Gedanken darüber, ein praktischer Mensch zu sein

(Minghui.org) Ich bin eine westliche Praktizierende, die in den Vereinigten Staaten aufgewachsen ist. Bevor ich anfing zu praktizieren, war ich stolz darauf, ein sehr praktischer Mensch zu sein. In meinen Augen war es eine sinnvolle und logische Art zu leben. Ein praktischer Mensch zu sein, bedeutete für mich, effizient und schlau zu sein sowie Zeit und Geld zu sparen.

Als ich heiratete, sollte es auch praktisch sein. Aus diesem Grund entschied ich, dass wir an dem Ort heiraten sollten, an dem wir unsere Flitterwochen verbringen wollten. Ich war damals gerade mitten in einem wichtigen Praktikum und es war eine der arbeitsintensivsten Phasen während meiner medizinischen Ausbildung. Um Zeit, Geld und Schwierigkeiten zu sparen, entschied ich wie gesagt, dass es das Praktischste sei, die Hochzeit an unserem Zielort zu feiern. Ich war mit meiner praktischen Entscheidung sehr zufrieden und gab damit vor anderen an.

Vor drei Jahren erhielt ich dann das Fa und lass das Zhuan Falun von Meister Li, dem Begründer des Falun Dafa. Da ich so viel Wert darauf lege, praktisch zu sein, fiel mir schon beim ersten Lesen des Zhuan Falun auf, dass der Meister diesen Begriff einige Male benutzt. Als ich weiter das Fa lernte, fielen mir diese Textpassagen immer mehr ins Auge.

„Manche der hier Anwesenden finden, dass es richtig ist, was der Lehrer sagt. Aber wenn sie in die Gesellschaft der gewöhnlichen Menschen zurückkehren, denken sie, dass die materiellen Vorteile doch viel praktischer sind.“ (Zhuan Falun 2019, S. 451)

„Es gibt auch manche, die eine sehr gute Angeborene Grundlage haben. Doch durch die Erziehung mit dem geringen Wissen unserer jetzigen Gesellschaft, vor allem durch die absolute ideologische Erziehungsmethode vor einigen Jahren, ist das Denken der Menschen stark eingeengt worden, sodass sie an nichts glauben, was über ihr Wissen hinausgeht. Dadurch kann ihr Erkenntnisvermögen auch ernsthaft gestört werden.“ (ebd., S. 454)

„Mancher glaubt das einfach nicht, ganz gleich wie es ihm auch erklärt wird; der praktische Nutzen unter den gewöhnlichen Menschen ist ihm doch lieber.“ (ebd., S. 462)

Aus der Perspektive der Kultivierung verstand ich, dass es nicht gut war, praktisch zu sein, aber ich konnte nicht wirklich verstehen, wie oder warum nicht. War denn, effizienter zu handeln und täglich mehr erledigen zu können, nicht etwas Gutes?

Der Meister sagt:

„Mancher, der sich unter den gewöhnlichen Menschen befindet, denkt, dass die greifbaren materiellen Vorteile der gewöhnlichen Menschen, die er direkt vor seinen Augen hat, doch praktisch sind. In der starken Strömung unter den gewöhnlichen Menschen kann er sich doch nicht nach hohen Maßstäben richten.“ (ebd., S. 196)

Eines Morgens hatte ich gerade meinen Sohn mit dem Auto zur Schule gefahren und überlegte, welchen Weg ich nach Hause nehmen sollte. Fast fünf Minuten lang überlegte ich hin und her, was ich tun sollte. Ich konnte keine Entscheidung treffen und kalkulierte, welcher der beiden Wege weniger Zeit benötigen würde. Ich bekam wegen so einer einfachen Angelegenheit wirklich Kopfschmerzen.

Als ich schließlich an der Gabelung angelangte, an der ich entweder rechts abbiegen oder geradeaus fahren musste, fragte ich mich: „Welcher Weg ist praktischer?“

In dem Moment erkannte ich die Worte des Meisters und verstand, warum es keine gute Sache ist, praktisch zu sein.

Der Meister sagte:

„Wir haben schon so oft betont, dass er seine Xinxing kultivieren soll, aber zurück unter den ge-wöhnlichen Menschen macht er wieder alles, was er will. Er meint, dass die wenigen konkreten, handfesten und greifbaren Vorteile unter den gewöhnlichen Menschen doch praktisch sind und dass er das haben muss. Das Fa, das der Lehrer erklärt, hört sich zwar auch sinnvoll an, scheint aber nicht realisierbar zu sein.“ (ebd., S. 393)

Die Zeitdifferenz zwischen den beiden Routen war wahrscheinlich nicht mehr als zwei Minuten. Außerdem stand ich nicht unter Zeitdruck und hatte an dem Tag keine weiteren Termine. Ich war nur auf dem Heimweg, um einen ganz normalen Tag zu beginnen. Dennoch rang ich mit der Entscheidung, wie ich zwei Minuten einsparen könnte. Ich war von meinem Streben nach so ein bisschen praktischem Nutzen schockiert! Mir war klar, dass wenn ich so etwas selbst bei so einer kleinen Sache tue, dass ich es dann sicher auch in anderen Bereichen meines Lebens tat.

Einige Tage später teilte ich meine Erfahrung nach dem Gruppenlernen mit einer anderen Praktizierenden. Sie fährt beruflich viel mit dem Auto, genau wie ich. Als ich ihr von meinem Verständnis erzählte, war sie überrascht. Ich erklärte ihr, dass ich beruflich auch viel mit dem Auto unterwegs sei und dabei immer nach der schnellsten Route suchen würde. Ich sagte, dass ich bisher immer intensiv darüber nachgedacht hätte. Sie meinte, dass sie dasselbe tue und davon ausgehe, dass das jeder tue. Ich hatte dies ja bis zu meiner Erkenntnis auch geglaubt.

