Washington Post: Menschenfeuer entfacht chinesisches Rätsel - Motiv für öffentliche Verbrennung verstärkt den Kampf um Falun Gong
[Anmerkung des Herausgebers: Nach dem Verbrennungsopfer vom 23. Januar 2001 veröffentlichte das Sprachrohr der chinesischen Regierung, die Xinhua Presseagentur, unverzüglich einen Bericht über den Vorfall und gab den Falun Gong-Praktizierenden die volle Schuld für die Selbstopferung. Dies war ein völliger Gegensatz zu dem, wie Nachrichten in China normalerweise gehandhabt werden, wo niedrige Beamte ihren Vorgesetzten berichten und dies dann so weiter geht, bis die höchsten Beamten ihre Zustimmung zur Veröffentlichung der Nachricht geben. Kurz nachdem die Nachricht erschien, veröffentlichte das Falun Dafa Informationszentrum in New York am Morgen des 23. Januar (Zeitzone Osten USA) eine Pressemitteilung, in der sie das Xinhua Pressezentrum beschuldigte, unbegründete und diffamierende Behauptungen über Falun Gong zu verbreiten. Das Regime der Volksrepublik China wurde darin auch aufgerufen, der Weltpresse und den internationalen Menschenrechtsgruppen die Erlaubnis zur Untersuchung dieses Falles zu erteilen, um die Tatsachen zu festzustellen.
Eine Woche später sendete CCTV, der offizielle Fernsehsender der chinesischen Regierung, herzzerreissende Bilder der schwer verbrannten 12-jährigen Liu Siying. Ihre Mutter Liu Chunling starb bei der Selbstverbrennung. Die Regierung intensiviert die Kampagne gegen Falun Gong, indem sie jeden Bürger dazu zwingt, ein Formular zu unterzeichnen, in dem Falun Gong verurteilt wird. Sie benutzen die Bilder von Liu Shiying, um zu öffentlichem Hass gegen Falun Gong anzustacheln, was zu einem Kampf der Chinesen unter einander geführt hat. Diese Art, die Menschen untereinander zum Kampf aufzuhetzen, war eine der Hauptstrategien, die vor Jahrzehnten während der Kulturrevolution benutzt wurden.
Am 4. Februar 2001 veröffentlichte die Washington Post auf ihrer ersten Seite einen überraschenden Untersuchungsbericht mit dem Titel: "Menschenfeuer entfacht chinesisches Rätsel - Motiv für öffentliche Verbrennung verstärkt den Kampf um Falun Gong." Der Artikel liefert einige Fakten, einschließlich der folgenden:
Liu Chunling war keine Einheimische aus Kaifeng und bezog ihr Einkommen als Bardame in einem Nachtclub;
Liu Chunling soll ihre alte Mutter und ihre jüngere Tochter von Zeit zu Zeit geschlagen haben;
Niemals sah jemand Frau Liu die Falun Gong-Übungen praktizieren.]
Von Philip P. Pan
Auslandsredaktion der Washington Post
Sonntag, der 4. Februar 2001
KAIFENG, China -Es gibt einen Ort auf der östlichen Seite der einst so glorreichen Stadt mit dem Namen Apfelplantage, aber dort gibt es keine Apfelbäume, nur düstere Betonbauten und Trauben von Arbeitslosen, die in den schlammigen Strassen herumtrödeln. Hier wohnten Liu Chunling und ihre 12-jährige Tochter Liu Siying in einer Wohnung im vierten Stock des Gebäudes Nr.6.
Die Mutter war eine ruhige Frau, in sich gekehrt, die Tochter eine lebhafte Fünftklässlerin, die es niemals versäumte zu lachen und zu grüßen. Nachbarn erinnern sich, dass Liu Chunling gleichzeitig etwas Merkwürdiges und Trauriges an sich hatte, dass sie manchmal ihr Kind schlug, dass sie ihre alte Mutter wegfuhr, dass sie in einem Nachtclub arbeitete und Geld dafür bekam, Männer zu begleiten.
Niemand vermutete, dass Frau Liu, 36 Jahre alt, zur verbotenen spirituellen Bewegung Falun Gong gehören könnte. Und kaum jemand bekam es mit, als sie und ihre Tochter verschwanden.
