Meine Schwester starb durch die Verfolgung In Gedenken an meine Schwester Li Xuelian an ihrem 100. Todestag

Heute ist der 100. Todestag meiner Schwester, die durch die Verfolgung durch die Behörden starb. In Gedenken an sie schreibe ich diesen Artikel.

Ich wuchs in der Provinz Heilongjiang auf. Mein Vater ist vierundsechzig Jahre alt, meine Mutter sechzig. Mit seinem begrenzten Arbeitergehalt zog mein Vater meinen Bruder, meine Schwester und mich auf. Meine Schwester Li Xuelian mietete mit ihrem Einkommen und einem Darlehen im Suihua Einkaufszentrum einen Laden. Mein Bruder und ich arbeiten in der Sifangtai Kornkammer. Mein Vater ist im Ruhestand. Unsere Familie war nicht reich, aber wir hatten ein friedliches, harmonisches und glückliches Leben.

Am 27. April 2002 war ein schwarzer Tag, der unseren Frieden brach und uns ein Unglück nach dem anderen bescherte. An diesem Tag sagten mir zwei Polizisten, dass meine Schwester für das Üben von Falun Gong verhaftet worden war. Die Nachrichten trafen uns wie ein Schlag. Wir konnten nicht glauben, dass meine Schwester verhaftet worden war, weil sie zu jedem nett war und immer anderen mit ihrem guten Herzen geholfen hatte. Keiner von den Leuten, die sie kannten, konnte glauben, dass sie ins Gefängnis gebracht wurde.

Nach der Verhaftung meiner Schwester musste ich viel hin und her pendeln, um die Angelegenheiten meiner Schwester zu regeln. Ihr kleines Geschäft, das sie gerade einen Monat vor ihrer Verhaftung aufgebaut hatte, wurde vom Einkaufszentrum am 15. Juni geschlossen. Wir behielten davon nur einige Dutzend nicht-saisonale Kleidungsstücke. Sie verlor ihr Geschäft und ihren Lebensunterhalt. Außerdem musste ich mit der Polizeiwache und der Strafanstalt in Kontakt bleiben, um über die Situation meiner Schwester informiert zu bleiben und ihr Essen, Geld und Dinge des täglichen Gebrauchs zu bringen. Ich war durch die Geschehnisse entrüstet und fühlte mich dadurch in der Dunkelheit zurückgelassen.

Erst dreiundvierzig Tage nach ihrer Verhaftung informierte uns die Polizei, wessen sie beschuldigt wurde: „Störung der öffentlichen Ordnung.” Ohne Anhörung und ohne mündliche oder schriftliche Benachrichtigung wurde meine Schwester zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt und am 27. August 2002 ins Qiqihar Frauenarbeitslager verlegt. Nachdem ich Gesetzesbücher durchgearbeitet hatte, konnte ich nichts finden, was zum Fall meiner Schwester passte. Basierend auf welchem Gesetz oder welchem Artikel haben die Behörden meiner Schwester das angetan?

Vom 27. April bis zum 27. August 2002, in diesen vier Monaten ihrer Gefangenschaft in der Strafanstalt, hatten wir keinen Kontakt mit ihr.

In der Suihua Strafanstalt sind die Gefangenen in verschiedene Stufen eingeteilt. Die harten Betten für die Gefangenen haben keine Bettlaken. Sie bekommen nur eine dünne Steppdecke, die feucht, dreckig und verschimmelt ist. Meine Schwester sah die Sonne nur dreimal in vier Monaten. Wenn sie mitternachts aufstand und zur Toilette ging, fand sie anschließend kein Bett mehr um sich wieder hinzulegen. Die zwei täglichen Mahlzeiten, die sie aß, waren fürchterlich - eine Schüssel dünnen Haferschleim mit zwei Essiggurken zum Frühstück und eine Schüssel Kartoffelsuppe vermischt mit Schmutz und einem schweren, sauren und grobkörnigen Dampfbrötchen zum Abendessen. Für eine Schüssel kalten Reis mussten die Gefangenen den Wachen 15 Yuan zahlen. Über ein dutzend Gefangene teilten sich fürs Waschen und Trinken denselben Kalt-Wasserhahn. Mit einem nicht abgedeckten Toiletteneimer kann man sich überhaupt nicht vorstellen, wie sehr es in dieser kleinen, 20m² Zelle gestunken hat. Die reicheren Gefangenen und Gefängnisbeamten führten jedoch ein völlig anderes Leben in der Strafanstalt. Sie wohnen in separaten Zimmern mit Fernsehen, einem weichen Bett und Sofa, und sie können zu essen bestellen, was sie wollen. Die Polizei liefert ihnen die Sachen, wenn sie dafür zahlen - genau wie in einem Luxushotel.

Ein anderes Unglück traf meine Familie direkt nach der Verhaftung meiner Schwester. Am 10. Juni 2002 brach sich meine Mutter nach einem Sturz die Hüfte. Nach einer einfachen medizinischen Versorgung bestand sie darauf, das Krankenhaus zu verlassen, da wir uns die Behandlungskosten nicht leisten konnten. Unser Arbeitgeber, die Kornkammer, für die unsere Familie arbeitete, hatte uns vierzehn Monate lang kein Gehalt gezahlt. Meine Mutter nahm ein wenig Medizin zu sich und griff auch auf Volksrezepte zurück. Sie humpelte herum und suchte nach einem Ausweg, meine Schwester freizubekommen. Mein nicht so redegewandter Vater musste überall um Hilfe fragen, alle seine Bemühungen waren vergebens.

