Mein Verständnis von „den Mund kultivieren“

(Minghui.org) Vor kurzem erkannte ich den Grund, warum ich beim Praktizieren nicht gut zur Ruhe kommen konnte: Ich war zu impulsiv. Ich lernte fleißig das Fa und kultivierte mich in der komplizierten Gesellschaft der alltäglichen Menschen im Falun Dafa. Dennoch konnte ich mich kaum nach Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht verhalten. Mein Austausch mit Mitpraktizierenden war bloß leeres Gerede. Wie können wir beim Praktizieren zur Ruhe kommen, wenn wir nicht auf unsere Gedanken achten?

Als ich das Fa las, stieß ich auf die folgenden Worte des Meisters:

„Das ‚Mund kultivieren‘, von dem im buddhistischen System die Rede ist, bedeutet: Das Reden eines Menschen wird vom Denken und Bewusstsein des Menschen gesteuert, dieses Denken und Bewusstsein ist also nicht tatenlos. Wenn das Denken und Bewusstsein eines Menschen etwas denkt, etwas sagen oder etwas tun will, die Sinnesorgane und die Glieder des Menschen lenkt, kann das unter den alltäglichen Menschen schon Eigensinn sein.“ (Li Hongzhi, Zhuan Falun 2012, S. 511)

Wenn wir uns nicht wirklich kultivieren, ist es schwierig, zur Ruhe zu kommen

Nachdem ein Praktizierender aus dem Zwangsarbeitslager freigelassen worden war, teilte er uns beim Fa-Lernen in der Gruppe seine Erfahrungen mit. Als er nach innen geschaut hatte, sah er, dass er Probleme hatte, sich wirklich zu kultivieren. Er sagte sichtlich bewegt: „Die Fa-Berichtigung ist bald zu Ende und ich habe jetzt erst mit der wahren Kultivierung angefangen. Ich achte jetzt auf jeden meiner Gedanken. Und immer wenn ich auf etwas stoße, egal ob es groß oder klein ist, kultiviere ich mich wirklich. Auch wenn es nur um den Wandel einer Anschauung geht, muss ich mich stärker bemühen.“

Nach diesen Worten hatte ich gemischte Gefühle. Ich denke, wenn wir nur „erkennen“ und es uns dann an wirklichen Handlungen mangelt, ist das auch keine wahre Kultivierung. Für jede Anhaftung gibt es einen herzergreifenden Kultivierungsprozess – von dem Moment an, in dem wir eine Anhaftung erkennen, bis dahin, wo sie vollständig wegkultiviert ist.

Der Prozess beginnt damit, menschliche Anschauungen zu finden, die man ablegen muss. Dann bezahlen wir leidvoll das Karma zurück, bemühen uns beständig und behalten jederzeit aufrichtige Gedanken bei, bis wir der Anforderung an uns entsprechen. Nur dann können wir es wahre Kultivierung nennen. Sobald sich unser Charakter verbessert, verringern sich unsere Anschauungen und der Geist wird ruhig. Dann ist es nicht so schwierig, zur Ruhe zu kommen.

Nicht andere, sondern uns selbst kultivieren

Anfangs las ich ziemlich viele Fa-Lektionen, aber ich wusste nicht, wie ich mich auf solide Weise kultivieren sollte. Ich wusste nicht, wie man nach innen schaut. Allmählich begann ich, anstatt mich selbst, andere mit dem Fa zu beurteilen. Ich hatte starre Meinungen darüber, wie dieser und jener nicht im Fa war, welche Anhaftungen zu sehen waren und so weiter. Ich sprach mit starken Anschauungen über mich selbst.

Zwei Tanten von mir sind auch Praktizierende. Die ältere Tante war sehr mit ihrem Enkelkind beschäftigt, wodurch ihr Kultivierungszustand nicht gut war. Die jüngere Tante sorgte sich darum und meinte, wir müssten ihr helfen; ich stimmte ihr zu. Als jedoch die ältere Tante ankam, blieb sie nur für fünf Minuten. Wir fühlten uns schlecht, weil wir ihr unsere Besorgnis nicht hatten sagen können.

