beste Weg für dich, Buße zu tun und ernsthaft das Dharma zu lernen. Oder denke zumindest daran, dass du bei Fragen im Zusammenhang mit Leben und Tod in Zukunft keine solchen Sünden mehr begehst! Du kannst jetzt aufrichtig zu mir und meinen Ahnen beten.
Ihr beide verlasst oft das Glück und sucht das Leiden. Diesmal werde ich schwören, die von dir begangenen Sünden zu bereinigen. Früher oder später wird man wissen, was du zu diesem Zeitpunkt getan hast. Aber erzähle es vor meinem Tod zu deiner Sicherheit niemandem. Ich bin jetzt ein alter Mann und ihr habt nicht gesehen, ob das, was ich in der Vergangenheit gesagt habe, wahr ist oder nicht. Deshalb wirst du meinen Worten vielleicht nicht glauben. Doch jetzt siehst du es mit eigenen Augen und weißt also, dass meine Worte wahr sind.“ Dann aß der Ehrwürdige den vergifteten Käse.
Die Frau ging zurück und erzählte es Tsakpuwa. Dieser sagte: „Was du im Wok siehst, sind vielleicht keine köstlichen Speisen. Was du von anderen hörst, ist vielleicht nicht wahr. Er hat den vergifteten Käse gegessen, damit habe ich mein Ziel erreicht. Nun halte den Mund und sei still!“
So gab der Ehrwürdige die Botschaft in Drin und Nyanam weiter und rief Gläubige, Almosengeber und Menschen aus anderen Orten, die ihn noch nie getroffen hatten, herbei. Seine Jünger, die sich gerade auf eine Dharma-Versammlung vorbereiteten, hörten dies ungläubig. Alle kamen und der Ehrwürdige lehrte sie mehrere Tage hintereinander das Dharma. Ausführlich erklärte er ihnen Ursache und Wirkung der konventionellen Wirklichkeit sowie das Essentielle der höchsten Wirklichkeit. Während des Unterrichts sahen viele seiner Jünger mit übernatürlichen Fähigkeiten unzählige Buddhas und Bodhisattwas, die im Himmel dem Dharma zuhörten; überall am Himmel und auf der Erde hörten menschliche und auch nichtmenschliche Wesen freudig zu. In der Leerheit sahen die Menschen auch einen fünffarbigen Regenbogen, Siegesfahnen und bunte Wolken. Fünffarbige, duftende Blumen fielen wie Regen vom Himmel herab. Auch wunderschöne Musik erklang aus dem Himmel.
Einige Jünger sagten zu dem Ehrwürdigen: „Wir haben himmlische Wesen gesehen, die am Himmel und in der Leerheit dem Dharma zuhörten, und auch viele seltene, wundersame Zeichen.“
Was sind sie denn nun?“
Der Ehrwürdige erwiderte: „Es waren himmlische Wesen und gütige Gottheiten, die meinen Vorträgen zuhörten und Darbietungen für die Fünf Sinnesfreuden gaben. Weil ihr alle praktizierende Yogis und Gläubige mit gesunden angeborenen Grundlagen seid, wart ihr im Herzen fröhlich und habt diese verheißungsvollen Omen gesehen.“
Andere fragten: „Warum können wir denn diese himmlischen Wesen nicht sehen?“
Der Ehrwürdige sagte: „Unter den himmlischen Wesen sind manche Bodhisattwas und manche haben die Ebene erlangt, von der aus kein Rückschritt möglich ist. Um sie zu sehen, benötigt man Himmelsaugen mit ausreichenden Verdiensten und Weisheit und ohne betrübliche und geistige Hindernisse. Wenn man Buddhas und Bodhisattwas sehen kann, kann man natürlich auch andere Gottheiten sehen. Um Buddhas und Bodhisattwas sehen zu können, muss man bereuen und Verdienste ansammeln. Indem man sich hart kultiviert, wird man sicherlich den prächtigsten Buddha sehen – den eigenen Geist.“
Als der Ehrwürdige aufhörte zu reden, hatten Zuhörer mit übernatürlichen Fähigkeiten die Erkenntnis des Geistes als wahren Körper, während diejenigen mit mittleren Kapazitäten das großartige Gefühl von Freude, Klarheit und Leere hatten.
