Trotz Zensur und massiver Propaganda – Chinesische Bürger kämpfen um Meinungsäußerung
(Minghui.org) Während über 160 Länder gegen die Coronavirus-Pandemie ankämpfen, sind die Beamten der Kommunistischen Partei Chinas damit beschäftigt, Fehlinformationen zu verbreiten und Loblieder auf die Partei zu singen.
Insidern zufolge hat die KP Chinas ihre Propaganda-Strategie jetzt verlagert auf: 1) die Aufmerksamkeit der Chinesen auf die Verbreitung des Coronavirus außerhalb Chinas ablenken;
2) mit der Fähigkeit der Partei prahlen, die Epidemie kontrollieren zu können;
3) Verlagerung der Schuld auf die USA durch Verbreitung von Verschwörungstheorien, dass das Virus in Wirklichkeit aus den USA stamme.
Seitdem die KP versucht, den Ausbruch des Coronavirus zu vertuschen, setzen sich immer mehr Chinesen gegen das totalitäre Regime ein. Sie suchen und finden Wege, ihre Meinung zu äußern.
Die Vertuschung dauert bis heute an
Einige chinesische Journalisten und Mediziner zeigten vor kurzem auf, wie die Informationen über das Coronavirus seit dem ersten Ausbruch in Wuhan von Beamten auf mehreren Ebenen vertuscht wurden. Nachdem DNA-Tests ergeben hatten, dass zwei Patienten positiv auf das Coronavirus getestet wurden, gab Ai Fen, die Direktorin der Notaufnahme im Zentralkrankenhaus von Wuhan, diese Informationen an ihre Bekannten aus dem medizinischen Bereich weiter. Sie und andere Kollegen wurden fast sofort wegen „Verbreitung von Gerüchten“ mundtot gemacht. Li Wenliang, der später an dem Virus starb, war unter den Kollegen, die Ai Fen benachrichtigt hatte.
Infolge der systematischen Abschottung der Informationen über das Virus waren bis zum 6. März 2020 über 3.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen in der Provinz Hubei infiziert. 40 Prozent von ihnen waren in Krankenhäusern und 60 Prozent in den Gemeinden infiziert. Fast alle von ihnen sind reguläre Beschäftigte im Gesundheitswesen und keine Epidemiespezialisten.
Einer der Schlüsselfaktoren für die hohe Zahl an Infektionen und Todesfällen war die fortwährende Vertuschung der Epidemie durch die Partei. Bis zum 24. Januar 2020 hatten chinesische Beamte 830 Coronavirus-Fälle anerkannt. Hu Dianbo, ein Arzt des Hubei Luftfahrt-Krankenhauses in der Stadt Xiaogan in der Provinz Hubei, gab am selben Tag bekannt, dass er und seine Kollegen allein in Wuhan schätzungsweise über 100.000 Infektionen hatten.
„Um die Fakten zu vertuschen, sagten die Verantwortlichen der Provinz Hubei, sie hätten ausreichende Vorräte, und lehnten auswärtige Hilfe ab. Die Krankenhäuser sind die Hölle und die Leute rennen herum und hoffen nur zu überleben“, schrieb er. „Ich weiß, dass mich das [Schreiben dieses Beitrags] in Schwierigkeiten bringen kann. Aber das ist mir egal. Leben zu retten, ist wichtiger.“
Laut Chinese Human Rights Defenders [1] haben chinesische Beamte allein zwischen dem 22. und 28. Januar mindestens 325 Einwohner festgenommen. Die meisten von ihnen wurden beschuldigt, „Gerüchte zu verbreiten“, „Panik zu erzeugen“ oder „versucht zu haben, die soziale Ordnung zu stören“.
Die Vertuschung dauert bis heute an. Ein bei Minghui.org eingegangener Bericht beschrieb die Situation in der Stadt Harbin in der Provinz Heilongjiang, wo ein Arzt mehrere Coronavirus-Fälle anhand eines Röntgenbilds identifizierte. Keiner der Fälle war in die offizielle Liste aufgenommen worden. Es stellte sich heraus, dass diese wenigen Patienten als reguläre Patienten mit Lungenentzündung behandelt wurden, um Geld für das Krankenhaus zu sparen und die Anzahl der bestätigten Fälle zu senken. Dadurch wurde die Zahl der bestätigten Fälle an die offiziell veröffentlichten Zahlen angepasst. Das Krankenhaus muss die Kosten für die Behandlung von Coronaviren decken, aber jedwede andere medizinische Versorgung nicht.
