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Fei Tian College: Vorlesung zum klassischen chinesischen Tanz

Li Hongzhi, 27. Juli 2019

Was ist klassischer chinesischer Tanz? Im Grunde genommen stammen seine Bewegungen und Posen ( shēnfǎ)1 seit alters her größtenteils aus Techniken, die von Gottheiten an die Kampfkünste überliefert wurden. Diese Techniken wurden sowohl für die Kampfkünste (武 wu, wie in wŭshù) als auch für den Tanz (舞 wu, wie in wŭdăo)2 verwendet. Der Gefühlsausdruck (shēnyùn)3 in den Tanzbewegungen des klassischen chinesischen Tanzes wurde hingegen hauptsächlich von den Bewegungen der traditionellen chinesischen Oper4 übernommen. Zu Beginn wurde der klassische chinesische Tanz als „Operntanz“ bezeichnet.

Warum sagen dann einige, dass der klassische chinesische Tanz eine neue Tanzform sei, welche die Tanzakademie Peking entwickelt habe? In Wahrheit stammen die Bewegungen und Posen (shēnfǎ) des Tanzes, der von der Tanzakademie Peking unterrichtet wird, von den Kampfkünsten und der chinesischen Oper ab. Doch um diese Tanzform für den Unterricht an einer Akademie für Darstellende Kunst geeignet zu machen und sie mehr mit den modernen Vorstellungen über Tanz in Einklang zu bringen, hat die Tanzakademie Peking einige Trainingsmethoden des Balletts für die tänzerischen Grundlagen übernommen. Was nun Salti und Überschläge (tǎnzigōng)5 betrifft, so sind diese noch stärker in den verschiedensten Kunstformen, die traditionell seit Jahrtausenden Teil der Kultur Chinas sind, verwurzelt. Um es deutlich zu sagen, die Tanzakademie Peking hat den klassischen chinesischen Tanz nicht ins Leben gerufen. Was sie erfunden hat, ist der Name „klassischer chinesischer Tanz“. Sie hat also den ursprünglichen Namen „Chinesischer Operntanz“ in „klassischer chinesischer Tanz“ geändert.

Die Tanzakademie Peking räumt selbst ein, dass sich ihr Gefühlsausdruck beim Tanz (shēnyùn) auf die Art und Weise beruft, wie sich die Künstler der chinesischen Oper bewegen, und die Grundelemente der Bewegungen und Posen (shēnfǎ) hauptsächlich aus dem chinesischen Operntanz sowie den Kampfkünsten stammen. Und in der Tat äußert auch die chinesische Oper, dass sich ihr shēnfǎ von den Kampfkünsten ableitet. Eigentlich übernahm die Oper bereits im frühen Altertum das shēnfǎ der traditionellen chinesischen Kampfkünste. All dies macht deutlich, dass der klassische chinesische Tanz schon lange existiert und er nicht von der Tanzakademie Peking erfunden worden ist.

Warum behauptet dann die Tanzakademie Peking, dass der klassische chinesische Tanz eine neue, von ihr erfundene Tanzform sei? Natürlich änderte sie nicht einfach nur den Namen „Operntanz“ in „klassischer chinesischer Tanz“, sondern entwickelte auch eine Reihe von Methoden für den Unterricht des klassischen chinesischen Tanzes. Tatsächlich gab sie dieser Tanzform den neuen Namen. Früher bezeichnete sie den klassischen chinesischen Tanz auch als Operntanz und führte für den Unterricht Lehrmethoden aus dem Ballett ein. Natürlich war das noch nicht alles; sie verwendete auch die Form einer Akademie, um den klassischen chinesischen Tanz zu unterrichten. Früher wurden in China die darstellenden Künste auf traditionelle Weise unterrichtet. In Theatergruppen wurden Schüler von ihrem Meister 6 angeleitet. Es gab auch welche, die gleichzeitig mehrere Schüler anleiteten, ja sogar die gesamte Theatergruppe mit dutzenden Mitgliedern unterrichteten. Es mag sein, dass die Tanzakademie Peking die erste war, die den klassischen chinesischen Tanz an einer Akademie für Darstellende Künste einführte und unterrichtete. Die jungen Studenten, die später die Akademie besuchten, kannten diesen geschichtlichen Hintergrund aber nicht mehr. Dazu kommt, dass die bösartige Kommunistische Partei Chinas die chinesische Geschichte absichtlich untergräbt. Dadurch wissen die Studenten nichts mehr von der historischen Vergangenheit, sodass sie behaupten, der klassische chinesische Tanz wäre eine neue Tanzform, welche die Akademie erfunden hätte. Dies ist an und für sich schon eine Respektlosigkeit gegenüber der Geschichte und dem Erbe der jahrtausendealten traditionellen Kultur Chinas.

