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Eine Geschichte aus alten Zeiten: Li Bai und sein Diener – Teil II

5. August 2024 |   Von Yueguang (Mondschein)

(Minghui.org) 

Teil I

Li Bai, einer der berühmtesten Dichter der chinesischen Geschichte, besuchte Yangzhou, als er 26 Jahre alt war. Weil Li so großzügig war, verschenkte er 300.000 Kupfermünzen (die damalige Währung). Später wurde er verletzt, verarmte und hatte keine Bleibe. Mit Hilfe seines Dieners Dansha konnte Li im Daming-Tempel unterkommen. Eines Nachts hatte er einen interessanten Traum. Als er aufwachte, stellte er fest, dass er seine Heimatstadt vermisste, und schrieb ein berühmtes Gedicht über diese Stadt.

Nachfolgend die Einzelheiten.

3) Gedicht

Nachdem Jianzhen gesagt hatte, dass sie im Daming-Tempel bleiben könnten, bedankte sich Dansha bei ihm und ging. Als Li Bai am nächsten Tag im Daming-Tempel erschien, empfing ihn Jianzhen am Eingang. Li war sehr dankbar, und Jianzhen erwiderte: „Wir möchten auch dir danken. Du hast ein sehr gutes Gedicht über die Xiling-Pagode im Daming-Tempel geschrieben. Bitte schreibe in deiner Freizeit, während du hier bist, Gedichte für uns. Gute Gedichte sind unbezahlbar.“ Er ließ einen anderen Mönch zwei Zimmer herrichten, eines für Li Bai und das andere für Dansha.

Lis Zimmer war sehr schön eingerichtet, mit einer Reliefdekoration um das Fenster und dem entspannenden Duft von Sandelholz. Es gab ein neues Moskitonetz, um die Mücken fernzuhalten. Danshas Zimmer war schlicht. Es hatte ein einfaches Fenster und ein kleines Loch im Moskitonetz. Aber das Zimmer war sauber und ordentlich.

Ein Monat verging, und Li erholte sich allmählich. Eines Abends, als er im Bett lag, starrte er wie in Trance auf das Relief am Fenster. Auf dem Relief waren drei Kaninchen abgebildet, die hintereinander herliefen. Interessanterweise teilten sie sich die Ohren, weil sie im Kreis um das Fenster liefen. Das heißt, jedes Kaninchen besitzt zwar zwei Ohren, die drei Kaninchen zusammen hatten allerdings nur drei Ohren. Es war interessant, fast mystisch.

Li schloss die Augen und hörte scheinbar die Kaninchen rennen. Sie sprangen auf den Hof hinaus, und es war, als ob sie nach ihm riefen. Li stand auf und ging hinaus. Im Hof stand ein fester Steintisch, das Wasserrad bewegte sich nicht, und der Lorbeerbaum schwankte sanft im Wind. Li kam es vor, als sei er selbst ein Kaninchen, das mit den anderen Kaninchen spielte. Dann sprangen die drei Kaninchen in den Lorbeerbaum und verschwanden in den dichten Ästen und Blättern.

Li rannte ein paar Mal um den Baum herum, konnte sie aber nicht finden. Er kratzte sich am Kopf und war verwirrt. Plötzlich blickte er nach oben und sah eine verheißungsvolle Wolke, auf der eine schöne Fee ein Kaninchen trug. „Ist das nicht die legendäre Fee von Chang'e?“, fragte er sich.

Mit großen Augen starrte Li auf Chang'e und das Kaninchen. Die Fee leuchtete sanft im Mondlicht, ihre Augen waren heilig und rein. Als Li sie ansah, beruhigte er sich.

Nach einer Weile erschien eine spektakuläre Szene am Nachthimmel. Hinter Chang'e mit dem Kaninchen erschien plötzlich eine andere Chang'e mit einem Kaninchen, wie eine Erscheinung in einem Spiegel. Li war erstaunt: Welche mystische Kraft konnte eine zweite Chang'e erscheinen lassen?