Der Ehrwürdige sagte: „Lamas, Laien, jedermann und himmlische Wesen können hier aufgrund von gutem Willen in früheren Leben zur Dharma-Versammlung kommen. Dies hier ist eine Zusammenkunft aufgrund von Dharma und karmischen Beziehungen. Ich bin alt und schwach. Es ist schwer zu sagen, ob wir uns in dieser Welt noch einmal treffen werden. Doch was ich euch gesagt habe, ist alles wahr. Ich hoffe, ihr könnt euch entsprechend dem Dharma kultivieren. Wenn ich die Buddhaschaft erlange, werdet ihr alle Schüler in meinem Buddha-Land sein, die sich meinen Vortrag bei der ersten Versammlung angehört haben. Also, bitte freut euch!“
Die Schüler in Nyanam fragten, warum der Ehrwürdige sie daran erinnere. War es, weil die Errettung der Lebewesen zu Ende ging und es Zeit für Nirvana war? Sie baten den Ehrwürdigen, dass falls sich das Nirvana näherte, sie hofften, dass es in Nyanam geschehen würde oder ob er sie zumindest dort noch einmal besuchen könnte. Sie weinten und beharrten darauf, dass der Ehrwürdige nach Nyanam komme. Auch Menschen in Drin, Chubar und anderen Regionen flehten den Ehrwürdigen an, an ihre Orte zu kommen.
Der Ehrwürdige sagte: „Ein alter Mann wie ich wird nicht nach Nyanam kommen. Ich warte in Drin und Chubar auf den Tod. Lasst uns ein gutes Gelübde ablegen und hoffen, dass wir uns in der Zukunft alle im Reinen Land der Dakinis treffen können.“
Die Schüler sagten: „Wenn der Meister das wirklich nicht tun kann, hoffen wir, der Meister kann geloben, all den früher besuchten Orten durch Segnungen beizustehen. Alle Menschen und Lebewesen, die den Meister gesehen oder früher gehört haben, flehen den Meister an, Beistand und Segen zu geloben.“
Der Ehrwürdige: „Ich bin sehr bewegt zu sehen, dass ihr einen solchen Glauben habt. Ich habe euch lange das Dharma mit Barmherzigkeit gelehrt. In Zukunft werde ich natürlich Freude und Glück für mich und alle Lebewesen geloben.“ Dann sang der Ehrwürdige ein Lied über Gelübde.
Die Zuhörer, die das Dharma hörten, waren voller Freude. Sie wagten nicht, es zu glauben, und dachten: „Der Meister wird vielleicht gar nicht ins Nirvana eingehen.“ Menschen, einschließlich der Schüler aus Nyanam, kamen zum Ehrwürdigen und baten um Beistand und Segen. Als die wundersamen Zeichen wie die Regenbögen am Himmel allmählich verschwanden, gingen die Zuhörer.
Die Leute in Drin baten die Hauptschüler des Ehrwürdigen, wie Zhiwa O, aufrichtig, ihn zu bitten, in Rekpa Duchen zu bleiben. Der Ehrwürdige verweilte dort eine gewisse Zeit und lehrte Almosenspendern das Dharma. Einmal sagte der Ehrwürdige zu all seinen Schülern: „Wenn ihr noch Fragen über Dharma habt, fragt mich bitte jetzt. Ich werde bald gehen.“ Die Schüler bereiteten ein Anbetungsritual vor, bei dem sie dem Ehrwürdigen Fragen über Klarstellung und über mündliche Lehren stellten. Am Ende fragten Seban und ein anderer Schüler: „Meister, nach dem, was Ihr gesagt habt, werdet Ihr nun bald ins Nirvana eingehen. Wir können das nur schwer glauben. Wir hoffen, Ihr könnt länger auf der Welt bleiben, um noch mehr Lebewesen zu nützen.“
Der Ehrwürdige entgegnete: „Mein Leben nähert sich dem Ende. Die Lebewesen, die gerettet werden sollten, sind gerettet worden. Alles, was durch Geburt kommt, wird sterben. Eigentlich ist Geburt einfach nur eine Manifestation des Todes.“
Wie erwartet zeigten sich bei dem Ehrwürdigen nach ein paar Tagen Symptome von Krankheit. Sein Schüler Ngandzong Repa rief daher alle Allmosenspender und Schüler zusammen. Sie hielten für den Meister, Gottheiten, Dakinis und Himmlische Wächter ein Ritual ab. Sie sagten zu dem Ehrwürdigen: „Meister, Ihr kennt Mittel von Langlebigkeit und Medizin. Könntet Ihr Eure Güte vergrößern und sie anwenden?“
