Kasseler lauschen dem Unfassbaren: Organraub an lebenden Menschen (Fotos)

(Minghui.org) Die Lesung am 28. Mai 2015 in einer Kasseler Buchhandlung war für die Zuhörer schwere Kost: Es ging um die neuesten Recherchen des amerikanischen Chinaexperten, Buchautors und Enthüllungsjournalisten Ethan Gutmanns zur Ermordung von Gewissensgefangenen durch Organraub in Chinas Arbeitslagern und Transplantationskliniken. Er hat sie in seinem neusten Buch The Slaughter zusammengetragen, das kürzlich auf Deutsch erschienen ist. 

Florian Godovits, der Übersetzer des Buches „The Slaughter“, bei der Lesung am 28. Mai in Kassel

Die Zuhörer lauschen dem Unfassbaren: Organraub an Lebenden

Am Abend des 28. Mai ist es soweit: Die Gäste betreten nur langsam die Buchhandlung. Es ist nicht so einfach, sich „so einem schwierigen Thema auszusetzen“, meint ein zu spät gekommener Besucher. Er ist Biologe, der regelmäßig die Veranstaltungs-Newsletter der Buchhandlung am Bebelplatz in Kassel erhält. Im Nachklang meint er: „Da kam ich also und hörte schon aus der Ferne ‚Massenerschießungen'. So ein Thema am Feierabend!“ Aber dann war es für ihn doch unglaublich spannend. So viele Fakten und auch persönliche Geschichten erfüllen den Raum, als Florian Godovits, der österreichische Übersetzer des Buches, aus „The Slaughter“ vorliest.

Er beginnt mit den ersten erzwungenen Organentnahmen an den Uiguren in den 90ern.

Zuerst hochgepriesen, dann Staatsfeind Nr. 1: Falun Gong

Später, so fährt Godovits fort, stammen die Organe neben Tibetern, Uiguren und Haus-Christen in der Mehrzahl von Falun Gong-Praktizierenden. Die Praktizierenden seien in den 90er Jahren vom chinesischen Regime hochgepriesen worden. Dann jedoch ließ man sie ins Bodenlose fallen. Denn Falun Gong wurde am 20. Juli 1999 offiziell zum Staatsfeind Nummer 1 erklärt. Seitdem verlieren diese Menschen ihre Arbeit, werden geächtet, müssen Einverständniserklärungen unterschreiben, dass sie diesem ehemals so beliebten Qigong abschwören. Oder aber sie werden in Gefängnisse und Arbeitslager gesperrt, sobald sie Falun Gong standhaft treu bleiben. Dabei hätten viele Funktionäre aus Parteikadern vor Beginn der Verfolgung selbst Falun Gong praktiziert, weil sie um den heilenden Effekt dieser Praktik wussten, berichtet Godovits.

An dieser Stelle zeigt der Übersetzer auf das Bild einer älteren Dame aus dem Buch. „Schauen Sie mal, diese Frau hier hat einst drei Übungsgruppen für die Kommunistische Partei Chinas in Peking angeleitet.“ Erst hoch geschätzt wurde sie mit Beginn der Verfolgung am meisten geächtet. Heute lebt die Pensionärin in Kanada.

Der Medienapparat macht diese umfassende Verfolgung erst möglich

Eine so umfassende Verfolgung kann nur stattfinden, weil ein ganzer Medienapparat eingesetzt wird, um diese Menschen zu diffamieren. In China hörte man in jeder Radiosendung, sah in jedem Fernseher, dass Falun Gong schlecht ist – wie die Verfolgung der Juden im Dritten Reich. In der Folgezeit kam es dann auch zu massiven Bücherverbrennungen. Diese Nachricht verbreitete sich in alle Länder der Erde.

