Das auf ewig unvollständige Familienporträt einer jungen Künstlerin – Teil V

(Minghui.org)

Teil I

Teil II

Teil III

Teil IV

Ein Akt der Freundlichkeit

In den vom kommunistischen Regime betriebenen Haftanstalten wird das Leben eines Insassen nicht geschätzt oder geschützt. Von den Behörden ermuntert oder sogar aufgehetzt nehmen Folter und Gewalt überhand und bringen die dunkle Seite der menschlichen Natur zum Vorschein.

In einer solch feindseligen Umgebung erscheint eine kleine Geste der Freundlichkeit umso wertvoller. Trotz des Leids, dem Falun-Dafa-Praktizierende in der Haft ausgesetzt sind, haben sie im Stillen ihren Glauben bestätigt. In ihren Worten und Taten folgen sie den Dafa-Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht.

Manchmal war das Essen so knapp, dass einige Gefangene auf allen Vieren niederknieten und wie ein Hund bellten, nur um ein Stück verdorbenen Reiskuchen zu bekommen. In solchen Momenten teilten Praktizierende ihre ohnehin schon dürftige Portion mit den Betagten und Schwachen. Um die Häftlinge davon abzuhalten, zu viel zu essen, wurde der Topf nie vom Herd genommen. So war der Brei immer zu heiß zum Essen. Wenn eine Schüssel mit eingelegtem Gemüse auf den Tisch ausgeschüttet wurde, mussten die Gefangenen darum kämpfen – sonst gingen sie leer aus.

Yu hatte nicht viel Geld und seine Geldkarte war oft gesperrt. Wenn er aber etwas im Gefängnisladen kaufte, nahm er immer zwei von einer Sorte und teilte mit denjenigen, die noch weniger hatten als er. Als ein Stück Rohrzucker noch als Luxus galt, gab Yu einem armen Gefangenen, bei dem gerade Krebs diagnostiziert worden war, seine kleine halbe Tüte Würfelzucker.

Den Strom abschalten“

In der Haftanstalt Hailin wurden die Gefangenen dazu gebracht, an einem Spiel teilzunehmen, das „den Strom abschalten“ hieß. Alle Häftlinge saßen in einer Reihe hintereinander und die hinterste Person begann mit dem Spiel, indem sie ihrem Vorgänger in den unteren Rücken schlug. Diesen Schlag gab diese Person wiederum an die vor ihr sitzende weiter und so ging es bis zur ersten Person. Grundlos geschlagen zu werden, führte zur Wut, die sich in immer heftigeren Schlägen zeigte. Je länger das Spiel dauerte, desto wütender wurden die Betroffenen.

Aber der „Strom“ erreichte nie Yus Vordermann. Der Praktizierende steckte die Schläge ein, ohne sie weiterzugeben. Er hielt sich an die Lehre des Begründers des Dafa. Demnach soll man sich nicht wehren oder zurückschlagen, wenn man geschlagen oder beschimpft wird. Wenn der Strom wieder einmal von Yu aufgehalten worden war, verkündeten die Häftlinge: „Der Strom ist abgeschaltet.“ Dann ging das Spiel von vorne los. Egal, wie oft Yu geschlagen wurde, er schlug niemanden. Irgendwann spielte keiner mehr dieses Spiel.

Freundlichkeit siegt

Yu bemerkte auch, dass es einige Gefangenen und Wärter gab, die den Praktizierenden im Rahmen ihrer Möglichkeiten halfen und sie beschützten. Die Gefängnisleitung ermutigte die Insassen, über Yu bei einigen Abteilungstreffen zu lästern – aber niemand hatte etwas Schlechtes gegen ihn vorzubringen.

Stattdessen lobten einige Häftlinge offen die Falun-Dafa-Praktizierenden, die von Wärtern und Gefangenen kurz als „Falun“ bezeichneten wurden. „So gute Menschen.“ „Verglichen mit den Falun-Dafa-Praktizierenden, die hoch oben im Himmel sind, ist dieser und jener unten am Boden.“

Der überzeugte Gangsterboss

Für die Gefängnisleitung war Yu ein großes „Problem“, weil er seinen Glauben nicht aufgeben wollte. Der Gefangene Yang Qinghua wurde daher aus einer anderen Abteilung geholt, um dieses Problem „lösen“.  Früher war er Gangsterboss in der Stadt Zhaodong, jetzt ist er im Gefängnis. Als Chef der Trainingsabteilung hatte er alle Insassen unter sich.