Tatsächlich verwendeten bereits zur Zeit der Gründung der Pekinger Tanzakademie auch Provinzen und Ensembles für darstellende Kunst in ganz China diese Art des chinesischen Tanzes für ihren Unterricht und ihre Aufführungen. Schon in den 40er und 50er Jahren setzte das Zhongnan Kunsttheater – damals gehörte ihm Frau Guo, unsere Direktorin der Fei Tian Akademie der Künste, an – diese Tanzform bei ihren Aufführungen ein. Das war noch vor der Gründung der Tanzakademie Peking! Mit anderen Worten, um die Gründungszeit der Tanzakademie Peking herum setzten in China bereits viele Künstlergruppen den klassischen chinesischen Operntanz in ihren Aufführungen ein.

Wie ihr wisst, wurden die gesamten Fachausdrücke, welche die Tanzakademie Peking in ihrem Unterricht für klassischen Tanz verwendet – seien es die Namen der einzelnen Tanztechniken und was sie erfordern oder die Begriffe, die in shēnfǎ und shēnyùn verwendet werden –, aus dem Operntanz übernommen, und zwar deckungsgleich. Dazu gehören Begriffe wie Chong und Kao7; Han und Tian8; Ning, Qing, Yuan, Qu9; die drei kreisförmigen Bewegungspfade10 vom horizontalen Kreis, senkrechten Kreis und Achterkreis; Shou, Yan, Shen, Fa, Bu11; Liangxiang12; Jing, Qi, Shen13 und viele, viele andere Dinge. Alle Grundprinzipien dieser Tanzform – will man nach rechts, holt man zuerst nach links aus; will man nach oben, holt man zuerst nach unten aus; will man nach hinten, holt man zuerst nach vorne aus und so weiter – wurden eins zu eins aus der Oper übernommen. Das heißt also, dass sie nicht von der Tanzakademie Peking entwickelt wurden, sondern bereits von Anfang an Teil des klassischen Tanzes in China waren. Seitdem nun die Tanzakademie Peking den Operntanz in klassischen chinesischen Tanz umbenannt hat, haben in China alle – also von lokalen bis hin zu militärischen Künstlergruppen jeder Provinz, von amateurhaften bis hin zu professionellen Gruppen für darstellende Kunst wie auch alle großen Universitäten und Hochschulen, mit Ausnahme der chinesischen Opernschulen und Theater –, einer nach dem anderen, diese Tanzart als klassischen chinesischen Tanz bezeichnet.

Und das führt uns zu Shen Yun und dem Fei Tian College. Verwenden denn nicht auch beide den klassischen chinesischen Tanz? Nun, in der Anfangszeit verwendeten Shen Yun und das Fei Tian College den Stil und Rhythmus (yùnlǜ)14, den die Tanzakademie Peking bei ihrem Unterricht für den klassischen Tanz lehrt. Die Tanzakademie Peking standardisierte für das Unterrichten des shēnfǎ ein festes yùnlǜ. Die dazu gehörenden Elemente gab es allerdings schon viel früher. Shen Yun benutzte einfach nur das an der Akademie gelehrte yùnlǜ. Ihr versteht, was ich meine, oder?! Shen Yun und das Fei Tian College haben lediglich das yùnlǜ der Tanzakademie Peking verwendet.

