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Die Bedeutungsebenen der traditionellen Farben – Teil VI

30. Oktober 2021 |   Von Arnaurd H.

(Minghui.org)

Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V

Die Farbe Blau

In einer schadstofffreien Umgebung stellt Blau den größten Flächenanteil dar, den Menschen sehen können, wenn sie aus der Haustür treten, denn Blau ist die Grundfarbe des riesigen Himmels.

Es gibt, wie wir wissen, kein einziges, unveränderliches Blau. Tagsüber erscheint es himmelblau und nachts dunkelblau. Im Wechselspiel der Jahreszeiten und des Wetters geht es manchmal ins Violette und manchmal sehen wir azurblau.

Viele ethnische Gruppen glauben an die Harmonie von Himmel und Erde und kennen einen Edelstein auf der Erde, der die Farbe des Himmels wiederzugeben vermag. Er zeigt eine ganze Reihe von Blautönen wie dunkelblau, himmelblau, ein violettes Blau, grün-blau und so weiter. Dieser Edelstein heißt auf Chinesisch „Qingjin shi“ und wird im Westen „Lapislazuli“ genannt.

Qingjin shi (Lapislazuli)

Seit der Antike waren sich verschiedene ethnische Gruppen offenbar dessen bewusst, dass dieser Edelstein den riesigen und heiligen Kosmos symbolisiert. Vor Tausenden von Jahren hielten sowohl die Sumerer und die alten Ägypter als auch die Indianer auf dem anderen Kontinent Lapislazuli für etwas äußerst Kostbares. Damit wurden in Opferritualen, Anbetungszeremonien oder Riten Dämonen ausgetrieben. Diese Traditionen waren tief in der Kultur verwurzelt. Einige dieser Dinge überlebten und wurden von anderen Zivilisationen fortgeführt, selbst nachdem es die ursprünglichen Zivilisationen nicht mehr gab. Bis zur Zeit der Qing-Dynastie in China (1644 bis 1912) trug der Kaiser beispielsweise bei großen Zeremonien zu Ehren des Himmels eine dunkelblaue offizielle Hofkleidung und eine Kette aus 108 Lapislazuli-Perlen.

Wir alle wissen, dass es auf unserem Planeten eine Vielzahl von blauen Mineralien gibt und es gibt einige Edelsteine, die „himmelblau“ aussehen. Warum ist dann der „Lapislazuli“ so besonders?

Das liegt abermals daran, dass der Edelstein auf einzigartige Weise mit den Göttern und Buddhas in Verbindung gebracht werden kann. Hier sind ein paar Beispiele.

Der Mondgott in der mesopotamischen Mythologie in Akad, Assyrien und Babylon wird „Sin“ (auf Sumerisch „Nannar“) genannt. Der Legende nach hatte er ein besonderes Gesichtsmerkmal, und zwar bestand sein Bart aus Lapislazuli.

In ähnlicher Weise glaubte man im alten Ägypten, dass der göttliche Körper golden ist, das Haar eines Gottes jedoch aus Lapislazuli besteht.

„Ra“ war der Hauptname des Sonnengottes im alten Ägypten. Er wurde auch als der Schöpfer von allem verehrt. Die alten Ägypter glaubten, dass dieser Gott einen goldenen Körper und Haare aus Lapislazuli hatte.

Dem chinesischen Volk ist die Vorstellung nicht fremd, dass Götter goldene Körper und blaue Haare haben, denn so werden die meisten Buddha-Bilder oder Buddha-Statuen dargestellt.

Es gibt auch eine Art Pigment, das in der buddhistischen Kunst verwendet wird und das „Blau wie der Buddhakopf“ oder „buddhablau“ genannt wird. Damit werden die Haare an den Buddha-Statuen oder -Porträts gefärbt. „Buddhablau“ kann aus verschiedenen Rohstoffen wie gemahlenem Azurit, Lapislazulipulver oder einer Mischung aus beiden hergestellt werden.

Das für die Haare der Buddha-Statue verwendete Ultramarin ist ein satter und dunkler Farbton und bildet einen auffallenden Kontrast zum Gold. Um den Blauton auf dem Kopf des goldenen Körpers besser wiedergeben zu können, wurden in der Antike Pigmente aus feinem Lapislazuli-Pulver verwendet.

Da solche Pigmente sehr teuer waren, wurden sie hauptsächlich für die kleinen und mittleren buddhistischen Reliquien in den westlichen Regionen Chinas genommen, wo der Buddhismus einen großen Einfluss hatte. In anderen Gegenden Chinas dient Azurit seit tausend Jahren hauptsächlich als Rohstoff, um ähnliche Pigmente herzustellen. Natürlich gibt es viele Buddha-Statuen ohne gefärbte Haare. Aber in Tibet wurden sehr häufig Pigmente aus raffiniertem Lapislazuli-Pulver für die handgezeichneten Thangka-Gemälde verwendet.