Am nächsten Tag hatte die jüngere Tante eine Kehlkopfentzündung und konnte nicht sprechen. Ich war verwirrt. An unserer Absicht am Vortag war doch nichts Falsches gewesen. Ich dachte fortwährend darüber nach. Schließlich erkannte die jüngere Tante, dass sie das Fa dazu benutzte, andere zu beurteilen. Die ältere Tante war wie ein Spiegel für mich und die jüngere Tante. Nach unserer Erkenntnis erholte sie sich schnell und die Kehlkopfentzündung verschwand.

Ein paar Tage später kam die ältere Tante zu mir nach Hause. Anstatt ihr mit dem Fa zu helfen, die Situation zu analysieren, hörte ich ihr dieses Mal einfach nur zu. Ich nutzte die Gelegenheit, mich selbst zu prüfen. Als ich sorgfältig zuhörte, entdeckte ich viele meiner Mängel, die ich zuvor nie bemerkt hatte. Als ich später die ältere Tante wiedertraf, erzählte sie, dass sie einen großen Durchbruch erzielt habe und nun den Menschen wieder die wahren Umstände von Falun Dafa erklären könne. Ich freute mich für sie.

Tatsächlich ist Dafa sehr magisch. Unser Meister nutzte die Erlebnisse der älteren Tante als Chance für uns, die jüngere Tante und mich, unsere Mängel zu erkennen. Jetzt verstehe ich: Wenn ich Konflikte habe oder auf etwas stoße, sind das alles Gelegenheiten für mich, nach innen zu schauen. So kann ich mich verbessern. Ich habe gelernt, dass wir das Fa nicht dazu benutzen sollten, andere zu beurteilen. Wir sollten andere nicht nach unseren Anschauungen verurteilen. Doch am wichtigsten ist, anderen nicht unser Verständnis aufzuzwingen.

Über unsere Erkenntnisse zu sprechen, ist Angeberei

Als sich meine Kultivierung verbesserte, achtete ich nicht mehr darauf, was andere falsch machten. Ich machte auch keine beiläufigen Bemerkungen mehr über sie. Ich nahm jede Gelegenheit wahr, nach innen zu schauen, um zu sehen, wie ich mich verbessern konnte. Ich spürte, dass es jeden Tag Hinweise vom Meister gab. Es gab jeden Tag Dinge, die ich wegkultivieren musste. Jedes einzelne Ereignis beinhaltete Elemente, bei denen ich aufpassen musste. Ich sah, dass ich große Veränderungen durchmachte. Als sich die Praktizierenden austauschten, sprach ich über den Prozess des Nach-innen-Schauens. Ich berichtete, dass ich mich in all den Jahren kultiviert hätte, aber es scheint, dass ich erst jetzt gelernt habe, wie man das macht. Nach einiger Zeit erkannte ich, dass ich nur über mich selbst sprach. Das Gespräch mit anderen zu vermeiden, konnte auch wiederum eine Anschauung sein: die Angeberei.

Einmal brachte ich einer Praktizierenden etwas und sie lud mich ein, noch etwas länger zu bleiben, damit wir uns austauschen konnten. Während unseres Gesprächs bemerkte ich, wie wortgewandt sie war. Sie erzählte auch von ihren Schwierigkeiten mit ihrem Mann. Dabei hatte sie einen gefühlvollen Tonfall. Ich bemühte mich, keinen Kommentar zu geben. Dann sprach ich über meine kürzlichen Erfahrungen, über mein Verständnis und dass ich nicht mehr über andere sprach.