Und dann waren sie im Staatsfernsehen, ihre Körper umgeben von lodernden, orangeroten Flammen auf dem Platz des himmlischen Friedens. Liu Siying wurde liegend auf einer Tragbahre gezeigt, ihr Gesicht und ihre Lippen schwarz verkohlt, wimmernd, "Mama, Mama." Ihre Mutter, so die Nachrichten, war bereits gestorben.
Was brachte die Lius und die drei anderen aus dieser Stadt der zentralen Provinz Henan, die ungefähr 560 Kilometer im Süden von Peking liegt, dazu, Benzin über ihre Körper zu gießen und sich selbst am 23. Januar, dem Abend des chinesischen Neujahrs, anzuzünden?
Es tobt eine heftige Schlacht um die Beantwortung der Frage, mit diesen fünf Personen abwechselnd als Opfer von [...], rechtschaffenen Protestierenden gegen eine unterdrückende Regierung oder als verzweifelte, entfremdete Menschen am Rand einer sich schnell verändernden Gesellschaft.
Die herrschende Kommunistische Partei hat eine allumfassende Kampagne in Gang gesetzt und nutzt diesen Vorfall um ihre Behauptungen zu untermauern, Falun Gong sei ein [...], und um die öffentliche Meinung Chinas und des Auslands gegen die Gruppe zu richten, die sie vor achtzehn Monaten für gesetzeswidrig erklärte, niederzuschlagen versuchte, und dies zuweilen unter Benutzung brutaler Taktiken.
Jeden Morgen und jeden Abend werden erneut Attacken von den staatlich kontrollierten Medien gegen Falun Gong und dessen in den USA lebenden Gründer, Li Hongzhi, gefahren. Schulen wurden angewiesen, Schüler über die [Gruppe] zu unterrichten. In Firmen, Büros und Universitäten wurden Diskussionsrunden organisiert. Religiöse Führer von so weit entfernten Gebieten wie Tibet lieferten handschriftliche Anklagen. In Kaifeng wurde von der Poststelle ein Anti-Falun-Gong Poststempel herausgegeben, 10.000 Menschen unterschrieben eine öffentliche Petition gegen die Gruppe.
China benutzte den Vorfall auch, um Druck auf Hong Kong auszuüben, damit es das Verbot gegenüber Falun Gong ausspricht und damit die Stärke des "ein Land - zwei Systeme" Modells auf die Probe stellt, welches der früheren britischen Kolonie Selbstbestimmung über ihre Angelegenheiten einräumt. Falun Gong ist in Hongkong legal, der lokale Sicherheitschef warnte jedoch am Dienstag, dass die Polizei beabsichtige, die Aktivitäten der Gruppe stärker unter die Lupe zu nehmen.
Falun Gong Führer bestehen darauf, dass die Lius und ihre Kameraden nicht Zugehörige ihrer Bewegung sein könnten, welche [...]. Sie sagten, Falun Gong verbiete deutlich beides, Gewalt und Selbstmord, und lieferten als mögliche Erklärung, dass die Regierung den Vorfall inszeniert haben könnte.
Andere Menschenrechtsaktivisten sagen, dass die Fünf sich selbst anzündeten, um damit gegen die Niederschlagung von Falun Gong durch die Regierung zu protestieren, die schon zu Tausenden von Gefangennahmen und zu 105 Toten in Polizeigewahrsam geführt hat. Sie alle, nicht jedoch die 12-jährige Liu Siying, protestierten gegen Pekings Vorgehen gegen Falun Gong vorher auf dem Platz des himmlischen Friedens, so das in Hong Kong ansässige Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie.
In China besteht eine Tradition politisch motivierter Selbstmorde. Zu Beginn von Chinas letzter Dynastie, etwa um 1640, töteten sich Hunderte von Menschen lieber als unter den einfallenden Mandschuren zu leben. Mehr als 250 Jahre später begingen einige Studenten Selbstmord, um gegen die Weigerung der Qing Dynastie, eine verfassungsmäßige Republik zu gründen, zu protestieren. In jüngerer Zeit nahmen sich unzählige Chinesen das Leben, um dem Missbrauch von Mao Zedong`s Kulturrevolution zu entkommen.
Es lässt sich jedoch kaum ein Vorläufer für eine öffentliche Selbstopferung finden. In Kaifeng, einer Stadt mit 700.000 Einwohnern, früher kaiserliche Hauptstadt und eine der bevölkerungsreichsten Städte bei der letzten Jahrtausendwende, haben die meisten Einwohner nur eine dunkle Ahnung von dem, was Frau Liu und die anderen taten.
