(Minghui.org) Am 3. April 2023 rief ein Gefängniswärter die Familie des Praktizierenden Wang Jian an. Es hieß, Wang sei während seiner siebenjährigen Haft plötzlich gestorben.
Wang lebte in der Stadt Tangshan, Provinz Hebei. Bei einer ärztlichen Untersuchung am 2. März 2023 war er noch gesund. Auch als seine Familie ihn am 19. März besuchte, wirkte er gesund und munter. Seine Familie vermutet, dass Wang keines natürlichen Todes gestorben ist. Über seinen Zustand während der letzten Tage vor seinem Tod gibt das Gefängnis Jidong keinerlei Informationen heraus.
Vom 3. bis 21. April suchten Wangs Kinder die Staatsanwalt Tangshan, die dortige Stadtverwaltung, die Bezirksverwaltung Caofeidian sowie das Gefängnis Jidong auf, um weitere Informationen zu erhalten. Es gab mehrere Aspekte, die sie beunruhigend finden. Ihre Ermittlungen sind nachfolgend zusammengefasst.
1) Am 3. April um 11:58 Uhr informierte ein Gefängniswärter die Familie darüber, dass Wang ins Koma gefallen sei. Um 12:14 Uhr rief der Wärter erneut an und teilte mit, dass Wang von einem Krankenwagen abgeholt worden sei. Als die Familie um 13:05 Uhr das Krankenhaus in der Entwicklungszone Nanbao erreicht hatte, war Wang bereits für tot erklärt worden. Sein Kopf war nach hinten gestreckt, Augen und Mund standen leicht offen.
Als die Familie den Arzt in der Notaufnahme nach der Todesursache fragte, hieß es, dass er nicht sicher sei – er wolle auch nicht spekulieren. Als der Krankenwagen im Gefängnis eintraf, waren Wangs Pupillen nach Angaben des Arztes geweitet und er hatte keinen Herzschlag mehr.
2) Um 18:50 Uhr kam ein Gerichtsmediziner. Er schilderte, dass er bei Wang großflächige Hämatome an den Ohren und auf dem Rücken sowie einige blaue Flecken auf dem rechten Handrücken bemerkt hätte. Auf der Brust befand sich ein kreisförmiger Abdruck, auf dem Rücken einige Kratzer. Als der Gerichtsmediziner den Leichnam umdrehte, trat Flüssigkeit aus dem linken Ohr aus.
Das Gefängnis hatte behauptet, Wang sein plötzlich an einer Krankheit gestorben – ohne zu sagen, welche Diagnose zugrunde lag. Das Gefängnis forderte die Familie auf, einen Nachweis über geringes Einkommen zu erbringen. Sie stellten eine Entschädigung von 8.000 bis 10.000 Yuan (etwa 1.050 bis 1.300 Euro) in Aussicht.
Für Wangs Familie waren die Hämatome am Kopf des Leichnams und am Rücken ungewöhnlich. Dies konnte nicht durch eine normale Krankheit erklärt werden. Möglicherweise könnte dies von Folter oder Misshandlungen herrühren, die das Gefängnis vertuschen will.
3) Wie aus dem Überwachungsvideos des Gefängnisses ersichtlich ist, kam Wang am 3. April gegen Mittag von der Gefängniswerkstatt zurück in seine Zelle und wartete auf das Mittagessen. Ein Wärter rief ihn in sein Büro und sprach kurz mit ihm. Dann ging Wang in die Cafeteria. Als er sein Mittagessen erhielt, brach er ohnmächtig zusammen.
Wangs Tochter fragte den Wärter, was er zu ihrem Vater gesagt habe. Der Wärter antwortete, er habe von Wang nur wissen wollen, ob er körperliche Beschwerden habe und einen Arzt aufsuchen oder Medikamente einnehmen müsse.
