Erstmalig Treffen zwischen Praktizierenden, Anwälten, Richterin und Staatsanwalt vor offiziellem Gerichtstermin

(Minghui.org) Zwei Frauen aus der Stadt Qinhuangdao in der Provinz Hebei, die wegen ihres Glaubens an Falun Dafa angeklagt worden sind, wurde vor offiziellem Verhandlungsbeginn ein Verständigungsgespräch gewährt. Wie ein Insider mitteilte, ist dieses Vorgehen eine Premiere. Nie zuvor hatten sich die für mit Falun Dafa in Verbindung stehenden zuständigen Richter und Staatsanwälte in Qinhuangdao mit Angeklagten und Verteidigern an einen Tisch gesetzt.

Das Treffen geht zurück auf eine Festnahme der beiden Praktizierenden Hong Yanrong und Liang Jun am 14. Juli 2023. Nach Erhebung der Anklage trafen sich die zwei Frauen im Beisein ihrer Anwälte am 10. Januar 2024 im Bezirksgericht Funing mit der Richterin Shi Wenjing und Staatsanwalt Li Wenming, um die in der Anklageschrift aufgeführten Beweise zu erörtern.

Hong lehnt Pflichtverteidiger erneut ab

Hong erschien in Begleitung ihres Anwalts aus Peking. Sie war überrascht, den Anwalt Wu bei dem Treffen zu sehen. Schon vor einiger Zeit hatte sie diesem vom Gericht bestellten Pflichtverteidiger den Fall entzogen, weil er angewiesen worden war, für sie ein Schuldanerkenntnis abzugeben. Wu erklärte, Hongs Sohn hätte ihn gebeten, sie zu vertreten.

Auf Hongs Nachfrage, warum sich Wu nicht direkt mit ihr in Verbindung gesetzt habe, suchte dieser nach Ausflüchten. Er sei sich über die Verfahrensstrategie noch nicht im Klaren. Da er noch keine Gelegenheit gehabt hätte, alle Beweise der Anklage durchzugehen, wisse er noch nicht, ob er Freispruch beantragen oder auf ein Schuldeingeständnis hinwirken würde.

Die Praktizierende hatte dafür kein Verständnis. Alle Beweise stünden bereits in der Anklageschrift, entgegnete sie. Wie könne er nicht wissen, in welche Richtung er sein Plädoyer halten würde? Wu gab daraufhin keine direkte Antwort.

Hong stellte erneut den Antrag, Wu von dem Fall abzuziehen. Als die Richterin den Pflichtverteidiger um Zustimmung bat, äußerte dieser, dass die Entscheidung bei seiner Mandantin liege. Hong gab ihre Absicht zu Protokoll, das sie später unterschrieb. Auch Wu setzte seine Unterschrift unter das Dokument und fotografierte es ab.

Anschließend fragten die beiden Anwälte von Hong und Liang, ob die Richterin nun Hongs Sohn hereinholen wolle. Dieser wartete vor der Tür und hätte weitere Aussagen dazu tätigen können, ob er den gerichtlich bestellten Anwalt Wu beauftragt hatte. Die Richterin hielt dies jedoch nicht für notwendig. Sie respektiere Hongs Entscheidung, den Anwalt abzulehnen.

Als Wu den Raum verließ, sagte Hong zu ihm: „Es geht gar nicht gegen Sie. Ich wusste, dass es Ihnen nicht erlaubt ist, die Unschuld von Falun-Gong-Praktizierenden zu verteidigen.“ Sie bat um sein Verständnis, dass sie mit ihrer Entscheidung das Gesetz wahren und den immensen Druck von dem Anwalt nehmen wollte – schließlich sei es ihm nicht erlaubt, Praktizierende „nach besten Kräften“ zu verteidigen.

Anwälte widerlegen fragwürdige Beweise

Der Sinn des Verständigungsgespräches bestand darin, dass Richterin, Staatsanwalt und Angeklagte die Beweise erörtern – am Ende sollte sie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, welche Beweise zulässig sind und welche nicht.

