Meine Erfahrung mit dem Abschleifen des Egos in einer Konfliktsituation

(Minghui.org) Seit über einem Jahr kooperiere ich mit der lokalen Mitpraktizierenden A. Wir gehen oft gemeinsam los und erklären den Menschen die wahren Umstände über Falun Dafa und der Verfolgung. Eines Tages, als wir uns nach solch einem Treffen gerade verabschiedeten, sagte A: Ich habe morgen etwas anderes vor, wahrscheinlich kann ich nicht mit dir mitkommen. Allerdings ist das noch nicht fest und kann sich noch ändern.“ Wir machten also aus, dass sie mir am Abend eine E-Mail schreiben würde, um zu bestätigen, ob sie mich am nächsten Tag begleiten würde oder nicht.

Ich erhielt am Abend keine Nachricht von ihr. Auch am nächsten Morgen war mein Posteingang leer. Zuerst dachte ich, wenn A etwas anderes vorhätte, könnte ich den Tag nutzen, um meine Mutter zu besuchen. Weil ich aber noch keine E-Mail von ihr erhalten hatte, wagte ich nicht, mich auf den Weg zu meiner Mutter zu machen. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter zu warten. Zu Mittag hatte ich aber immer noch keine Antwort erhalten.

Langsam wurde ich unruhig. Ich dachte: „Hatten wir denn nicht etwas ausgemacht? Warum hält sie ihr Versprechen nicht ein?“ Ich hielt diesen ungewissen Zustand nicht mehr aus und wählte ihre Festnetznummer. Ihr Sohn nahm ab und sagte: „Meine Mutter ist heute Morgen mit einer älteren Dame ausgegangen.“ Sie war also doch fortgegangen. Ich nahm an, dass sie sich mit einer Mitpraktizierenden getroffen hatte, da sie zu jener Zeit auch an anderen Projekten beteiligt war.

Nachdem ich aufgelegt hatte, fühlte ich mich innerlich noch unwohler. Ich dachte: „Vielleicht ist ihr etwas dazwischen gekommen, das dringend erledigt werden musste, sodass sie es bisher einfach noch nicht geschafft hat, mir Bescheid zu geben.“ Ich beschloss, noch ein wenig abzuwarten. Aber auch am Nachmittag erhielt ich keine Antwort.

Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Ich hatte weder meine Mutter besucht noch eine Antwort von meiner Mitpraktizierenden erhalten. Da ich es nicht mehr aushielt und wissen wollte, ob wir uns am nächsten Tag treffen würden, griff ich nochmals zum Telefon. Diesmal hob sie gleich ab und sagte: „Ich muss morgen B besuchen, kommst du mit?“ B war ein Familienmitglied eines Praktizierenden, der vor einem Jahr in der Haftanstalt widerrechtlich festgehalten wurde. Ich bejahte.

Am nächsten Tag schilderte sie mir ausführlich, was sie am Tag davor gemacht hatte. Sie erwähnte allerdings mit keinem Wort, warum sie mir nicht Bescheid gegeben hatte. Ich sagte nichts und dachte nur bei mir: „Ich habe einen ganzen Tag verschwendet, um auf deine Nachricht zu warten. Du hast nicht an mich gedacht.“

Bei B angekommen begannen wir, uns über ein Projekt auszutauschen, für das wir Briefe verfassen wollten. Nach einer kurzen Weile wurde ich innerlich wieder unruhig. Ich wollte endlich verstehen, wieso sie mir versprochen hatte, sich bei mir zu melden, es aber nicht getan hatte.

Als wir uns auf den Rückweg machten, teilte ich ihr schließlich mit, dass ich am Vortag auf ihre Antwort gewartet hätte. Daraufhin sagte sie: „Es scheint, als würdest du mich nicht gut genug kennen. Tatsächlich bin ich jemand, der sehr viel überlegt. Ich mache mir um viele Dinge Gedanken.“ Dann sagte sie: „Wenn du etwas nicht klar ausdrücken kannst, dann denke zumindest an den anderen und versetze dich in dessen Lage. Dann wird es schon passen.“ Ich dachte: „Und warum dachtest du dann nicht an mich?“

Zu Hause angekommen lernte ich das Fa, aber ich war über diese Sache immer noch nicht hinweg und wurde innerlich zunehmend unruhiger. Ich fand, dass ich nicht falsch lag. Immerhin hatte sie etwas versprochen, das sie nicht eingehalten hatte. Wieso verdrehte sie nun meine Worte und schob mir die Schuld zu? Plötzlich bemerkte ich, dass ich mich mitten in einem Konflikt befand. Ich wollte darüber streiten, wer richtig lag und wer falsch. Das war doch ganz eindeutig falsch. Ich begann nun meine Gedanken zu sortieren und genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich wollte verstehen, wo bei mir der Eigensinn lag, damit ich ihn abschleifen konnte.

In meinem Kopf tauchten folgende Worte auf: „Bedingungslos nach innen schauen“. Aber wie konnte man bedingungslos nach innen schauen? Ich musste alle menschlichen Gedanken loslassen und die Angelegenheit aus der Sicht eines Praktizierenden betrachten.

Schritt für Schritt ging ich meine Gedanken durch: „Wollte ich denn unbedingt an dem Tag meine Mutter besuchen?“ Die Antwort darauf war ein „Nein“. Ich fragte mich weiter: „Warum wollte ich unbedingt daran glauben, dass die anderen falsch lagen und warum glaubte ich, dass sie nicht an mich dachte?“ Die Worte meiner Mitpraktizierenden fielen mir ein: „Wenn du etwas nicht klar ausdrücken kannst, dann denke zumindest an den anderen und versetze dich in dessen Lage.“ Ich beharrte so fest auf meiner eigenen Meinung, ich konnte sie einfach nicht loslassen. Ist das nicht das „Ego“? Dieses „Ego“ ließ mich das Problem immer nur von einem Blickwinkel aus betrachten – von meinem eigenen. Dadurch gelang es mir nicht, mich in andere hineinzuversetzen und ein umfassendes Bild zu gewinnen.

Da man bei Falun Dafa sein Herz kultiviert, erkenne ich die verschiedenen Erscheinungsformen des „Egos“ jetzt immer deutlicher. Auf seiner eigenen Meinung zu bestehen und andere nach dem Maßstab des Fa zu beurteilen anstatt sich selbst, ist nur eine davon. Gleichzeitig verstehe ich, dass Praktizierende sehr kleingeistig werden können, wenn das Ego nicht abgeschliffen wird. Wenn man es schafft, es schrittweise loszulassen, dann erst kann sich das Herz weiten und Barmherzigkeit wird entstehen.