Der Meister sagte:

„Es ist wirklich schwierig für die Menschen, Erkenntnisse zu gewinnen. Verblendet durch die menschliche Gesellschaft können die gewöhnlichen Menschen ihre Anhaf-tungen bei den greifbaren Vorteilen nicht ablegen. Wenn du das nicht glaubst, wirst du sehen, dass mancher wieder ein gewöhnlicher Mensch wird, wenn er nach dem Kurs aus der Halle geht; wenn ihn jemand kränkt oder vor den Kopf stößt, gibt er nicht nach. Nach einiger Zeit wird er sich überhaupt nicht mehr als Praktizierenden betrachten.“ (ebd., S. 392 f.)

Nach meinem Verständnis ist das Streben nach einem praktischen Nutzen etwas, was viele Menschen tun, ohne groß darüber nachzudenken. Es wird als normal und akzeptabel in der Gesellschaft angesehen, man wird dazu sogar ermuntert. Die Folge davon ist, dass es ein Eigensinn wird, der unter der Oberfläche schlummert und nicht leicht erkannt werden kann.

Nach meinem Verständnis ist es in Ordnung, seinen Tag zu planen, einschließlich der Fahrroute. Erst wenn wir zu viel über diese Dinge nachdenken, werden sie zu Eigensinnen.

Wir müssen tiefer in unserem Inneren suchen und uns fragen, woran es liegt, dass wir so viel darüber nachdenken. Geht es nicht darum, uns ein wenig Schwierigkeiten zu ersparen – sich ein bisschen Zeit, ein wenig Geld, ein wenig Leiden zu ersparen? Ist es nicht das, worum es beim Praktischsein geht?

Als ich damals auf der Autofahrt diesen Eigensinn erkannte, war es für mich tatsächlich das erste Mal, dass ich als neue Praktizierende nach innen schaute und verstand … Der Meister zeigte mir meine starke Anhaftung des Wettbewerbsdenkens auf, die ich immer bestritten hatte. 

Ich fuhr auf der Straße und es kam eine Stelle, an dem sich die Autos im Reißverschlussverfahren auf unsere Spur einordnen sollten. Als ich an der Reihe war, ein Auto reinfahren zu lassen, ließ ich es nicht hinein. Ich erkannte dadurch mein Konkurrenzdenken, das ich als eine der ersten Anhaftungen bei mir finden konnte. Aber erst vor kurzem erkannte ich auch meinen starken Eigensinn, praktisch sein zu wollen, und was dieser Eigensinn bedeutet. So praktisch zu sein und Zeit sparen zu wollen – führt das nicht dazu, dass man mit anderen darum wetteifert, wer vorne ist? Ich sehe jetzt auch, wie Praktisch-Sein und das Wetteifern zusammengehören.

Soll ich als Praktizierende nicht aufhören,danach zu streben, Leiden vermeiden zu wollen, praktische Vorteile zu erhalten oder um das Vorankommen zu wetteifern? Sind dies nicht Formen des Egoismus?

Wenn ich auf meine Entscheidung für unsere Hochzeit zurückblicke, sehe ich, dass ich bei meinem Streben nach dem Praktisch-Sein nicht an andere gedacht hatte. Wir hatten in der mexikanischen Riviera geheiratet und so konnte keiner von unserer Familie zur Hochzeit kommen. Indem ich praktisch sein wollte, hatte ich nur an mich selbst gedacht und Schaden für andere verursacht.

Der Meister sagte:

„Da er ein Schlitzohr ist, kann er auch keinen Verlust hinnehmen; er wird auch nicht so leicht Verluste erleiden, doch dann müssen die anderen Verluste hinnehmen. Je mehr er auf diese winzigen praktischen Vorteile achtet, desto klein-karierter wird er in seinem Herzen und desto mehr hält er die materiellen Interessen der gewöhnlichen Menschen für etwas, das er nicht loslassen kann. Er glaubt dann, er wäre ein realistischer Mensch und würde nichts verlieren.“ (ebd., S. 457)

Ich habe tatsächlich immer gedacht, dass ich sehr praktisch sei. Nachdem der Meister mir dies aufgezeigt hat, ist eine geistige Belastung verschwunden. Mein Geist fühlt sich leichter an und ich nähre mich dem Zustand der Absichtslosigkeit (wuwei) an.

Der Meister sagt:

„Der Kultivierungsweg ist an sich nicht schwierig. Die Ebene zu erhöhen, ist an sich auch nicht schwierig. Nur weil er die menschlichen Gesinnungen nicht loslassen kann, sagt er, das sei schwierig. Es ist sehr schwierig, die praktischen Vorteile loszulassen, weil diese direkt vor den Augen liegen. Wie kann er dann diese Anhaftungen loslassen? Die Schwierigkeit liegt also genau darin, dass er meint, es sei schwierig.“ (ebd., S. 480)

Während ich diesen Artikel schreibe, fällt mir auf, dass der Meister im Zhuan Falun 10-mal das „praktisch zu denken“ angesprochen hat. Dies zeigt mir, dass praktisch zu sein, keine kleine Sache ist.

Ich werde mit der gütigen Anleitung des Meisters härter daran arbeiten, diesen und andere Eigensinne vollständig zu beseitigen, sodass ich besser dabei helfen kann, Lebewesen zu erretten und zu meinem Ursprung zurückzukehren.

Dies ist nur das Verständnis auf meiner Ebene. Bitte zeigt alles auf, dass nicht mit dem Fa übereinstimmt.