Im heutigen China sieht der klassische Tanz in jeder Provinz anders aus. Selbst die verschiedenen Hochschulen in Peking nutzen nicht das yùnlǜ der Tanzakademie Peking, lehnen es sogar offen ab. Es gibt in ganz China kein einziges Ensemble für darstellende Kunst, das den Ansatz der Tanzakademie Peking für ihr eigenes Trainingskonzept oder ihre Aufführungen verwendet, da jeder seine eigene Version des klassischen chinesischen Tanzes für die beste hält. Das Seltsame daran ist, dass selbst die Jugendtanzgruppe der Tanzakademie Peking den eigenen klassischen chinesischen Tanz bis zur Unkenntlichkeit verändert hat, indem sie einen sogenannten zeitgenössischen Tanz im chinesischen Stil hineingemischt hat. Für die Tanzakademie Peking ist das wirklich ein Schlag ins Gesicht. Wenn du nicht einmal dich selbst respektierst, wie kannst du dann erwarten, dass es andere tun? Sie nehmen sogar diese erfundene Sache, die sie Han-Tang-Tanz nennen, und unterrichten es als klassischen chinesischen Tanz. Und das, obwohl es in Wirklichkeit nichts anderes als die Bewegungen von Füchsen ist und noch dazu dämonische Schwingungen beinhaltet. Es ist wirklich traurig zu sehen, was in Chinas angesehenster Institution für Tanz geschieht.

Als das Fei Tian College damals gerade gegründet wurde, wollten die Lehrer das yùnlǜ der Tanzakademie Peking zum Unterrichten verwenden; so war es nötig, einige Tanzroutinen aus Peking für die eigenen Lernzwecke zu übernehmen. Freilich hätte Fei Tian auch das am Minzu-College in China gelehrte Tanz-yùnlǜ verwenden können oder ein Tanz-yùnlǜ von einem Ensemble auf regionaler Ebene oder von irgendeiner Provinz, oder es hätte einfach direkt das Tanz-yùnlǜ aus der Oper verwenden können. Da aber die meisten Lehrer der Fei Tian Akademie der Künste damals Absolventen der Tanzakademie Peking waren, war es nur naheliegend, das yùnlǜ zu nehmen, das sie dort gelernt hatten. Jedenfalls war das yùnlǜ der Tanzakademie Peking korrekt und entsprach den Anforderungen von Shen Yun – also wurde es für den Unterricht verwendet.

Apropos yùnlǜ, aus der Sicht der Kultivierung wurde die chinesische Kultur von Gottheiten übermittelt und stand unter ihrer Aufsicht. Deshalb wussten die Gottheiten, als die Tanzakademie Peking ein Studienprogramm für den klassischen Tanz zusammenstellte, schon längst, dass Shen Yun dieses in Zukunft brauchen würde. Hinter dieser Tanzform gab es also definitiv eine göttliche Hand. Shen Yun würde diese Tanzform benutzen, um Menschen zu erretten, und das ist wohl keine unbedeutende Angelegenheit. Die menschliche Kultur wiederholt sich immer wieder. Es stellte sich deshalb die Frage, ob diese Tanzform mit der Kultur – welche die Gottheiten lange vor dem Beginn der Geschichte für die Menschheit festgelegt hatten – übereinstimmen würde. Bevor sie also bei Shen Yun zum Einsatz kommen konnte, um sie für die Errettung von Menschen zu verwenden, musste sie erstmal herausgebracht werden. Unter diesem Aspekt betrachtet, haben diejenigen, die das Fundament für das Bildungsprogramm des klassischen chinesischen Tanzes der Tanzakademie Peking legten, einen wunderbaren Beitrag geleistet.

