Berufungsgericht verhandelt Fall einer 70-Jährigen – mysteriöser Zeuge sorgt für Verwirrung

(Minghui.org) Am 16. November 2023 fand die Anhörung der 70-jährigen Wang Caiyun in einem Berufungsverfahren statt. In erster Instanz war sie aufgrund eines mysteriösen Zeugen wegen ihres Glaubens an Falun Dafa zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

Weder die Polizei noch der Staatsanwalt zeigten Interesse, den Fragen von Wangs Verteidiger hinsichtlich der angeführten fragwürdigen Beweise nachzugehen. So war in den Unterlagen ein angeblicher Augenzeuge aufgeführt, der allerdings nicht vor Gericht erschien. Er hinterließ auf fünf unterschiedlichen Formularen fünf abweichende Unterschriften.

Zwei Festnahmen innerhalb eines Jahres

Wang lebt in der Stadt Fushun in der Provinz Liaoning. Sie wurde am 17. Mai 2022 verhaftet und für 15 Tage in Verwaltungshaft gesperrt. Am 4. März 2023 wurde sie erneut festgenommen.

Am 12. Juli und 11. September führte das Bezirksgericht Dongzhou in ihrem Fall zwei Anhörungen durch, bevor es Ende September Wang zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 16.000 Yuan (etwa 2.100 Euro) verurteilte.

Bei der ersten Anhörung führte der Staatsanwalt Yang Kun von der Staatsanwaltschaft des Bezirks Dongzhou eine mysteriöse Person als Zeugen auf, die jedoch nicht vor Gericht aussagte. Ihr Name wurde mit Xu Dawei angegeben. Weitere Angaben, etwa das Geschlecht oder das Alter, fehlten. Es hieß, Xu wäre sowohl bei Wangs Verhör auf der Polizei als auch bei ihrer Wohnungsdurchsuchung anwesend gewesen. Jedoch wichen Xus angebliche Unterschriften auf fünf verschiedenen Formularen alle voneinander ab.

Während der zweiten Anhörung pochte der Staatsanwalt Yang auf Xus Zeugenaussage. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass Wangs Mann, der bei der Razzia anwesend war, niemals eine Person namens Xu bei der Durchsuchung gesehen hatte.

Der Staatsanwalt legte auch ein Schwarz-Weiß-Foto von Wang vor, das sie auf der Straße zeigte. Er behauptete, dass die Praktizierende zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade Informationsmaterialien über Falun Dafa verteilt hätte. Beweise dafür gab es jedoch nicht.

Nach der Verurteilung legte Wang Ende September 2023 Berufung ein. Am 16. November tagte das Mittlere Gericht Fushun und führte eine Anhörung in der Haftanstalt der Stadt ab, wo Wang seit ihrer Festnahme im März festgehalten wird.

Der Vorsitzende Richter Jin Dingwei überprüfte zunächst die Angaben zu Wangs Personalien. Dann verlas der Staatsanwalt Lan Longwei von der Staatsanwaltschaft Fushun die Anklageschrift.

Als der Richter von Wang wissen wollte, ob sie Fragen zur Anklageschrift habe, äußerte sie, dass die darin aufgeführten Beweise der Staatsanwaltschaft alle von der Polizei gefälscht worden seien. Weiter führte sie aus, dass sie bei ihrer ersten Festnahme am 17. Mai 2022 gerade für ihren Vater im Bezirk Dongzhou Fleisch eingekauft habe. Beamte der Polizeiwache Longfeng, die für das Gebiet Cigou zuständig seien, hätten in ihre Tasche gegriffen und darin einen Flyer über Falun Dafa gefunden. Die Behörden hätten dies mit 15 Tage Verwaltungshaft geahndet.

Der Richter versuchte, Wang zu unterbrechen, und merkte an, dass ihre Aussage für den vorliegenden Fall nicht relevant sei. Ihr Familienbeistand jedoch argumentierte, dass dieser Vorfall im direkten Zusammenhang mit der späteren Verurteilung stehe.

Beamte der Polizeiwache Dongzhou erklärten sodann, dass Wang am 4. März 2023 bei einem Volksfest erneut festgenommen worden sei. Der Umstand, dass die Praktizierende in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zweimal in Verwaltungshaft genommen worden sei, rechtfertige eine Strafverfolgung.

Daraufhin äußerte Wangs Familienbeistand erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fünf verschiedenen Unterschriften des angeblichen Zeugen Xu Dawei. Der Richter behauptete, dass die Polizeiwache Dongzhou die Unterschriften intern beglaubigt und bezeugt hätte. Dies verstößt jedoch gegen geltendes Recht, da eine unabhängige Prüfung der Beweise ausschließlich durch die Staatsanwaltschaft erfolgen darf.

Wangs Verteidiger fügte hinzu, dass der Staatsanwalt Yang keine Personen benannt habe, die zu Schaden gekommen seien – weder für den Umstand, dass Wang Falun Dafa praktiziere, noch wegen der Informationsmaterialien über Falun Dafa.

Auch der Staatsanwalt Lan war nicht in der Lage, auf Nachfrage des Anwalts während der Berufungsverhandlung zu erklären, wie Wang durch das Praktizieren von Falun Dafa den Tatvorwurf der Untergrabung der Strafverfolgung erfüllt haben soll. Der Verteidiger beantragte die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Freispruch seiner Mandantin.

Wang sagte auch zu ihrer eigenen Verteidigung aus. Sie verstoße nicht gegen das Gesetz, wenn sie Leuten von Falun Dafa erzähle. Der Richter ging weder auf die Argumente des Anwalts noch auf Wangs Aussage ein. Er bat lediglich den Urkundsbeamten, die Einwände zu notieren.

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