Aber das war nicht das Schlimmste. Ein anderer Bericht aus der Provinz Shandong handelte von einer Frau, die Verwandte in Wuhan hat. Die Verwandten sagten, dass in einem nahegelegenen Dorf fast jeder infiziert sei. Anstatt eine Behandlung anzubieten, sperrten Beamte das gesamte Dorf ab. Alle paar Tage wurde Personal entsandt, um bei jedem Haushalt anzuklopfen. Wenn jemand die Tür öffnete, wussten die Beamten, dass die Hausbesitzer noch am Leben waren, und gingen zum nächsten Haus. Meldete sich niemand, brachen sie in die Wohnung ein und brachten die Leichname zu einer großen Grube, die bereits für die Beerdigung gegraben worden war. Die Grube soll für Hunderte von Menschen Platz haben.
Einfallsreichtum überwindet Zensur
Ai Fen wurde kürzlich von der Zeitschrift Renwu (Leute) interviewt, in der sie sich daran zurückerinnerte, wie sie und andere Ärzte im Zentralkrankenhaus Wuhan daran gehindert wurden, auf die Epidemie aufmerksam zu machen. Der Artikel wurde am 10. März veröffentlicht, dem Tag, an dem der chinesische Präsident Wuhan zum ersten Mal seit Ausbruch der Epidemie besuchte. Stunden später wurde der Artikel aus dem Magazin und aus dem gesamten chinesischen Internet entfernt.
„In dem Versuch, der Zensur zu entgehen, haben sich neue Versionen des Artikels verbreitet. Teilweise wurden sie in Emojis geschrieben. Eine andere wurde im Morsecode geschrieben, wieder eine andere in Pinyin, dem Romanisierungssystem für Mandarin“, so The Guardian am 11. März 2020 in einem Bericht mit dem Titel „Coronavirus: Die Ärztin von Wuhan spricht sich gegen die Behörden aus“.
„Als ich mir diese verschiedenen Versionen ansah, musste ich lachen“, schrieb ein Benutzer auf WeChat. „Dann brach ich in Tränen aus [über die Tragödie].“
Hsin-chung Liao, ein Schriftsteller aus Taiwan, bezeichnete solchen Ideenreichtum als dunkles Drama. Er freut sich auf eine neue Ära, in der die Menschen „frei Chinesisch schreiben können“.
„Das Coronavirus hat in China einen Nerv getroffen, weil es fast jeden im Land in irgendeiner Weise betroffen hat“, sagte King-wa Fu, ein Zensur-Experte an der Universität von Hongkong, laut einem Bericht des Wall Street Journal mit dem Titel „Chinas Internet-Nutzer machen Zensoren einen Strich durch die Rechnung und halten das Interview eines Arztes aus Wuhan online“.
Dankbarkeitserziehung: Der Schuss geht nach hinten los
Der Parteisekretär in Wuhan, Wang Zhonglin, forderte kürzlich die Bürger auf, dem chinesischen Staatspräsidenten und der Partei für den Kampf gegen das Coronavirus zu danken, und zwar in einer Kampagne, die als „Dankbarkeitserziehung“ bezeichnet wurde. Seine Worte stießen bei den Bürgern auf heftigen Widerstand.
Der chinesische Journalist Chu Zhaoxin schrieb auf WeChat und schlug Wang vor, „sich selbst zu erziehen“: „Sie sind ein Beamter, und Ihre Aufgabe ist es, den Menschen zu dienen. Jetzt sind die Menschen, denen Sie dienen, gebrochen, die Toten sind immer noch kalt und die Tränen der Lebenden sind noch nicht getrocknet“, heißt es in einem Bericht im The Guardian mit dem Titel „,Dankbarkeitserziehungʼ: Wuhan-Chef sieht sich wegen der Danksagungsaufrufe an führende Politiker einer Gegenreaktion ausgesetzt“.
Da Guo Zhan Yi (Eine Schlacht gegen die Epidemie: China bekämpft Covid-19 in 2020), ein von der Propaganda-Abteilung und der Informationsbehörde des Staatsrats der Partei zusammengestelltes Buch, wurde im Februar 2020 veröffentlicht. Darin werden Parteibeamte als Helden dargestellt, die die Coronavirus-Infektion besiegt hätten. Das Buch wurde am 1. März 2020 urplötzlich aus den Buchläden in ganz China entfernt.
Viele Netzbürger kritisierten das Buch. „Es könnte als Zeugnis für dieses aberwitzige Zeitalter in der Geschichte dienen“, hieß es in einem Kommentar sarkastisch, „es beschreibt, wie die Kommunistische Partei die Menschen misshandelt“.
