(Minghui.org) Als ihm 2012 der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde, erzählte der chinesische Schriftsteller Mo Yan auf der Preisverleihung eine Episode aus seiner Kindheit. Während der Großen Chinesischen Hungersnot (1959-1961) war seiner Familie, wie vielen anderen auch, das Essen ausgegangen. Seine Mutter war zum abgeernteten Kornfeld gelaufen, in der Hoffnung, dort noch einige verbliebene Ähren zu finden. Dafür schlug ihr ein Kommunenmitglied hart ins Gesicht. Das Land gehöre ausschließlich der Kommune, wurde seine Mutter belehrt.
Mo war damals noch im Vorschulalter und der Vorfall blieb eine seiner schmerzhaftesten Erinnerungen. Viele Jahre später traf er den Peiniger seiner Mutter wieder. Er dachte an Rache. Seine Mutter hielt ihn jedoch davon ab, nach Vergeltung zu trachten. Damals habe er von seiner Mutter die Bedeutung von Vergebung gelernt, wovon er sein ganzes Leben lang profitiert habe.
Auch wenn Mo die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) nicht direkt kritisierte, wurde seine Rede dennoch von den „little Pinkies“ – den jungen, von Gehirnwäsche geprägten Internetaktivisten, die im Netz offen Stimmung für die KPCh machen – verdammt. Ohne darauf einzugehen, welche Ursachen zu dieser Hungerkatastrophe geführt hatten, griffen sie Mo für dessen „politisch falsche Ansichten“ an.
Obwohl die Große Hungersnot bereits 60 Jahre zurückliegt, ist diese menschengemachte Katastrophe für die KPCh immer noch ein Tabuthema. Kaum ein Intellektueller wagt es, diese rote Linie zu übertreten, und schon gar niemand von offizieller Seite. Eine Ausnahme war der chinesische Agrarwissenschaftler Yuan Longping (1930-2021), der im April 2009 während eines Interviews die Ansicht vertrat, diese Katastrophe habe 40 Millionen Menschen das Leben gekostet. Viele Beamte hatten laut Yuan ihren Vorgesetzten bewusst überzogene Erntezahlen gemeldet, um deren Gunst zu erlangen, was dazu führte, dass ein Großteil der Ernte abgeführt wurde.
Den Mut, so offen zu sprechen, haben nicht viele. Unter der totalitären Herrschaft der KPCh riskieren nur wenige ihr Leben für die Wahrheit. Die KPCh ist ständig bemüht, ihre Verbrechen zu verbergen und die Geschichte nach ihrem Weltbild umzuschreiben, weshalb insbesondere die junge Generation, einschließlich der „little Pinkies“, wenige bis gar keine Kenntnisse über die tatsächlichen Begebenheiten hat. Das führt dazu, dass ähnliche Tragödien geschehen und dann immer wieder „vergessen gemacht“ werden.
Der angerichtete Schaden betrifft die Allgemeinheit und den Einzelnen gleichermaßen. So erlitten viele Künstler, die ihre Werke nutzten, um die öffentliche Meinung im Sinne der KPCh und entgegen der historischen Fakten zu beeinflussen, schwerwiegende persönliche Konsequenzen.
Ein Beispiel dafür ist das Gemälde Ein Land, so herrlich wie dieses!, das eigens für die Große Halle des Volkes, in der auch der jährliche Nationale Volkskongress stattfindet, konzipiert wurde. Im April 1959 wurde es von den Künstlern Fu Baoshi und Guan Shanyue inmitten der Großen Hungersnot fertiggestellt. Es war die perfekt inszenierte politische Vertuschung zu einer Zeit, in der zahllose Menschen den Hungertod erlitten.
Das Gemälde hatte ein Gedicht von Mao Zedong zum Thema, das eine schneebedeckte Landschaft im nördlichen China beschreibt. Nachdem sie sich die Köpfe darüber zerbrochen hatten, wie Maos Gedanken in dem Gedicht zu interpretieren seien, entschieden sich die beiden Maler, im Vordergrund einfach eine wunderschöne südchinesische Landschaft abzubilden und im Hintergrund einen Ausblick auf das nördliche China darzustellen. Der damalige Premierminister Zhou Enlai forderte sie auf, eine strahlend rote Sonne als Symbol für Mao in das Bild zu integrieren, und General Chen Yi schlug vor, die Schönheit der Landschaft besonders zu betonen.
