Nach zwölf Jahren Haft: 50-Jähriger erneut vor Gericht – Anwälte fordern Entscheidung nach Gesetz und Gewissen
(Minghui.org) Ein 50-jähriger ehemaliger Eisenbahner stand Ende November 2020 wegen seines Glaubens an Falun Dafa [1] vor Gericht. Seine Anwälte plädierten auf nicht schuldig. Sie beriefen sich auf die Glaubensfreiheit. Demnach dürfe ihr Mandant Falun Dafa praktizieren und dürfe nicht deswegen verfolgt werden.
Ma Zhiwu, ein 50-jähriger ehemaliger Eisenbahner, wohnt in der Stadt Yinchuan in der Provinz Ningxia. Seine Anwälte, Familie und Freunde forderten von dem Gericht und allen, die in den Fall involviert sind, eine gerechte Entscheidung nach dem Gesetz zu treffen. Andernfalls würden sie in der Zukunft zur Verantwortung gezogen werden, weil sie sich des Verbrechens an der Menschlichkeit mitschuldig gemacht hätten.
Vor seiner jüngsten Verfolgung wurde Ma wiederholt festgenommen. Zwölf Jahre verbrachte er in Haft, weil er seinen Glauben bewahrt hat.
Verhaftung und Anklage
Als Ma am 5. Juni 2020 in der Stadt Guyuan auf der Suche nach Arbeit war, wurde er festgenommen. Am 25. Juni genehmigte die Staatsanwaltschaft des Bezirks Yuanzhou die Verhaftung.
In der Haftanstalt Guyuan trat Ma aus Protest in Hungerstreik. Seine Familie suchte die zuständige Polizeiwache und die Haftanstalt auf, um eine Freilassung zu erwirken. Erfolglos. Die Angehörigen durften den Praktizierenden auch nicht in der Haftanstalt besuchen.
Als Mas Verteidiger am 10. und 28. Juli in die Haftanstalt kamen, um ihn zu treffen, wies man sie ab.
Ende August reichte die Polizei den Fall an die Staatsanwaltschaft Yuanzhou weiter. Ma wurde „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“ und „Untergrabung der Staatsgewalt“ vorgeworfen – zwei Standardvorwände, mit denen das kommunistische Regime Chinas Falun-Dafa-Praktizierende und Dissidenten verfolgt.
Der Staatanwalt erklärte, dass der Fall wegen des Vorwurfs der „Untergrabung der Staatsgewalt“ von der übergeordneten Behörde bearbeitet werden solle. Am 2. September übergab er den Vorgang an die Staatsanwaltschaft der Stadt Guyuan.
Am 17. September wurde den Verteidigern nach vielen Anläufen erlaubt, Ma zu treffen. Sie erklärten ihm seine Rechte und den Ablauf des Verfahrens.
Am 24. September wurde gegen Ma Anklage erhoben. Sein Fall landete beim mittleren Volksgericht Guyuan.
Viel Aufwand für einen kurzen Anhörungstermin
Der Vorsitzende Richter, der für Mas Fall zuständig war, plante zunächst eine Videoanhörung. Dabei sollte der Teil der Anhörung, der sich auf den Anklagepunkt „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“ bezog, öffentlich stattfinden, während die weiteren Anklagepunkte nicht öffentlich behandelt werden sollten.
Ma und seine Verteidiger widersprachen einer Videokonferenz und beantragten, den Praktizierenden persönlich anzuhören. Der Richter willigte ein und ordnete gleichzeitig an, dass jeder Teilnehmer einen negativen Corona-Test vorlegen müsse. Andernfalls würde der Zutritt zur Sitzung nicht gewährt.
Als Mas Anwälte am 19. November um 9 Uhr das Gerichtsgebäude betraten, wurden sie von Justizbeamten aufgehalten. Den Verteidigern sei es nicht erlaubt, Mobiltelefone, Computer oder Taschen in den Gerichtssaal mitzunehmen, sagten sie. Die Juristen argumentierten, dass sich alle notwendigen Dokumente auf den Computern befinden würden.
Nach einer zweistündigen Diskussion bot das Gericht den Anwälten an, Computer zur Verfügung zu stellen. Die Anwälte könnten ihre Dateien auf die Gerichtscomputer überspielen. Das lehnten die Verteidiger ab. Nach weiteren Gesprächen erlaubte das Gericht schließlich, die Dateien auf Speichermedien zu übertragen. Diese könnten mit Hilfe der Gerichtscomputer vorgezeigt werden.
Gegen 11 Uhr begann die Anhörung. Ma beantragte, den Staatsanwalt Ma Zhigang von der Anhörung auszuschließen. Er trug vor, dass der Staatsanwalt nicht auf seine früheren Beschwerden über die Polizei reagiert habe. Bei der Verhaftung hätten sich die Beamten nicht ordnungsgemäß ausgewiesen. Das Verhalten des Staatsanwalts würde zeigen, dass er den Fall nicht nach den Grundsätzen von Recht und Gerechtigkeit bearbeiten könne.
