Rentenentzug: Die finanzielle Verfolgung von älteren Praktizierenden ohne Rechtsgrundlage

(Minghui.org) Wei Xiuying ist eine Falun-Dafa-Praktizierende aus der Stadt Linghai, Provinz Liaoning. Von 2009 bis 2014 war sie fünf Jahre wegen ihres Glaubens inhaftiert. Das örtliche Sozialversicherungsamt hält seit Dezember 2016 ihre Rente zurück. Bevor eine Rente ausgezahlt wird, soll Wei über 100.000 Yuan (rund 14.000 Euro) zurückerstatten, die sie während der Haft als Rente erhalten hat.

Wei gewann im August 2018 einen Rechtsstreit gegen das Sozialversicherungsamt, das Berufung einlegte. Obwohl die Berufung im März 2019 zurückgenommen wurde, weigerte sich das Amt weiterhin, Wei Rente zu gewähren. Stattdessen schikanierten Beamte sie und verlangten weiterhin die Rückzahlung des „geschuldeten“ Geldes.

Wei beantragte schließlich die Vollstreckung des Urteils. Das Gericht wies ihren Antrag am 12. Oktober 2019 zurück. Zwei Monate später erhielt sie einen weiteren Bescheid von der Sozialbehörde. Abermals wurde sie binnen einer Frist von sechs Monaten zur Zahlung der „Schulden“ aufgefordert. Andernfalls drohte man ihr mit Klage.

Am 29. Juni 2020 brachen elf Personen, darunter Polizeibeamte, Funktionäre des Wohnungskomitees und Mitarbeiter des Sozialversicherungsamtes, in Weis Wohnung ein und forderten die Rückzahlung des Geldes. Da Wei nicht zu Hause war, versuchten die Beamten, ihren Mann einzuschüchtern. Sie drohten mit einer Klage, falls der Betrag nicht binnen zehn Tagen gezahlt würde.

Tatsächlich reichte die Behörde später eine Klage gegen Wei ein und sorgte zudem dafür, dass im Oktober 2020 ihr Bankkonto gesperrt wurde. Sollte sie „ihre Schulden bezahlen“, könne sie wieder auf ihr Konto zugreifen, hieß es.

Zum Zeitpunkt der Berichterstattung war der Sachverhalt noch immer nicht geklärt.

Weis Fall ist kein Einzelfall. Viele ältere Praktizierende befinden sich nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in einer ähnlich misslichen Lage. Aufgrund der erlittenen Folter sind sie psychisch und physisch angeschlagen. Auch ihre Angehörigen sind möglicherweise wegen ihres Glaubens an Falun Dafa ausgegrenzt worden.

Viele ältere Praktizierende wurden von den örtlichen Sozialversicherungsämtern aufgefordert, die Rentenzahlungen zurückzuerstatten, die ihnen während der Haft gewährt wurden. Wenn sie die geforderte Summe nicht zahlen, wird die Rente oft ganz oder zur Hälfte ausgesetzt. Gelegentlich streicht die Behörde auch die Dienstjahre der Praktizierenden, in denen in die Rentenkasse eingezahlt wurde. Manchmal werden sie sogar auf null gekürzt, sodass jegliche Rentenansprüche erlöschen. Es kommt auch vor, dass die Behörde Bankkonten sperrt oder Geld abbucht, um die während der Haft gezahlten Rentenleistungen zurückzuerhalten.

Rentenentzug – rechtswidrig und rücksichtslos

Der Rentenentzug ist Bestandteil der finanziellen Verfolgung, welche die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) gegen Falun-Dafa-Praktizierende verübt. Seit 1999 sind Praktizierende landesweit im Visier der Ermittler. Auf Anweisung des Büro 610 wurden zahlreiche Praktizierende festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig verfolgt. Dazu gehört auch der Entzug der Rente.

Wem gehört die Rente?

In China zahlen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Beiträge in die Rentenfonds ein, die von den örtlichen Sozialversicherungsämtern angelegt, verwaltet und verteilt werden. Als Teil des Gesamtvergütungspakets eines Rentners ist die Rente sein rechtliches Eigentum – keine Einzelperson, Organisation oder Regierungsbehörde hat das Recht, diese einzubehalten. Mit anderen Worten: Die Sozialversicherungsanstalt und andere staatlichen Stellen handeln als Treuhänder für die Verwaltung der Rentenfonds, sind aber nicht deren Eigentümer.

Rechtsgrundlage“ ohne rechtliche Grundlage

Eine Richtlinie, die häufig als Rechtfertigung für den Rentenentzug während der Haft genannt wird, ist die vom Hauptamt des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit im Jahr 2001 herausgegebene Richtlinie Nr. 2001-44. Darin heißt es, dass die Grundrente nicht an diejenigen ausgezahlt wird, die eine Haftstrafe verbüßen. Zudem dürfen sie nicht von der jährlichen Rentenanpassung profitieren.

Auch auf andere von der Regierung herausgegebenen Dokumente wird Bezug genommen, beispielsweise auf die „Stellungnahme zur weiteren Förderung der Beschäftigung und der sozialen Sicherheit von Personen, die aus der Umerziehung durch Arbeit entlassen wurden“. Diese Richtlinie wurde am 6. Februar 2004 von mehreren Regierungsbehörden erlassen, darunter die Zentrale Umfassende Verwaltungskommission für öffentlichen Sicherheit, das Justizministerium, das Ministerium für öffentliche Sicherheit, das Ministerium für Personalwesen und soziale Sicherheit (MOHRSS), das Ministerium für zivile Angelegenheiten, das Finanzministerium sowie die Nationale Hauptverwaltung für Industrie und Handel.

