Der Tagesspiegel, 26.08.02: Hongkongs Probleme mit dem Recht
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit beteuert Hongkongs Regierung, dass die Autonomie ihrer Region von der Zentralregierung in Peking nicht einfach entzogen werden würde. Die Regierung, so scheint es, verspricht zuviel. Man bedenke nur den Protest der Falun Gong am 14. März vor dem Pekinger Verbindungsbüro: 16 Teilnehmer wurden festgenommen und vergangenen Donnerstag wegen Behinderung verurteilt. Ob dafür nun Druck aus Peking ausschlaggebend war oder nicht die Regierung in Hongkong erfüllt ihre Pflicht penibel.
Das Leben für die Anhänger der Falun Gong in Hongkong wird immer schwieriger. Mehr als 30 Mitglieder wurden im April vergangenen Jahres festgenommen und geschlagen, während sie das Festland besuchten. Hongkongs Regierungschef Tung Chee Hwa rechtfertigte dies damit, dass die Anhänger der Sekte gefährlich seien. Einen Monat später wurden 100 ausländische Falun Gong Mitglieder von der Einwanderungsbehörde am Chek Lak Kok Flughafen verhaftet und abgeschoben.
Die Hongkonger Polizei hat sogar schon damit begonnen, Gründe zu erfinden, um friedliche Falun Gong Aktivitäten zu behindern. Zum Beispiel riss sie die Transparente der Gruppe herunter, weil dafür keine Erlaubnis des Amtes für Nahrungsmittel- und Umwelt-Hygiene eingeholt worden war. Der bevorzugte Platz für die Demonstrationen der Gruppe wurde unter dem Vorwand weggenommen, dort sollten mehr Blumenbeete angelegt werden.
All dies schwächt die Behauptung des Justizministeriums, dass die Entscheidung, die am 14. März verhafteten Falun-Gong-Anhänger zu verfolgen, nicht politisch motiviert sei. Doch der Anwalt der Angeklagten wies darauf hin, dass in Wahrheit die Polizei-Barrikaden eine größere Behinderung für die allgemeine Öffentlichkeit darstellten als die Demonstranten selber.
Die Anhänger der Falun Gong stellen keine Bedrohung Hongkongs dar. Wenn Tungs Regierung daran liegt, Hongkongs Status als eine stabile Ausgangsbasis für die internationale Geschäftswelt aufrechtzuerhalten, würde es Sinn machen, sich weniger um Blumenbeete und mehr um den Schutz der Unparteilichkeit in Polizei und Justiz zu kümmern.
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