Der Ehrwürdige erwiderte: „Im Grunde benötigen Yogis solche Mittel nicht. Alle widrigen und vorteilhaften Bedingungen sind Wege, die Krankheit und Tod beinhalten. Insbesondere ich, Milarepa, der das Praktizieren des Dharma von Meister Marpa vollendet hat. Es besteht keine Notwendigkeit für solche Mittel oder die Suche nach Hilfe von Gottheiten. Ich kann Feinde in treuherzige Ehepartner verwandeln. Was ist der Zweck von Ritualen, die Hilfe von Bodhisattwas zu erbitten? Was diese Dämonen und Geister betrifft, so habe ich sie vor langer Zeit bezwungen und in göttliche Hüter verwandelt. Und so ist diese Art von Beschwörungen noch nutzloser. Ich habe die Fünf Gifte (Unwissenheit, Anhaftung, Abneigung, Stolz und Neid) in die Fünf Dhyani-Buddhas umgewandelt (Weisheit von Fünf Qualitäten: perfekte Kultivierung, Gelassenheit, Beobachtung, Besinnung und Mudra-Meditation der Dharma-Ebene; die fünf Buddhas sind Akshobhya, Ratnasambhava, Amitabha, Amoghasiddhi und Vairocana). Warum brauche ich dann immer noch Medikamente? Jetzt ist die Zeit für die sequenzielle Umwandlung in einen Buddha-Körper gekommen, wobei die Realität in die Ebene der Vollendung eintritt und die Dharma-Natur erleuchtet. Es besteht keine Notwendigkeit, das zu ändern.
Wegen der Vergeltung des früheren Karmas infolge schlechter Taten ertragen die Menschen auf dieser Welt Schmerzen, wie Geburt, Altern, Krankheit und Tod. Selbst mit Medikamenten oder Ritualen können sie dem Leiden nicht entfliehen. Ganz gleich wie mächtig ein König, wie stark ein Krieger, wie gesund ein Mensch, wie schön eine Frau, wie klug ein Intellektueller, wie redegewandt ein Redner ist, sie alle werden mit dem Tod verschwinden. Sie alle können nicht durch Beruhigung, Bereicherung, Magnetisierung und Unterwerfung gerettet werden. Wenn ihr Angst vor Schmerzen habt und Freude mögt, habe ich einen Weg für euch, wie man ein angenehmes Leben ohne Leiden genießen kann.“
Schüler fragten: „Könnte der Meister es uns sagen?“
Der Ehrwürdige antwortete: „Gemäß allem Dharma bezüglich Reinkarnation wird die Existenz schließlich entarten, die Einberufenen werden sich schließlich auflösen, die Geburt wird schließlich zum Tod werden und die Liebenden werden sich schließlich trennen. Wenn einer das eindeutig erkannt hat, sollte er Handlungen, die schlechte Konsequenzen nach sich ziehen, völlig aufgeben. Das heißt aufhören, nach Glück und Gewinn zu trachten; einem hochqualifizierten Meister folgen und das Wesentliche des Nicht-Entstehens auf der Basis der Lehren folgen. Man sollte wissen, dass die Praktik des Nicht-Entstehens und der Leere die heiligste unter allen Praktiken ist. Ich habe noch andere wichtige Dinge zu sagen, die ich euch später erzählen werde.“
Zhiwa O und Ngandzong Repa sagten: „Meister, wenn Ihr gesund seid und noch länger in dieser Welt lebt, könntet Ihr dann nicht noch mehr Lebewesen erretten? Ihr seid vielleicht mit unserer Bitte nicht einverstanden, hundert Jahre zu leben. Aber egal was passiert, bitte bedenkt die außergewöhnlichen Rituale des geheimen Mantras und nehmt etwas Medizin für eine schnellere Genesung ein.“ Sie baten ihn immer wieder darum.
Der Ehrwürdige antwortete: „Wären Zeit und Bedingungen nicht schon so weit fortgeschritten, hätte ich tun können, was ihr vorschlagt. Aber wenn man Buddhas und Bodhisattwas einlädt, für seine eigene Langlebigkeit zu kommen, anstatt anderen zu nützen, ist das ähnlich, wie den König zu bitten, den Thron zu verlassen und für dich als Diener zu arbeiten. Das ist sündhaft. Deswegen solltest du Mantrayana nicht nur für dich oder nur in diesem Leben praktizieren. Es wäre sehr gut, Mantrayana im Namen anderer Wesen zu praktizieren. Um allen Wesen zu helfen, verbrachte ich mein ganzes Leben in den abgelegenen Bergen und praktizierte die tiefgründigsten Rituale, so dass ich keine anderen Rituale mehr brauche. Mein Verstand hat die gleiche fundamentale Natur wie das Dharma erreicht. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Deswegen benötige ich keine Wege, um in dieser Welt zu bleiben.
