Chinesische Folklore: Zhuge Liang's Kultivierungsweg

(Minghui.de) Zhuge Liang war der Militärstratege für den Han Staat in der Zeitperiode der drei Königreiche (220-280 n.Chr.). Er war der berühmteste und genialste Militärstratege in der chinesischen Geschichte und wurde oft in einer Robe mit einem Fächer aus Kranichfedern dargestellt.

Mit neun Jahren war Zhuge Liang immer noch nicht fähig zu sprechen. Seine Familie war arm. Sein Vater bat ihn, Schafe auf einem nahe gelegenen Plateau auf einem Berg zu hüten. Auf dem Berg war ein taoistischer Tempel, in dem ein alter Taoist mit vollem grauen Haar wohnte. Der Taoist ging jeden Tag vor dem Tempel spazieren. Wenn er Zhuge Liang begegnete, versuchte er mit dem Jungen durch Handzeichen zu kommunizieren. Zhuge Liang gefiel es, mit dem Taoisten über Handzeichen zu „reden”. Der Taoist fand Gefallen an dem klugen und bezaubernden Zhuge Liang. Er fing an, das Problem des Jungen zu behandeln und bald darauf konnte Zhuge Liang sprechen.

Zhuge Lang freute sich sehr darüber, dass er endlich sprechen konnte. Er ging hinauf zu dem taoistischen Tempel, um sich persönlich bei dem alten Taoisten zu bedanken. Dieser sagte zu ihm: „Wenn du nach Hause kommst, sage deinen Eltern, dass ich dich zum Schüler nehme und dich lesen lehren werde. Ich werde dir auch die Kunst der Astronomie, Geographie und die angewandten Theorien von Yin und Yang in militärischen Strategien beibringen. Wenn deine Eltern damit einverstanden sind, musst du jeden Tag zur Schule kommen und darfst nie eine Klasse aussetzen!»

Von diesem Tage an wurde Zhuge Liang der Schüler des alten Taoisten. Egal ob es regnete oder die Sonne schien, Zhuge Liang kletterte den Berg hinauf, um seine Ausbildung zu erhalten. Er war ein sehr kluger und fleißiger Junge, der seine Studien ernst nahm. Er hatte auch ein „fotografisches” Erinnerungsvermögen. Der Taoist musste ihm niemals etwas zweimal beibringen. Natürlich fand der Taoist immer mehr Gefallen an ihm.

Acht Jahre gingen schnell vorüber und Zhuge Liang wurde ein Teenager.

Eines Tages als Zhuge Liang wie gewöhnlich vom Berg herunterkam, ging er an einem verlassenen Nonnenkloster vorbei, das sich in der Mitte des Abstiegs befand. Plötzlich kam eine Windbö auf, gefolgt von einem Gewitter. Es blieb Zhuge Liang nichts anderes übrig, als zu dem verlassenen Nonnenkloster zu flüchten, um dem Sturm zu entkommen. Dort wurde er von einer jungen Frau empfangen, die er noch niemals zuvor getroffen hatte. Sie hatte große Augen und dünne Augenbrauen. Sie war so schön, dass Zhuge Liang sie beinahe mit einer Göttin verwechselte. Er war sofort von der jungen Frau angezogen.
Als der Sturm aufhörte, führte die schöne Frau ihn zur Tür, verabschiedete sich mit einem Lächeln und sagte: „Jetzt, wo wir uns getroffen haben, kannst du zu jeder Zeit zu einer Tasse Tee vorbeikommen, wenn du eine Pause während deines Auf- oder Abstiegs machen möchtest.» Als Zhuge Liang aus dem Nonnenkloster hinausging, fühlte er Zweifel aufkommen. „Warum habe ich nicht vorher bemerkt, dass jemand in diesem Nonnenkloster lebt?» dachte er.

Von diesem Tage an begann Zhuge Liang das Nonnenkloster öfter zu besuchen. Die schöne Frau unterhielt ihn jedes Mal mit herzlicher Gastfreundschaft. Sie bereitete ihm köstliche Mahlzeiten und ermutigte ihn, immer länger zu bleiben. Nach dem Essen unterhielten sie sich herzlich und spielten Schach. Verglichen mit dem taoistischen Tempel erschien das Nonnenkloster wie ein Paradies.

Seine Gedanken waren oft bei der Frau. Dadurch wurde seine Aufmerksamkeit von seinen Studien abgelenkt und er verlor das Interesse daran. Er hörte immer weniger auf die Lektionen des Taoisten, wurde vergesslich und hatte Schwierigkeiten neue Lehrbücher zu lernen.

