Vor Gericht – ihm drohen zehn Jahre Haft

(Minghui.org) Am 27. Februar 2023 stand ein Mann vor Gericht. Ihm drohen zehn Jahre Haft, weil er Falun Dafa praktiziert.

Wang Liqun lebt in der Stadt Qingyang in der Provinz Gansu. Als der Staatsanwalt in dem Gerichtstermin der Verteidigung keine Argumente mehr entgegensetzen konnte, entfuhr es ihm: „Falun Gong [Praktizierende] überreden Menschen dazu, aus der Kommunistischen Partei auszutreten. Ist das etwa keine Sekte?“

Sieben Jahre auf der Flucht

Vor seiner letzten Verhaftung im Oktober 2022 war Wang seit Juli 2015 sieben Jahre auf der Flucht gewesen. Grund war seine Strafanzeige gegen Jiang Zemin, den früheren Staatschef, der die Verfolgung von Falun Dafa angeordnet hatte.

Die Polizei setzte Wang auf die Fahndungsliste, wodurch er seinen Ausweis nicht vorzeigen konnte. Das stellte ihn vor Probleme, eine Vollzeitstelle zu finden. Später begann er, seinen Unterhalt mit Gelegenheitsarbeiten auf Baustellen zu verdienen. Er arbeitete hart, beschwerte sich nie und erledigte seine Arbeit sorgfältig. Auf diese Weise gewann er in kurzer Zeit das Vertrauen seiner Kollegen und Vorgesetzten, die seine Arbeit lobten und ihn weiterempfahlen. So erlangte Wang einen guten Ruf. Viele Leute setzten sich gezielt mit ihm in Verbindung, um seine Unterstützung bei Projekten zu erfahren. Bei dieser Gelegenheit berichtete Wang ihnen auch von Falun Dafa.

Währenddessen suchte die Polizei weiter nach Wang. Sie stellten sein Foto in die Internetdatenbank, die mit dem Netzwerk der Überwachungskameras im ganzen Land verbunden ist.

Ende September 2022 arbeitete Wang in einem Einkaufszentrum in der Stadt Xi´an in der Provinz Shaanxi. Nachdem er beim Umziehen die Gesichtsmaske abgenommen hatte, wurde er von einer Überwachungskamera gefilmt. Das löste einen Einsatz bei der Polizei in Qinyang aus. Beamte machten sich auf den Weg nach Xi´an. Als sie Wang im Einkaufszentrum nicht aufspüren konnte, suchten sie nach seinem Vorgesetzten. Sie zwangen ihn, sie zu Wangs Wohnung zu bringen, um Wang zu verhaften.

Als die Polizisten sich der Wohnung näherten, kletterte Wang mit einem Seil von seiner Wohnung aus dem fünften in den dritten Stock. Dann sprang er in die Tiefe. Er erlitt eine Trümmerfraktur am Knöchel. Trotzdem gelang ihm die Flucht.

Ursprünglich wollte Wang nach diesem Vorfall zu seiner Tochter. Da er jedoch keine öffentlichen Verkehrsmittel oder Taxis benutzen konnte, ohne seine Identität preiszugeben, suchte er nach einem Ausweg. In diesem Moment traf er auf einen lokalen Falun-Dafa-Praktizierenden. Nachdem dieser Wangs Geschichte gehört hatte, nahm er ihn mit zu sich und versorgte ihn.

Die Beamten gaben jedoch nicht auf. Akribisch prüften sie die Aufnahmen der Überwachungskameras, bis sie Wang schließlich fanden. Am 19. Oktober 2022 erfolgte seine Festnahme. Am nächsten Tag brachten Polizisten ihn zurück in seine Heimat Qingyang, wo er in der Haftanstalt des Kreises Qingcheng festgehalten wurde.

Staatsanwalt wiederholt selbe Anklage wie vor sieben Jahren

Bevor die Polizisten nach Qinyang zurückkehrten, durchsuchten sie Wangs Wohnung in Xi´an. Der Erfolg blieb jedoch aus. Sie konnten keine Materialien, die mit Falun Dafa in Verbindung standen, finden. Daraufhin übergaben die Polizisten Wangs Fall mit den vor sieben Jahren gesammelten Beweisen und seiner Strafanzeige gegen Jiang Zemin an die Staatsanwaltschaft des Kreises Zhenyuan. Im Januar 2023 erhob der dortige Staatsanwalt Anklage und reichte die Akte an das örtliche Gericht weiter.

