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Eine Geschichte aus alten Zeiten: Li Bai und sein Diener – Teil I

4. August 2024 |   Von Yueguang (Mondschein)

(Minghui.org) Li Bai, einer der berühmtesten Dichter der chinesischen Geschichte, besuchte Yangzhou, als er 26 Jahre alt war. Weil Li so großzügig war, verschenkte er 300.000 Kupfermünzen (die damalige Währung). Später wurde er verletzt, verarmte und hatte keine Bleibe. Mit Hilfe seines Dieners Dansha konnte Li im Daming-Tempel unterkommen. Eines Nachts hatte er einen interessanten Traum. Als er aufwachte, stellte er fest, dass er seine Heimatstadt vermisste, und schrieb ein berühmtes Gedicht über diese Stadt.

Nachfolgend die Einzelheiten.

1) Verletzung und Armut

Yangzhou, wo Li Bai 300.000 Kupfermünzen verschenkte und dann in Armut lebte, ist ein schrecklicher Ort. Es ist aber auch ein großartiger Ort, denn dort schrieb Li Bai Gedanken an eine stille Nacht (Jing Ye Si), eines der bekanntesten Gedichte Chinas.

Es war im Jahr 726 n. Chr. und Li Bai war 26 Jahre alt. Nachdem er seinen Freund Wu Zhinan am Ufer des Dongting-Sees begraben hatte, reiste er nach Süden zum Miluo-Fluss, wo er um Qu Yuan trauerte, einen alten Gelehrten, der für seine Integrität bekannt war. Er besuchte nicht nur den Berg Yuelu und die historische Stadt Lingling, sondern reiste auch in Richtung Osten nach Jinling (dem heutigen Nanjing) und zur historischen Stätte am Qinhuai-Fluss sowie zum Jiming-Tempel. Schließlich gelangte er in das malerische Yangzhou.

Mit Freude und vorbereiteten Manuskripten machte sich Li mit seinen Gedichten auf den Weg, um mehrere Beamte und Prominente zu besuchen. Vor allem die „Ode an den Dapeng“ (einen legendären Riesenvogel), das Werk, auf das er am meisten stolz war, platzierte er an einem naheliegenden Ort. Doch die Dinge liefen nicht so gut, wie er erwartet hatte. Immer wieder blieben seine Besuche erfolglos, weil die Menschen mehr daran interessiert waren, den Besuch des Kaisers auf dem Berg Tai zu feiern.

Die Ablehnung war zwar beschämend, aber sie bedrückte Li nicht. Stattdessen fand er, dass der Hauch von Traurigkeit gut zur alten Stadt Yangzhou passte, als er durch die mit Blumen gesäumten Weidenalleen und Straßen schlenderte. Das langsam fließende Gewässer unter den alten Brücken und das Bootfahren auf dem Kleinen Westlichen See brachten Entspannung; auch das Singen und Tanzen inspirierte ihn. In seiner Freizeit schaute er sich Hahnenkämpfe an, ging zu Pferd auf die Jagd oder spielte Cuju (ein altes Ballspiel).

An einem windigen Frühlingstag spielten Li und andere auf dem grünen Rasen mit Begeisterung eine Partie Cuju. Er trug ein lockeres Gewand mit rundem Halsausschnitt und engen Ärmeln sowie weiche, bequeme Stoffschuhe. Auf dem Kopf trug er einen wallenden Schal mit einer eleganten Schleife. Er war ein geschickter Spieler, der manchmal wie ein Tiger vorwärtsstürmte und sich manchmal wendig wie ein Kranich bewegte. Plötzlich schoss Li den Ball in den Himmel und alle applaudierten. Dann trat er versehentlich in ein Schlagloch, verlor das Gleichgewicht und fiel mit einem dumpfen Geräusch hin. Als Li versuchte, aufzustehen, merkte er, dass er nur sein rechtes Bein belasten konnte, während sein linkes Bein hinterherhinkte. Er versuchte, ein paar Schritte zu gehen und fiel wieder hin. Als seine Mannschaftskollegen kamen, um ihm zu helfen, sahen sie, dass Lis linkes Bein stark angeschwollen war; das Hosenbein war so angespannt, als würde es gleich reißen. Li konnte nur die Stirn runzeln und die Schmerzen ertragen, während er zurück ins Hotel getragen wurde.