Das fertige Gemälde maß 9,00 x 5,65 Meter. Seine Fertigstellung hatte vier Monate in Anspruch genommen. Es wurde auf 30 Bögen antikem Chinapapier aus der Qianlong-Ära der Qing-Dynastie gemalt, die in der Verbotenen Stadt eingelagert waren. Alleine das Papier hatte einen Wert von 1.800 Yuan, während das durchschnittliche Monatseinkommen damals nur wenige Yuan betrug. Die Pinsel und Farben wurden in dem berühmten wie exklusiven Geschäft Rong Bao Zhai erstanden. Für die Rückseite des Gemäldes wurde Seide verwendet. Es brauchte zehn kräftige Männer und ein dreistöckiges Gerüst, um das gerahmte Bild aufzuhängen.
Ein Hinweis auf die landesweite Hungerkatastrophe, bei der zahlreiche Tote zu beklagen waren, ist in dem Gemälde nicht zu finden. Als das Gemälde im April 1959 fertiggestellt wurde, hatten bereits 16 chinesische Provinzen – also das halbe Land – Nahrungsmittelknappheit und die grassierende Hungersnot, von der 25 Millionen Menschen betroffen waren, gemeldet. Und das waren lediglich die Zahlen der Beamten, die es wagten, entgegen der politischen Richtlinie ihre Stimme zu erheben. Die Lage wurde noch weiter beschönigt, was dazu führte, dass alleine in der Stadt Xinyang (Provinz Henan) vom Winter 1959 bis zum Frühjahr 1960 über eine Million Menschen verhungerten.
Genauso schockierend wie der Hungertod so vieler Menschen war die Brutalität, mit der die Bediensteten der KPCh gegen die eigene Bevölkerung vorgingen. In einem Dokument der Stadt Xinyang aus dem Jahr 1961 sind 45 Fälle dieser ausufernden Gewalt dokumentiert. Um den Einwohnern auch die letzten Nahrungsmittelreste abzupressen, schlugen die Parteischergen Spitzhacken in die Köpfe der Menschen, trennten Finger ab, stachen Drähte durch Trommelfelle, ritzten Buchstaben in Gesichter ein, nähten Münder zu, verbrannten Menschen mit heißen Metallstangen den Anus, quälten Frauen mit Kieferästen, steckten Leute mit Kerosin in Brand, verbrannten Babys und begruben Menschen bei lebendigem Leib. Ding Shu, ein chinesischer Historiker, der in den USA lebt, erklärte dazu, dass sich Mao der Gewalttaten durchaus bewusst war und diese guthieß.
Bi Kedan war damals Parteisekretär in einem Landkreis der Provinz Henan und ein großer Befürworter der Parteipolitik. Aber als die Hungersnot in seinem Kreis immer schlimmer wurde, forderte er von den übergeordneten Stellen zuvor abgeführtes Getreide zurück. Nachdem seine Bitte mehrfach abgewiesen und sein Verhalten „kritisiert“ worden war, beging er mit seiner Familie Selbstmord.
Fu und Guan waren nicht die einzigen Künstler, die mit ihren Werken im Sinne der KPCh Einfluss auf die Öffentlichkeit nahmen; viele weitere Künstler folgten ihrem Beispiel. Li Keran war ein chinesischer Maler, dessen Werke in großen Städten wie Guangzhou und Shanghai ausgestellt wurden. Li unterstützte offen den Gedanken, dass Kunst benutzt werden sollte, um den Sozialismus und den Kommunismus zu bewerben. Neben dem, was man sehe und wahrnehme, seien auch Visionen und Schlussfolgerungen erforderlich.
Während die chinesische Bevölkerung am Verhungern war, bereiste Li 1959 die Provinz Guangxi und weitere Regionen. Im Anschluss malte er Guilin Scenery, das eine friedvolle, florierende Landschaft darstellte. Er schuf in dieser Zeit noch viele weitere Werke, in denen die KPCh angepriesen wurde, wie beispielsweise Mounts Liupan, Long March und Red Over Ten Thousand Mountains.
1960 malte Li Cowherd in the Spring – ein Porträt eines Hirtenjungen in einer idyllischen Landschaft. Es gilt als eines seiner besten Werke. Das einzige Problem mit dem Bild war, dass es nichts mit der Realität, die es vermeintlich zeigte, gemein hatte.
Der Realität widmete sich der Autor Sha Qing, der in seiner Dokumentation Memoir on Da Di Wan einen Fall von Kannibalismus beschrieb:
Die Lage im Kreis Tongwei in der Provinz Gansu war hoffnungslos. Nachdem alle Nahrungsmittel ausgegangen waren, aßen die Menschen fast alles, was ihnen in die Finger fiel, darunter auch Baumrinde, Kornhülsen – ja selbst die Baumwolle aus den Steppdecken. Aber den Hunger vermochte das nicht zu stillen.