Bei der Durchsuchung der Unterlagen stellte Wangs Anwalt fest, dass ihm der Inhalt der von der Staatsanwaltschaft vorgelegten 700-seitige Anklageschrift sehr bekannt vorkam. Sie stimmte mit der Anklageschrift gegen die Praktizierende Duan Xiaoyan überein, die sieben Jahren zuvor zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden war.

Am 27. Februar 2023 fand Wangs Anhörung vor dem Kreisgericht Zhenyuan statt. Nur vier seiner neun angereisten Familienmitglieder durften den Gerichtssaal betreten.

Als der Richter erfuhr, dass Wangs Verteidiger aus Peking stammte und Freispruch beantragen wollte, rief er bei der Pekinger Anwaltskammer an. Er fragte nach, ob der Anwalt die örtliche Justizbehörde über seine Absicht, den Fall eines Praktizierenden zu vertreten informiert habe. Um den Anwalt unter Druck zu setzen, teilte der Richter ihm mit, dass Beamte des örtlichen Komitees für Politik und Recht am Termin teilnehmen würden.

Der Anwalt hingegen fokussierte sich auf seine Arbeit. Er kritisierte, dass das Gericht die Ladungsfrist von drei Tagen nicht eingehalten hatte. Wang hatte erst am Morgen durch den Hinweis seines Anwalts von dem Termin erfahren.

Während des Termins befragte der Anwalt auch den Praktizierenden selbst zu dem Vorfall. Er wollte von ihm wissen, ob die Polizei bei der Verhaftung gegen geltendes Recht verstoßen hatte. Wang schilderte daraufhin, dass er im Bett gesessen habe, als Zivilbeamte am 19. Oktober 2022 seine Wohnung stürmten. Sie hätten ihn ohne sich auszuweisen aus dem Bett gestoßen und auf den Boden gedrückt. Dann hätten sie ihm die Handschellen angelegt und ihn ins Polizeifahrzeug gezerrt. Er habe nicht einmal die Gelegenheit gehabt, Socken und Schuhe anzuziehen. Angekommen in der Polizeiwache Taiyilu in Xi´an hätten die Beamte ihn in den Keller gebracht, wo sie auf seinen verletzten Füßen herumgetrampelt und ihn beschimpft hätten.

Der Staatsanwalt versuchte, die Polizisten zu entlasten. Wang habe sich nicht behandeln lassen, wandte der Staatsanwalt ein. Daraufhin erklärte der Praktizierende, dass ein Polizist von seinem Geld ein paar Gehstöcke für Wang gekauft habe. Beim Besuch seines Anwaltes vier Monate später, habe er schon wieder alleine gehen können. So eine schnelle Genesung ganz ohne ärztliche Behandlung sei das beste Beispiel für die gesundheitlichen Vorteile von Falun Gong, erklärte der Anwalt weiter.

Fragwürdige Beweise

Zu Beginn der Beweisaufnahme beschuldigte der Staatsanwalt Wang zunächst, „Wiederholungstäter“ zu sein. Bereits im Jahr 2000 sei er zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden, weil er Falun Dafa praktizierte. Gleichzeitig verwies der Staatsanwalt auf die mit Falun Dafa in Verbindung stehenden Gegenstände, die bei Wang im Juli 2015 beschlagnahmt wurden, sowie auf Zeugenaussagen von 17 Personen.

Wang dementierte den gegen ihn erhobenen Vorwurf der „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“, der üblicherweise gegen Falun-Dafa-Praktizierende eingesetzt wird, um sie zu Gefängnisstrafen zu verurteilen. Sein Anwalt pflichtete ihm bei: Kein Gesetz in China habe das Praktizieren von Falun Dafa jemals als Straftatbestand eingestuft oder Falun Dafa als Sekte kategorisiert.

Als der Staatsanwalt von Wang wissen wollte, ob er im Jahr 2000 zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden war, antwortete dieser: „Das System der Zwangsarbeitslager in China wurde im Jahr 2013 abgeschafft. Das beweist nur, dass dieses System selbst gesetzwidrig ist.“

Von den 17 Zeugen, die der Staatsanwalt aufgeführt hatte, kannte Wang nur zwei Personen: seinen Vater und seinen Bruder. Alle anderen 15 Namen waren ihm gänzlich unbekannt. Der Anwalt verwies darauf, dass die Zeugenaussagen sich doch sehr ähnelten. Eine Zeugenbefragung im Gericht war jedoch nicht möglich, da keiner der Zeugen gekommen war. Aus diesem Grund bezweifelte der Anwalt die Glaubwürdigkeit der Beweise.

