The Telegraph: Erzwungene Organentnahme in China und ihre Verbindung zum Westen

(Minghui.org) The Telegraph, eine überregionale britische Tageszeitung, untersuchte in einem Artikel die harte Realität der Zwangsorganentnahme in China. Der Artikel „Is British science aiding and abetting the Chinese human organ trade?“ (Unterstützt die britische Wissenschaft Chinas Handel mit menschlichen Organen?) erschien am 27. Mai 2022.

„Der Markt für erzwungene Organentnahme ist lukrativ und einige westliche Experten vermuten nun, dass sie die dafür verantwortlichen Mediziner unwissentlich unterstützt haben“, schreibt der leitende Redakteur Henry Bodkin.

Anfang der 2000er Jahre habe sich China von einem Mitläufer zu einem Vorreiter in der Transplantationstechnologie entwickelt, so Bodkin. Die Zahl der Krankenhäuser für Organtransplantationen in China habe sich innerhalb von vier Jahren verdreifacht, wobei er sich auf Informationen von Wayne Jordash QC, dem Gründer von Global Rights Compliance, beruft. „Die Anzahl der Nierentransplantationen stieg um 510 Prozent, Lebertransplantationen um 1.820 Prozent, Herztransplantationen um 1.100 Prozent und Lungentransplantationen um 2.450 Prozent“, heißt es in dem Artikel weiter.

Das Problem sei, dass all dies ohne ein freiwilliges Organspendesystem geschehe. Schätzungen zufolge wurden mindestens Hunderttausende Falun-Gong-Praktizierende Opfer einer erzwungenen Organentnahme.

Zeugenaussagen

Annie Yang, 59, arbeitet als Übersetzerin in London. Als sie noch in China lebte, war sie von März 2005 bis September 2006 in einem Arbeitslager in der Nähe von Peking inhaftiert, weil sie Falun Gong praktizierte. Dort mussten sie und weitere inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende bis zu 20 Stunden am Tag arbeiten und wurden mitunter auch gefoltert.

Doch alle paar Wochen brachte man sie und andere inhaftierte Praktizierende in ein nahe gelegenes Polizeikrankenhaus. „Dort wurden sie umfassend einer Reihe medizinischer Untersuchungen unterzogen: Scans, Bluttests, Röntgenaufnahmen, alles Mögliche. Die traumatisierten Frauen waren verwirrt“, heißt es in dem Artikel. „Warum war ein Regime, das sie derart folterte, offenbar auch um ihre Gesundheit besorgt?“

Eine Antwort darauf bekam Yang erst nach ihrer Flucht aus China – in Großbritannien, als sie Berichte über Organraub in China las. „Mein ganzer Körper zitterte. Ich hätte eine von ihnen sein können“, sagte sie The Telegraph in einem Interview. Wie viele ihrer früheren Mitgefangenen angesichts des staatlich geförderten Systems der Zwangstransplantation in China noch am Leben sind, wisse sie nicht.

Vor zwei Jahren sagte Yang vor dem China-Tribunal unter dem Vorsitz von Sir Geoffrey Nice QC, dem ehemaligen Hauptankläger im Prozess gegen Slobodan Milošević, aus. Das Tribunal kam zu dem Schluss, dass „Falun-Gong-Praktizierende als Hauptquelle für ein System der erzwungenen Organentnahme in der Volksrepublik China dienten“.

