(Minghui.org) Um gesunde Pflanzen und reiche Ernten zu erzielen, wussten Bauern seit jeher, dass der richtige Zeitpunkt für Aussaat und Ernte ebenso entscheidend ist wie fruchtbarer Boden, ausreichend Dünger, Sonnenlicht und Wasser. Im alten China beobachtete man aufmerksam die jahreszeitlichen Veränderungen und den jährlichen Lauf der Sonne am Himmel. Auf dieser Grundlage wurden 24 Sonnenstände – charakteristische Zeitabschnitte im Verlauf eines Mondjahres – bestimmt und systematisch zusammengefasst. Viele glauben, dass dieses System nicht nur eine Methode zur Einteilung der Zeit ist, sondern auch die Essenz der landwirtschaftlichen Weisheit der chinesischen Zivilisation darstellt.
Die Sonnenstände tauchten im Gelben Flussbecken während der Zeit der Streitenden Reiche (475–221 v. Chr.) auf. Die 24 Sonnenstände wurden offiziell, als sie im Taichu-Kalender dokumentiert wurden, der während der Westlichen Han-Dynastie veröffentlicht wurde. Der Kalender wurde im ersten Regierungsjahr von Kaiser Wu der Han-Dynastie (104 v. Chr.) fertiggestellt und ist der erste vollständige Kalender, der in China erhalten geblieben ist. Anhand dieses Kalenders können wir sehen, wie eng die alten Chinesen mit der Natur verbunden waren und wie diese sie beeinflusste.
Astronomisch gesehen repräsentieren die 24 Sonnenstände 24 bestimmte Positionen der Erde auf ihrer jährlichen Umlaufbahn um die Sonne. Jeder Zeitraum entspricht einer 15-Grad-Teilung der Sonnenbahn. Die Sonne benötigt etwa 15 Tage, um von einem Sonnenstand zum nächsten zu wandern. Die Reihenfolge der Sonnenstände spiegelt die Veränderungen der Jahreszeiten, des Klimas und der Phänologie wider. Die verschiedenen Sonnenstände spielen eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft und haben unterschiedliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.
Die Ekliptikebene ist die Ebene der Erdumlaufbahn um die Sonne. Der Winkel zwischen der Ekliptikebene und der Äquatorebene der Erde beträgt 23,4°. Die Tagundnachtgleiche findet statt, wenn die Ekliptikebene die Äquatorebene schneidet und die Sonne direkt auf den Äquator scheint und sich von Süden nach Norden bewegt (Abbildung 1). Zu diesem Zeitpunkt wird die scheinbare ekliptische Länge als 0° definiert. Die Sommersonnenwende findet statt, wenn die Ekliptik den Wendekreis des Krebses schneidet (und die Sonne direkt darauf scheint), eine kreisförmige Breitenebene, die sich 23,4° nördlich des Äquators befindet und die scheinbare ekliptische Länge 90° beträgt. Während die Erde weiter um die Sonne kreist und die Sonne wieder direkt auf den Äquator scheint und sich dabei von Norden nach Süden bewegt, ist Herbsttagundnachtgleiche und die ekliptische Länge beträgt 180°. Wenn die Sonne direkt auf den südlichen Wendekreis scheint, ist Wintersonnenwende mit einer ekliptischen Länge von 270°.
Abbildung 1: Saisonale Konfiguration von Erde und Sonne: Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne mit den Positionen der Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen (Quelle: Encyclopedia Britannica)
Die Sonnenstände repräsentieren vier Klimaphänomene.