Der alte Taoist entdeckte sein Problem. Eines Tages rief er Zhuge Liang zu sich und stieß einen langen Seufzer aus. „Es ist leichter einen Baum zu ruinieren, als einen Baum wachsen zu lassen!», sagte er. „Ich habe viele Jahre an dich verschwendet!»

Zhuge Liang senkte beschämt seinen Kopf: „Meister, ich werde Sie nie wieder enttäuschen oder Ihre Ausbildung vergeuden!»

„Ich glaube dir nicht», sagte der alte Taoist. „Ich wusste, dass du ein sehr kluger Junge bist und deshalb wollte ich deine Krankheit behandeln und dir ein angebrachtes Studium zukommen lassen. In den letzten acht Jahren warst du sehr fleißig, deshalb dachte ich, dass die harte Arbeit es wert war, dich zu lehren. Aber jetzt vernachlässigst du dein Studium. Ganz gleich wie klug du bist, du wirst niemals etwas erreichen, wenn du so weiter machst wie bisher! Du versprichst mir jetzt, dass du mich nicht noch einmal enttäuschen wirst. Wie kann ich deinen Worten vertrauen?»

Der alte Taoist fuhr fort: „Alles hat seinen Ursprung», und zeigte auf einen Baum im Hof, der von dicken Reben umwickelt war. „Schau dir diesen Baum an», sagte er, „warum denkst du, ist der Baum nur halb lebendig und kämpft um sein Wachstum?»

„Die Reben, die den Baum einschnüren, hindern ihn am wachsen», antwortete Zhuge Liang.

„Genau, dieser Baum hatte es sehr schwer, auf diesem felsigen Berg mit wenig Grund zu wachsen. Aber er wächst weiter, weil er entschlossen ist, seine Wurzeln und Äste zu entwickeln. Er hat weder Angst vor der Hitze noch vor den kalten Temperaturen. Jedoch, wenn die Reben sich um ihn winden, kann er nicht mehr weiter wachsen und größer werden. Es ist schon komisch, wie ,weiche' Reben einen großen, robusten Baum besiegen können!»

Zhuge Liang war klug und wusste sofort, über was sein Meister redete. „Meister, du weißt von meinen Besuchen im Nonnenkloster?»

„Wenn man nahe am Wasser lebt”, antwortete der alte Taoist, „kann man die Natur der Fische lernen. Wenn man auf dem Berg lebt, wird man die Sprache der Vögel lernen. Ich habe dich und deine Handlungen beobachtet. Wie kann deine romantische Affäre meiner Aufmerksamkeit entgehen?»

„Ich erzähle dir die Wahrheit über diese schöne Frau”, er machte eine kleine Pause, bevor er mit einem strengen Blick fortfuhr. „Sie ist kein menschliches Wesen. Sie ist ein göttlicher Kranich im Himmel und wurde zur Strafe aus dem himmlischen Palast hinausgeworfen, nachdem sie Pfirsiche von der Königin des Himmels gestohlen und gegessen hatte. Sie kam in das menschliche Reich und nahm die Erscheinung einer schönen Frau an. Sie ist ein verkommener, göttlicher Kranich, der nichts anderes als Vergnügen zu suchen kennt. Du warst von ihrer Erscheinung betört, aber du hast mehr als nur deine Zeit verschwendet. Wenn du es zulässt, dass du deinen Willen verlierst, dann wirst du alles verlieren. Außerdem, wenn du es ablehnst, ihren Wünschen zu entsprechen, wird sie dich schließlich verletzen.»

Erst jetzt erkannte Zhuge Liang die Ernsthaftigkeit seiner Eskapade. Besorgt bat er seinen Meister um eine Lösung.

Dieser sagte: „Der göttliche Kranich hat die Gewohnheit, um Mitternacht zu seiner ursprünglichen Form zurückzukehren und fliegt dann hinauf zum himmlischen Fluss, um ein Bad zu nehmen. Während sie von dem Nonnenkloster fort ist, wirst du in ihr Zimmer gehen und ihre Robe verbrennen. Sie hat die Robe vom himmlischen Palast gestohlen. Ohne die Robe kann sie nicht mehr die Gestalt einer schönen Frau annehmen.»

Zhuge Liang versprach, den Anweisungen seines Meisters zu folgen. Bevor er ging, gab ihm sein Meister einen Stock, der an der Spitze einen eingravierten Drachenkopf hatte. „Wenn der göttliche Kranich das Feuer in dem Nonnenkloster bemerkt”, erklärte er Zhuge Liang, „wird sie sofort von dem himmlischen Fluss heruntergeflogen kommen. Sie wird erkennen, dass du ihre Robe verbrannt hast und dich angreifen. Wenn das passiert, musst du sie mit dem Stock schlagen! Es ist wichtig, dass du dich daran erinnerst und machst was ich dir sage!»

