Prozess gegen Lehrerin ohne Rechtsbeistand

(Minghui.org) Eine 51-jährige ehemalige Lehrerin wurde am 12. Oktober 2021 wegen ihres Glaubens an Falun Dafa [1] vor Gericht gestellt. Der Richter verweigerte ihrem Anwalt und der Familie, die Praktizierende zu verteidigen.

Festnahme

Liu Lijie

Als Liu Lijie sich am 14. Oktober 2020 zu der 92-jährigen Dong Shuxian auf den Weg machte, folgte die Polizei ihr. Gegen 15 Uhr brachen die Beamten in die Räumlichkeiten ein und verhafteten die neun Praktizierenden, die sich dort zu einem Treffen versammelt hatten. Neben Liu und Dong handelte es sich um Lius Mutter Yu Xiulan, 79, Shan Yuqin, 74 sowie Cai Rong, Zhang Shuhua, Cui Shengyun, Li Xiurong und Qin Yuzhen, wobei die letztgenannten fünf Praktizierenden zwischen 50 und 60 Jahre alt waren. Lius Mann, Wang Xu, der nicht Falun Dafa praktiziert und sie zu dem Treffen gefahren hatte, wurde ebenfalls festgenommen.

Die Polizei brachte die Praktizierenden und Wang zur Polizeiwache Jianshe. Wang, Liu und ihre Mutter wurden über Nacht in einen Metallkäfig gesperrt.

Am nächsten Tag ließ man Dong und Yu wegen ihres hohen Alters gegen Kaution frei. Cai wurde für zehn Tage im Gefängnis in Jiamusi festgehalten. Die übrigen sechs Praktizierenden und Wang brachte man ins Untersuchungsgefängnis Jiamusi und nahm sie in Strafhaft.

Liu kam kurz nach der ärztlichen Untersuchung frei, allerdings belästigte die Polizei sie weiterhin telefonisch.

Angeklagt

Liu wurde aufgefordert, am 6. September 2021 zur Polizeiwache zu gehen. Der Polizeichef von Jianshe teilte ihr mit, dass man ihren Fall an die Staatsanwaltschaft des Bezirks Xiangyang weitergeleitet habe. Der Staatsanwalt habe sechs Monate Hausarrest gegen sie verhängt. Er forderte Liu auf, eine Erklärung zu verfassen, mit der sie ihren Glauben aufgab und sich schuldig bekannte. Liu weigerte sich, Falun Dafa abzuschwören, und lehnte es auch ab, die Arrestanordnung zu unterschreiben.

Am 12. September installierten die Behörden eine Überwachungskamera an der Ostseite von Lius Wohnung. Außerdem stand ein Polizeiauto vor ihrer Wohnung. Zivilbeamte wechselten sich ab und bewachten die Praktizierende rund um die Uhr.

Als Liu und ihre Familie am nächsten Tag die Polizeiwache aufsuchten und eine Ausfertigung der Arrestanordnung verlangten, folgte ihnen der diensthabende Zivilbeamte. Der Polizeichef Liu verwies sie an die Staatsanwaltschaft des Bezirks Xiangyang, wo die Staatsanwälte Jiang Tao und Shi Shiwei sie verhörten, anstatt das angeforderte Dokument auszuhändigen. Man teilte Liu mit, dass ihr Fall an das Bezirksgericht Xiangyang übergeben werde.

Die Staatsanwälte verfälschten die Antworten in den Akten und behaupteten, dass Liu an diesem Tag zur Anhörung in die Staatsanwaltschaft gekommen sei. Sie habe es angelehnt, einen Verteidiger zu beauftragen, hieß es. Liu bestand jedoch darauf, einen Anwalt zu engagieren. Sie weigerte sich, das Anhörungsprotokoll zu unterschreiben.

Der Leitende Staatsanwalt, Li Lifeng, schickte seinen Mitarbeiter Zhai Yufei, um Lius Fall bei Gericht einzureichen. Er forderte Liu und ihre Familie auf, ihn zu begleiten.