In einer der Familien lebten nur noch der Vater, sein Sohn und seine Tochter. Es kam der Moment, an dem der Vater nicht länger auf den Tod warten konnte, sich von seinem Bett erhob und seiner Tochter befahl, nach draußen zu gehen. Als sie zurückkam, konnte sie ihren jüngeren Bruder, der in seinem Bett gelegen hatte, nirgends finden. Aber in dem kochenden Wasser schwammen Fettaugen und weiße Knochen lagen neben dem Wok. Von Grauen erfüllt rannte die Tochter hinaus und traute sich nicht mehr zurück.
Einige Tage später winkte der Vater nach ihr und rief mit einer Stimme, wie sie sie noch nie zuvor gehört hatte: „Komm, komm ...!“
Voller Angst kauerte das Mädchen draußen im Freien. Während der Vater fortfuhr, nach ihr zu rufen, weinte das Mädchen. „Papa, bitte iss mich nicht! Ich kann doch das Feuerholz sammeln und für dich kochen“, schluchzte es. „Wenn du mich auch noch isst, ist doch niemand mehr da, der dir helfen kann.“
Der Journalist Yang Jisheng schrieb in der Dokumentation Grabstein – Mùbei, dass während der Großen Hungersnot in der Provinz Guangxi 931.000 Menschen starben, was in etwa 4,6 % der Gesamtbevölkerung der Provinz entsprach.
Auf der zweiten Sitzung des 8. Parteitages der KPCh im Mai 1958 sagte Mao, dass es bei Kriegen um den Tod gehe und er zahlreiche Tote gesehen habe. „Viele Male in der Geschichte wurde die halbe Bevölkerung ausgerottet. Wir haben noch keine Erfahrungen mit Atomkriegen – wie viele Überlebende es wohl gäbe? Wahrscheinlich würde die Hälfte oder ein Drittel überleben. Auf der Welt leben zwei Milliarden Menschen. Selbst wenn über die Hälfte umkommt, dauert es nur wenige Jahrzehnte, bis die heutige Population wieder erreicht ist.“
Als die regimetreuen Künstler ihr Talent dafür hergaben, mit ihrer Kunst ein Loblied auf die KPCh zu singen, realisierten sie da, wie viel Leid, vergossene Tränen und Blut diese verschuldete?
Karl Marx schrieb im Manifest der Kommunistischen Partei: „Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern.“ Paradoxerweise ist es dieser neu privilegierte Personenkreis, der – einmal an der Macht – den normalen Bürger hart unterdrücken und dabei keinerlei Mitleid zeigen wird.
Während Fu und Guan 1959 an dem Gemälde Ein Land, so herrlich wie dieses! arbeiteten, fragten sie Zhou Enlai nach Alkohol. Dieser ließ ihnen Kistenweise Maotai liefern, einen exklusiven Branntwein, der damals hochrangigen Kadern vorbehalten war. Hotelangestellte berichteten später, dass sie in den vier Monaten, in denen Fu an dem Gemälde arbeitete, 120 leere Flaschen Maotai in dessen Zimmer vorfanden.
Immer noch während der Großen Hungersnot führte Fu, inzwischen Vizepräsident der Chinesischen Künstlervereinigung, im September 1960 zwölf Künstler auf eine dreimonatige Bildungsreise. Diese hatte zum Ziel, weitere Ideen zu ergründen, wie man die KPCh mittels Kunst bewerben könne.
Die Künstler reisten dabei stets erster Klasse, residierten in den besten Hotels und genossen das feinste Essen sowie die beste Unterhaltung. Sie wurden entsprechend dem Standard umsorgt, den sich auch die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes angedeihen ließen.
Als die Künstler die Provinz Sichuan besuchten, veranlasste der Direktor des dortigen Propagandaministeriums, dass sie mit allerlei Köstlichkeiten versorgt wurden, darunter mehr als zwanzig ausgefallenen Spezialitäten. „Zunächst fielen wir alle über die Speisen her“, notierte später einer der Künstler. „Nach einiger Zeit hielten wir uns die Mägen und meinten, dass wir unmöglich noch etwas essen könnten, aber es wurden immer weitere Teller gereicht ...“
Wohlgenährt und dem Luxus frönend verschwendeten diese Künstler keine Zeit und schufen viele Werke, in denen der „Wohlstand“ der KPCh gepriesen wurde, wie beispielsweise Kostenloses Essen in der Volksküche, Speisesaal des Volkes auf dem Berg Emei und weitere.