Mit den Versen und der Medizin von Meister Marpa habe ich die fünf Gifte in mir vollständig ausgerottet. Das bedeutet, dass ich keine Medizin mehr benötige. Wenn man widrige Umstände nicht als günstig betrachten kann, ist man kein wahrer Jünger. Wenn die Zeit noch nicht gekommen ist, sind Medizin und Rituale angemessen, falls man widrigen Umständen auf dem Weg zum Bodhi begegnet. Es gibt einige Fälle, in denen ungünstige Bedingungen beseitigt und in günstige umgewandelt wurden. Um den Wesen mit geringerer Kapazität Erlösung anzubieten, akzeptierte Buddha Shakyamuni einst die Diagnose und Medizin von Jivaka Kumara. Aber als Zeit und Bedingungen bereit waren, zeigte Buddha selbst auch den Eintritt ins Nirvana. Nun ist für mich die Zeit gekommen und die Bedingungen sind reif, deswegen gibt es keinen Bedarf an Medizin und solchen Ritualen.“
Zwei Hauptjünger fragten dann: „Meister, geht Ihr in eine andere Welt, um den Wesen zu helfen? Könntet Ihr uns erklären, wie wir damit umgehen sollen, wie wir während des Nirvana beten, uns um den Körper kümmern, Statuen herstellen und eine Stupa bauen sollen? Bitte sagt uns Jüngern auch, wie man meditiert und das Hören und Denken kultiviert.“
Der Ehrwürdige antwortete: „Durch die Güte und Tugend von Meister Marpa sind alle meine Aktivitäten bezogen auf Reinkarnation und Nirvana abgeschlossen. Ein Yogi, dessen Geist, Sprache und Körper durch das Dharma befreit wurden, muss den Körper nicht hinterlassen. Man braucht keine Statuen herzustellen oder Stupas zu bauen. Ich habe keine Anhaftung an Tempel. Ohne Tempel müsst ihr euch auch niemanden als Abt suchen. Ihr könnt die abgelegenen Gebiete im Hochgebirge oder verschneiten Bergen als eure Tempel betrachten. Wenn ihr mit Barmherzigkeit für die Wesen im sechsfachen Kreislauf des Lebens meditiert, so wäre dies die außergewöhnlichste Statue über vier Jahreszeiten lang. Ein vollständiges Verständnis der ursprünglichen reinen Natur des Dharma zu erlangen, ist dasselbe, wie einen Stupa und Flaggen zu bauen. Rede und Geist in Balance zu halten und aus der Tiefe des Herzens zu beten, ist die beste Opfergabe.
Es ist gegen das grundlegende Verhalten eines Dharma-Praktizierenden, wenn man bei denen bleibt, die zutiefst bekümmert sind und selbstversessen Dinge tun, die andere Wesen verletzen. Die fünf Gifte zu überwinden und anderen Wesen zu helfen, mag an der Oberfläche so aussehen, als ob man etwas Schlechtes tut. In Wirklichkeit folgt man dabei dem Weg des Buddhas, das ist in Ordnung.
Wenn man das Dharma nur kennt, ohne es praktisch umzusetzen, so wird es schließlich nur zu einem Hindernis, das einen am Ende in den Abgrund der drei Unterwelten stürzen lässt. Bedenkt deshalb die Unbeständigkeit des eigenen Lebens, vollbringt fleißig gute Taten und warnt vor den schlechten. Man sollte absolut keine schlechten Taten begehen, selbst wenn man am Ende des eigenen Lebens ist. Um es einfach auszudrücken, muss ein Dharma-Praktizierender wissen, was schändlich ist, bevor er einen Weg geht. Vielleicht steht man so im Widerspruch zu einigen Sutren oder Schriften mit abwegigem Ziel, ist dann aber im Einklang mit den Zielen der Buddhas und Bodhisattwas. All das Essentielle über Hören und Denken kann so zusammengefasst werden und ich denke, es ist genug. Wenn ihr euch nach meinen Worten richten könntet, würde ich mich freuen. Ihr wärt in der Lage, alle Aktivitäten der Reinkarnation und des Nirvana vollständig zu verstehen. Sonst wäre es sinnlos, meinen Wunsch mit einer weltlichen Vision auf weltliche Weise zu erfüllen.“
Zutiefst bewegt lernten die Jünger diese Lektionen auswendig.