Vor dem Bezirksgericht Xiangyang fragte Richter Song Tao die Praktizierende: „Bekennen Sie sich schuldig?“ Liu antwortete: „Es ist illegal, dass Sie mich der ‚Untergrabung der Strafverfolgung‘ beschuldigen. Sie sind es, der ein Verbrechen gegen uns [Falun-Dafa-Praktizierende] begeht. Ich werde in keiner Weise mit Ihnen kooperieren.“

Rechtsbeistand verweigert

Polizeichef Liu und Men Maosheng von der Staatssicherheitsabteilung kamen am 16. September zu Liu nach Hause. Sie wollten wissen, ob sie einen Verteidiger beauftragt habe. Als Liu sagte, dass sie noch daran arbeite, äußerten die Beamten, dass der Staatsanwalt sowie der Richter angedeutet hätten, ihren Fall auf Eis zu legen oder sogar einzustellen, wenn sie eine Erklärung zur Aufgabe ihres Glaubens schreibe. Liu weigerte sich.

Am selben Nachmittag ging der Familienbeistand zum Gericht und zeigte seine Vollmacht an. Der Richter weigerte sich jedoch, diese anzunehmen. Ein Mitarbeiter sagte, dass das Gericht einen Anwalt bestellt habe und Richter Ji Zhong den Fall bearbeite. Ein Anhörungstermin sei für den 24. September angesetzt worden.

Der Familienbeistand rief den Gerichtspräsidenten Wang Bin an und forderte ihn auf, den vom Gericht bestellten Anwalt zu entpflichten. Wang bat ihn, die Einzelheiten per SMS mitzuteilen. Er werde dies mit dem Vizepräsidenten und dem zuständigen Richter besprechen, hieß es.

Um 17:00 Uhr forderte der Justizbeamte Xie Shuang von dem Familienbeistand zwei Dokumente: einen Nachweis, dass er nicht vorbestraft war, und eines, um seine Verwandtschaft zu Liu zu belegen. Derartige Dokumente seien gesetzlich nicht vorgeschrieben, entgegnete der Beistand. Xie teilte daraufhin mit, dass er nur die Anweisung seiner Vorgesetzten weitergebe.

Am nächsten Tag schickte der Familienbeistand die Verteidigungsschrift, mit der er die Einstellung des Verfahrens beim Komitee für Politik und Recht von Jiamusi sowie den Staatsanwaltschaften Jiamusi und des Bezirks Xiangyang beantragte.

Auch andere Angehörige von Liu beantragten, die Praktizierende zu vertreten. Sie wurden jedoch vom Gericht zurückgewiesen. Als Liu das Gericht anrief, um mit dem Richter zu sprechen, wurde ihr Anruf ignoriert.

Zur gleichen Zeit beauftragte Liu einen professionellen Verteidiger mit ihrer Vertretung. Dieser reichte seine Vollmacht am Nachmittag des 24. September ein. Aufgrund der nachdrücklichen Forderung des Anwalts stimmte Richter Song Tao schließlich zu, die Anhörung auf den 28. September zu verlegen.

Der Termin am 28. September wurde später abgesagt. Am 30. September erhielt Lius Anwalt die Information, dass eine Anhörung auf den 12. Oktober angesetzt wurde. Da der Verteidiger am selben Tag einen weiteren Termin hatte, beantragte er per Eilpost beim Gericht erneut Verlegung des Termins. Richter Song Tao lehnte seinen Antrag ab. Der Anwalt müsse am 12. Oktober an Lius Anhörung teilnehmen, so der Richter. Ansonsten werde er einen Pflichtverteidiger für die Praktizierende beauftragen.

Zur Teilnahme am Gerichtstermin gezwungen

Am Abend des 11. Oktober rief der Polizeichef bei der Praktizierenden an und forderte sie auf, am nächsten Tag an der Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Sie weigerte sich und argumentierte, dass das Gericht ihr eine rechtliche Verteidigung nicht gestatte.

Der Polizeichef erklärte, dass Liu sich selbst verteidigen könne, wenn ihr Anwalt nicht anwesend sei. Die Praktizierende blieb dabei, dass sie nicht zur Anhörung komme.

Am nächsten Tag klopften die Beamten Liu und Men von der Staatssicherheitsabteilung um 8:00 Uhr morgens an die Wohnungstür der Praktizierenden und forderten sie auf, mit ihnen zu Gericht zu kommen. Liu beharrte darauf, dass sie nur in Anwesenheit ihres Verteidigers erscheinen würde.

Der Polizeichef behauptete, mit dem Richter am Vortag gesprochen zu haben. Er hoffe, mit Liu persönlich über die Einzelheiten sprechen zu können. Der Beamte Men versprach, Liu nach dem Gerichtstermin zurückzubringen. Nach langem Hin und Her willigte Liu ein, mit ihrem Mann zum Gericht zu gehen.

Die Anhörung

Bevor Liu bei Gericht ankam, war der Familienbeistand bereits vor Ort und beantragte erneut, die Praktizierende zu verteidigen. Der Richter lehnte den Antrag ab.