Der Vorsitzende Richter besprach Mas Antrag mit den Beisitzern und vertagte die Anhörung, ohne eine Entscheidung zu verkünden.
Richter setzen Anwalt unter Druck
Stunden später kam einer der Verteidiger wieder zum Gericht, um weitere Dokumente einzureichen. Er beantragte, dass das Gericht unzulässige Beweise der Staatsanwaltschaft zurückweist und dass alle Zeugen zur Beweisaufnahme vor Gericht erscheinen sollen. Die Richter hielten den Anwalt den ganzen Nachmittag über fest und versuchten, ihn über „die Politik und Ideologien der Kommunistischen Partei“ zu belehren. Ein Richter sagte: „Die Kommunistische Partei Chinas ist die herrschende Partei und wir müssen ihre Macht aufrechterhalten und schützen.“
Der Verteidiger erwiderte: „Was hat das mit der Anhörung zu tun? Folgen wir der Partei oder dem Gesetz? Als Anwalt verteidige ich die Verfassung und schütze sie. Vor dem Gesetz sind alle gleich.“
Zweite Anhörung
Am 22. November fand die zweite Anhörung statt. Der Richter hatte Mas Antrag abgelehnt, den Staatsanwalt von der Anhörung auszuschließen. Entgegen dem Antrag der Anwälte waren auch keinerlei Zeugen vorgeladen worden.
Auf Antrag der Verteidiger legte das Gericht die Zeugenaussagen vor. Die Anwälte stellten fest, dass drei der Zeugen exakt übereinstimmten. Einige der Videos und Dateien, die Ma im April 2017 verbreitet haben soll, existierten zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aus den Dokumenten ging hervor, dass die Beweise tatsächlich später erstellt worden waren.
Die Anwälte fragen den Staatsanwalt: „Gegen welches Gesetz hat unser Mandant verstoßen? Und die Strafverfolgung welches Gesetzes hat er untergraben?“ Der Staatsanwalt blieb die Antwort schuldig.
Die Verteidiger führten aus, dass jedem Bürger laut chinesischer Verfassung Glaubensfreiheit gewährt würde. In der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrecht“ heiße es in Artikel 18:
„Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“ Der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“, den China 1998 unterzeichnet habe, bestimme, dass kein Gesetz die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit einschränken dürfe.
Der Staatsanwalt unterbrach den Verteidiger: „Dem, was Sie gerade gesagt haben, liegt keine eindeutige Quelle zugrunde. Woher haben Sie das?“ Er bat das Gericht, die Aussage des Anwalts zu prüfen.
Der Verteidiger antwortete, dass alle Informationen auf den Webseiten der Vereinten Nationen und der Regierung zu finden seien. „Sie sind ein erfahrener Staatsanwalt. Ich weiß nicht, warum Sie nicht einmal über solche grundlegenden juristischen Kenntnisse verfügen.“
Der Staatsanwalt war sehr verärgert und beschuldigte den Anwalt, „die Kommunistische Partei Chinas anzugreifen“. Er forderte den Vorsitzenden Richter auf, die Verteidiger des Gerichtssaals zu verweisen, sie zu verhaften und ihnen Geldstrafen aufzuerlegen.
Der Richter wies diese Forderungen zurück.
Die Anwälte setzten ihre Verteidigung auf nicht schuldig fort. Sie argumentierten, dass in Mas Fall kein Opfer bekannt sei. Es sei auch kein Schaden für die Gesellschaft entstanden, nur weil Ma seinen Glauben praktiziere. Die Anwälte forderten den Richter auf, bei der Entscheidung dem Gesetz und seinem Gewissen zu folgen, und beantragten Freispruch.
Nachdem der öffentliche Teil der Anhörung zur „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“ gegen 15 Uhr beendet war, mussten die Zuschauer den Saal verlassen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ging die Anhörung zum Anklagepunkt „Untergrabung der Staatsgewalt" weiter.
Nach Ausführungen der Verteidiger war als Beweis, dass Ma sich der „Untergrabung der Staatsgewalt“ schuldig gemacht hätte, eine Prophezeiung herangezogen worden. Ma habe die Prophezeiung von Liu Bowen, einem berühmten Weisen der Ming-Dynastie, zitiert, die er auf dem Taibai Berg-Denkmal hinterlassen hat.
Ein Anwalt sagte: „Die ganze Welt weiß über den Arzt Li Wenliang Bescheid und wie er für die Weitergabe von Informationen über das Coronavirus gerügt wurde. Jetzt wollen Sie unseren Mandanten in gleicher Weise angreifen?“
Die Anhörung dauerte von 9 bis 22 Uhr. In dieser Zeit wurde den Anwälten vom Gericht weder Essen noch Wasser angeboten. Die Justizbeamten weigerten sich sogar, das Essen anzunehmen, dass Mas Familie für die Anwälte mitgebracht hatte.
Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lagen keine Informationen zu einer gerichtlichen Entscheidung in dem Fall vor.
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Zusätzliche Nachrichten über die Verfolgung in China - 8. Juni 2020 (9 Berichte)
[1] Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.
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