Zunächst fragte die Richterin die Praktizierende Hong, ob sie der Falun-Gong-Organisation beigetreten sei. Diese antwortete, dass es weder eine Organisation noch eine Mitgliedschaft gebe.

Der Staatsanwalt Li präsentierte Zeugenaussagen, die von den beiden Verteidigern in Frage gestellt wurden. Grund waren Auffälligkeiten bezogen auf den Zeitpunkt und die beschriebenen Umstände. Ihre Mandantinnen hätten die vorgeworfenen Handlungen zu dem angeführten Zeitpunkt auf keinen Fall begangen, so ihr Einwand.

Li legte auch ein Video vor, um seine Vorwürfe zu stützen. Die Anwälte jedoch wandten ein, dass dieses sehr unscharf sei. Es waren nur zwei Personen von hinten zu sehen, die zu einem bestimmten Ort gingen. Sie äußerten Zweifel, dass es sich bei den beiden Schatten um ihre Mandantinnen handeln würde. Selbst wenn es sich um die beiden Frauen handeln würde, sei das Video kein Beweis, da nur zwei Personen beim Gehen gefilmt wurden und nicht bei einer konkreten Handlung, so die Anwälte weiter.

Außerdem äußerten die Verteidiger Zweifel an der Zuständigkeit der Richterin und des Staatsanwalts. Ihre Mandantinnen wohnten im Bezirk Haigang. Aus welchem Grund sollte der Bezirk Funing für das Verfahren zuständig sein?

Nähere Einzelheiten zum konkreten Tatvorwurf liegen Minghui.org aktuell nicht vor. Aufgrund der Internetzensur und der Verfolgung sind Informationen oft nur sehr schwer zu bekommen. Weitere Recherchen zum Sachverhalt laufen.

Wochenlang im Visier der Behörden

Die Verhaftung der beiden Frauen geht auf einen Vorfall vom 26. Juni 2023 zurück. An diesem Tag begleiteten sie mit Yu Shuyun die 78-jährige Ni Guiyun zur Polizeibehörde des Bezirks Beidahe in der Stadt Qinhuangdao. Diese wollte Briefe sowie Informationen abgeben und die Polizei auffordern, sie nicht wegen ihres Glaubens zu verfolgen.

Kurz nach ihrer Heimkehr wurden Liang, Hong und Yu zu Hause schikaniert. Am 14. Juli wurden Liang und Hong festgenommen. Seither befinden sie sich in Haft. Yu hingegen war nicht in ihrer Wohnung, als Polizisten sie aufsuchten. So entging sie einer Verhaftung. Eine vierte Praktizierende, Gong Junmei, wurde festgenommen, als sie Liang besuchen wollte. Stattdessen traf sie jedoch auf die Polizisten, die alle Zimmer durchsuchten. Wegen ihres schlechten Zustands wurde Gong noch am selben Abend wieder freigelassen.

Wie Insider bestätigten, standen Liang, Hong und Yu vor ihrer Festnahme unter Beobachtung der Behörden. Üblicherweise verschärft die Kommunistische Partei Chinas die Verfolgung von Praktizierenden, wenn große politische Treffen bevorstehen. Es wurde befürchtet, dass die drei Frauen gemeinsam im Vorfeld des im August stattfindenden Sommergipfels des kommunistischen Regimes (auch Beidaihe-Treffen genannt) auf die Verfolgung von Falun Dafa aufmerksam machen wollten.

Ni musste sich am 21. September 2023 vor Gericht verantworten – ganz ohne Rechtsbeistand. Der vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger war angewiesen worden, ein Schuldanerkenntnis abzugeben. Dies lehnte Ni ab. Ihr Wunsch nach einem eigenen Verfahrensbeistand wiederum verweigerte das Gericht.

Während der Anhörung verlas der Staatsanwaltschaft zwar eine Liste von Gegenständen, die in Nis Wohnung beschlagnahmt worden waren, legte jedoch keinerlei Beweise vor. Es waren auch keine Zeugen geladen. Nachdem Ni einige Fragen gestellt hatte, wurde die Verhandlung vertagt. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, ist nicht bekannt.

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