Hier stellt Godovits, der als Journalist arbeitet und lange Zeit in einer österreichischen Presseagentur tätig war, seinen Zuhörern die Frage: „Überlegen Sie mal, wenn Sie damals in der BRD von der staatlichen Presseagentur der DDR Propagandanachrichten bekommen hätten, hätten Sie sie wirklich ernst nehmen können?“

Eine Frau mittleren Alters ist schockiert: „Aber warum gerade dieses Qigong? Es gibt doch so viele Qigong in China.“ Darauf gibt keine allgemeingültige Antwort, so Godovits. Machtgier, Angst vor so einer starken Bewegung, die Ende der 90er Jahre bereits von über 70 Millionen Menschen getragen wurde. Außerdem werde das Qigong grundsätzlich kostenlos weitergegeben - man habe sich immer in öffentlichen Parkanlagen zum gemeinsamen Üben getroffen.

Die Dame mit der Frage hatte 2006 schon einmal einen Flyer zum Organraub von Chinesen in der Kasseler Innenstadt erhalten, seitdem jedoch nichts mehr davon gehört. „Ich musste mich überwinden, hierher zu kommen. Zu guter Letzt wollte ich es dann genauer wissen.“ Den letzten Anstoß habe das Werbeauto mit dem aufgedruckten Buchcover gegeben, das ihr nachmittags in der Stadt begegnet sei.

Der Biologe meldet sich noch einmal zu Wort. „Ich wusste, dass damals bundesdeutsche Pharmakonzerne medizinische Tests an Häftlingen in der DDR haben durchführen lassen. Das hat mich sehr geschockt. Aber das hier ist ja noch einmal eine Nummer größer. Das nimmt ja ein riesiges Ausmaß an: so viele Menschen, die in Konzentrationslagern zur Verfügung stehen.“

Körperwelten-Ausstellung in Wien: Was haben die plastinierten Leichname mit Falun Gong zu tun?

Während es in Kassel allmählich dunkel wird, schließt Godovits die Lesung mit dem Kapitel: Eine Nacht im Museum. Ethan Gutmann beschreibt in diesem Kapitel, wie er die Körperwelten-Ausstellung von Gunther von Hagens im Wiener Naturhistorischen Museum betritt. Embryonen, ein Skispringer, Leichen beim Geschlechtsakt bekommt er da zu sehen. Es dreht sich einem der Magen um, wenn man bedenkt, wie von Hagens mit seinen plastinierten Leichen umgeht. Und dass kleine Schulkinder mit ihren Lehrern durch die Ausstellung wandern. Bedenklicher ist aber, dass die Leichname aus China stammen könnten, und zwar von Falun-Gong-Praktizierenden aus der Stadt Dalian, einem der Hauptzentren für Organraub in China. Eben genau in dieser Stadt hatte von Hagens 1996 eine Gastprofessur an der Medizinischen Fakultät übernommen und später eine Plastinationsfirma gegründet. Als der Verdacht aufkam, die Leichname seien die körperlichen Überreste von hingerichteten Glaubensgefangenen, sagte der Körperweltler zwar öffentlich zu, die asiatischen Leichen aus der Ausstellung zu verbannen. Doch Ethan Gutmann stellt bei seinem Besuch der Ausstellung in Wien fest, dass die Ausstellungsobjekte immer noch verdächtig kurze Beine haben, wie es bei Asiaten der Fall ist, und dass dem ein oder anderen Leichnam die Nieren und die Leber fehlen.

An diesem Abend reimen sich die Zuhörer die Zusammenhänge selber zusammen. Die Deutschen im Publikum fragen die zwei anwesenden Chinesinnen, ob die Chinesen wohl wüssten, was in ihrem Land geschehe. Eine chinesische Doktorandin der Uni Kassel aus dem Publikum meldet sich zu Wort. Sie meint, dass die meisten den Worten der Partei glauben würden. Oder sie würden sich nicht trauen, ihre Meinung frei kundzutun. Sie selbst sei sehr froh, diese Dinge heute Abend erfahren zu haben. Gerne würde sie das Buch ins Chinesische übersetzen. Denn das hätten die Chinesen nötig: einen anderen Blick als den, den das chinesische Regime ihnen vorgibt.

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