Um Mitternacht ging Zhuge Liang leise zum Nonnenkloster. Er öffnete das Zimmer der Frau und fand ihre Robe auf dem Bett. Sofort zündete er sie an.

Während der göttliche Kranich in dem himmlischen Fluss ein Bad nahm, fühlte sie plötzlich Kummer. Sie blickte zum Nonnenkloster und sah das Feuer. Sofort flog sie hinunter und erkannte, dass Zhuge Liang ihr Gewand verbrannte. Mit ihrem Schnabel versuchte sie seine Augen zu verletzen, doch Zhuge Liang reagierte schnell. Er erhob den Stock, schlug den göttlichen Kranich zu Boden und packte ihn am Schwanz. Der göttliche Kranich konnte sich befreien und entkommen, aber verlor dabei seine Schwanzfedern an Zhuge Liang.

Sie wurde ein Kranich mit einem kahlen Schwanz. Es war ihr peinlich so auszusehen, deshalb badete sie nicht mehr in dem himmlischen Fluss. Sie wagte es auch nicht mehr in den himmlischen Palast zu gehen, um eine andere Robe zu stehlen, weshalb ihr nichts anderes übrig blieb, als in dem menschlichen Reich zu verbleiben und unter gewöhnlichen Kranichen zu leben.

Um sich an diese Lektion zu erinnern, behielt Zhuge Liang die Schwanzfedern des Kranichs.

Von diesem Tage an wurde Zhuge Liang noch fleißiger. Er lernte alles auswendig, was ihm sein Meister beibrachte und sogar jedes Lehrbuch. Er nahm alles Gelernte wahrhaftig auf und konnte es frei anwenden. Ein weiteres Jahr verging. An dem gleichen Tag, als er damals die Robe des göttlichen Kranichs verbrannte, sagte ihm der ältere Taoist mit einem großen Lächeln: „Mein Schüler, du hast neun Jahre unter meinem Schutz studiert. Ich habe dir alles beigebracht, was du lernen musstest und du hast jedes Lehrbuch gelernt.

Es gibt eine Redensart: ,Der Meister führt dich durch den Eingang und es liegt bei dir, dich zu kultivieren.' Du bist nun 18 Jahre alt. Es ist an der Zeit, dein Heim zu verlassen und deine Karriere anzugehen!»

Als Zhuge Liang hörte, dass sein Studium vollendet war, bat er seinen Meister um mehr: „Meister, je mehr ich lerne, desto demütiger fühle ich mich. Ich fühle, dass da noch mehr ist, das ich von dir lernen muss!»

„Wahre Ausbildung kommt vom wirklichen Leben. Du musst lernen, dein Wissen im Leben anzuwenden und verschiedene Lösungen für verschiedene Situationen zu finden. Durch die Besuche bei dem göttlichen Kranich hast du beispielsweise die wichtige Lektion gelernt, dass man nicht durch Lust oder Emotion der Versuchung erliegen darf. Dies ist eine praktische Lektion durch eine Lebenserfahrung. Denke daran, du darfst dich nicht durch die trügerische Oberfläche dieser Welt verwirren lassen. Sei immer vorsichtig bei allem, was du tust. Du musst alles in seiner wahren Form sehen. Dies ist mein letzter Rat an dich zum Abschied. Ich werde dich heute verlassen.»

„Meister, wohin gehst du?», fragte Zhuge Liang erstaunt. „Wo kann ich dich finden oder von nun an besuchen?»

„Ich werde in der Welt herumwandern und mich nicht wieder niederlassen.»

Plötzlich bemerkte Zhuge Liang, dass warme Tränen seine Augen füllten. „Meister, bevor du gehst, musst du mir die Gelegenheit geben, mich vor dir zu verbeugen und dir zu danken, dass du mir diese Ausbildung gegeben hast!»

Dann verbeugte sich Zhuge Liang vor seinem Meister. Als er sich erhob, war der Taoist verschwunden.

Der Taoist hinterließ ihm eine Robe, bedruckt mit den acht Trigrammen. Zhuge Liang dachte oft an seinen Meister. Deshalb trug er oft seine Robe, weil er dadurch das Gefühl hatte, als sei sein Meister direkt neben ihm.

Zhuge Liang hat nie den Rat seines Meisters vergessen, besonders nicht den letzten. Als Erinnerung daran, für den Rest seines Lebens große Vorsicht walten zu lassen, machte er aus den Schwanzfedern des göttlichen Kranichs einen Federfächer. Dies ist die Geschichte des berühmten Federfächers, den Zhuge Liang bei sich trug.

Quelle: http://www.pureinsight.org/pi/articles/2005/7/25/3170.html