1. Saisonale Veränderungen (auf der Nordhalbkugel): Frühlingsanfang (Li-chun), Mitte des Frühlings (Chun-fen, Frühlings-Tagundnachtgleiche), Sommeranfang (Li-xia), Mitte des Sommers (Xia-zhi, Sommersonnenwende), Herbstanfang (Li-qiu), Herbstmitte (Qiu-fen, Herbsttagundnachtgleiche), Winteranfang (Li-dong) und Wintermitte (Dong-zhi, Wintersonnenwende)
2. Temperaturveränderungen: Kleine Hitze (Xiao-shu), Große Hitze (Da-shu), Ende der Hitze (Chu-shu), Kleine Kälte (Xiao-han) und Große Kälte (Da-han)
3. Niederschlagsformen: Regenwasser (Yu-shui), Getreideregen (Gu-yu), Wintertau (Bai-lu), kalter Tau (Han-lu), erster Frost (Shuang-jiang), leichter Schneefall (Xiao-xue) und starker Schneefall (Da-xue)
4. Phänologie und Landwirtschaft: Erwachen der Insekten (Jing-zhi), frisches Grün (Qing-ming), geringe Kornfülle (Xiao-man), Korn in der Schlinge (Mang-zhong) und geschäftige Ernte- und Aussaatzeit
Die Menschen richten sich nach den Sonnenständen, indem sie „im Frühling pflügen, im Sommer jäten, im Herbst ernten und im Winter einlagern“. Sie nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal und bitten und beten für eine gute Ernte.
In der ersten Jahreshälfte (Frühling und Sommer) beginnen die beiden Sonnenstände eines Monats meist am 6. und 21. Tag des gregorianischen Kalenders. In der zweiten Jahreshälfte (Herbst und Winter) fallen die beiden Sonnenstände eines Monats meist auf den 8. und 23. Tag des gregorianischen Kalenders. Die genauen Daten der Sonnenstände schwanken aufgrund von Schaltjahren oder geringfügigen Abweichungen in der Erdumdrehung jedes Jahr und liegen mit einer maximalen Abweichung von ein bis zwei Tagen um diese Daten herum.
Die 24 Sonnenstände wurden 2006 in Chinas „Liste des immateriellen Kulturerbes auf staatlicher Ebene“ und 2016 in die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ der UNESCO aufgenommen. Ihre Definition von immateriellem Kulturerbe umfasst die nicht-physischen Elemente der Kultur, des Wissens und der Fertigkeiten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Meine persönlich Sichtweise dazu ist etwas anders. Obwohl die 24 Sonnenstände nicht physisch wie ein Möbelstück existieren, sind wir auf sie angewiesen, um Getreide anzubauen, das greifbar ist und uns am Leben erhält. Wir hätten keine reichhaltige Ernte, wenn wir im November Reis oder im Dezember Weizen säen würden.
Wenn etwas mit bloßem Auge nicht sichtbar ist, bedeutet das nicht, dass es nicht greifbar ist. Unsere Augen können beispielsweise elektromagnetische Wellen, Magnetfelder oder DNA nicht sehen, aber sie existieren dennoch materiell. Mit den richtigen Werkzeugen können wir diese Materialien beobachten und mit ihnen interagieren. Ebenso können wir mit den 24 Sonnenständen durch landwirtschaftliche Werkzeuge und Maschinen interagieren und so Nahrung auf den Tisch bringen.
Der Begriff „Erbe“ bezieht sich auf etwas, das von unseren Vorfahren weitergegeben wurde, und nicht auf eine rechtliche Erbschaft. Die 24 Sonnenstände gehören jedoch nicht unseren Vorfahren, sondern sind objektiv existierende Himmelsbewegungen. Unsere Vorfahren beobachteten und dokumentierten Himmelsereignisse, um im Einklang mit dem himmlischen Zeitplan zu leben. Die Bewegungen der Himmelskörper im Sonnensystem sind für die gesamte Menschheit und jede Generation geschaffen, nicht nur für eine bestimmte Generation. Daher sollten sie nicht als Erbe betrachtet werden.
Die Sonnenstände sind uns von Gott gegeben. Es ist vielleicht passender, sie als Teil der göttlichen oder traditionellen Kultur zu betrachten. Schließlich ist die Kultur des alten China nicht oberflächlich, sondern göttlich und berührt die inneren Eigenschaften der Natur.