Während er noch darüber nachdachte, erschien eine dritte Chang'e mit einem Kaninchen, dann eine vierte und eine fünfte... Sie erschienen endlos, wie ein Kind, das Seifenblasen pustet, jede eine leuchtende Chang'e mit einem Kaninchen.

Bald darauf waren überall am Himmel Chang'e mit Kaninchen zu sehen. Dann wurden sie kleiner und verwandelten sich in Gruppen blinkender, quallenartiger Flecken. Diese leuchtenden Flecken stiegen langsam im Mondlicht auf, drehten sich und verwandelten sich in verschiedene Formen. Zehntausende von quallenartigen Flecken sammelten sich auf der Spitze der Xiling-Pagode, wurden kleiner und verwandelten sich in helle Sterne am Himmel. Zehntausende dieser „Sterne“ tanzten am Himmel und bildeten schließlich ein gigantisches, leuchtendes Muster des Riesenvogels Dapeng, der bereit war, sich in den Himmel zu erheben. Dapengs ganzer Körper glühte und warf eine silberne Lichtschicht auf die Xiling-Pagode. Der gesamte Hof war taghell erleuchtet.

Li fühlte sich wie ein Wanderer, der endlose Strapazen hinter sich hatte, schrecklich verwundet worden war und nach langer Abwesenheit endlich in seine Heimatstadt zurückkehrte. Das vertraute, aber längst vergessene Bild von Dapeng ließ Lis Blut durch seine Adern rasen, gab ihm ein Gefühl der Freude und trieb ihm Tränen in die Augen. Li starrte gebannt auf das schillernde Dapeng am Himmel. Dapengs leuchtende, sternenähnliche Augen schienen zu Lis Seele zu sprechen; jeder kleine, leuchtende „Stern“ an Dapengs Körper spiegelte sich tief in seinem Herzen wider, und er hatte das Gefühl, als wäre er selbst in unzählige, vibrierende Stücke zerbrochen, jedes Stück einer von Dapengs „Sternen“. Ein ruhiges Glück erfüllte Li, wie ein Baby, das in die Arme seiner Mutter zurückkehrt, oder ein einsames wildes Tier, das in den Schutz des Waldes zurückkehrt.

Li schloss sanft die Augen und spürte einen warmen Strom durch seinen Körper fließen. Als er die Augen wieder öffnete, sah er das Bild von Dapeng langsam am Nachthimmel verschwinden. Als er genauer hinsah, war es nicht so, dass das Bild verschwand, sondern dass Dapeng höher und weiter wegflog. Während es so davonflog, zeigten sich unterschiedliche Muster. Manchmal sah er den Berg Dakuang in seiner Heimatstadt, wo er die vertrauten Gestalten seiner alten Eltern und die verschwommenen Umrisse von Wu Zhinan und Lehrer Zhao Rui erkennen konnte. Manchmal sah er einen Blick auf den Tian Shan in seinem Geburtsort Suyab, wo seine Freunde aus Kindertagen auf Akhal-teke-Pferden neben dem Fluss Chu davon galoppierten. Als das letzte Pferd verblasste, formten sich die Sterne zur Hauptstadt Chang'an, deren schachbrettartig angelegte Straßen von Menschen bewohnt wurden, die so winzig wie Ameisen waren.

Als Li auf den Palast in Chang'an starrte, verschwand dieser plötzlich und wurde durch ein traumhaftes himmlisches Reich namens Yaochi ersetzt, in dem die Unsterblichen leben. Yaochi war von einem goldenen Heiligenschein umgeben. Der Leuchtende Dapeng war im Mondpalast verschwunden. Das Einzige, was am Nachthimmel zu sehen war, war das große und geheimnisvolle Reich von Yaochi und der goldene Mondpalast.

