(Minghui.org) Ich komme aus der Stadt Charkiw in der Ukraine. Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 wurde ich durch das Geräusch von einschlagenden Granaten geweckt und dachte, dass ein Krieg ausgebrochen sein musste.
Vom ersten Tag an begannen die russischen Truppen, Charkiw mit allen möglichen Waffen zu beschießen und bombardierten unter anderem auch die Infrastruktur. Fast sofort fiel für einige Tage der Strom in unserer Gegend aus. Es gab auch keinen Internetzugang und keine mobile Kommunikation. Als das Internet und die mobile Kommunikation wieder funktionierten, erfuhr ich, dass die meisten Falun-Dafa-Praktizierenden von Charkiw aus der Stadt evakuiert worden waren. Das erschütterte mich viel mehr als alles andere, und ich musste weinen. Ich war enttäuscht, dass sich nun diese gutherzige, aktive Kultivierungsgruppe aufgelöst hatte.
Es herrschte eine gewisse Verwirrung. Ich dachte jedoch nicht daran, Charkiw zu verlassen. Aber ich dachte darüber nach, was der Meister von uns verlangt hatte. Wir hatten die üblichen täglichen Aktivitäten im Stadtzentrum und sammelten Unterschriften für die EndCCP-Petition. Wie konnte man die drei Dinge trotz der schweren Bedingungen des Krieges tun?
Der Meister sagt:
„Selbst bei gesellschaftlichen Unruhen darf nichts an der Mission der Dafa-Jünger geändert werden.“ (An die taiwanesische Fa-Konferenz 2021, 18.12.2021)
Vom ersten Kriegstag an war Charkiw wie gelähmt. Alle Firmen stellten ihre Arbeit ein, der Verkehr wurde eingestellt, die U-Bahn wurde als Bunker benutzt, und die Geschäfte waren bis auf einige Lebensmittelgeschäfte und Apotheken geschlossen.
Ich hatte noch ein paar Zeitungen mit Informationen über Falun Dafa. So ging ich auf die Straße und sprach die Leute in den Warteschlangen vor den Apotheken an. Dabei erzählte ich ihnen, dass es eine Falun-Dafa-Praxis gibt, die lehrt, auch ohne Medikamente ruhig und gesund zu bleiben. Die Zeitungen wurden entgegengenommen, aber ohne Begeisterung. Die Augen der Menschen waren leer.
Nach etwa zwei Wochen erfuhr ich, dass es in der Stadt noch zwei vietnamesische Praktizierende gab, die unser gesamtes Informationsmaterial aufbewahrten. Das machte mir Mut.
Bald darauf gingen wir gemeinsam hinaus und verteilten die Zeitungen. Charkiw befand sich unter ständigem Beschuss. Die Einwohner der Stadt versuchten, in den Unterkünften zu bleiben. Nur wenn sie auf der Suche nach Lebensmitteln waren, gingen sie hinaus. Da wir nicht wussten, wie viel Zeit wir noch hatten, liefen wir jeden Tag bei Minusgraden vier bis fünf Stunden lang auf einer rutschigen Straße von den Warteschlangen in den Geschäften zu jenen für humanitäre Hilfe. So versuchten wir, möglichst vielen Menschen die wahren Umstände zu erklären.
Später, als klar wurde, dass der Krieg sich hinzog, beschlossen wir, draußen die Falun-Dafa-Übungen zu machen. So hofften wir, mit noch mehr Menschen sprechen zu können. Aber wie ich schon sagte, gingen sie nur hinaus, um Lebensmittel zu kaufen. So machten wir unsere Übungen an einem Ort, an dem es einen kleinen Markt und mehrere Lebensmittelgeschäfte gab.