Nachdem nun Shen Yun Performing Arts und das Fei Tian College so weit gekommen sind, wird ersichtlich, dass die Maßstäbe von Fei Tian und Shen Yun für das shēnfǎ inzwischen ganz anders geworden sind als die der Tanzakademie Peking. Was Shen Yun und das Fei Tian College durch ihren klassischen Tanzunterricht erreichen wollen, unterscheidet sich völlig von dem, was die Tanzakademie Peking anstrebt. Erstere wollen auf den Weg der Tradition zurückkehren und diese Tanzform – die Essenz der göttlich übermittelten Kultur Chinas – wieder auf ihr höchstes Niveau bringen. Letztere folgt der Abwärtsspirale der Gesellschaft und verzerrt Tradition und Klassik, indem sie versucht, modern zu sein und im Trend zu liegen. Zurzeit hat sie sogar Modern Dance im chinesischen Stil, den zeitgenössischen Tanz und diesen verfälschten Han-Tang-Tanz in den Lehrplan der Abteilung für klassischen Tanz und in die Aufführungen aufgenommen. Der sogenannte Han-Tang-Tanz und seine Bewegungen wurden in Wirklichkeit von Leuten geschaffen, die von Fuchsgeistern gesteuert werden. Das zu hören, gefällt ihnen sicher nicht, denn hierbei werden ihre persönlichen Interessen und Gefühle berührt. Doch wer diese Sache lernt, wird von einem Fuchs besessen. Und wenn man sieht, dass Menschen geschadet wird, kann man das nicht einfach ignorieren. Solche Dinge haben sich geradewegs in die Universitäten der Menschen hineingeschlichen. So traurig das auch sein mag, das gehört einfach zu dieser unserer heutigen Zeit.

Wenn man bedenkt, wie die Dinge jetzt stehen – ob es nun die Tanzakademie Peking ist oder das Fei Tian College und Shen Yun –, dann sind die grundlegenden klassischen chinesischen Tanzelemente, die verwendet werden, identisch. Es ist nur so, dass die Anforderungen für das shēnfǎ unterschiedlich sind, die Ausrichtung der Institutionen unterschiedlich ist, und – nachdem Fei Tian und Shen Yun das shēnfǎ verlängert haben – sich auch das yùnlǜ geändert hat. Zu Beginn verwendeten das Fei Tian College und Shen Yun nur das yùnlǜ der Tanzakademie Peking. Aber heute ist das yùnlǜ von Shen Yun nicht mehr dasselbe wie das der Pekinger Akademie; in Wirklichkeit hat sich der Abstand zwischen ihnen mit der Zeit sehr vergrößert.

Wie ihr wisst, ist Shen Yun inzwischen schon so weit gekommen, dass es die höchsten Anforderungen an das shēnfǎ des Tanzes erreicht hat. Diese shēnfǎ-Techniken werden nicht nur im klassischen chinesischen Tanz angestrebt, sondern in allen Tanzformen und darstellenden Künsten. Es geht um Tanztechniken, nach denen die Menschen bereits vom Altertum bis zur Gegenwart suchen; es ist etwas, worüber zwar gesprochen, aber von niemandem beherrscht wird. Sie stellen den Höhepunkt in allen Tanzformen dar und heißen „Shen Dai Shou“ (der Körper führt die Arme) und „Kua Dai Tui“ (die Hüften führen die Beine).15 Beim Training dieser Techniken werden die Gliedmaßen in einem Ausmaß verlängert, das bis heute keine andere Tanzform erreicht. Selbst beim Ballett und der Rhythmischen Gymnastik möchte man über diese Dinge Bescheid wissen und ist auf der Suche nach ihnen. Sie haben davon gehört, doch niemand kann sie lehren und niemand weiß, wie es wirklich funktioniert. So ist die momentane Situation, und niemand weiß, wie man diese Dinge anwendet. Aber ihr alle habt von „Shen Dai Shou“ und „Kua Dai Tui“ gehört. Das sind Techniken, die euer Meister an die Öffentlichkeit gebracht hat. Alle Tänzer von Shen Yun sowie die Lehrer und Studenten des Fei Tian Colleges und der Fei Tian Akademie der Künste sind dabei, sie zu lernen und anzuwenden. Durch das Training, das die Schüler und Studenten in ihrer Ausbildung erhalten, ist der Stil des klassischen chinesischen Tanzes von Shen Yun schon anders als derjenige der Pekinger Tanzakademie. Im Grunde besitzt Shen Yun seinen eigenen Tanzstil, sein eigenes yùnlǜ. Dieses ist tatsächlich nicht mehr dasselbe wie das der Tanzakademie Peking. Wenn ihr die gleichen Tanzroutinen nehmen würdet – wie auf dem Video von der Tanzakademie Peking, das ihr euch vor ein paar Tagen angesehen habt – und sie mit dem shēnfǎ von Shen Yun umsetzt, wird das ganz anders aussehen. Also mit anderen Worten, am Anfang benutzte Shen Yun deren yùnlǜ, hat aber im Laufe der Zeit seinen eigenen Weg eingeschlagen. Aufgrund des verlängerten shēnfǎ stellt das yùnlǜ inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal von Shen Yun dar. Das ist etwas, worüber ihr euch unbedingt im Klaren sein müsst.