"Sie haben Kaifeng in Mißkredit gebracht, und sie blamierten China vor der ganzen Welt. Sie sind zu weit gegangen!", sagt Tang Shaohuo, 60, der ein Lebensmittelgeschäft gerade um die Ecke von Liu`s Wohnung betreibt.
[...]
Aber selbst in Kaifeng gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass die von der Regierung inszenierten Propagandakampagnen an Wirkung verloren haben. Einige Einwohner sind den Sturm auf Falun Gong leid.
"Ich sage nicht, dass ich der Regierung nicht glaube, aber ich sage auch nicht, dass ich ihr glaube", sagt Liu Xiaoyu, 39, indem sie gerade dabei ist, Klöße auf Kaifengs lebhaftem Nachtmarkt zuzubereiten. "Die Regierung hat die Nachrichten unter Kontrolle. Das wissen wir jetzt alle."
Der Taxifahrer Wang Chaohui sagte, er glaube, Falun Gong sei eine Religion wie jede andere auch, er meinte es sei unfair, die Taten von fünf einzelnen Menschen einer Gruppe mit Millionen von Praktizierenden anzulasten. Wie auch immer, sagte er, die Niederschlagung von Falun Gong sei mit Sicherheit ein Fehlschlag.
"China ist jetzt anders, und sie können nicht jeden einsperren, der an so etwas glaubt", sagte er. "Es macht die Sache nur noch schlimmer".
[...]
Wie auch der Rest von China, hat Kaifeng eine Wiederbelebung verschiedener Religionen erlebt, seitdem die kommunistische Ideologie ihre Anziehungskraft verloren hat. In den letzten zehn Jahr haben sich zahlreiche Bürger dem Christentum, Buddhismus, Taoismus - und Falun Gong zugewandt. Vor dem Verbot der Gruppe praktizierten Hunderte ihre Meditationsübungen in den Parks der Stadt.
Falun Gong fand bei einem Großteil der Chinesen Gefallen - Parteilmitgliedern, hohe Armee-Offizieren, Bürokraten, Lehrern und bei Millionen, die am Rande der Gesellschaft leben. In Kaifeng, wo einige Fabriken geschlossen wurden und wo es mit der Wirtschaft bergab geht, suchen viele nach etwas, an das sie glauben können.
Die staatlichen Medien sagten nur wenig darüber, warum sich die Fünf, die sich selbst angezündet haben, Falun Gong anschlossen. Peking wies Anfragen zurück, Liu Siying und die drei anderen Überlebenden zu interviewen, die alle mit ernsthaften Verletzungen im Krankenhaus liegen. Ein Beamter aus Kaifeng gab bekannt, dass nur das chinesische Zentralfernsehen und die offizielle Nachrichtenagentur die Erlaubnis hätten, mit ihren Verwandten und Kollegen zu sprechen. Ein Mann, der an der Tür der Wohnung von Liu Antwort gab, verwies Fragen an die Regierung.
Liu Chunlings Nachbarn von der Apfelplantage beschrieben sie als eine Frau, die ein Leben mit vielen Sorgen führte und an psychischen Problemen lit. Die staatlichen Medien identifizierten die 78jährige Hao Xiuzhen als ihre Adoptivmutter. Nachbarn sagten, sie stritten oft, bevor Liu die Frau letztes Jahr aus ihrer Wohnung wegbrachte.
"Etwas stimmte nicht mir ihr", sagt der Nachbar Liu Min, 51. "Sie schlug ihre Mutter und ihre Mutter schrie und weinte. Auch schlug sie ihre Tochter".
Es gab auch Fragen darüber, wovon Frau Liu lebte und über die Sache mit dem Vater ihrer Tochter. Nachbarn sagten, Frau Liu war keine Einheimische von Kaifeng und dass ein Mann aus dem südlichen Guangdong ihre Miete zahlte. Andere, einschließlich des Nachbarn Wen Jian, 22, sagten, Liu arbeitete in einem lokalen Nachtclub und sie wurde dafür bezahlt, mit Kunden zu dinieren und zu tanzen.
Niemand hat sie jemals Falun Gong praktizieren sehen.
Erschien in Minghui Net am: 05.02.2001
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