Die Buddhastatue des Tathagata Bukuchi aus dem Renkain Geburtstempel in der Stadt Tamana, Präfektur Kumamoto, Japan. Dieser Buddha, einer der fünf Tathagatas im Tantrismus, verwaltet das nördliche Lotusparadies. Die Statue besteht ganz aus Gold. Nur das Haar ist blau, was typisch für buddhistische Kunst ist.

Ultramarin ist ein tiefblaues Pigment, das häufig in der westlichen Kunst verwendet wird. Wie im Osten wurde das ursprüngliche Ultramarinpigment hergestellt, indem Lapislazuli zu Pulver gemahlen wurde. Es war das feinste und teuerste Blau, das von Renaissancemalern verwendet wurde. Dieses Blau wurde oft für die Gewänder der Jungfrau Maria verwendet, um Heiligkeit und Demut zu symbolisieren. Ein solches Pigment wurde auch in traditionellen Darstellungen von Gott und Jesus verwendet.

Die Jungfrau Maria, Mutter Jesu, gemalt von dem italienischen Maler Giovanni Battista Salvi da Sassoferrato um 1654. Das in dem Gemälde verwendete Ultramarinblau entstand aus zu feinem Pulver gemahlenem Lapislazuli.

Das Ölgemälde „Abendmahl in Emmaus“ des französischen Malers Laurent de La Hyre aus dem Jahr 1656. Die Kleidung Jesu wurde mit ultramarinblauem Pigment aus Lapislazuli-Pulver bemalt.

Seit der Antike war es weit verbreitet, Pigmente aus kostbaren Rohstoffen wie Gold und Lapislazuli in der religiösen Kunst zu verwenden. Die Leute denken oft, dass die Menschen in den Gemälden teure Materialien einsetzen, weil sie Ehrfurcht vor den Göttern haben und sie ehren möchten.

Das mag der Fall sein, aber das zeigt nur oberflächlich die Ehrfurcht vor den Gottheiten. Dass diese Materialien gewählt wurden, lag nicht nur daran, dass sie teuer waren, sondern auch an der Bedeutung, die sie vermittelten. Tatsächlich haben alle Dinge Intelligenz und für die Existenz von allen Dingen gibt es einen tieferen Grund. Die gilt sogar für Rohstoffe. Man kann solche Bedeutungen verstehen, wenn man sie erleuchtet – und das auch nur, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Lapislazuli wurde vor den Ming- und Qing-Dynastien auf Chinesisch nicht „Qingjin shi“ genannt. Dies liegt daran, dass Lapislazuli seit der Antike in China immer aus anderen Ländern importiert wurde und ihm zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten unterschiedliche Namen gegeben wurden. Dabei konnte er auch mit anderen blauen Mineralien verwechselt werden. Eine solche Verwirrung machte sich auch in alten chinesischen Klassikern bemerkbar. Wenn wir uns jedoch einmal fremdsprachige Literatur zu dem Thema anschauen, lässt sich diese Verwirrung leicht auflösen.

Betrachten wir einmal das Beispiel des „Medizinmeisters und Königs des leuchtenden Lapislazuli“. Auf Französisch heißt er „Maître guérisseur de la Lumière de Lapis-lazuli“ und auf Italienisch „Maestro della Medicina dalla Luce Lapislazzuli“. Das Paradies, für das er zuständig ist, kennt man im Chinesischen als „Liuli Shijie“, im Englischen als „Eastern Pure Land of Pure Lapislazuli“, im Französischen als „Terre pure de pur Lapis-lazuli“ und im Italienischen als „Pura terra di puro Lapislazzuli“. Das Äquivalent zu „Liuli“ ist in diesen drei Fremdsprachen „Lapislazuli“. „Lapislazuli“ ist eindeutig das, was wir heute auf Chinesisch „Qingjin shi“ nennen.

Der Medizinbuddha (Bhaiṣajyaguru) sitzt im Schneidersitz, wobei zu beiden Seiten eine Bodhisattva steht. Der vollständige Name für Medizinbuddha ist „der Medizinbuddha der Lapislazuli-Kristallstrahlung“. Im Buddhismus hat der Medizin-Buddha einen Körper in Lapislazuli-Blau.