Der klassische chinesische Tanz ist im Grunde genommen wirklich die „klassische“ Kristallisation einer jahrtausendealten Kultur. Auch die Tanzakademie Peking nennt ihn klassischen Tanz; selbst sie kommt nicht um den Begriff „klassisch“ herum. Doch warum nennt die Akademie ihn klassischen Tanz? Warum wird eine neue moderne Tanzform als klassischer Tanz bezeichnet? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Es liegt daran, dass die Akademie dafür lediglich eine moderne Unterrichtsmethode entwickelt hat, während alles, was an ihr klassisch ist, schon lange existiert und seine Grundelemente schon lange vorhanden sind. So ist es doch, oder?!

In der Vergangenheit sprach ich mit euch darüber, dass die chinesische Kultur von Gottheiten übermittelt wurde und warum China ein besonderer Ort ist – seine Kultur entstand unter der umfassenden Aufsicht der Gottheiten. Und alle Menschen auf der ganzen Welt, unabhängig von der Rasse, waren einmal das Volk einer Dynastie in China. Nach ihrer Inkarnation lebten sie alle zweihundert Jahre in China, bevor sie woanders reinkarnierten, und so war es fünftausend Jahre lang. Um es konkret auszudrücken, diese Kultur hat jeder auf der Welt schon einmal erlebt. Wenn Menschen also, unabhängig von ihrer Rasse oder Nationalität, die traditionellen Stücke sehen, die Shen Yun aufführt, haben sie dieses vage Gefühl der Vertrautheit – besonders wenn sie die Kultur sehen, deren Aufführung mittels des klassischen chinesischen Tanzes zum Vorschein kommt. Wenn sie die Darstellung der universellen Werte, welche die Menschheit seit der Frühzeit besitzt, und des Denkens, Glaubens und der Bräuche der traditionellen Kultur sehen, verstehen sie das alles. Das liegt daran, dass sie diese Kultur in ihrem Gedächtnis behalten haben. Deshalb, wenn Shen Yun Lebewesen errettet, sind die Menschen in der Lage, das, was sie sehen, zu verstehen und können errettet werden. Würde etwas aus einer anderen Ethnie verwendet, hätte es keine so große Wirkung und die Menschen würden es nur schwer verstehen.

Lasst uns über einen anderen Aspekt davon sprechen. In der Frühzeit des klassischen chinesischen Tanzes, als Gottheiten in der Vorgeschichte der Menschheit die Kultur übermittelten, wussten sie bereits, dass die Menschen die klassische Tanzform im Laufe der Verbreitung entstellen würden. Wie wir wissen, sind die Menschen in den „Fortschritt“ verstrickt. Sie wollen ihre Spuren hinterlassen, indem sie etwas Neues schaffen, sich von anderen abheben oder Dinge besser machen als andere. Aber diese Art des Denkens verändert die Tradition. Egal wie sehr du etwas veränderst, es wird nie so gut sein wie das Original, das von Gottheiten übermittelt wurde. Du magst denken, dass es im Trend liegt – es ist neu, es ist sehr gut und interessant –, aber es hat keine Substanz und wird von den Gottheiten weder aufrechterhalten noch fortgeführt. Das heißt also, als die Gottheiten begannen, den klassischen chinesischen Tanz zu überliefern, haben sie mit diesem Verhalten gerechnet und ihn deshalb nicht direkt beziehungsweise als Ganzes weitergegeben. Ein Teil davon wurde am Hofe weitergegeben, ein Teil unter dem Volk und ein Teil durch die Oper, aber sein wahres shēnfǎ wurde in den Kampfkünsten bewahrt.