Journalisten machen mit
Auch viele Journalisten in China haben begonnen, ihrer eigenen Stimme Gehör zu verschaffen. Zu ihnen gehört Jacob Wang, ein Journalist für eine staatliche Zeitung in China. Als die Partei behauptete, dass sich das Leben in Wuhan wieder normalisiert habe, „wusste er, dass Wuhan sich immer noch in einer Notlage befindet. Er reiste hin, um die Misserfolge der Regierung aus erster Hand zu dokumentieren. Er nutzte die sozialen Medien, um die Aussagen der Partei richtig zu stellen. Letzten Monat schrieb er einen vernichtenden Beitrag über kranke Patienten, die in einer unzweckmäßigen Bürokratie um medizinische Versorgung kämpfen“. So berichtete die New York Times am 14. März 2020 in dem Artikel „China versucht die Coronavirus-Berichterstattung zu unterdrücken, doch Journalisten wehren sich“.
„Menschen mussten sterben, und darüber bin ich sehr wütend“, sagte Wang in einem Interview. „Ich bin Journalist, aber ich bin auch ein gewöhnlicher Mensch.“ Er und andere Journalisten schrieben Artikel, in denen sie die Vertuschungen des chinesischen Regimes enthüllten und über soziale Medien Pressefreiheit forderten.
Bei einer so seltenen Herausforderung für die regierende Kommunistische Partei wurden diese Journalisten manchmal vom Druck der Zensur und ebenso vom Tod und der Verzweiflung überwältigt, die durch die Pandemie verursacht wurde. „Man konnte nachts nicht schlafen, wenn man all diese schrecklichen Geschichten gesehen hat“, sagte Wang und bezog sich auf seinen Bericht über die Abriegelung von Wuhan. „Es war wirklich erschütternd“, stellte er fest.
Huang sagte, er und andere Journalisten hätten sich bei der Zunahme der Zensur an soziale Medien gewandt. „Tatsachen sind wie Brennholz“, bemerkte er. „Je mehr du anhäufst, desto heftiger wird die Flamme, wenn ein Funke sie schließlich entzündet.“
Jahrtausendwechsel: Es ist meine Aufgabe, für die Toten zu sprechen
Auch junge Menschen fanden ihre Träume durch die Wirklichkeit zerstört. Tu Long, 26, wuchs in Wuhan auf und absolvierte eine Top-Journalistenschule in China. Er erkannte, dass sein Traum in China nicht verwirklicht werden kann. „Meine Schule zielt darauf ab, diejenigen zu fördern, die helfen, die öffentliche Meinung zu kontrollieren“, sagte er. „Mehr als einmal hörte ich meine Lehrer damit prahlen, wie sie es geschafft hätten, die öffentliche Meinung zu kontrollieren“, so ein Artikel in der New York Times vom 14. März 2020 mit der Überschrift: „Ich habe die Pflicht, für die Toten zu sprechen“.
Darin erzählt Tu: „Als sie die „Bevölkerung am unteren Ende“ [Wanderarbeiter] aus Peking vertrieben haben, sagte ich mir, ich hätte sehr hart gearbeitet. Ich sei nicht Teil der „Bevölkerung am unteren Ende“, ich würde nicht ausgewiesen werden.
Als sie die Konzentrationslager in Xinjiang [für die Minderheit der muslimischen Uiguren] errichteten, dachte ich, ich sei keine ethnische Minderheit, ich hätte keine religiösen Überzeugungen, ich würde keine Schwierigkeiten bekommen.
Ich sympathisierte mit dem Leid der Menschen in Hongkong, aber ich dachte, ich würde nicht auf die Straße gehen, um [für Demokratie] zu protestieren, also hätte das nichts mit mir zu tun.
Diesmal jedoch hat es meine Heimatstadt getroffen. Viele Menschen um mich herum sind bereits krank geworden, einige gestorben. Jetzt konnte ich nicht länger stillhalten“, sagte Tu.
„Die Mehrheit der Chinesen ist nicht unschuldig, und ich auch nicht. Wir dulden [die KP-Führung], die Böses tut, und einige haben ihr dabei sogar geholfen“, überlegte er.
Ein Freund von ihm sagte einmal: „Um in China zu leben, muss man eines von zwei Dingen tun, wenn nicht beides: 1) Vernunft außer Acht lassen; 2) das Gewissen ausblenden.“
Tu stellte fest, dass er beides nicht konnte. „Als Überlebender der Wuhan-Epidemie habe ich für den Rest meines Lebens die Verpflichtung, für die Toten zu sprechen.“
[1] Chinese Human Rights Defenders ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Washington D.C.
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