Über seiner Gefängnisuniform trug Yang immer einen schwarzen Mantel – und eine finstere Miene. Ein paar Gefangenen folgten ihm überall hin. Einer trug seine Teekanne, ein anderer seine Katze und der Dritte trug zusätzliche Kleidung. Bei den Gefangenen löste Yangs Anwesenheit immer großes Unbehagen aus. Sobald er eine Zelle betrat, hielten alle den Atem an.

Zu dieser Zeit suchte Yang eifrig nach einem „Projekt“, um die Gefängnisleitung zu beeindrucken. Er wollte sich bei ihnen beliebt machen, weil er seine Todesstrafe zu einer lebenslangen Haftstrafe umwandeln lassen wollte. Als die Wärter Yang beauftragten, sich um Yu zu „kümmern“, willigte der Verbrecher ein.

Yang ließ Yu einen Brief zukommen, indem er ihn aufforderte, sich mit dem Gangsterboss zu treffen. Als der Praktizierende erschien, sagte Yang: „Falun, die Vorgesetzten haben mir jetzt die Verantwortung übertragen. Solange ich das Sagen habe, werde ich das durchziehen. Was sagst du dazu? Es ist mir egal, ob du etwas anderes tust, aber wenn du mich aufhältst, werde ich das nicht dulden. Niemand kann mich aufhalten. Wenn du heute nicht die Garantieerklärung schreibst, wirst du hier herausgetragen anstatt selbst hinauszugehen.“

Yangs Gesicht verfinsterte sich. Langsam zog er sich ein Paar weiße Handschuhe an und war bereit, mit der Prügel zu beginnen.

Obwohl Yu schwach und abgemagert war, klang in seiner Stimme keinerlei Angst. Er antwortete: „In alten Zeiten gab es einen Dieb namens Zhi. Bei einem Auftrag ging er immer als Erster rein und als Letzter wieder heraus, aber trotzdem teilte er alles, was er gestohlen hatte, gleichmäßig mit seinen Partnern. Das war seine Regel. Selbst die Diebe in der Antike hatten Prinzipien, die sie befolgten.

Hu Yaobang, ein hochrangiger Führungspersönlichkeit Führer der KPCh [Kommunistische Partei Chinas] beschrieb in seinen Memoiren die eine Sache, die er in seinem Leben am meisten bedauerte: Als er genau wusste, dass Peng Dehuai (ein hochrangiger KPCh-Militärbeamter) während der Kulturrevolution zu Unrecht angeklagt war, hob er trotzdem die Hand und unterstützte Pengs Verfolgung.

Wenn ein Mensch gegen sein Gewissen handelt, wird er niemals in Frieden leben können. Bei mir wurde eine unheilbare Krankheit diagnostiziert und man sagte mir, dass ich nicht mehr lange zu leben hätte. Ohne einen Pfennig von mir zu verlangen, hat mich Meister Li, der Begründer von Falun Gong, geheilt – nicht nur meinen Körper, auch mein Herz hat er geheilt.

Als ich für die Bibliothek arbeitete, benutzte ich Firmenmaterial, um meine eigene freiberufliche Arbeit zu verrichten. Als ich angefangen hatte, Falun Dafa zu praktizieren, machte ich eine Liste mit den Materialien, die ich im Laufe der Jahre benutzt hatte und ersetzte sie. Niemand hat mir gesagt, dass ich das tun sollte, und ich habe auch niemandem davon erzählt. Ich war in meiner Abteilung für den Einkauf zuständig. Wenn die Lieferanten mich fragten, wie viel sie auf die Rechnung schreiben sollten [ein höherer Rechnungswert bedeutete einen Gewinn für die Person, die für den Einkauf zuständig war], sagte ich ihnen, dass ich ein Falun-Dafa-Praktizierender sei und die Kosten wahrheitsgemäß angeben würde.

Meister Li lehrte mich, ein guter Mensch zu sein. Meine Schwester Yu Zhenjie arbeitet bei der örtlichen Staatsanwaltschaft als Buchhalterin. Als sie sich auf eine Versetzungsprüfung vorbereitete, rieten ihr alle zu schummeln. Aber das tat sie nicht. Wir kultivieren Wahrhaftigkeit. Der Direktor der Staatsanwaltschaft hörte davon und sagte zu meiner Schwester: ‚Ich kann nicht glauben, dass es noch solche Leute wie Sie auf dieser Welt gibt. Wenn wir nur einen Mitarbeiter einstellen würden, würden wir Sie nehmen.‘“

Dann fragte der Praktizierende Yang: „Wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du deinen eigenen Meister gegen dein Gewissen beschimpfen? Wenn du mich heute zu Tode prügelst, werde ich es dir nicht verübeln. Ich hatte nie vor, diesen Ort lebendig zu verlassen. Ich brauche keinen Ausweg. Ich werde die Erklärung nicht schreiben.“