Li dachte, dass er in ein paar Tagen auf den Ballplatz zurückkehren würde. Obwohl sein Diener Dansha und einige Freunde sich gut um ihn kümmerten, vergingen drei Monate des Sommers und Li konnte immer noch kaum laufen. Er war sogar langsamer als ein 80-Jähriger. Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass es hundert Tage dauert, bis man sich von einem Muskelriss oder Knochenbruch erholt hat, und das traf auch auf ihn zu.

Li war auch deshalb nervös, weil er nur noch wenig Geld hatte. Der Hotelbesitzer kam oft vorbei und schaute ihn unfreundlich an, so dass es an der Zeit war, auszuziehen und sich eine andere Bleibe zu suchen.

2) Daming-Tempel

Sein Diener Dansha erinnerte sich, dass Li gut mit Jianzhen, einem Mönch im Daming-Tempel, befreundet war. Vielleicht konnte dieser Mönch, der geschwungene Augenbrauen und schmale lächelnde Augen hatte, helfen?

Am nächsten Morgen ging Dansha zum Daming-Tempel und sah einen jungen Mönch, der neben der Xiling-Pagode mehrere Gänse fütterte. Nach einem kurzen Gespräch mit Dansha führte der junge Mönch ihn in den hinteren Teil des Tempels und zeigte auf einen Mönch, der Pflanzen begoss. Jianzhen war etwa 30 oder 40 Jahre alt und goss das Gemüse und die Blumen.

Ohne ein Wort zu sagen, nahm Dansha einen Eimer in die Hand und begann, die Pflanzen neben Jianzhen zu gießen. Jianzhen blinzelte und erkannte Dansha und so begannen sie während ihrer Arbeit, miteinander zu plaudern. „Meister, dieser Tempel sieht großartig aus, und das Weihrauchgeld türmt sich auf wie ein kleiner Hügel. Warum baut ihr immer noch euer eigenes Gemüse und eure eigenen Blumen an?“, fragte Dansha. Jianzhen krempelte die Ärmel hoch und antwortete lächelnd: „Jeder Pfennig, den unsere Wohltäter uns geben, ist hart erarbeitet, also müssen wir auf sie Rücksicht nehmen. Geld zu verdienen, ist wie Erde mit einer Nadel zu tragen, und Geld auszugeben, ist wie Wasser zu vergießen.“

Dansha nickte und sagte: „Ich stimme voll und ganz zu. Angenommen, ich habe 300 Münzketten in diesem Eimer. Das scheint viel zu sein und reicht tatsächlich aus, um mehr als 60.000 Dou (ein Dou sind etwa 10 Liter) Reis zu bezahlen. Aber wenn man sie einfach gedankenlos ausgeben würde, wären sie bald weg.“

Dansha hielt eine Schöpfkelle voll Wasser in der Hand, schaute eine Orchidee an, als wäre sie ein Mensch, und knurrte: „Ein junger Mann in Yangzhou zum Beispiel war in Schwierigkeiten. Seine Frau bekam ein Kind und so bat er meinen jungen Meister Li Bai um Geld.“ Dansha goss das Wasser auf die Orchidee und fuhr fort: „Mein junger Meister gab ihm einfach dreißig Münzketten und dachte nicht einmal darüber nach.“ Dansha nahm einen weiteren Schöpflöffel Wasser, betrachtete die Herbstchrysanthemen und sagte bitter: „Der Vater eines anderen jungen Mannes in Yangzhou ist fast 100 Jahre alt und kann kaum noch gehen. Auch er bat meinen jungen Meister um Hilfe.“ Während Dansha Wasser auf die Chrysanthemen goss, fuhr er fort: „Und so gab mein junger Meister ihm 30 Münzen, so einfach ist das.“

Nachdem er eine nachtblühende Cereus und eine rote Spinnenlilie gegossen hatte, seufzte Dansha und erinnerte sich weiter: „Ein junger Mann in Yangzhou war krank und lag mit Schmerzen im Bett. Mein junger Meister gab ihm 30 Münzketten. Als der Vater eines anderen jungen Mannes starb, hielt er den Brief in der Hand, der ihn darüber benachrichtigte, und vergoss zwei Tränen, woraufhin mein junger Meister ihm 50 Münzketten gab.“

Jianzhan lächelte und sagte: „Li Bai ist wirklich ein großzügiger Mensch, der die Freundschaft schätzt.“ – „Ja, in der Tat!“, stimmte Dansha ihm zu. „In dieser Welt gibt es für jeden schwierige Zeiten. Jemandes Heimatstadt wurde überflutet, jemand brach sich beim Sturz vom Pferd ein Bein, jemand verlor seine Arbeitsstelle bei der Regierung und jemand bekam Ärger, weil er einen Tyrannen getötet hatte. Sie alle wussten, wo sie meinen jungen Meister finden konnten. Sie kamen mit gesenktem Kopf und traurigem Gesichtsausdruck und mein junger Meister verteilte einfach weiter das Geld.“ Dansha machte so weiter und wässerte die Kohlköpfe, die Hirtentäschel, die Pilze und den Spinat.