Nach einiger Zeit schien der Ehrwürdige schwer krank zu sein. Geshe Tsakpuwa kam mit gutem Wein und Fleisch und tat so, als würde er eine Opfergabe darbringen. Er ging zum Ehrwürdigen und spottete: „Oh! Mit der Fähigkeit, so große Dinge wie der Meister zu erreichen, hätte eine so schwere Krankheit nicht auftauchen dürfen. Wie seid Ihr krank geworden? Wenn die Krankheit geteilt werden könnte, könntet Ihr sie unter den Hauptjüngern aufteilen. Oder wenn die Krankheit übertragen werden könnte, dann bitte gebt sie mir. Jetzt gibt es nichts mehr, was Ihr tun könnt. Wie können wir das beenden?“
Der Ehrwürdige lächelte friedlich und sagte zu ihm: „Ich hätte diese Krankheit vermeiden können. Was die Gründe angeht, wie es dazu kam, solltest du dir darüber im Klaren sein. Die Krankheit eines gewöhnlichen Menschen unterscheidet sich von der eines Yogis, sowohl in ihrer Natur als auch in ihren karmischen Beziehungen. Die Krankheit, die ich gerade habe, ist im Grunde genommen eine heilige Manifestation des Buddha-Dharma.“
Tsakpuwa dachte, dass der Ehrwürdige ihn vielleicht verdächtigte, aber er war sich nicht sicher. Der Ehrwürdige sagte, dass die Krankheit übertragen werden könne, was aber völlig abwegig sei. Wie konnte Krankheit auf andere in dieser Welt übertragen werden? Deswegen sagte er: „Ich bin mir nicht klar über die Ursache der Krankheit des Meisters. Wenn die Krankheit durch Geister verursacht wurde, braucht man ein Ritual, das Dämonen vertreibt. Ist es aber wegen der vier Großen Elemente, die aus dem Gleichgewicht geraten sind, so sollte man den Körper straffen und Medizin einnehmen. Wenn die Krankheit tatsächlich auf andere übertragen werden könnte, Meister, dann übertragt sie bitte auf mich.“
Der Ehrwürdige erwiderte: „Es gibt einen Menschen mit großen Sünden. Der Dämon in seinem Geist kam heraus, um mir zu schaden. Er brachte meine vier Großen Elemente aus dem Gleichgewicht und verursachte meine Krankheit. Du hast nicht die Fähigkeit, diese Krankheit zu vernichten. Auch wenn ich sie auf dich übertragen würde, befürchte ich, du könntest sie nicht einmal für einen Augenblick ertragen. Deswegen ist es besser, es nicht zu tun.“
Tsakpuwa dachte: „Dieser Mensch kann überhaupt nicht Krankheiten auf andere übertragen. Deswegen sagt er diese sarkastischen Worte. Ich muss ihn in Verlegenheit bringen.“ Danach flehte er den Ehrwürdigen immer wieder an, er solle die Krankheit auf ihn übertragen.
Der Ehrwürdige antwortete: „Da du drauf bestehst, werde ich die Krankheit vorübergehend auf die Tür vor mir übertragen. Wenn ich sie auf dich übertragen würde, könntest du es nicht ertragen. Jetzt schau genau hin!“ Mit seinen göttlichen Fähigkeiten übertrug der Ehrwürdige das Leid auf die Tür ihm gegenüber. Die Tür gab zunächst ein knarrendes Geräusch von sich, als würde sie auseinandergerissen. Kurz danach zerfiel sie in kleine Stücke. Der Ehrwürdige dagegen schien, als habe er keine Krankheit.
