(Minghui.org) Am 14. März 2002 versammelten sich mehr als ein Dutzend Falun-Dafa-Praktizierende vor dem Verbindungsbüro der Zentralen Volksregierung in der Sonderverwaltungszone Hongkong (HKSAR). Sie protestierten dort gegen die Verfolgung ihrer Mitpraktizierenden in Festlandchina durch die Kommunistische Partei Chinas (KPCh). Daraufhin wurden sie gewaltsam von der Straße entfernt und wegen Behinderung der Öffentlichkeit angeklagt. Nach einem Berufungsverfahren beim Berufungsgericht (Court of Final Appeal) sprach man sie schließlich frei.
Dieser Fall mit der Bezeichnung Yeung May-wan & Others v. HKSAR ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie die Einwohner Hongkongs ihre Rechte mit Hilfe des Grundgesetzes schützen. Das Berufungsverfahren in diesem Fall dauerte etwa drei Jahre.
Yeung berichtete über ihre Erfahrungen in einem kürzlich erschienenen Artikel auf Minghui. Dort beschreiben mehrere weitere Zeugen, was sie erlebt haben.
Verteidiger in diesem Fall waren John Clancey, ein amerikanischer Menschenrechtsanwalt, und Paul Harris, neu gewählter Vorsitzender der Hongkonger Anwaltskammer.
John Clancey, ein 79-jähriger amerikanischer Anwalt, half in dem Fall von 2002 bei der Verteidigung der Falun-Dafa-Praktizierenden.
Wegen der Teilnahme an pro-demokratischen Vorwahlen wurde Clancey am 6. Januar 2021 verhaftet. „Clancey, der jetzt Anwalt ist, ist der erste Amerikaner, der unter dem neuen [nationalen Sicherheits-]Gesetz verhaftet wurde, was dessen Reichweite und die Bereitschaft der Behörden, es gegen Ortsansässige und Ausländer gleichermaßen anzuwenden, unterstreicht“, berichtete das Wall Street Journal in einem Artikel vom 13. Januar 2021 mit dem Titel „In Hong Kong, an American Priest Turned Lawyer Faces China's Wrath but Keeps the Faith“ (Auf Deutsch: „In Hongkong sieht sich ein zum Anwalt umgestiegener amerikanischer Priester mit Chinas Zorn konfrontiert, hält aber am Glauben fest“).
Nachdem Clancey auf Kaution freigelassen worden war, erinnerte er an den Fall Yeung May-wan & Others v. HKSAR. Er bezeichnete ihn als einen wichtigen Fall in seiner Karriere und in der Rechtsgeschichte Hongkongs und sagte, dass sich Studenten, welche die Grundlagen des Rechts studieren, alle mit diesem Fall befassen sollten.
Am 14. März 2002 hielten vier Schweizer Falun-Dafa-Praktizierende und zwölf Hongkonger Praktizierende vor dem HKSAR einen friedlichen Protest mit Hungerstreik gegen die brutale Unterdrückung in Festlandchina ab. Die Polizei führte sie unter Gewaltanwendung ab. Im August 2002 wurden sie wegen mehrerer Anklagen, darunter „Behinderung einer öffentlichen Einrichtung“ und „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ für schuldig befunden.
Friedliche Meditation von Falun-Dafa-Praktizierenden vor dem Verbindungsbüro der Zentralen Volksregierung in der Sonderverwaltungszone Hongkong am 14. März 2002
Fast drei Jahre später, am 5. Mai 2005, verkündeten fünf Oberste Richter des Court of Final Appeals (Oberstes Berufungsgericht), darunter Andrew Li Kwok-nang, dass sie alle Anklagen fallen lassen. „Zentral für den Fall ist die Tatsache, dass die Festnahmen und die Anklage wegen ‚Behinderung einer öffentlichen Einrichtung‘ gegen die Angeklagten erhoben wurden, weil sie sich wegen ihres Engagements im Rahmen einer friedlichen öffentlichen Demonstration dort aufhielten“, heißt es in dem Urteil. „Die Tatsache, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Verhaftung an einer friedlichen Demonstration teilnahmen, bedeutet, dass sie das verfassungsmäßig geschützte Demonstrationsrecht in Anspruch genommen haben.“
„Die Bürger Hongkongs haben Rede-, Versammlungs-, (...) und Demonstrationsfreiheit“, zitierte Clancey den Artikel 27 des Grundgesetzes in dem Urteil und fügte hinzu: „Durch Artikel 39 des Grundgesetzes wird auch die Meinungsfreiheit, das Recht auf freie Rede und das Recht, sich friedlich zu versammeln, verfassungsrechtlich geschützt, wie es in den Artikeln 16 und 17 der ‚Hong Kong Bill of Rights‘ vorgesehen ist, wobei diese Artikel die Äquivalente der Artikel 19 und 21 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sind und einen Teil des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte darstellen, wie er für Hongkong angewendet wird.“
Daher verteidigte dieser Fall das Demonstrationsrecht der Bürger und setzte ein Exempel für spätere Fälle, erklärte Clancey. Tatsächlich war die Straße vor der HKSAR breit wie ein Parkplatz und die Falun-Dafa-Praktizierenden belegten nur einen kleinen Teil davon. Vier Schweizer Praktizierende begannen dort einen Hungerstreik, dem sich zwölf Hongkonger Praktizierende anschlossen. Wegen seiner Ausmaße stellte es für die Passanten, die daran vorbeikamen, kein Hindernis dar.
Später errichtete das HKSAR ein großes Blumenbeet vor dem Eingang, wodurch der öffentliche Raum viel kleiner wurde und es für Demonstranten schwierig war, sich zu versammeln. Einige Ortsansässige nennen es ein „politisches Blumenbeet“.
