Der 20. Juli vor 16 Jahren

(Minghui.org) Es war ein heißer und feuchtwarmer Tag, fast zu schwül, um zu atmen. Mein Flug war verspätet und es war schon 02:00 Uhr nachts, als ich im Hotel ankam. Die ganze Nacht hatte ich denselben Traum, der so real erschien: Soldaten und Polizisten mit Gewehren patrouillierten auf den Hausdächern um den Platz des Himmlischen Friedens, während wir Praktizierenden draußen vor dem Platz standen.

In meinem Traum fragte ich mich: „Soll ich gehen? Habe ich Angst?“ Mein Herzklopfen in dem Traum war so real. Im Traum machte ich einen Schritt nach vorne.

Ich war ruhig, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Ich wusste nicht, was passieren würde, doch ich wusste, was ich tun sollte. Ich erzählte Hui, Fan und Yang von meinem Traum. Wir lächelten alle: „Wir müssen heute gehen, einfach, um Gerechtigkeit für Falun Gong zu fordern.“

Nach den Übungen war es 09:30 Uhr. Wir vier Mädchen nahmen ein Taxi zum Platz des Himmlischen Frieden.

Wir wussten nicht, dass dieser 20. Juli 1999 einer der dunkelsten Tage in der Geschichte werden würde. Wir wussten nicht, dass es der Beginn der brutalen Verfolgungskampagne war. An diesem sündigen Tag, den niemand vergessen sollte, wurde ich Zeugin von Barmherzigkeit und Bösem, von Frieden und von Gewalt in der historischen Stadt Peking.

Das Taxi folgte der Chang’an Straße nach Osten. Plötzlich sahen wir Polizeiautos überall. Die Straße war gesperrt, als wir in die Gegend von Xidan kamen. So drehten wir ab in Richtung Norden und zum Hintertor der Verbotenen Stadt. Doch bald stießen wir auf weitere Blockaden.

Wir stiegen aus dem Auto und gingen in Richtung Platz des Himmlischen Friedens. Viele Menschen gingen mit uns. Die meisten sahen wie Bauern vom Land aus. Die Menge strömte nach vorne und die Atmosphäre wurde angespannt. Gruppen von Polizisten stoppten die Leute und stellten Fragen.

Praktizierende erklärten den Polizisten in allen möglichen Dialekten friedlich, warum sie da waren – „um der Zentralregierung mitzuteilen, dass Falun Gong gut ist; wir haben alle davon profitiert. Bitte stellen Sie den Ruf von Falun Gong wieder her.“ Die Polizisten schrien, schimpften und stießen sie in Busse, die in endlosen Reihen dastanden.

Ich wollte das Gleiche sagen. Ich dachte nicht darüber nach, was mit mir passieren könnte, wenn ich in einen Bus gestoßen würde. Wir blieben nicht stehen und gingen weiter. Es war eine lange zehnminütige Reise. Die Menschen um uns herum wurden in Busse gebracht, einer nach dem anderen. Immer weniger gab es vor uns. Schließlich wurden wir aufgehalten.

„Was machen Sie hier? Sind Sie Falun Gong [-Praktizierende]?“

„Wir sind alle Falun Gong-Praktizierende. Wir möchten nur der Zentralregierung sagen, dass Falun Gong Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht lehrt. Es ist gut für Körper und Geist.“

„Schauen Sie sich an. Sie scheinen sehr gebildet zu sein und ein gutes Leben zu führen. Warum praktizieren Sie Falun Gong?“

„Viele Falun Gong-Praktizierende sind Intellektuelle. Wir waren alle auf der Hochschule. Sie unterliegen da wahrscheinlich einem Missverständnis über Falun Gong.“

Dann wurden wir zu einem Bus voll mit Praktizierenden aus allen Teilen des Landes gebracht. Nur weil wir aus tiefstem Herzen die wahren Umstände mitteilen wollten, hatten wir uns an diesem Tag hier getroffen.

