Berufungsgericht weist Verfahrensfehler zurück – Urteil gegen Lehrerin rechtsgültig

(Minghui.org) Eine 51-jährige Lehrerin wurde in Gewahrsam genommen. Kurz zuvor war ihre Berufung wegen Verfahrensfehlern in erster Instanz vom Obersten Gericht zurückgewiesen worden.

Liu Lijie lebt in der Stadt Jiamusi, Provinz Heilongjiang und leidet unter gefährlichem Bluthochdruck. Dreimal war eine Inhaftierung deshalb abgelehnt worden. Am 12. Januar 2022, dem Tag der Urteilsverkündung, nahm das Untersuchungsgefängnis im Kreis Huanan die Praktizierende trotz ihrer schlechten Verfassung auf. Unter dem Vorwand der Pandemie verweigert die Gefängnisleitung Familienbesuche.

Liu Lijie

Rechtswidrige Verurteilung

Die ehemalige Lehrerin wurde am 14. Oktober 2020 verhaftet, weil sie Falun Dafa praktiziert. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustands ließ man sie auf Kaution frei. Die Polizei schikanierte sie jedoch weiterhin.

Das Bezirksgericht Xiangyang setzte eine Anhörung für den 24. September an. Dieser Termin wurde später auf den 28. September verschoben, schließlich jedoch ganz abgesagt. Der Richter Song Tao verhinderte wiederholt, dass Liu in dem Verfahren von ihrem Anwalt verteidigt wurde.

Als das Gericht den Anhörungstermin auf den 12. Oktober terminierte, beantragte Lius Anwalt Verlegung, weil er bereits einen anderen Termin wahrzunehmen hatte. Der Richter lehnte jedoch den Antrag ab und beauftragte einen Pflichtverteidiger für Liu.

In der Anhörung am 12. Oktober entzog Liu dem gerichtlich bestellten Anwalt das Mandat, weil er beauftragt war, für sie auf schuldig zu plädieren. Immer wieder forderte die Praktizierende den Richter auf, die Anhörung zu vertagen, damit ihr Anwalt anwesend sein kann. Doch der Richter setzte die Sitzung fort.

Am 4. November kamen der Polizeichef und der mit Lius Überwachung beauftragte Beamte zu ihr nach Hause. Sie teilten der Praktizierenden mit, dass der Richter Song Tao sie zur Beantwortung einiger Fragen vor Gericht geladen habe.

Der Richter würde nun einräumen, dass die Anhörung am 12. Oktober wegen Abwesenheit von Lius Verteidiger ungültig sei, hieß es. Es sei ein neuer Termin für den 16. November angesetzt worden, zu dem Liu ihren Anwalt mitbringen könne.

In einem Gespräch einigten sich Liu und ihr Verteidiger jedoch darauf, dass der Anwalt nicht zu der Anhörung erscheint, da der Richter gegen die Prozessordnung verstoßen hatte. Es mache keinen Sinn, am neuen Termin teilzunehmen, so Lius Verteidiger. Stattdessen wollte er sich auf anderen Wegen bemühen, Gerechtigkeit für seine Mandantin zu erlangen.

Während der Anhörung am 16. November schwieg Liu in der gesamten Sitzung aus Protest gegen die Verfolgung. Der Richter drohte ihr eine härtere Strafe an, sollte sie nicht kooperieren.

Einen Tag nach der Anhörung verurteilte der Richter die Praktizierende zu dreieinhalb Jahren Haft wegen „Verwendung einer Sekte, um den Gesetzesvollzug zu unterminieren“ – eine Standardanklage, mit dem das Regime Falun-Dafa-Praktizierende hinter Gitter bringt.

Berufung abgelehnt

Liu legte Berufung gegen das Urteil beim Mittleren Gericht Jiamusi ein und forderte die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Aufhebung des Urteils.

Am 9. Dezember 2021 übertrug das Oberste Gericht Lius Fall an den Richter Guo Jianfeng, der am selben Tag ein kurzes Gespräch mit der Praktizierenden führte. Er wollte wissen, ob sie Einwände gegen das Urteil, die Beweise oder Zeugenaussagen erster Instanz habe und welche Anträge sie mit der Berufung stelle. Auch die Frage, ob sie selbst einen Anwalt beauftragen oder ein Pflichtverteidiger vom Gericht beigeordnet werden solle, musste Liu beantworten.

Liu erklärte, dass sie den gesamten Prozess in der ersten Instanz anzweifle, einschließlich der Beweise, Zeugenaussagen sowie der Einmischung des Richters in ihre anwaltliche Vertretung vor Gericht.

Später riefen zwei von Liu beauftragte Verteidiger bei dem Richter an. Als dieser erfuhr, dass ihnen ihre Anwaltszulassung wegen der Verteidigung von Menschenrechtsfällen entzogen worden war, verlangte Guo weitere Dokumente bezüglich ihrer Zulassung.

Die beiden Verteidiger kamen am 17. Dezember 2021 zum Gericht und legten ihre Vollmachten vor. Als sie um Akteneinsicht in Lius Fall baten, teilte der Richter mit, dass ein Staatsanwalt die Akte mitgenommen habe. Am Nachmittag würden die Unterlagen jedoch zurückgegeben werden.

Als die Verteidiger am Nachmittag erneut vorsprachen, wollte der Richter nähere Angaben zu ihrer Person haben und fragte, wie sie ihre Zulassung verloren hatten. Er veranlasste sodann eine Akteneinsicht für den nächsten Tag.

Am 1. Januar 2022 schickten die zwei Anwälte dem Richter per E-Mail ihre Berufungsbegründung und forderten ihn auf, die Fehler des erstinstanzlichen Gerichts zu korrigieren und nach geltendem Recht zu entscheiden.

Dabei wiesen sie darauf hin, dass der Richter Song Tao trotz mehrfacher Bitten die Anhörung am 12. Oktober nicht verschoben hatte. Hierdurch sei ihrer Mandantin eine ordnungsgemäße Verteidigung nicht möglich gewesen. Nach chinesischem Recht müsse das Gericht bei der Anberaumung eines Termins dem Verteidiger die Möglichkeit einräumen, sich auf die Vertretung seines Mandanten vorzubereiten. Wenn ein Anwalt aufgrund einer Terminüberschneidung eine Verlegung beantrage, müsse der Richter dem stattgeben, wobei er sich rechtzeitig mit dem Anwalt in Verbindung zu setzen habe.

Zwar habe der Richter Song seine Entscheidung, die Anhörung im Oktober ohne Anwalt fortzusetzen, bereut. Gleichwohl sei die weitere Anberaumung eines Termins auf den 16. November rechtswidrig gewesen. Laut Strafprozessordnung hätte Song die Wiederaufnahme des Verfahrens anordnen müssen, wodurch ein anderer Richter den Fall übertragen bekommen hätte. Es könne nicht sein, dass nach einem Verstoß gegen die Prozessordnung eine weitere Anhörung vor demselben Richterkollegium durchgeführt werde.

Das Oberste Gericht wies am 12. Januar 2022 Lius Berufung zurück. Parallel wurde die Praktizierende in Gewahrsam genommen. Einen Tag später erhielt auch Lius Familie die gerichtliche Entscheidung.

Kontakt zu den Tätern:

Guo Jianfeng, Richter am Mittleren Gericht Jiamusi: +86-13512671999

(Weitere Kontaktinformationen zu den Tätern finden Sie im chinesischen Originalartikel.)

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