Egal ob „Liuli Shijie“ oder „Östliches Reines Land des reinen Lapislazuli“, dies sind nur Bezeichnungen, die wir in dieser Menschenwelt kennen. Der „reine Lapislazuli“ auf den höheren Ebenen ist nicht dasselbe wie das, was wir hier in der Welt der Sterblichen haben. Mineralien in der Welt der Sterblichen sind ziemlich unrein und weit entfernt von den kostbaren Schätzen, die in alten buddhistischen Klassikern beschrieben wurden.

Obwohl Lapislazuli zu einem der sieben Schätze im Buddhismus zählt – und von Juwelieren sehr geschätzt wird – haben wahre Kultivierungsschulen seit der Antike von ihren Praktizierenden verlangt, ihre Anhaftung an materielle Annehmlichkeiten und Besitztümer loszulassen. Denn am wichtigsten ist, seinen Charakter und seine Tugend zu verbessern und den aufrichtigen Glauben an Götter und Buddhas zu stärken.

* * *

Diese Artikelserie ist nur auf einige typische traditionelle Farben eingegangen und hat viele andere ausgelassen. Die Hauptaussage, die ich mit diesen Artikeln vermitteln möchte, ist, dass die traditionelle Farbe Chinas nicht das scharfe, grelle Rot ist, das heute im kommunistischen China so missbraucht wird.

Durch einen Blick in die Geschichte haben wir gesehen, dass wahre traditionelle Farben eng mit Gottheiten, Buddhas, mit Himmel und Erde verbunden sind. Ob der im Buddhismus verehrte „goldene Körper“ oder das im Taoismus bewunderte „violette Qi“ – diese Farben vermitteln den Menschen ein sehr positives Gefühl. Sie wirken edel und feierlich, außergewöhnlich und elegant. Im Gegensatz dazu werden irdische Sorgen um alltägliche Kleinigkeiten und das Streben nach Ruhm und Gewinn in der Welt der Sterblichen auf Chinesisch als „roter Staub“ bezeichnet, und Orte, an denen Sex zum Geschäft wird und Drogenmissbrauch weit verbreitet sind, werden oft als „Rotlicht“ bezeichnet. Offensichtlich empfinden die Menschen Farben ähnlich.

Natürlich haben alle Farben ihren Nutzen und können dementsprechend auf vielerlei Weise eingesetzt werden. Ich möchte auch keinen Hass auf die Farbe Rot schüren, denn Rot manifestiert sich auch auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Dimensionen in verschiedenen Ausprägungen. Es geht mir um den Missbrauch einer Farbe für schädliche Zwecke, wie es in der unvernünftigen und blinden Verehrung der grellen roten Farbe im heutigen kommunistischen China geschieht.

Ich hoffe, dass diese Artikelreihe den Menschen, die traditionelle Farben respektieren und ihre tiefe Bedeutung schätzen, eine neue Perspektive bietet. Meine Hoffnung ist, dass wir wieder die Schönheit und den Glanz unserer traditionellen Kultur genießen können, die in der modernen Welt, in der wir heute leben, immer weniger Platz findet.

(Ende)

Quellen:Zhao Ming Wen Xuan – Anthologie der Literatur, erstellt in der Zeit der Südlichen und Nördlichen DynastienShi Ji – Aufzeichnungen des Chronisten von Sima Qian aus der Westlichen Han-DynastieGuochu Shiji – von Liu Chen aus der Ming-DynastieShuowen Jiezi – von Xu Shen aus der Östlichen Han-DynastieQing Bai Lei Chao – geschrieben von Xu Ke, Republik ChinaFayuan Zhulin – eine 668 n. Chr. von Dao Shi zusammengestellte buddhistische TextsammlungLing Gui Zhi – ein dreiteiliger Fantasy-Roman von Xun aus der Östlichen Jin-DynastieLunheng – ein breit gefächerter klassischer chinesischer Text von Wang Chong aus der Östlichen Han-DynastieTaiping Guangji – eine Sammlung von Geschichten, zusammengestellt in der frühen Song-DynastieHortus Deliciarum – Enzyklopädie von Herrad von Landsberg aus dem 12. JahrhundertOffenbarung des Johannes – Neues TestamentLa valeur de l'or dans la pensée égyptienne – von François Daumas, 1956Kompendium der Materia Medica – von Li Shizhen aus der Ming-DynastieShiming – ein chinesisches Wörterbuch mit Anmerkungen zur Aussprache von Liu Xi aus der Östlichen Han-DynastieTongdian – chinesische Enzyklopädie von Du You aus der Tang-DynastieI Ging (Buch der Wandlungen)Hou Hanshu (Schriften der Späteren Han) – von Fan Ye aus der Zeit der Südlichen und Nördlichen DynastienGuan Fo Sanmei Hai Jing auch bekannt als “Samādhi Sea Sutra”