Ein weiterer Zeuge ist Enver Tohti, der einst in China als Chirurg arbeitete. Bei der Entnahme von Organen von lebenden politischen Gefangenen wurde er angewiesen, „tief zu schneiden und schnell zu arbeiten“. Acht UN-Sonderberichterstatter betrachten diesen und weitere Beweise als „glaubwürdige Indizien für die Zwangsorganentnahme“. Dazu Bodkin: „Im Klartext: Die Opfer werden auf Bestellung getötet und ihre Körper aufgeschnitten, um Leber, Herz, Nieren und Lungen, ja sogar die Augenhornhaut zu entnehmen. Die Organe werden dann auf einem unglaublich lukrativen internationalen Markt verkauft. Nieren werden für 50.000 bis 120.000 Dollar verkauft, Bauchspeicheldrüsen für 110.000 bis 140.000 Dollar.“

In Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen „glauben Experten, dass die Kommunistische Partei Chinas auch zunehmend bereit ist, wissenschaftliche Experimente an politischen Gefangenen ohne deren Zustimmung zuzulassen – in Anlehnung an die finstersten Praktiken in den Konzentrationslagern der Nazis“.

Westliche Länder haben Maßnahmen ergriffen, um die erzwungene Organentnahme einzudämmen. So wurde im vergangenen Monat ein Gesetzentwurf der Regierung verabschiedet, der es britischen Bürgern verbietet, ins Ausland zu reisen, um sich dort ein Organ zu beschaffen.

Die Verbindungen zum Westen

Erzwungene Organentnahme ist nicht nur ein Problem, das China betrifft. „Bedeutende [westliche] Mediziner blicken mit Unbehagen auf die jahrzehntelange ,konstruktive Zusammenarbeit‘ mit den medizinischen Einrichtungen Chinas zurück – auf die All-inclusive-Reisen, um für angehende Chirurgen Vorträge zu halten, und auf die gewinnbringenden Vereinbarungen, um sie scharenweise im Westen auszubilden“, so Bodkin weiter.

Daher forderte Professor Russell Strong, ein weltweit anerkannter Transplantationsmediziner aus Australien, im Oktober 2021, „alle chinesischen Chirurgen aus westlichen Krankenhäusern zu verbannen, um zu verhindern, dass sie ihre dort erworbenen Fähigkeiten auf dem Organraub-Markt einsetzen“.

„All das wirft eine beunruhigende Frage auf, nämlich: Hat der Westen die chinesische Organraub-Industrie unterstützt?“, heißt es in dem Artikel. „Oder persönlicher betrachtet: Wenn Yang in der Nähe von Peking geblieben wäre und man ihr ihr lebendes Herz herausgeschnitten hätte, hat dieser Chirurg dann vielleicht eine entsprechende Ausbildung an einer britischen Universität oder sogar beim NHS (National Health Service) erhalten?“

Die Versorgungskette

Eine bekannte Tatsache ist, dass die weltweite Nachfrage nach Organen das legale Angebot bei Weitem übersteigt. Oft würden Organe verzweifelt gesucht, sagt Professor Martin Elliott vom Londoner Great Ormond Street Hospital. Dies habe zu einem Markt für Organtourismus von etwa 1,7 Milliarden Dollar jährlich geführt. Eine Japanerin habe für eine Leber sogar fünf Millionen Dollar bezahlt.

Diese „Transplantationsagenten“ gebe es in vielen Ländern. Krankenversicherungen in Israel würden ihren Kunden sogar Hilfe bei der Suche nach solchen Agenten in China anbieten. Obwohl solche Anreize nachvollziehbar seien, sei „für den oberflächlichen Betrachter weniger klar, wie China es in einigen kurzen Jahrzehnten geschafft hat, zum Organtransplantationszentrum der Welt zu werden“.

Wayne Jordash QC, Gründer von Global Rights Compliance, hat versucht, die Antwort darauf zu finden. „Anfang der 2000er Jahre hat sich die Volksrepublik China von einem Mitläufer zu einem Vorreiter in der Transplantationstechnologie entwickelt“, erklärt er. „Es gibt Berichte darüber, dass Transplantationstouristen und chinesische Bürger innerhalb von Wochen oder Monaten ein passendes Organ bekamen – im Vergleich zu anderen Ländern, in denen Patienten trotz gut etablierter Organspendesysteme jahrelang auf der Warteliste für eine Transplantation stehen können.“

Die nächste Frage ist: Woher kommt dieses reichliche Organangebot? 2009 gaben chinesische Behörden an, dass zwei Drittel der für Transplantationen verwendeten Organe Häftlingen im Todestrakt entnommen würden. „Doch das ist einfach nicht plausibel. Seit dem Jahr 2000 ging die Zahl der Hinrichtungen nach einem Todesurteil zurück, während das Transplantationssystem exponentiell anstieg“, weiß Bodkin.