Als ich gehen wollte, konnte sie die Tür nicht mehr öffnen. Sogar als sie sie mit einem Schlüssel aufschließen wollte, ging die Tür nicht auf. Ich dachte: „Das ist kein Zufall. Vielleicht hätte ich nicht so lange bleiben sollen. Heute habe ich es nicht gut gemacht.“ Sobald diese Gedanken aufkamen, ließ sich die Tür öffnen! Ich wusste, dass es ein Hinweis des Meisters war. Ich hätte mehr auf meine Worte achten sollen, außerdem hatte ich zu viel geredet. Als ich zuhause war, fühlte ich mich etwas schwindelig. Ich brauchte mehrere Tage, um mich zu berichtigen. Ich wusste nun, dass ich meinen Mund kultivieren sollte. Aber ich wusste nicht wie.

Als ich mit einer anderen Mitpraktizierenden über meine Schwierigkeit sprach, sagte sie: „Du schaust viel nach innen. Das bedeutet, dass der Meister sich um dich kümmert. Aber ich tu das nicht, ich spüre gar nichts. Vielleicht habe ich es nicht gut gemacht und der Meister kümmert sich nicht um mich.“ Ihre Worte erschütterten mich. Was in meinen Worten hatte sie zu solchen Gedanken angeregt? Als ich später das Zhuan Falun rezitierte, kam ich zu dem Teil über Angeberei.

Der Meister sagte:

„Weil wir uns unter den alltäglichen Menschen kultivieren, können viele unserer Lernenden vieles von ihrem Eigensinn nicht loslassen, mancher Eigensinn ist ihnen schon zur zweiten Natur geworden und sie bemerken ihn auch nicht. Die Geltungssucht kann sich überall zeigen, auch bei guten Taten kann sie sich zeigen.“ (ebenda, S. 389)

„So etwas gibt es auch bei uns. Wenn jemand ein bisschen besser praktiziert, sein Himmelsauge klarer sieht oder seine Bewegungen bei den Übungen schöner aussehen, prahlt er schon damit.“ (ebenda, S. 390)

Ich fing an zu verstehen, dass wir beim Austausch von Kultivierungserfahrungen darüber sprechen können, was wir erkannt haben. Aber gleichzeitig müssen wir aufpassen, was wir sagen. Wir müssen eine angemessene Zurückhaltung wahren. Jeder ist auf einer anderen Ebene und hat einen unterschiedlichen Kultivierungszustand. Wir können der gleichen Angelegenheit begegnen, aber die Dinge unterschiedlich verstehen. Dadurch haben wir auch unterschiedliche Handlungsweisen. Wenn wir zu viel über unser Verständnis reden, können wir leicht in den Zustand der Angeberei fallen. Außerdem können wir das Verständnis der Mitpraktizierenden stören und sogar Neid verursachen.

Nichts mit Absicht tun

In der Vergangenheit half ich oft den Mitpraktizierenden beim Zusammenstellen von Artikeln, die für die Feier des Welt-Falun-Dafa-Tags vorgesehen waren. Einen Erfahrungsbericht einzureichen, bedeutete nach meinem Verständnis, mit der Fa-Berichtigung Schritt zu halten. Ich hatte den Drang, auch einen Erfahrungsbericht zu schreiben. Am nächsten Tag war meine Tastatur kaputt. Ich dachte: „Geschieht das, um mich vom Schreiben abzuhalten? Ist es falsch, über meine Erfahrungen zu schreiben?“ Ich war verwirrt.

Mehrere Tage später traf ich eine andere Praktizierende, die mir erfreut mehrere Erfahrungsberichte übergab. Sie erzählte, dass sie mit manchen Praktizierenden gesprochen hätte und jeder eifrig daran teilnehmen wolle. Schließlich hatten sie alle etwas geschrieben, um mit der Fa-Berichtigung Schritt zu halten, wie ich es vorgeschlagen hatte. Als die Zeit der Einsendefrist kam, erhielten und organisierten wir Dutzende von Einsendungen. Es gab auch einige sehr gute darunter. Aber mindestens die Hälfte der Einsendungen hatten keinen wirklichen Inhalt. Sie sprachen meistens über ihre Wertschätzung dem Meister gegenüber und nicht über das, was die Minghui-Website gesucht hatte. Wir reichten sie nicht ein. Trotzdem musste ich daran denken und mich fragen, warum das geschehen war. Was machte ich falsch? Plötzlich fiel mir ein Gedicht des Meisters ein.