Es dauerte drei Jahre, bis der Fall vor dem Court of Final Appeals entschieden wurde. Daher sagte Clancey, er sei beeindruckt gewesen von der Hartnäckigkeit der Praktizierenden. Da die Gesetzgebung zum Schutz der Menschen dient und die Praktizierenden von ihrer Unschuld überzeugt waren, suchten sie Hilfe bei Anwälten. Am Ende gewannen sie auf der Grundlage ihres gesetzlich verankerten Demonstrationsrechts.
Auf die Frage, ob er wegen der bestehenden Verfolgung in Festlandchina unter Druck gesetzt worden sei, weil er Praktizierende verteidigt habe, antwortete Clancey, dass sein Glaube ihm Liebe und Kraft gebe. Außerdem habe er all das aus Liebe zu den anderen getan und nicht für Geld oder Ansehen. Deswegen habe er auch keine Angst gehabt.
Paul Harris, neu gewählter Vorsitzender der Hongkonger Anwaltskammer, hat ein Buch geschrieben mit dem Titel The Right To Demonstrate, nachdem er 2002 die Praktizierenden verteidigt hatte.
Paul Harris, ein weiterer Verteidiger in diesem Fall, wurde kürzlich zum Vorsitzenden der Hongkonger Anwaltskammer gewählt. Während seiner Tätigkeit als Vertreter der Praktizierenden stellte er fest, dass es in Hongkong kein Buch gab, das friedliche Demonstrationen thematisierte. Deshalb verfasste er ein Buch mit dem Titel The Right To Demonstrate, das 2007 veröffentlicht wurde. „Die friedliche Demonstration gibt den Stimmlosen eine Stimme ... friedliche Demonstrationen sind eine Kraft für das Gute, was in jedem Land das Recht eines jeden sein sollte“, schrieb er darin.
Nachdem die Falun-Dafa-Praktizierenden den Prozess gewonnen hatten, würdigte der bekannte Hongkonger Demokratieaktivist und Politiker Szeto Wah sie, weil sie damit das Demonstrationsrecht aller Hongkonger Bürger verteidigt hätten. Dies sei eine Handlung auf der Grundlage ihres Glaubens an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht gewesen, betonte er.
Die Falun-Dafa-Praktizierende Chau Sing hatte die Demonstration gefilmt. Sie berichtete, dass die vier Praktizierenden aus der Schweiz einen dreitägigen Hungerstreik geplant hätten. Aber das HKSAR habe die Polizei am dritten Tag verständigt und gefordert, die Praktizierenden festzunehmen. Die Polizei erteilte zunächst Warnungen und führte die Praktizierenden dann gewaltsam ab.
Chau Sing, eine der Angeklagten im Fall von 2002
Mit einem kleinen Camcorder hatte Chau gefilmt, wie eine Polizistin einer älteren Frau den Akupunkturpunkt hinter dem Ohr drückte und sie in Ohnmacht versetzte. Ein Praktizierender wurde genauso misshandelt und konnte daraufhin nicht mehr stehen. Polizisten trugen ihn in einen Polizeiwagen. In dieser Notsituation gab Chau eilig den Camcorder an einen Praktizierenden, der sich außerhalb des abgesperrten Bereichs befand, bevor zwei Polizisten sie in den Polizeiwagen zerrten. Die Polizei warf den Falun-Dafa-Praktizierenden daraufhin mehrere Straftaten vor.
Während der Gerichtsverhandlung hörte Chau, wie Polizeibeamte unverhohlen Falschaussagen machten. Eine Beamtin biss sich in die eigene Hand und behauptete, eine Praktizierende habe sie während der Verhaftung gebissen. In Wirklichkeit war nur der Unterkiefer dieser Praktizierenden zufällig mit der Hand der Beamtin in Berührung gekommen. Aber die Beamtin log bei der Anhörung und behauptete, die Praktizierende habe sie angegriffen. Später wurde die Beamtin, die gelogen hatte, sogar befördert, anstatt bestraft zu werden.
Nachdem die angeklagten Praktizierenden die Situation besprochen hatten, beschlossen sie, die Regierungsbehörden über den Vorfall zu informieren. Dazu gehörten Konsulate in Hongkong, das Justizministerium, Gerichte, Mitglieder der Legislative, die Anwaltskammer und die Polizei. Sie suchten diese Behörden auf und verschickten Materialien.
Drei Praktizierende, darunter Chau, reisten in die USA, um der Welt von diesem Vorfall zu berichten. Sie legten den Fall bei den Vereinten Nationen vor und wiesen auf die Verfolgung von Falun Dafa sowohl in Festlandchina als auch in Hongkong hin.
Chau sagte, dass der Erfolg des Prozesses für die Hongkonger Bürger sehr inspirierend gewesen sei. Da die KPCh in letzter Zeit den roten Terror in Hongkong eskalieren ließ, glaubt sie, dass die Menschen weiterhin das Richtige tun sollten, anstatt sich vom Regime einschüchtern zu lassen. Mit anderen Worten, die Menschen müssen ihre freien und legalen Rechte verteidigen, sonst würde die KPCh noch skrupelloser werden. „Wir müssen uns der KPCh widersetzen und dürfen uns dem Totalitarismus nicht beugen“, betonte sie.
In Festlandchina dauert die Verfolgung von Falun Dafa bereits seit 22 Jahren an. Praktizierende in Hongkong haben ihr Möglichstes getan, um auf eine der größten Menschenrechtsverletzungen der Gegenwart aufmerksam zu machen.