Das Pech war noch nicht vorüber. Am 20. Oktober erlitt meine Mutter, die sich gerade von ihrer gebrochenen Hüfte erholt hatte, plötzlich eine schwere Hirnblutung, direkt nachdem sie meiner Schwester Geld und einige Gegenstände ins Gefängnis geschickt hatte. Sie verstarb um 13 Uhr. Unsere Familie war völlig niedergeschlagen. Bevor wir uns von der Trauer erholt hatten, ließ uns die Strafanstalt eine Nachricht zukommen, dass meine Schwester sehr krank war, ihr Blutdruck war über 200. Sie hatte Wasser in ihren Beinen und musste häufig urinieren. Die Behörden wollten, dass wir sie mit nach Hause nahmen, so dass sie nicht im Lager sterben konnte. Sie weigerten sich jedoch, uns die 500 Yuan von ihrem Konto auszuhändigen, die wir für ihre Lebenshaltungskosten im Lager bezahlt hatten.

Meine Schwester kehrte am 20.Januar 2003 nach Hause zurück. Als sie hörte, dass unsere Mutter gestorben war, nachdem sie sich die Hüfte gebrochen hatte, verschlechterte sich ihre gesundheitliche Verfassung noch mehr. Wir schickten sie ins Suihua Krankenhaus für Chinesische Medizin, wo uns der Arzt bestätigte, dass sie an einer durch Unterernährung verursachten Harnvergiftung litt. Die einzige Art, ihr Leben zu retten, war eine Nierentransplantation. Nach den Geschehnissen bis dahin waren wir jedoch schon hoch verschuldet. Wie sollten wir diese hunderttausende Yuan zusammen bekommen? Unsere Verwandten und die Freunde meiner Schwester taten ihr Bestes, aber es fehlte immer noch ein riesiger Betrag. Wir mussten sie zuhause ärztlich behandeln lassen, um sie am Leben zu erhalten.

Am 30. April 2003 kamen Beamte der Suihua Polizeiabteilung und des „Büro 610” (1), um meine Schwester ohne eine gerechtfertigte Anschuldigung festzunehmen, und hatten vor, sie im Stadtgefängnis einzusperren. Als ich dies hörte, fiel ich fast in Ohnmacht, weil sie dort bestimmt sterben würde. Später sagte mir ein Polizist, dass ihr Fall in Ordnung ginge, wenn ich ihrem Direktor 2.000 Yuan bezahlte. Um meiner Schwester zu helfen, lief ich zu meinem Onkel, aber er konnte mir nur 1.500 Yuan geben. Mit der Absicht, es wenigstens zu versuchen, ging ich zum „Büro 610” und übergab dem Direktor das Geld in einem kleinen Zimmer. Nachdem ich das Geld gezahlt hatte, ließ er mich meine Schwester nach Hause bringen.

Auf unserem Heimweg mussten meine Schwester und ich weinen. Als meine Schwester in der Strafanstalt eingesperrt war, brachte ich ihr jede Woche Dinge, die sie benötigte, aber ich hatte sie dort nur zweimal gesehen. Jedes Mal musste ich die Wache mit Geld und Geschenken bezahlen, sonst hätten sie mir nicht erlaubt, irgendetwas für sie dazulassen. Da ich keine Ahnung von der Politik dort hatte, bat ich die Wache, sich für mich darum zu kümmern. Bevor ich ging wurde ich aufgefordert, für den Rektor Zigaretten zu kaufen oder die Sachen für meine Schwester würden ihr nicht gegeben. Später merkte ich, dass meine Schwester nur ein Paar Pantoffeln und einige Kleidungsstücke erhalten hatte. Die Wache aß nicht nur das Essen, das ich für meine Schwester mitgebracht hatte, sondern nahm ihr auch das Toilettenpapier und die Damenbinden weg.

Um 13 Uhr am 21. Dezember 2003 starb meine Schwester. Bevor sie starb, sagte mir meine Schwester: „China hat so viele unfaire Politiken. Du hast so viele davon selbst erlebt. Du musst mir helfen, die Wahrheit zu erklären und jene Übeltäter zur Verantwortung zu ziehen.”

Seit dem Tod meiner Schwester sind einhundert Tage vergangen. Außer der Trauer bin ich voller Empörung. Meine Familienangehörigen sind ruiniert worden oder sind gestorben. Jedoch sind jene Folterer, jene Wachen und jene Plünderer Mitglieder der kommunistischen Partei, Regierungsfunktionäre und Beamte. Sie behaupten, dass Falun Gong Praktizierende die öffentliche Ordnung stören, aber der Fall meiner Schwester beweist mir, dass Jiang und seine Anhänger in Wirklichkeit die öffentliche Ordnung gefährden und dieses Land zerstören.

Ich appelliere an die Menschen der ganzen Welt. Bitte helft denen, die Eure Aufmerksamkeit benötigen; bitte lasst das Schicksal meiner Schwester und meiner Mutter nicht auch anderen widerfahren.

(1) Das „Büro 610” ist ein staatliches Organ, das eigens für die systematische Verfolgung von Falun Gong geschaffen wurde. Es untersteht direkt dem Komitee für Politik und Recht des Zentralkomitees der KP Chinas und besitzt uneingeschränkte Vollmacht gegenüber allen Verwaltungsbehörden und Justizorganen.