Wer in einer zerbombten Stadt lebt, wird tatsächlich mit der Frage von Leben und Tod konfrontiert. Charkiw wurde fast ununterbrochen beschossen. Eine Granate konnte jederzeit eine Wohnung oder ein Auto treffen oder auf der Straße explodieren. Ich hatte jedoch nicht wirklich Angst, denn ich glaubte fest daran, dass alles vorherbestimmt ist. Wenn ich das Richtige tat, würden mich der Meister und die aufrichtigen Gottheiten beschützen. So gingen wir jeden Tag trotz des Beschusses hinaus, verteilten Zeitungen und machten die Übungen. Auch wenn wir die Granaten über unseren Köpfen zischen hörten und sahen, wo sie einschlugen, gingen wir unbeirrt unseren Weg.
Für die ukrainische Kultur und das Land hatte ich nie besondere Gefühle. Aber fiel mir auf, dass ich, wenn ich über militärische Ereignisse sprach, nicht „ukrainische Truppen“ sagte, sondern „unsere Truppen“. Mit anderen Worten: „Ich habe mich stark mit der ukrainischen Nation identifiziert. Mein Patriotismus hat sich manifestiert.“ Das geschah, weil ich wirklich wollte, dass die ukrainischen Truppen die russischen Truppen zurückdrängen. Ich wünschte mir, den Zustand vor dem Krieg wieder zu leben.
Meine Anhaftung an die Bequemlichkeit wurde auch geprüft. Meiner Meinung nach war es jedoch die einfachste Prüfung. In unserer Nachbarschaft gab es wegen der Bombardierung der Infrastruktur regelmäßig Stromausfälle. Deshalb hatten wir kein Licht und keinen Internetzugang. Kühlschränke und Elektroherde funktionierten auch nicht, das heißt, es gab keine Möglichkeit, etwas zum Essen zu kochen. Etwa zwei Wochen lang gab es keinen Strom. Deswegen ließ ich mich aber nicht entmutigen. Es störte mich auch nicht, dass das Glas des Fensters zerbrach, und ich es mit Wachstuch abdecken musste.
Natürlich machte ich während des Krieges eine einzigartige Erfahrung, die ich unter anderen Umständen nicht gemacht hätte. Wie ich es verstehe, wird mir diese Erfahrung bei den Ereignissen, die uns in der Zukunft noch erwarten, helfen.
Der Meister erklärt:
„Ihr habt gehört, dass in früheren Prophezeiungen gesagt wurde, „von zehntausend verbleiben nur tausend“ oder „von zehn Familien verbleibt nur eine“, stimmts?!“ (Fa-Erklärung auf der Fa-Konferenz des Großraums New York 2013, 19.05.2013)
Der erste Schock für mich war, als Menschen von Granaten getötet wurden, während sie in der Schlange auf humanitäre Hilfe warteten. Danach erschienen regelmäßig Berichte über Todesopfer. Mental verstand ich, dass alles vorherbestimmt war, und dass karmische Gesetze am Werk waren. Aber selbst Praktizierende waren erschüttert, wenn sie miterlebten, dass ihre Angehörigen krank waren und starben, obwohl sie die schicksalsbedingten Zusammenhänge verstanden. Jetzt aber starb eine große Zahl von Menschen, darunter auch Kinder, ohne ersichtlichen Grund. Das war schon unheimlich. Aber es musste akzeptiert werden.
Uns allen war klar, dass es bei der Berichtigung der Menschenwelt eine große Aussortierung geben wird. Es könnte sein, dass ich in Zukunft allein, ohne Mitpraktizierende, ohne ihre Unterstützung und Hilfe, durch eine Welt gehen muss, die aus den Fugen geraten ist. Vielleicht müsste ich dann die Menschen aufsuchen, die zurückgeblieben sind und denen man noch helfen kann, indem man mit ihnen über Dafa spricht.
In der menschlichen Gesellschaft stehen sich jetzt Gut und Böse immer krasser gegenüber. Deshalb muss in diesem Kampf jeder Mensch seinen eigenen Standpunkt darlegen.
Damit ich den Menschen helfen konnte, die richtige Entscheidung zu treffen, musste ich zunächst die Situation selbst wirklich verstehen.