Deshalb wendeten sich die Menschen Falun Gong zu, einer Meditationspraxis, die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) rigoros verfolgt wird. „Massenverhaftungen folgten. Seitdem wird die Zahl der Falun-Gong-Praktizierenden, die der erzwungenen Organentnahme zum Opfer gefallen sind, vorsichtig auf Hunderttausende geschätzt. Laut dem China-Tribunal unter Sir Geoffrey Nice fanden zwischen 2000 und 2014 jährlich 60.000 bis 100.000 Transplantationen statt, wobei Falun-Gong-Praktizierende als Hauptquelle dienten.“

2010, mehrere Jahre nach der Aufdeckung des Organraubs, erklärte China, dass die Beschaffung von Organen von hingerichteten Gefangenen im Jahr 2015 beendet und durch freiwillige Spenden ersetzt werde. „Aber Experten glauben das nicht einen Augenblick. Sie weisen darauf hin, dass die Zahl der Organe, die in China für Transplantationen verwendet werden, die Zahl der Organe, die jemals durch freiwillige Spenden gewonnen werden könnten, bei Weitem übersteigt“, heißt es in dem Artikel.

Der weitere Weg

„Das Beschämende ist, dass ich, obwohl ich mein ganzes Leben in der Transplantationsmedizin verbracht habe, von solchen Aktivitäten nichts wusste, was an sich schon ein Problem ist“, erklärt Elliott. „Man wird oft dorthin [nach China] eingeladen, vielleicht um einen Vortrag zu halten, vielleicht um zu lehren, vielleicht um zu operieren, und man sieht nur diesen kleinen Ausschnitt, den man sehen darf.“

Das geschehe in großem Umfang. „Es ist wichtig zu wissen, dass viele Organisationen, oft mit guter Absicht, Geld verdienen und von den Beziehungen mit wechselseitigen Quellen in Ländern wie China profitieren“, so Elliott weiter.

Dr. Julian Sheather, Sonderberater der British Medical Association (BMA), sagt: „Es besteht absolut kein Zweifel, dass diese Aktivitäten eine Verzerrung der moralischen Verpflichtung in der Medizin sind.“ In Bezug auf westliche Technologien würden Fürsprecher Gesetze fordern, die „gegen die – selbst unwissentliche – Komplizenschaft bei der Organentnahme durch westliche Unternehmen und Institutionen abschreckend wirken könnten“.

Weiter schreibt Bodkin: „Ein solches Mittel ist die Rechtsdogmatik der Beihilfe, die insbesondere den Herstellern von Medizinprodukten gefährlich werden kann. Sie wurde 1946 angewendet, um den Geschäftsführer von Tesch & Stabenow, dem Hersteller des Giftgases Zyklon B, wegen Mittäterschaft am Holocaust zu verurteilen.“

China sei neben anderen Staatsapparaten für seine mangelnde Transparenz in seinem medizinischen System bekannt. Daher könne ein westliches Unternehmen nur schwer darauf vertrauen, dass ein Diagnosegerät oder eine Operationsvorrichtung nicht im Rahmen einer Organentnahme zum Einsatz kommt. „Wenn sie sich nicht davon überzeugen können, dass ihre Geräte nicht zu diesem Zweck [der erzwungenen Organentnahme] eingesetzt werden, müssen sie sich ernsthaft fragen, ob sie auf diesem Markt tätig sein sollten“, so Sheather.