„Li Bais Vater ist Kaufmann. Kein Wunder, dass er so großzügig ist!“, merkte Jianzhen an. „Ja, natürlich! Hier ein Witz, sehr lustig. Einmal schrie ein junger Herr von nebenan. Mein junger Herr sagte nichts und sagte mir, ich solle dem Herrn von nebenan 30 Münzketten bringen. Weißt du, warum diese Person geschrien hat?“ Dansha beugte sich vor, lachte so sehr, dass seine Augen zu Schlitzen wurden, und sagte: „Dieser junge Herr hatte gerade eine Menge Geld beim Glücksspiel gewonnen. Als seine Verwandten und Freunde davon erfuhren, kamen sie alle, um sich Geld zu leihen, und so musste er sich im Hotel verstecken. Als ich ihm das Geld gab, gab er es mir zurück und sagte: ‚Es ist schwer, wenn man kein Geld hat, aber es ist noch schwerer, wenn man Geld hat.“

Jianzhen musste lachen und sagte: „Ich wusste nur, dass Li Bai gute Gedichte schrieb. Ich wusste nicht, dass er so gütig ist wie ein Bodhisattva.“ Jianzhen hörte auf zu lachen und sagte: „Vielleicht würde dein junger Meister, wie du sagtest, etwas ‚Wasser‘ auf mich gießen?“ Dansha hob den Eimer auf und goss das restliche Wasser auf das Gemüse. Dann drehte er den Eimer auf den Kopf und zeigte ihn Jianzhen: „Obwohl wir anfangs viel Wasser hatten, geht es doch zur Neige. Im Moment wären wir dankbar, wenn der Hotelbesitzer meinen jungen Herrn nicht rausschmeißen würde.“

In diesem Moment kamen mehrere Gänse herbei und begannen, im Boden nach Würmern zu picken. Danshas Augen leuchteten auf und er sagte: „Meister, diese Gänse erinnern mich an etwas Interessantes. Ihr seid sehr kenntnisreich und wisst es wahrscheinlich. Diese Gänse sind weiß mit rosa Füßen, zart wie Mädchen. Aber wenn sie wütend sind, wagen sie es, Menschen und sogar einen Tiger zu picken. Du weißt, dass ein Tiger der König der Tiere ist, aber er weiß nicht, was er mit Gänsen anfangen soll. Als mein junger Meister letztes Jahr Wu Zhinan am Dongting-See beerdigte, kam ein Tiger aus dem Wald. Ich hatte Angst. Plötzlich flogen die beiden Gänse, die ich aufgezogen hatte, aus dem Wasser ans Ufer. Eine von ihnen hackte mit dem Schnabel nach dem Tiger und die andere griff ihn mit den Flügeln an. Sie flogen um den Tiger herum, sodass das Tier verwirrt war. Am Ende flüchtete der Tiger.“

„Ja, als Li Bai seinen guten Freund Wu Zhinan begrub, weinte er, bis seine Augen  zu bluten begannen, und er rührte sich nicht, selbst als ein Tiger kam“, berichtete Jianzhen und drehte dabei seine Rosenkranzperlen. „Ich habe davon gehört und bewundere ihn wirklich.“ Dansha sagte: „Mein junger Meister sagt oft: ‚Wenn man die Poesie nicht kennt, ist die Hälfte des Lebens verloren; wenn man die Freundschaft nicht pflegt, ist die andere Hälfte des Lebens verloren.‘ Aber wenn man die Gänse nicht versteht, wird man wahrscheinlich sein Leben ganz verlieren.“

Jianzhen lachte und sagte: „Das ergibt Sinn. Es stimmt, dass dein junger Meister das über Gänse weiß. Aber ich habe etwas, das du dir merken solltest: Es ist besser, rechtschaffen zu handeln und sparsam zu leben, als schlechte Taten zu begehen und im Überfluss zu leben. Ich weiß, warum ihr hier seid – ihr müsst nicht in Rätseln sprechen. Wenn es deinem jungen Herrn nichts ausmacht, kann er von morgen an im Daming-Tempel verweilen.“