Alle wissen, dass in der Geschichte die Ausübung der Kampfkünste eine sehr ernste Sache war. In der Vergangenheit kämpften diejenigen, die sie praktizierten, auf Leben und Tod und mussten sie auf dem Schlachtfeld einsetzen. Wenn du sie leichtsinnig oder sogar falsch eingesetzt hättest, wärst du getötet worden, und so wagte niemand, damit herumzupfuschen. Und das verhinderte wirksam, dass das shēnfǎ verändert wurde. Tatsächlich gibt es seit Jahrtausenden die in den Kampfkünsten verwendeten Bewegungsabläufe, und so wurde ihr shēnfǎ kontinuierlich weitergegeben. Doch dann tauchte in der jüngeren Geschichte das böse Gespenst der KP Chinas auf; sein Ziel liegt darin, das chinesische Volk zu verfolgen und Chinas Traditionen zu zerstören. Da die Kampfkünste Teil der traditionellen Kultur sind, versucht das böse Gespenst, auch diese zu zerstören. So sorgte es dafür, dass die Menschen neue Kampfkünste erschaffen und gleichzeitig die traditionellen Kampfkünste abschaffen. Vielleicht haben einige Kultivierende, die in den Bergen leben, die traditionellen Kampfkünste beibehalten, und sicherlich sind alle grundlegenden Dinge bei ihnen aufbewahrt. Aber was die Kampfkünste betrifft, die in der Gesellschaft unterrichtet werden, so wurden diese von der bösartigen KP Chinas untergraben und durch neue Kampfkünste ersetzt, welche die traditionellen Formen völlig verdrängt haben. Dabei sind es die traditionellen Kampfkünste, welche das shēnfǎ über Jahrtausende hinweg bewahrt haben.

Im Kulturkreis Großchinas beeinflussen und ergänzen sich die verschiedenen Künste gegenseitig und können einander unterstützen. Beispielsweise haben viele Kunstformen die Kunst der Salti und Überschläge (tǎnzigōng) übernommen, und viele haben das shēnfǎ der Kampfkünste übernommen, stimmts?! Und eine weitere sehr wichtige Sache ist der Gefühlsausdruck (shēnyùn), der als Teil der Oper überliefert wurde. Der Wert von shēnyùn wird offensichtlich, wenn ihr versucht, innere Werte auszudrücken. Bei etwas Geradlinigem wie dem Ballett ist es nicht erforderlich, eine innere Haltung zu vermitteln. Im klassischen chinesischen Tanz hingegen musst du diesen shēnyùn-Aspekt haben, damit die inneren Gefühle vermittelt und die Dinge ausgedrückt werden können, die du ausdrücken möchtest. Das ist die Rolle, die shēnyùn beispielsweise bei der Darstellung von Charakteren der Shen-Yun-Tanzgeschichten spielen kann. Damit kannst du Charaktere darstellen; damit kannst du eine Handlung vermitteln, und damit ist Shen Yun in der Lage, durch Tanztheater Menschen zu erretten. Aus dieser Betrachtungsweise heraus kannst du den Wert und die Bedeutung der göttlich überlieferten Kultur erkennen.