Der Bus brachte uns um 11:00 Uhr zu einem leeren Gymnasium. Wir wurden in unterschiedliche Klassenzimmer gebracht, jeder war von sieben oder acht Polizisten bewacht. Fernsehgeräte sendeten Propaganda des chinesischen Zentralfernsehens auf Maximum-Lautstärke, wobei Falun Gong mit bösartigen Worten und schamlosen Lügen angegriffen wurde. Wir wurden gezwungen, es uns anzuschauen und dann mussten wir unser Verständnis über die Propaganda niederschreiben.

Niemand, der an jenem Tag zum Platz des Himmlischen Friedens gekommen war, um sich für Falun Gong einzusetzen, hatte das erwartet. Die Polizisten schrien uns an. Ich fragte mich selbst: „Was glaube ich? Ist das, was ich glaube, wirklich falsch?” Die Antwort war für mich ganz eindeutig: „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht sind nicht falsch. Ich habe so viele Wunder unter den Mitpraktizierenden erlebt. So viele unheilbare Krankheiten im letzten Stadium waren geheilt worden. Es ist nichts verkehrt daran, Falun Gong zu praktizieren.“

Ich schrieb nieder, was ich ehrlich dachte. Dann wurde ich wieder in einen Bus gesetzt.

Wir wurden zum Arbeiter-Stadion gebracht. Sieben oder acht Busse mit Praktizierenden waren dort geparkt. Ein Polizist schrie in sein Radio: „Hier ist es voll. Fahrt woanders hin.“ „Vielleicht in den Bezirk Fengtai?“, fragte ein Polizist in unserem Bus. „Dort ist auch alles voll. Versucht den Bezirk Shijingshan.“

Um 14:00 Uhr wurden wir in das Stadion des Bezirks Shijingshan gebracht, wo sie uns in Gruppen nach unseren jeweiligen Provinzen aufteilten, in denen wir zu Hause waren. Wir saßen alle auf dem Rasen und die Polizisten umringten uns.

Die Sonne war direkt über uns. Ich schaute mich um. Das ganze Stadion, alle Sitzplätze und das Feld, waren voll von Praktizierenden aus ganz China. Männer und Frauen, Alte und Junge. Einige der Frauen hatten Babies oder Kleinkinder dabei. Ich hätte nicht erwartet, dass so viele Menschen hierher kamen, um mit ihrer Barmherzigkeit und Aufrichtigkeit den Ruf von Falun Gong zu verteidigen.

Wir saßen still dort. Die meisten von uns lasen im Zhuan Falun (Li Hongzhi), dem Hauptwerk von Falun Gong. Es war ein wunderbarer und friedlicher Anblick. Es schien, dass alle die Risiken, die Gefahren und die nervösen Polizisten mit den Gewehren ignorierten.

Bevor es dunkel wurde, kamen aus den extra-lauten Lautsprechern des Stadions erneut die bösartigen Lügen. Von irgendwoher fing jemand an, Lunyu (das Vorwort von Zhuan Falun) zu zitieren. Alle machten mit. Unsere Stimmen überfluteten die Lautsprecher. Mit Tränen in meinem Gesicht rezitierte ich Lunyu laut und immer wieder.

Ein Polizist hob seinen Stock und fing an, auf einen Praktizierenden einzuschlagen. Andere Praktizierende eilten hin und schützten denjenigen, der geschlagen wurde, mit ihren eigenen Körpern. Sie riefen: „Schlagen Sie ihn nicht!“ Andere Polizisten kamen mit ihren Stöcken herbei und prügelten auf jene Praktizierenden ein.

Ein Praktizierender fing an, ein Gedicht von Meister Li Hongzhi, dem Begründer von Falun Gong, zu rezitieren.

„Leben, nach nichts streben,Sterben, nicht Wert des Bleibens;Üble Gedanken restlos ausrotten,Nicht schwer, Buddha kultivieren.“(Li Hongzhi, Nichts existiert, 20.10.1991, in Hong Yin I)

Alle wiederholten diese Zeilen. Ihre Stimmen brachen durch die dunkle Nacht und erreichten den Kuppenpol.

Ich wischte meine Tränen ab und stimmte mit ein. In jenem Augenblick wurde mein Leben erhöht. Leben und Tod mussten nicht weiter berücksichtigt werden. Ich erkannte, dass ich als eine Kultivierende, die Aufgabe habe, die Wahrheit des Universums zu schützen, in dem mein Glaube fest wurzelt.