Es war nicht so, dass die Künstler keine Ahnung davon hatten, was sich im Land abspielte. Vielmehr entschieden sie sich, dem keine Beachtung zu schenken. So hielt einer der Künstler fest: „Unterhalb von Berg Lingyun nahe der Stadt Leshan (Provinz Sichuan) sahen wir die Leiche einer alten Frau am Straßenrand liegen. Sie war in Lumpen gekleidet und ihr Gesicht war ganz eingefallen. Sie hatte offensichtlich lange Hunger gelitten und war an Mangelernährung gestorben. Wir senkten unsere Köpfe und gingen weiter.“
Während die Künstler ihre dreimonatige Bildungsreise voll auskosteten, grassierte in der besuchten Provinz Sichuan vom Winter 1958 bis zum Winter 1962 der Hunger. Alleine in dieser Provinz verhungerten laut Yang schätzungsweise 7,97 Millionen Menschen.
Diese Künstler hatten ihre Talente und ihre Gewissen dem kommunistischen Regime geopfert, aber das bewahrte sie nicht davor, selbst die schrecklichen Folgen des roten Terrors zu erleiden.
Kurz nachdem im Jahr 1966 die Kulturrevolution begonnen hatte, geriet Guan in die Kritik. Weil einige Äste eines Pflaumenbaums, den er gemalt hatte, nach unten zeigten (dao mei, was im Chinesischen die gleiche Aussprache wie das Schriftzeichen für „Pech“ hat) wurde ihm nachgesagt, er habe den Sozialismus „verflucht“. Das Malen wurde ihm verboten und man sperrte ihn in ein Arbeitslager. Nach der Kulturrevolution 1976, als Guan wieder malen durfte, stellte er sicher, dass alle von ihm gemalten Pflaumenbaumäste nach oben zeigten.
Fu war bereits vor der Kulturrevolution an einem Schlaganfall verstorben. Dennoch wurde auch er attackiert. Man schändete sein Grab, plünderte sein Haus und kritisierte seine Kinder. Seine Angehörigen waren sich sicher, dass man ihm ebenfalls übel zugesetzt hätte, wenn er nicht schon tot gewesen wäre.
Li wurde ebenfalls mit Beginn der Kulturrevolution inhaftiert, sein persönlicher Besitz konfisziert und sein Haus besetzt. Seine Kunstwerke – einschließlich jener, die die KPCh anpriesen – wurden als „konterrevolutionär“ gebrandmarkt. Mancher erzählte über ihn, er habe „verängstigt wie ein aufgescheuchter Spatz“ gelebt.
Anderen Künstlern erging es nicht besser. Ye Qianyu, Luo Gongliu und Huang Yongyu von der Zentralen Hochschule für Bildende Kunst wurden allesamt attackiert. Das Bild Die große Einheit des chinesischen Volkes, welches Ye 1953 für die KPCh geschaffen hatte, geriet in die Kritik. Die Roten Garden meinten, dass das Bild „eine Gruppe Monster zeige, die den Vorsitzenden Mao umzingelten“. Sie schlugen Ye so lange mit den Metallspangen ihrer Gürtel, bis er blutend auf dem Boden lag.
In seinen Memoiren schrieb Ye, dass er zusammen mit drei weiteren Künstlern (Li Keran, Li Kuchan und Guo Weiqu) die Toiletten säubern musste. Huang Zhou, ein Künstler aus der Armee, der für seine Darstellung von Eseln bekannt ist, malte während der Großen Hungersnot das Bild Tanz der Lotosblume. Auch wenn das Bild zu dem Zweck gemalt wurde, die Tragödie der Hungersnot zu überstrahlen, war er einer der ersten Künstler, die nach Beginn der Kulturrevolution zur Zielscheibe der Roten Garden wurden, da sie in ihm einen „konterrevolutionären Schwarzmaler“ sahen.
Shi Lu wurde für sein Bild Kampf im nördlichen Shaanxi berühmt, das Mao und den Langen Marsch darstellt. Dieses Bild wurde 1966 genauso angeprangert, wie es mit seinem Film Liu Zhidan bereits 1964 geschehen war. Seine Hinrichtung konnte Shi nur knapp und aufgrund einer schizophrenen Psychose abwenden.
Mehrere Jahrzehnte sind vergangen, aber die Gewaltherrschaft und Lügen der KPCh dauern immer noch an. Während dieses Regime seine kommunistische Agenda rund um den Globus weiter ausbaut, gelingt es vielen nicht, die KPCh richtig einzuschätzen. So haben sie sich auf einen gefährlichen Weg begeben.