Die von Gottheiten überlieferte Kultur hat ein besonderes Merkmal, und zwar berücksichtigen Gottheiten in der menschlichen Welt immer das Gleichgewicht von Yin und Yang. Das heißt, eine Sache muss gleichzeitig einem positiven und einem negativen Zweck dienen. So konnten auch die Kampfkünste nicht nur aus einem einzigen Grund existieren und einfach nur um ihrer selbst willen Kampfkunst sein. Das Wort Wu musste einen doppelten Zweck haben (für 武 Kampfkunst und 舞 Tanz); die Aussprache ist die gleiche, aber die Schriftzeichen sind unterschiedlich, und ein und dasselbe Wu kann sogar mehrfach verwendet werden. Wenn die Gottheiten etwas tun, geschieht das nicht nur zu einem einzigen Zweck. Wann immer etwas Neues in der Welt auftaucht, ist es mit Dingen in allen anderen Räumen verbunden. Es muss deshalb bedacht werden, welche Auswirkungen diese Sache in jedem Raum haben wird – also sowohl die Auswirkungen auf die Räume der höheren und niedrigeren Ebenen als auch auf die vertikalen und horizontalen Räume. Wenn etwas Neues entsteht, kann es sich nur dann in der Welt behaupten, wenn es in jedem Raum eine positive Wirkung hat und mit allem anderen harmonieren kann. Andernfalls wird die Sache keinen Bestand haben und weder anerkannt noch weitergegeben werden, da es von Gottheiten bestätigt werden muss. Wenn also eine Gottheit etwas weitergibt, gibt sie nicht nur diese eine Sache weiter und lässt alles andere außer Acht. Sie muss alle Beziehungen innerhalb einer sehr großen Lebenssphäre ausgleichen. Das ist also keine einfache Sache, stimmts?! Es ist ganz und gar keine einfache Sache.

Wenn in der Kunstszene über Dinge debattiert wird, kann es manchmal sehr amüsant sein. Menschen aus der chinesischen Opernwelt stellen die Tanzakademie Peking infrage und sagen Dinge wie: „Wie könnt ihr behaupten, dass ihr eine Art klassischen Tanz erfunden habt, wenn das ganze Zeug aus der Oper stammt?“ Und tatsächlich ist es so – besonders das shēnyùn –, es kommt aus der Oper. Aber dann sagen die Leute aus der Kampfkunst [zu den Opernleuten]: „Die Tanzbewegungen, die ihr in eurer Oper verwendet, kommen alle aus der Kampfkunst.“ Und es ist wahr, es stammt so ziemlich alles davon. Sogar das shēnyùn (das in der Oper verwendet wird) hat sich aus dem shēnfǎ der Kampfkünste entwickelt, und das ist bei allem der Fall. Sobald du es ganz zurückverfolgst, kommst du zu den Kampfkünsten. Warum habe ich zunächst von der doppelten Verwendung von Wu gesprochen? Wenn man der Sache auf den Grund geht und wirklich versteht, was es bedeutet, dann ist es ein Wu mit einer doppelten Anwendung: Im kulturellen oder künstlerischen Sinne wird es für den Tanz verwendet; im kriegerischen oder militärischen Sinne wird es für den Kampf verwendet. Eine kulturelle und eine kriegerische, eine positive und eine negative Verwendung. Wisst ihr, das ist genau die Art und Weise, wie die menschliche Kultur existiert. Wenn etwas in der Menschenwelt verbreitet wird, wird es mit Sicherheit zwei Seiten haben. Wenn du etwas ganz und gar Gutes bewirken willst, kannst du das nicht, da die Sache auch eine schlechte Seite haben muss. Und wenn du etwas Schlechtes herbeiführen willst, kannst du das auch nicht, denn es muss auch etwas Gutes dabei sein. Denn in der Menschenwelt muss es ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse geben, ein Gleichgewicht zwischen Yin und Yang. Das erklärt, wie dieses Phänomen zustande gekommen ist, und so ist eben die menschliche Kultur.

Warum sind dann alle – sei es im Himmel oder auf der Erde – gegen die bösartige KP Chinas? Weil die Gottheiten sie nicht anerkennen; sie ist nicht gut und gehört auch nicht zu der Art des Bösen, das die Gottheiten zulassen. Es ist ein entartetes Wesen, eine überaus verachtenswerte und wirklich bösartige Monstrosität. Für sie gibt es keinen Platz im Kosmos. Sie ist nur etwas, das in der Endzeit entstanden ist, in der die Menschen viel Karma haben. Es spielt dabei auch keine Rolle, wie schrecklich oder tyrannisch sie sich verhält. Die Gottheiten benutzen sie nur, um das Karma derjenigen, die viel davon haben, zu beseitigen; und wenn sie damit fertig sind, werden sie sie vernichten. Allerdings, bei den Grundsätzen höherer Ebenen, die Gottheiten unter den Menschen verbreiten, um sie zu erretten, ist das etwas anderes; sie sind nicht an die Grundsätze der menschlichen Ebene gebunden.