Laut Video versuchten die Gefangenen, Wang im Gefängnis wiederzubeleben. Keiner von ihnen trug anfangs einen weißen Kittel, aber irgendwann zogen sie ihn an. Nach Ansicht der Familie haben sich die Insassen nicht an die medizinischen Richtlinien gehalten und waren sehr nachlässig. Die Angehörigen wollten von dem Wärter auch wissen, warum er zur Wiederbelebung nicht den automatischen externen Defibrillator benutzt habe. Der Wärter antwortete ausweichend, dass sie im Gefängnis ein solches Gerät hätten, es aber nicht benutzen würden.
4) Das Gefängnispersonal forderte schließlich einen Krankenwagen an. Laut Video kamen eine Ärztin und eine Krankenschwester zum Gefängnis. Im Krankenhaus hingegen sprach die Familie mit einem Arzt. Er gab an, mit dem Krankenwagen zum Gefängnis gefahren zu sein, um Wang abzuholen.
5) Am 6. April suchte die Familie die örtliche Staatsanwaltschaft auf und verlangte eine Obduktion. Der Staatsanwalt kündigte seine Zustimmung an, fragte aber gleichzeitig, ob sich die Angehörigen der Konsequenzen bewusst sei. Man würde den Leichnam vom Hals bis zum Unterleib aufscheinen, Organe und Gehirn entnehmen und diese im Labor untersuchen lassen. Dann würde der Leichnam zugenäht und der Familie übergeben werden. Nachdem die Familie das gehört hatte, nahmen sie ihren Antrag auf Obduktion zurück.
6) Als das Gefängnis und der Staatsanwalt zwei Wochen später keinen detaillierten Bericht über Wangs Tod vorlegten, erstattete die Familie am 17./18. April bei der Stadtverwaltung Tangshan Beschwerde ein. Knapp fünf Minuten später kamen Beamte und brachten die Angehörigen zum örtlichen Petitionsbüro.
Am 19. April suchte die Familie die Staatsanwaltschaft erneut auf und forderte, die Ermittlungen zu beschleunigen. Am nächsten Tag kamen zwei Beamte der Staatsanwaltschaft zu Wangs Wohnung und bat die Familie, mit ihrer Unterschrift die für den 22. April geplante Obduktion zu bewilligen. Ergebnisse liegen noch nicht vor.
7) Im Juli 2019 war Wang verhaftet und im November 2020 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Ohne die Familie zu informieren, lieferten die Behörden ihn ins Gefängnis Jidong ein. Über zwei Jahre lang durfte er nur einmal pro Woche mit der Familie telefonieren. Familienbesuche wurden in dieser Zeit nicht genehmigt.
Anfang März 2023 rief Wang seine Familie an und teilte ihnen mit, dass das Gefängnis Familienbesuche erlauben würde. Ein paar Tage später informierte ein Wärter die Angehörigen über einen Besuchstermin am 19. März. Nach dem Besuch rief Wang am 21. März bei seiner Familie an und sprach kurz mit ihnen. Es war das letzte Mal. Die Familie bemerkte nichts Ungewöhnliches, fragte sich jedoch, warum das Gefängnis plötzlich einen Familienbesuch erlaubt hatte und Wang darüber hinaus noch mit ihnen telefonieren durfte.
8) Die Familie forderte weitere Informationen und Videos vom Gefängnis, die Wang während der Haft zeigten, was jedoch abgelehnt wurde. Daraufhin wandte sich die Familie an die Staatsanwaltschaft. Diese behauptete, dass die Informationen über ein Provinzgefängnis vertraulich seien und einem Staatsgeheimnis gleichkämen. Die Veröffentlichung von Informationen könne zudem den Datenschutz der Wärter gefährden. Die Angehörigen argumentierten, dass es unterschiedliche Technologien gebe, um die Gesichter der Wärter unkenntlich zu machen. Außerdem handele es sich bei den angeforderten Informationen um Wangs Daten – das habe nichts mit staatlichem Datenschutz zu tun.
Die Familie wandte sich auch an die für den Datenschutz zuständige Abteilung der Stadt Tangshan sowie an die Nationale Verwaltung für Datenschutz. Beide Behörden erklärten, dass sie nicht auf individuelle Anfragen reagieren, sondern ausschließlich mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten würden.
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