Yaochi war wirklich beeindruckend! Ein gigantisches göttliches Wesen mit lockigem, blauem Haar, das Frieden und Harmonie ausstrahlte, saß auf einer Lotosblüte in der Mitte. Sein Gesichtsausdruck war voller Güte und Ernsthaftigkeit, und seine Augen waren so tief wie das Meer. Hinter ihm leuchtete ein strahlendes Licht, das das gesamte himmlische Reich wie in einem Traum erhellte.

Im unteren Teil der Szene waren mehrere verspielte himmlische Kinder zu sehen. Sie waren entzückend und unschuldig. Zwei spielten im Wasser, klatschten in die Hände und lachten. Zwei andere bemühten sich, auf ein Lotusblatt zu klettern, ihre kleinen Gesichter waren rot vor Anstrengung.

In der Mitte befand sich eine Gruppe fliegender Feen mit anmutigen Gestalten und schimmernden Kleidern. Einige von ihnen flogen zwischen den Gebäuden hin und her, hielten Blumenkörbe in der Hand und verstreuten Blütenblätter in der Luft, so dass ein wunderschöner Regen aus Blütenblättern entstand; andere spielten auf Musikinstrumenten bezaubernde Melodien.

Darüber befanden sich Musikinstrumente, die von selbst spielten. Sie flogen durch den Himmel und klangen sehr angenehm, was zusammen mit dem Gesang und dem Lachen der himmlischen Wesen ein wunderbares Bild der Harmonie ergab. Es war erstaunlich, dass diese Instrumente selbst so großartige Musik spielen konnten, als wären sie lebendige Wesen.

Gerade als Li ein Kong Hou (ein uraltes Instrument wie eine Harfe) betrachtete, das von selbst spielte, verschwand die ganze mystische Szene, als ob eine Seifenblase geplatzt wäre. Als Li sich umschaute, sah er das unbewegliche Steinfenster und das Relief mit den drei Kaninchen, umgeben von der Ruhe eines Tempels. Oh, es war ein Traum.

Als er aufstand und langsam zum Hof ging, glaubte Li, eine dünne Frostschicht auf dem Zaun um den Brunnen zu sehen. Als er näherkam, erkannte er, dass es sich um reflektiertes Mondlicht handelte. Als er in den Himmel blickte, sah er den orangefarbenen Mond hoch über der Xiling-Pagode noch heller leuchten. In der Stille der Nacht vermisste er unweigerlich seine Heimatstadt, und ein Gedicht kam ihm in den Sinn:

Jing Ye Si (Gedanken in einer stillen Nacht)

Auf dem Rand des Brunnens leuchtet das helle Mondlicht,reflektiert wie nächtlicher Frost;Wenn ich aufschaue, sehe ich den Mond hell und rund,ich senke meinen Kopf und vermisse meine Heimatstadt.

An dem Tag, an dem er den Daming-Tempel verließ, schrieb Li dieses Gedicht auf eine Gedichttafel.

Nachdem er dieses Gedicht Wort für Wort gelesen hatte, nickte Jianzhen und lobte es. Er bat jemanden, es in der Haupthalle des Tempels aufzuhängen.

Dansha sah sich das Gedicht an und las es zehnmal.

„Kennst du auch Gedichte?“, fragte Jianzhen.

„Mein junger Meister hat es schwer und selbst seine Gedichte sind heutzutage nur noch unvollständig“, antwortete Dansha. „Auch ich kann ein Gedicht wie dieses verfassen.“ Jianzhen konnte nicht anders als staunen und sagte: „Als Diener des großen Dichters Li Bai bist du kein gewöhnlicher Mensch. Könntest du dein Gedicht mit uns teilen?“

Alle Mönche in der Haupthalle hielten den Atem an und hörten respektvoll zu. Dansha zögerte nicht und las sein Gedicht laut vor:

Verdruss um Mitternacht

Neben meinem Kopfkissen summt eskonstant und laut, fast wie ein Wettern. Wenn ich aufschaue, sehe ich ein Loch im Moskitonetz. Ich senke meinen Kopf und bin damit beschäftigt, die Mücken zu zerquetschen.

(Ende)