Letzten Endes war das, worüber ich heute gesprochen habe, zwar kurzgefasst, aber dennoch präzise. So ist nämlich alles tatsächlich entstanden. Habt ihr das alle verstanden?

(Die Tanzstudenten und die Lehrerschaft der gesamten Akademie schließen, in Übereinstimmung mit der chinesischen Tradition des Dankes an den Lehrer, mit den Worten: „Danke, Meister!“)



1. Wörtlich „die Methode des Körpers“ (身法 shēnfǎ); dazu gehören die wichtigsten Posen und Bewegungsabläufe des klassischen chinesischen Tanzes.

2. Die chinesischen Zeichen für Kampfkunst (武, wie in 武術 wŭshù) und Tanz (舞, wie in 舞蹈 wŭdăo) sind Homophone; beide werden auf den dritten Laut (wǔ) betont.

3. Das erste Zeichen dieses Begriffs (身韻 shēnyùn) bedeutet „Körper“. Das zweite bezieht sich auf die Ausstrahlung beziehungsweise die Anziehungskraft des Ausdrucks eines Künstlers. Das Gesamtkonzept bezieht sich auf den Ausdruck der inneren Schönheit beziehungsweise des Gefühlsausdrucks des klassischen chinesischen Tanzes. Nicht zu verwechseln mit dem Namen Shen Yun (神韻 shényùn).

4. Die traditionelle chinesische Oper (戲曲 xìqǔ) umfasst eine Reihe von darstellenden Künsten. Eine derzeit im Westen bekannte Form ist die Peking-Oper.

5. Wörtlich „Teppichtechnik“ (毯子功 tǎnzigōng); dieser Begriff bezieht sich auf eine Reihe von Salti- und Überschlagstechniken, die oft auf Schutzmatten („Teppiche“) praktiziert werden.

6. Der hier verwendete Begriff (老師傅 lǎoshīfu) bezieht sich auf eine Position, die traditionell von einer Person einer kleinen Künstlergruppe der darstellenden Kunst ausgeübt wird. Zu den Aufgaben gehört oft die Leitung der gesamten Theatergruppe inklusive Regiearbeit sowie das Unterrichten und die Rolle des Hauptakteurs.

7. Neigung des Oberkörpers diagonal nach vorne (衝 chōng) und diagonal nach hinten (靠 kào).

8. Einziehen der Brust (含 hán) und Ausstoßen der Brust (腆 tiǎn).

9. Eine Reihe von Anforderungen, um Bewegungen noch ästhetischer zu gestalten: drehend (擰 nǐng), neigend (傾 qǐng), kreisend (圓 yuán), biegend (曲 qǔ).

10. Die drei kreisförmigen Bewegungspfade: horizontal Kreisen (平圓 píngyuán), vertikal Kreisen (立圓 lìyuán) und Achterkreisen (八字圓 bāzìyuán).

11. Künstlerische Beherrschung von Armbewegungen (手 shǒu), dem Augenausdruck (眼 yǎn), von Posen und Formen (身 shēn), von Regeln (法 fǎ) und Fußarbeit (步 bù).

12. Um eine Pose einzunehmen (亮相 liàngxiàng).

13. Die Vitalität, mit welcher der klassische chinesische Tanz erfüllt sein soll: Geist, Energie, Seele (精 jīng, 氣 , 神 shén).

14. Rhythmus, Takt oder Gefühl (韻律 yùnlǜ), wie sie beim Tanz angewendet werden.

15. Der Körper führt die Arme (身帶手 shēn dài shǒu); die Hüften führen die Beine (胯帶腿 kuà dài tuǐ).

(Anm. der Redaktion: Aktualisiert Juni 2022)