Tsakpuwa dachte: „Das ist Magie, um es zu vertuschen, du kannst mich nicht täuschen.“ So sagte er: „Ah! Das ist wirklich erstaunlich! Aber Meister, bitte übertragt die Krankheit auf mich.“
Der Ehrwürdige antwortete: „Da du so sehrdarum bettelst, werde ich dir die Hälfte der Krankheit geben. Wenn ich alles auf dich übertragen würde, könntest du es nicht ertragen.“ Dann übertrug er die Hälfte der Schmerzen. Tsakpuwa bekam sofort große Schmerzen. Er begann zu zittern und konnte kaum atmen. Als er kurz davor war zu sterben, nahm der Ehrwürdige den Großteil der übertragenen Krankheit zurück und fragte: „Ich habe dir gerade einen kleinen Anteil der Krankheit gegeben. Wie war es? Konntest du es aushalten?“
Nachdem er die starken Schmerzen selbst erlitten hatte, kam in Tsakpuwa große Reue auf. Er kniete nieder, legte sich vor dem Ehrwürdigen hin und sagte unter Tränen, die ihm das Gesicht herunterliefen: „Meister! Meister! Ich bereue jetzt aufrichtig. Bitte vergebt mir. Ich werde dem Meister all mein Vermögen als Opfergabe geben. Bitte helft mir bei den Folgen meiner Sünden.“ Er weinte erbärmlich.
Als der Ehrwürdige sah, dass er aufrichtig bereute, war er sehr froh und nahm den restlichen kleinen Anteil an Krankheit zurück. Er sagte: „Ich wollte zu meinen Lebzeiten kein Land und kein Vermögen. Jetzt sterbe ich, so sind sie noch nutzloser für mich. Du kannst sie behalten. Bitte begehe in Zukunft keine schlechten Taten mehr, selbst wenn du stirbst. Für dieses Mal bin ich einverstanden, die Konsequenzen für deine Sünden zu beseitigen.“
Tsakpuwa sagte zum Ehrwürdigen: „Ich habe in der Vergangenheit schlechte Taten begangen, hauptsächlich für Geld. Ich brauche es jetzt nicht. Obwohl der Meister es nicht annehmen möchte, brauchen die Jünger immer Hilfe, um praktizieren zu können. Bitte akzeptiert es in ihrem Namen.“ Obwohl er so bettelte, nahm der Ehrwürdige das Geld nicht an. Die Jünger nahmen es später an und nutzten es, um Veranstaltungen abzuhalten. Bis heute finden diese Treffen in Chubar statt.
Seit diesem Zeitpunkt verzichtete Tsakpuwa überraschend auf die Gier, die er sein Leben lang gehegt hatte, und wurde ein sehr guter Praktizierender.
Der Ehrwürdige sagte zu seinen Jüngern: „Der Grund, warum ich hierblieb, war, dieser Person mit großen Sünden zu helfen, wirkliche Buße zu tun und vom Leiden befreit zu werden. Das ist jetzt vorbei und es ist Zeit für mich zu gehen. Wenn ein großer Dharma-Praktizierender in einem Dorf ins Nirvana eintritt, ist es, als würde ein König im Haus eines gewöhnlichen Menschen sterben. Deswegen werde ich nach Chubar gehen und dort sterben.“
Seban Repa fragte: „Meister, Ihr seid schwer krank und es schmerzt zu sehr, um mit den Schmerzen zu gehen. Wollen wir nicht eine Sänfte finden und Euch dorthin tragen?“
Der Ehrwürdige antwortete: „Ich bin nicht wirklich krank und mein Tod ist kein wirklicher Tod. Es sind nur die Manifestationen von Krankheit und Tod. Es besteht keine Notwendigkeit für so etwas wie eine Sänfte. Junge Jünger, ihr könnt jetzt nach Chubar gehen.“
Als die jungen Jünger Chubar erreichten, wartete der Ehrwürdige dort bereits auf sie. Einige der älteren Jünger sagten: „Wir waren diejenigen, die Meister hierher begleiteten.“ Ein anderer sagte: „Der Meister war krank und ruhte sich in Repka Dukchen aus.“ Einige andere Almosengeber, die später kamen, sagten: „Wir sahen den Meister, wie er das Dharma in einem Kloster lehrte.“ Einige andere Almosengeber meinten: „Wir sind mit dem Meister gekommen.“ Viele Leute sagten: „Jeder von uns hat den Meister zu Hause angebetet.“ Diejenigen, die Chubar als erste erreicht hatten, sagten: „Der Meister war als erster in Chubar und wir haben ihn hierher begleitet.“ Es gab also manche, die sagten, der Meister sei später gekommen; andere berichteten, er habe das Dharma gelehrt; und wieder andere sagten, sie hätten ihn zu Hause angebetet. Sie stritten deswegen miteinander und glaubten einander nicht. Der Ehrwürdige hörte sich alles an und sagte mit einem Lächeln: „Ihr habt alle Recht. Das habe ich getan, um euch einen Streich zu spielen.“
(Fortsetzung folgt)