Als ich das Fa lernte, wurde mir klar, dass Kriege nach einer himmlischen Vorsehung ablaufen. Das einzige unveränderliche Kriterium für die Beurteilung von allem, was vor sich ging, waren die Prinzipien des Universums: Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht.
Viele Ukrainer empfanden großen Hass gegenüber den Russen. Daher erklärte ich den Menschen: „Wir müssen uns von diesem Gefühl befreien, weil es uns zerstört. Wir müssen uns auf unsere eigenen Handlungen und Gedanken konzentrieren und darüber nachdenken, ob wir alles richtig machen, und warum wir in dieser Situation sind.“ Dann erzählte ich den Menschen von Falun Dafa, schenkte ihnen Lotusblumen und erinnerte sie daran, dass man zuerst mit sich selbst beginnen musste, wenn man die Welt verändern wollte.
Wenn ich mich inspirieren lassen und mich weiter verbessern wollte, las ich normalerweise auf der Minghui-Webseite Beiträge über Shen-Yun-Veranstaltungen.
Als mich also eine Mitpraktizierende anrief und mir anbot, für ein paar Tage nach Polen zu fahren und bei der Veranstaltung von Shen Yun zu helfen, war ich begeistert.
Zunächst sollte ich die Busse bewachen. Vielleicht wurde mir deshalb nicht erklärt, wie ich mich verhalten sollte, wenn ich die Künstler der Show treffen würde. Aber ich wurde an den Platz gestellt, an dem die Orchestermusiker vorbeikamen.
Vor einigen Jahren half ich in Charkiw bei der Suche nach Künstlern für das Shen Yun Orchester. Ich hatte große Ehrfurcht vor den Musikern und kannte ihre Gesichter von Fotos. Als ich sie dann live sah, konnte ich allerdings meine Gefühle nicht zurückhalten.
Die Geltungssucht manifestierte sich nicht nur in dem Wunsch, das eigene Verständnis, das eigene Wissen zu demonstrieren, sondern auch in dem Wunsch, den eigenen Zustand, die eigenen Gefühle zu zeigen. Als ich dann den Musikern begegnete, zeigte ich ihnen zwanghaft meine Freude, lächelte und machte mit den Händen den Buddha-Gruß.
Während der Aufführung sind die Shen-Yun-Künstler auf einer Mission, Menschen zu erretten. Ich selbst hatte sie jedoch mit meinen Gefühlen verunreinigt.
Es war gut, selbst zu erkennen, dass ich unaufrichtig gehandelt hatte. Deshalb bemühte ich mich am nächsten Tag, bescheidener zu sein.
Während meiner Teilnahme an Shen Yun waren meine mangelnden Englischkenntnisse ein Hindernis. Vor dem Krieg sammelten wir in Charkiw aktiv Unterschriften für die EndCCP-Petition. Da es so viele Studenten aus verschiedenen Ländern in der Stadt gab, war es notwendig, Englisch zu lernen. So begann ich es zu lernen. Aber mit dem Beginn des Krieges hörte ich auf.
Die Tatsache, dass ich kein Englisch sprach, störte die Organisatoren der Shen-Yun-Aufführung umso mehr. Sie waren bereits sehr beschäftigt und mussten deswegen noch einen Dolmetscher finden, damit sie mit mir kommunizieren konnten. Dass ich es ihnen so schwer machte, bedauerte ich sehr.
In Polen gab es weniger kommunistische Faktoren als in der Ukraine. Das half mir, einige der mit ihnen verbundenen Vorurteile zu erkennen und sie abzubauen.
Deshalb bin ich froh, dass ich die Gelegenheit habe, wieder nach Polen zu kommen, an der Konferenz teilzunehmen und mich weiterzuentwickeln.
Das ist mein Verständnis auf der heutigen Ebene. Dank des unerwarteten Krieges begann ich zu verstehen, dass sich die Situation morgen ändern kann. Vielleicht werde ich dann eine andere Erfahrung machen und dann kann sich mein Verständnis auch ändern.
Ich danke Ihnen, verehrter Meister!Danke, liebe Mitpraktizierende!