Eine weitere Richtlinie ist die „Bekanntmachung über Fragen im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen für Beschäftigte in Institutionen und Umgang mit Administrativstrafen“. Diese wurde 2012 gemeinsam vom MOHRSS, der Organisationsabteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und dem Ministerium für Aufsicht herausgegeben (Nr. 2012-69). Darin heißt es: „Während der Haft wird die Rente einbehalten und nach der Freilassung nur 50 Prozent der regulären Rentenleistungen gewährt.“

Weitere von den Behörden herangezogene Dokumente sind die „Bekanntmachung über die Abwicklung der Grundabsicherung für Stadt- und Landbewohner“, die im Jahr 2014 vom MOHRSS veröffentlicht wurde (Nr. 2014-23), sowie die „Vorschriften zur Abwicklung der Grundabsicherung für Stadt- und Landbewohner“, ebenfalls vom MOHRSS herausgegeben im Jahr 2019 (Nr. 2019-84).

Die vorgenannten Vorschriften erlauben, dass die Rente während der Haft einbehalten oder nach Entlassung aus dem Gefängnis gekürzt wird. Allerdings ist keines der Dokumente ein Gesetz, da die herausgegebenen Behörden keine gesetzgebenden Organe sind. Daher dürfen diese Vorschriften nicht als Rechtsgrundlage verwendet werden, um einem Rentner seine Rentenleistungen zu verweigern.

Es gibt nur eine Bedingung, damit die Behörden die Rentenzahlungen einstellen dürfen – der Tod des Rentners.

Verstoß gegen verschiedene Gesetze

Die zuvor erwähnten staatlichen Maßnahmen und Dokumente verstoßen gegen die chinesische Verfassung und zahlreiche Gesetze, darunter das Arbeitsgesetz, Verwaltungsstrafgesetz, das Sozialversicherungsgesetz, das Gesetz über den Sozialversicherungsfonds, das Gesetz über die Gesetzgebung, das Gesetz zum Schutz der Rechte und Interessen älterer Menschen sowie das Ehegesetz. In keinem Zivil-, Verwaltungs- oder Strafprozess gibt es eine rechtliche Grundlage, einem Rentner während der Haft die Rentenzahlungen zu verweigern.

Aus diesem Grund müssen Sozialbehörden, die Praktizierende die Rente verweigern, zur Verantwortung gezogen werden. Die zuständigen Beamten haben verschiedene Straftatbestände erfüllt, die sich aus Verstößen gegen das Beamtenrecht, das Strafrecht, die Strafprozessordnung und dem Überwachungsgesetz ergeben, darunter Machtmissbrauch, Amtsmissbrauch, Fehlverhalten, Korruption sowie Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Ein Verfolgungsnetz durch alle Ebenen

Auch wenn es keine Rechtsgrundlage dafür gibt, dass die Sozialversicherungsämter die Rente der Praktizierenden während der Haftzeit verweigern, wird diese umgesetzt. Mit anderen Worte: Die Verfolgung vollzieht sich durch alle Ebenen von oben nach unten, auch wenn seit Anbeginn keine Rechtsgrundlage besteht.

Der ehemalige KPCh-Vorsitzende und Staatschef Jiang Zemin hat die Verfolgung eingeleitet, obwohl es kein Gesetz in China Falun Dafa verbietet. Er etablierte zudem das Büro 610, um seine Verfolgungspolitik durchzusetzen und forderte die Beamten auf: "Zerstört ihren Ruf, treibt sie in den finanziellen Ruin und vernichtet sie körperlich.“ Man griff zu übertriebenen Methoden um sicherzustellen, dass die Verfolgung sich durch alle Ebenen der Regierung zieht.

Dies belegt auch ein geleaktes Dokument, dass am 30. November 2002 von fünf Behörden beschlossen worden war. Bei ihnen handelte es sich um den Obersten Volksgerichtshof, die Oberste Volksstaatsanwaltschaft, das Ministerium für öffentliche Sicherheit, das Ministerium für Staatssicherung und das Justizministerium. In dem Schriftstück wurde betont, dass „politische und juristische Abteilungen auf allen Ebenen die wichtigen Weisungen von Jiang Zemin zur Ausrottung von Falun Gong umsetzen“ müssen. Das sei „politisch, rechtlich und politisch orientiert“ und „politisch und juristische Abteilungen auf allen Ebenen arbeiten unter der einheitlichen Führung des Zentralkomitees der Partei eng zusammen.“

Inzwischen wurden zahlreiche KPCh-Funktionäre wegen ihrer Beteiligung an der Verfolgung von Falun Dafa in zahlreichen Ländern wegen Völkermordes angezeigt. Auch die Beamten der Sozialversicherungsämter haben sich zu Handlangern der Verbrecher gemacht. In Artikel 60 des im Juni 2019 in Kraft getretenen Beamtengesetzes heißt es: „Wenn ein Beamter eine Entscheidung oder einen Befehl ausführt, der eindeutig rechtswidrig ist, trägt er gemäß dem Gesetz die entsprechende Verantwortung.“

Anstatt der Verfolgungspolitik der KPCh blindlings zu folgen, sollten Beamte nach ihrem Gewissen handeln. Ansonsten laufen auch sie Gefahr, rechtlich und moralisch zur Verantwortung gezogen zu werden.

Früherer Bericht:

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