Während Liu auf dem Flur wartete, brachte der Richter einen vom Gericht beauftragten Anwalt mit. Liu weigerte sich jedoch, von einem Pflichtverteidiger vertreten zu werden. Sie sagte, es sei rechtswidrig, dass der Richter den Verlegungsantrag ihres Verteidigers zurückgewiesen habe. Der Richter argumentierte: „Warum beauftragen Sie nicht einen lokalen Anwalt, sondern einen von weit her? Sie sind selbst schuld daran, dass er nicht kommen kann.“

Bald darauf kam ein Justizbeamter und brachte Liu in den Gerichtssaal Nr. 10. Auf Bitte der Praktizierenden hin entpflichtete der Richter den vom Gericht bestellten Anwalt. Liu forderte den Richter immer wieder auf, die Anhörung zu vertagen, damit ihr Anwalt anwesend sein könne.

Sie fügte hinzu, dass der Richter das Gesetz missbrauche, indem er auch ihren Familienbeistand an der Verteidigung gehindert habe. „Mein Familienbeistand hat andere Falun-Gong-Praktizierende vor Gericht in anderen Regionen vertreten und für sie Freispruch beantragt. Warum kann er mich nicht in Jiamusi vertreten? Ist Jiamusi ein gesetzloser Ort?“

Während sie sprach, schwiegen sowohl die Richter Song Tao und Ji Zhong als auch der Staatsanwalt Li Lifeng.

Während der weiteren Anhörung weigerte sich Liu, die Fragen der Richter zu beantworten.

Zur Zeit der Anhörung entsandten die Behörden von Jiamusi über hundert Polizisten und Mitarbeiter des Nachbarschaftskomitees, um einige Straßen rund um das Gerichtsgebäude zu sperren. Zivilbeamte und bewaffnete Polizisten patrouillierten vor dem Gericht. Ein Passant, der Fotos von den Beamten machte, wurde verhaftet.

Einst ausgezeichnete Lehrerin

Liu hat im Juli 1993 ihr Studium an der Nordeast Normal University abgeschlossen und eine Stelle am Bildungsinstitut Jiamusi angenommen. 1998 begann sie, Falun Dafa zu praktizieren und nach den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht zu leben. Bevor die Verfolgung von Falun Dafa 1999 begann, wurde sie jedes Jahr als Mitarbeiterin des Jahres gewählt. Seit der Verfolgung wurde sie nicht mehr in die Auswahl einbezogen.

Vor ihrer jüngsten Verhaftung wurde Liu mindestens fünfmal verhaftet und 2012 zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Nach einer Verhaftung gingen mehrere Schulleiter gemeinsam zur Polizei und forderten Lius Freilassung. Der Polizeichef war beeindruckt, dass die Schulleitung angesichts einer so massiven Verfolgung sogar den Verlust ihres Arbeitsplatzes riskierte, um sich für die Praktizierende einzusetzen. Der Schuldirektor sagte: „Wir können es nicht mit allen anderen Mitarbeitern schaffen, wenn wir sie [Liu] nicht zurückhaben können. Sie ist die beste Lehrerin, die wir haben!“ Die Schulleitung forderte die Polizei auf, Liu nicht weiter zu belästigen.

Auch einige von Lius Kollegen erklärten, dass die Praktizierende, seitdem sie Falun Dafa praktiziert, drastische gesundheitliche Verbesserungen erlangt habe. Ihr Wesen habe sich zum Positiven verändert. So lasse sich Liu nicht von materiellen Vergünstigungen beeinflussen und sei immer friedlich, egal wie sehr sie auch unter der Verfolgung gelitten habe.

Beteiligt an der Verfolgung:

Song Tao, Richter am Bezirksgericht Xiangyang: +86-454-6210031, +86-18903687999, +86-13512645666Li Lifeng, Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft des Bezirks Xiangyang: +86-13846169281, +86-18697098055Gu Songhai, Leiter des Büros 610 der Provinz Heilongjiang: +86-13804536212, +86-13339300100

(Weitere Kontaktinformationen finden Sie im chinesischen Originalartikel).

Frühere Berichte:

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Verhaftet, als sie verdächtigt wird, die Gewalt der Polizei öffentlich gemacht zu haben

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Geschlossen: Das Arbeitslager Heilongjiang (Fotos)

The Persecution of Falun Gong and Their Lawyers in Jiansanjiang Has Spread to Jiamusi City

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[1] Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.