Der Meister sagte:

„Absichtsvolle Wohltat, auch noch Tat,Eigensinn beseitigt, wahrlich tatenlos.“ (Li Hongzhi, Tatenlos, 17.01.1993, in: Hong Yin I)

Mein Wunsch, einen Erfahrungsbericht zu schreiben, war absichtsvoll. Ich wollte es, weil ich Angst hatte, mit der Fa-Berichtigung nicht Schritt zu halten. Das war eine Anhaftung und es war meine Anschauung. Als ich mich mit anderen austauschte, spiegelten sich meine Absichten offensichtlich in meinen Worten wider. Das beeinflusste wiederum andere; besonders diejenigen, die den Aufruf der Minghui-Website nicht selbst gelesen hatten. Sie waren nur durch unser Gespräch darauf aufmerksam geworden. Jeder schrieb einen Artikel, weil keiner die Fa-Berichtigung verpassen wollte. Das wurde fast zu einer Störung. Das war mir eine große Lektion.

Der Meister sagte:

„Der gesamte Kultivierungsvorgang eines Menschen ist ein Vorgang, bei dem die Eigensinne des Menschen ständig beseitigt werden.“ (ebenda, S. 3)

„Wie hoch die Xinxing, so hoch die Kultivierungsenergie, das ist eine absolute Wahrheit.“ (ebenda, S. 53)

Wir müssen unseren Charakter kultivieren. Sonst wird uns alles, was wir mit Absicht tun, nicht helfen, uns zu verbessern. Zum Beispiel gab es in der Vergangenheit Praktizierende, die spürten, dass sie sich daran beteiligen sollten, den ehemaligen chinesischen Diktator Jiang Zemin anzuzeigen. Sie glaubten, sie würden die Vollendung nicht erreichen, wenn sie es nicht täten. Es gab auch welche, die glaubten, je mehr Lebewesen man zu erretten helfe, umso mehr Tugend sammele man.

Das erinnerte mich an ein Gedicht des Meisters:

„Tempel bauen, Gottheit anbeten, sehr geschäftig,Unwissend: Tatenvoll, alles umsonst;Töricht, verwirrt, eitle Hoffnung auf das Paradies,Blindlings tasten; nächtlich wandern; den Mond aus dem Wasser holen.“ (Li Hongzhi, Tatenvoll, 28.03.1997, in: Hong Yin I)

Was ich gelernt habe

Jetzt verstehe ich, dass sich die Gebotskörper des Meisters um alle Dafa-Jünger kümmern. Wir sind Dafa-Jünger in der Zeit der Fa-Berichtigung. Wir sollen jeden Tag die drei Dinge [1] auf solide Weise tun, weil das die Anforderung an uns Praktizierende ist. Wir sollen nach innen schauen und die Dinge dem natürlichen Lauf folgend tun. Sonst tun wir sie absichtslos. Wenn wir im Austausch mit anderen menschliche Anhaftungen und unsere menschlichen Anschauungen hineinmischen, Begierden freien Lauf lassen und die Dinge absichtlich tun, werden wir von unseren Handlungen angetrieben.

Dafa-Jünger sollen das Fa als Meister nehmen. Wir haben das Fa-Lernen in der Gruppe. Der Kultivierungsaustausch danach ist wirklich notwendig. Der Austausch ist eine ernsthafte Angelegenheit und wir müssen aufpassen, was wir sagen. Wenn wir nicht aufpassen, stören wir die anderen und ihre Fähigkeit, sich fleißig zu kultivieren.


[1] Die „drei Dinge”: 1) Die Lehre von Falun Dafa lernen, 2) aufrichtige Gedanken aussenden und 3) die Mitmenschen über Falun Dafa und die wahren Umstände der Verfolgung aufklären.