Während der Gangsterboss zuhörte, wurde sein Ausdruck weicher. Sichtlich bewegt und beeindruckt sagte er zu Yu: „Falun, so sollten sich Menschen verhalten!“

Ein Herz im Wandel

In der Zelle stands Yus Bett direkt neben dem eines Serienmörders. Der arme Bauer hatte fünf Menschen ermordet und saß in der Todeszelle. Er wurde so sehr schikaniert und herumgestoßen, dass er nach Rache sann. Yu erklärte ihm jedoch, wie sich Menschen verhalten sollten und brachte ihm bei, die Gedichte des Meisters zu rezitieren. Vor seiner Hinrichtung sagte der Mann zu Yu voller Reue: „Ich habe dich zu spät getroffen.“

Ein Bandenchef aus der Stadt Suifenhe wurde beauftragt, über 300 Gefangene in der Abteilung Nr. 6 zu beaufsichtigen. Yu unterrichtete ihn in Kalligraphie. Als sich die Pinselführung des Verbrechers verbesserte, wurde er freundlich und sanft. Er half den schwachen und älteren Häftlingen und sorgte unerschrocken für Gerechtigkeit. Unter seiner Leitung wurde die Abteilung Nr. 6 die hervorragendste Abteilung. Alle nannten den früheren Bandenchef nur noch „Big Bro“ [großer Bruder].

Als ein ehemaliger Leiter des örtlichen Büros 610 [1] zum Direktor ernannt wurde, hatte er den Plan, die Gefangenen gegen „Big Bro“ aufzuhetzen und sich selbst als neuen Chef zu etablieren. Doch sein Plan scheiterte kläglich. „Big Bro“ hatte sich das Vertrauen und den Respekt der Gefangenen verdient. Als er entlassen wurde, vermissten es die Häftlinge, einen so freundlichen Aufseher in der Abteilung zu haben, der sich immer um sie kümmerte und auf sie aufpasste.

Viele andere Insassen stimmten mit den Grundsätzen des Falun Dafa überein. Manche fingen sogar an zu praktizieren. Diejenigen, die die Praktizierenden freundlich behandelten, wurden gesegnet. Denjenigen hingegen, die gegenüber Falun Dafa feindselig eingestellt waren und sich direkt an der Misshandlung oder Folter von Praktizierenden beteiligten, ging es nicht so gut. Natürlich ist Vergeltung nicht das, worauf es den Praktizierenden ankommt.

Das wertvollste Geschenk

Korrupte Beamte bringen ihren Kindern bei, gegen ihr Gewissen zu handeln. Reiche Geschäftsleute leiten ihre Kinder an, niemandem zu trauen. Minghuis Eltern jedoch lehrten sie immer, den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht zu folgen.

Als Minghui bei einem Besuch die Verletzungen und  blauen Flecken an dem Körper ihres Vaters bemerkte, waren ihre Augen voller Hass. Dann erzählte Yu ihr eine Geschichte über Vergebung. Er sagte Minghui, dass sie immer die gute Seite der Menschen und das Positive an den Dingen sehen solle. Er erklärte seiner jungen Tochter auch, dass die Wärter keine Wahl hatten, und bat sie, keinen Groll gegen sie zu hegen.

Als Minghui ihren Vater gegen Ende ihres letzten Schuljahres vor den Hochschul-Aufnahmeprüfungen in der Haft besuchte, sagte Yu durch die Metallgitter zu ihr: „Kindchen, Papa hat dir bei gar nichts geholfen.“ Minghui riss damals die Augen weit auf, winkte mit der Hand ab und lächelte: „Papa, das ist überhaupt nicht wahr.“

„Eins nach dem anderen“, sagte sie dann ernst. „Papa, du hast meiner Seele das wertvollste Geschenk bereitet.“

Obwohl sie durch die finsterste Hölle gegangen waren, schafften es Mama und Papa noch immer, freundlich und aufrichtig zu bleiben – wie Lotusblumen, die aus dem Schlamm wachsen und in einer chaotischen Welt zu reinen, schönen und duftenden Blumen erblühen. Wie ein Vajra, der schön ist wegen seiner Reinheit und unzerstörbar wegen seines unerschütterlichen Glaubens.

Minghui ist so stolz auf ihre Eltern.

(Fortsetzung folgt)


[1] Das Büro 610 ist eine außergesetzliche Behörde, die die Verfolgung von Falun-Dafa-Praktizierenden durchführt. Sie ist befugt, gesetzliche Anordnungen zu übergehen und ohne den Rechtsweg einzuhalten Falun-Dafa-Praktizierende zu verhaften