Der Staatsanwalt hingegen behauptete, dass alle 17 Zeugen ausgesagt hätten, dass Wang ihnen bei der Erstellung einer Strafanzeige gegen Jiang Zemin geholfen habe. Er kam zu dem Schluss, dass Wang diese Personen zur Einreichung der Anzeigen angestiftet habe, um „den Staatschef zu diffamieren“.

Diesen Vorwurf wies Wangs Verteidiger zurück. Jeder Bürger habe das Recht auf freie Meinungsäußerung und könne auch den Staatschef kritisieren oder anzeigen. Wenn jemand von diesem verfassungsmäßigem Recht Gebrauch mache, bedeute dies keineswegs, „die Strafverfolgung durch eine Sekte zu untergraben“. Der Anwalt entkräftete auch die Behauptung des Staatsanwalts durch die Aussage, dass die aufgeführten Zeugen ihre Anzeige gegen Jiang vielmehr aus eigener Initiative und ohne Aufforderung eines Dritten erstattet hätten.

Dann befragte der Richter Wang zu den bei ihm im Juli beschlagnahmten Gegenständen, die Falun-Dafa-Bücher, Büromaterialien sowie einige Werkzeuge. Wang erläuterte, dass er viele dieser Werkzeuge verwenden würde, um die Aufträge seiner Kunden bei der Hausrenovierung zu erledigen. Dass die Staatanwaltschaft diese nun als Beweismittel anführe, sei absurd.

In diesem Zusammenhang wies Wang auch darauf hin, dass die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2015 sein Privatfahrzeug sowie 66.000 Yuan (rund 8.800 Euro) Bargeld beschlagnahmt hatte. Zwar sei die Summe auf der Liste der beschlagnahmten Gegenstände aufgeführt gewesen, aber nachdem der Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben worden war, fehlte der Hinweis auf das Geld in den Akten. Wo also war das Geld geblieben?

Der Anwalt wollte daraufhin von den im Gerichtssaal anwesenden Angehörigen von Wang wissen, ob sie das Geld zurückbekommen hätten. Sie verneinten.

Bezüglich der beschlagnahmten Falun-Dafa-Bücher argumentierte der Anwalt, dass das chinesische Amt für Presse und Publikationen das Verbot von Falun-Dafa-Literatur schon im Jahr 2011 aufgehoben hatte. Daher könnten die Bücher nicht als Beweismittel gegen Wang verwendet werden.

Dem hatte der Staatsanwalt faktisch nichts mehr entgegenzusetzen.  „Falun Gong [Praktizierende] überreden Menschen dazu, aus der Kommunistischen Partei auszutreten. Ist das etwa keine Sekte?“, entfuhr es ihm. Insoweit beantragte er mindestens zehn Jahre Gefängnis, weil Wang ein „besonders schwerwiegendes“ Verbrechen“ begangen habe.

Wang sagte auch zu seiner eigenen Verteidigung aus. Er schilderte, dass er dank Falun Dafa seit 20 Jahren gesund sei, wobei er auch auf die Heilung des verletzten Knöchels hinwies. Gleichzeitig enthüllte er die sogenannte Selbstverbrennung auf dem Platz des Himmlischen Friedens als Inszenierung durch die KPCh und führte weitere Propaganda an, mit der Falun Dafa dämonisiert wurde.

Am Ende der Sitzung fragte der Richter noch nach Wangs Meinung bezüglich der verschiedenen Gefängnisstrafen gegen die bereits erwähnte Duan Xiaoyan. Sie war im Jahr 2000 zu einem Jahr Zwangsarbeit und 2002 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, bevor das Gericht 2015 gegen sie zehn Jahre Gefängnis verhängte. Wang sagte, sie sei unschuldig und hätte niemals verurteilt werden dürfen. Er forderte den Richter auf, Gerechtigkeit walten zu lassen und pochte dabei auf Freispruch. Der Richter sagte nichts dazu. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, ist nicht bekannt.

Beteiligt an der Verfolgung:

Gai Dongmei, Präsident des Kreisgerichts Zhenyuan: +86-934-7121243Zhang Zhongfeng, Vorsitzender Richter am Kreisgericht Zhenyuan: +86-13993423966Hao Hongmei, Richter am Kreisgericht Zhenyuan: +86-15293419588Zuo Wenli, Präsident der Staatsanwaltschaft des Kreises Zhenyuan: +86-934-7121244Xu Qiling, Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft des Kreises Zhenyuan: +86-18298886128Li Xinnian, Direktor der Kreispolizeibehörde Qingcheng: +86-934-3226028

(Weitere Kontaktinformationen zu den Tätern sind im chinesischen Originalartikel aufgeführt)

Früherer Bericht:

Ehemaliger Besitzer eines Glasgeschäftes wegen seines Glaubens vor Gericht