Meditieren für die Menschenrechte

In Genf tagt die UNO-Menschenrechtskommission. Draussen sitzen tausend Anhänger von Falun Gong und meditieren. Auf ihren Spruchbändern fordern sie «Wahrheit, Mitgefühl, Geduld» und «Stoppt die Verfolgung von Falun Gong». Ihr Zorn richtet sich gegen die Volksrepublik China, wo der Kult verfolgt wird. Nach eigenen Angaben hat Falun Gong dort 80 Millionen Mitglieder, die «vollständig unpolitisch» seien und friedlich die traditionellen Übungen des Qigong praktizierten, um Körper und Geist zu läutern. Die 1992 von Li Hongzhi gegründete Kultbewegung fiel erstmals im April 1999 auf: Aus dem Nichts strömten damals Tausende von Anhängern vor dem Sitz der chinesischen Regierung in Peking zusammen. Sie meditierten und gingen dann friedlich wieder auseinander. Aber die kommunistische Regierung war zutiefst beunruhigt: Wie konnte es so vielen Menschen gelingen, sich unbemerkt von den Sicherheitskräften mitten in der Hauptstadt zu versammeln?

«Staatsfeindlich»

Die Regierung witterte eine Verschwörung und begann eine erbarmungslose Verfolgung der Falun-Gong-Anhänger. Aber diese - darunter auch viele hohe kommunistische Kader - versammelten sich immer wieder zu spontanen Kundgebungen. Im Juli wurde Falun Gong als «staatsfeindliche» Organisation verboten, ab Oktober wurde die Verfolgung unter dem «Anti-Kult-Gesetz» verschärft. Seither wurden nach Angaben von Falun Gong 50 000 Menschen festgenommen, 10 000 wurden ohne Prozess in Arbeitslager verbannt, 150 Anhänger des Kults zu Haftstrafen bis zu 18 Jahren verurteilt, 600 in psychiatrische Kliniken eingewiesen; 140 seien in Polizeihaft gestorben. Amnesty International bestätigt: «Seit dem Verbot von Falun Gong wurden Zehntausende von dessen Anhängern willkürlich verhaftet und unter Druck gesetzt, ihrem Glauben abzuschwören.» Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und der Menschenrechtsreport der US-Regierung berichten von «Arrest unter extrem harten Bedingungen, Folter und anderen Übergriffen. Mindestens 24 Anhänger sind in Polizeihaft gestorben.» Die Schweizer Falun-Gong-Vereinigung in Genf kritisiert: Es sei in China verboten, Falun Gong in der Öffentlichkeit zu praktizieren; wer dies in den eigenen vier Wänden tue, müsse mit «schlimmsten Konsequenzen» rechnen. Wohnungen würden durchsucht, die Freizügigkeit eingeschränkt, Vorbeugehaft angewandt.

«Unakzeptabel»

Die chinesische Regierung räumte im Januar ein, in den letzten 18 Monaten seien 242 Verhaftungen «verstockter Elemente» erfolgt, die «illegale Aktivitäten» durchgeführt und den Tod von 1600 Menschen verursacht hätten. 151 Falun-Gong-Anhänger seien verurteilt worden, weil sie «Staatsgeheimnisse verraten, Chaos hervorgerufen und andere Verbrechen begangen haben». Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson warnte vor kurzem bei ihrem Besuch in Peking: «Es ist absolut klar, dass die Menschenrechte von Falun-Gong-Mitgliedern verletzt werden. Diese Art der Behandlung ist unakzeptabel.» Doch die chinesische Regierung sieht in Falun Gong eine «ketzerische Sekte, die systematisch aufgebaut wurde, um Antiregierungsaktivitäten anzustiften.» Premier Zhu Rongji rief Anfang März vor den Delegierten des Nationalen Volkskongresses dazu auf, «diese Hand voll Krimineller schwer zu bestrafen». Die Demonstranten in Genf fordern eine Verurteilung Chinas wegen Verletzung der Menschenrechte. Die US-Regierung bereitet eine entsprechende Resolution vor. Wie alle Jahre wird China aber auch dieses Mal eine Verurteilung vermeiden können. Die Volksrepublik hat gerade das UNO-Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Eleonore Baumberger

Aus dem Tagblatt vom 20.3.2001 © St. Galler Tagblatt AG

Erschienen im Minghui: 29.03.01



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