[Europäische Fa-Konferenz 2022] Meine Erfahrungen als Teil der Security bei Shen Yun 2022

Vorgetragen auf der Europäischen Fa-Konferenz 2022 in Warschau

(Minghui.org) Seit 2016 praktiziere ich Falun Dafa. Dieses Jahr ist mein drittes Jahr, in dem ich bei der Sicherheit und der Bühne bei Shen Yun helfe. Jeder Einsatz brachte mir dabei neue Erkenntnisse. Da die Arbeit sehr vielseitig ist, gab es eine Menge neue Erfahrungen und ich konnte viel dabei lernen. Es ist für mich eine große Ehre, in diesem Team dabei sein zu dürfen. Neben der großen Gruppe der Künstler und deren Begleiter gibt es auch eine große Gruppe von freiwilligen Helfern, die zum Erfolg von Shen Yun beitragen. Ich bin einer von diesen vielen Helfern.

Dieses Jahr konnte ich bei vielen Aufführungen von Shen Yun in Deutschland und Österreich helfen. Das Jingwen „Wacht auf“ des Meisters berührte mich stark und ich bereitete alles vor, um schon bei der ersten Vorstellung in Europa in Köln Anfang Januar dabei sein zu können. Mein Arbeitgeber verlangte von mir unsere Urlaubsplanung in diesem Jahr. Das war neu für mich. Wie sollte ich das planen? Aber dann dachte ich, dass es ein gutes Zeichen sei. Ich schaute mir die möglichen Termine der Shen-Yun-Aufführungen in meiner Nähe an und passte meinen Urlaub entsprechend an. So konnte ich Urlaubstermine für Salzburg, Ludwigsburg, Graz, Füssen und Bregenz planen, um dort mitzuhelfen.

Die tiefe Bedeutung von Zhen Shan Ren erkennen

Zu einer Aufgabe der Sicherheit gehört es, bei der Vorstellung darauf zu achten, dass keine Fotos und keine Videoaufnahmen gemacht werden. Zu Beginn der Show wird das Publikum zweimal darauf hingewiesen, dass jegliche Ton- und Bildaufnahmen verboten sind und Urheberrechte verletzen. Zu der Aufgabe der Innensicherheit gehört, das Publikum daraufhin zu beobachten und wenn dies doch geschieht, einzugreifen und die Aufnahmen mit der Person zusammen zu löschen. Die ersten zwei Jahre hatte ich „Glück“ und es passierte in meinem Umfeld nichts. So dachte ich, mir würde auch weiterhin schon nichts passieren. Denn mir war bewusst, dass ich noch nicht bereit war, mich dieser Aufgabe und Verantwortung zu stellen. Aber dieses Jahr war es so weit. Ich musste es lernen.

In Köln durfte ich diese Situation mit einem erfahrenen Praktizierenden erleben, den ich dabei mit aufrichtigen Gedanken unterstützen konnte. Ein Zuschauer filmte alles ohne Rücksicht. Mehrere Zuschauer beschwerten sich schon. Es entstand viel Unruhe um diesen Gast herum. Mich erschreckte, wie direkt und streng mein Mitpraktizierender den Zuschauer behandelte. Da gab es nach meinem Verständnis keine Güte und Nachsicht. Aber war das wirklich so? Ich musste viel darüber nachdenken, wie ich die Sache mit Zhen, Shan, Ren behandeln würde. Handelte es sich hier um Dinge, die dem Fa widersprachen? Oder hatte ich hier eine falsche Einstellung und ein falsches Verständnis?

Sollte ich so weitermachen und den Schwierigkeiten aus dem Weg gehen? Ich hatte noch eine falsche Einstellung dazu, als es dann nach Ludwigsburg ging. Vom Balkon durfte ich direkt sehen, wie im Publikum ein Stockwerk tiefer eine Dame sehr auffällig die erste Szene filmte. Ich dachte bei mir: „Das werden meine Kollegen schon gesehen haben.“ Aber leider schien ich der Einzige zu sein. Also begab ich mich in der Pause nach unten, machte die Kollegen dort auf die Dame aufmerksam und zog mich gleich wieder zurück. Ich schob damit das Problem auf meine Mitpraktizierenden ab und übernahm keine Verantwortung.

In der zweiten Hälfte nach der Pause hatte ich dann direkt vor meiner Nase einen Gast, der sich von allen Szenen ein Erinnerungsfoto machte. Er machte es sehr unauffällig und ohne dabei zu stören. Eigentlich dachte ich beim Einlass der Gäste in den Saal noch, dieser Gast würde so etwas niemals tun. Nach und nach wurde mir bewusst, dass ich gerade meine Ausbildung direkt vom Meister bekam. Kein anderer Praktizierender konnte mir in dieser Position helfen, also musste ich nun zum ersten Mal selbst eingreifen. Als der Vorhang fiel, sprach ich den Gast an. Dieser stellte daraufhin das Fotografieren ein. Aber nun folgte zum Ende der Show die zweite Aufgabe, ihn dazu zu bringen, die Fotos zu löschen. In einem netten und höflichen Gespräch bat ich ihn, die Bilder zu löschen. Er gab zu, sie gemacht zu haben. Aber sie waren für ihn sehr wichtig und alle meine Überredungskünste, Betteln und Versuche, ihn liebevoll dazu zu bringen, zeigten keinen Erfolg. Er wollte die Fotos auf keinen Fall löschen. Erst mit Hilfe eines erfahrenen Praktizierenden und dessen Vorgehen war er dann einsichtig und sofort bereit, es zu tun. Ich kam mir hilflos vor. Hatte ich noch Hoffnung, diese Aufgabe irgendwann auch zu schaffen? War ich nicht ausreichend lieb und nett zu ihm gewesen? Bedeutete Barmherzigkeit und Nachsicht nicht, lieb und nett sein zu müssen?

Bei der Nachbesprechung an diesem Abend konnte ich mein Problem ansprechen. Ich fragte, wie eine solche Situation mit Barmherzigkeit gelöst werden könne. Es wurde mir daraufhin klar gemacht, dass mein Verständnis hinsichtlich der Barmherzigkeit noch sehr weltlich und damit nur oberflächlich war. Ich wurde auf die Worte des Meisters in der Schweiz aufmerksam gemacht:

„Da du die Barmherzigkeit erwähnt hast, will ich deinen Gedanken korrigieren. Ich sage dir, was Barmherzigkeit ist. In der Gesellschaft der gewöhnlichen Menschen denkt man: Ich führe ein gemütliches Leben, ohne Unheil, ohne Schwierigkeiten, tagelang in Bequemlichkeit, sorglos und unbekümmert, Geld fehlt mir auch nicht und ich habe alles, was ich brauche. Und so findet man, dass Gott barmherzig gegenüber den Menschen und recht gut zu den Menschen ist. Ich sage euch, Gott wird das so nicht machen. Wenn es wirklich so wäre, dann wäre er viel zu schlecht zu dir. Denn die Grundsätze bei den Menschen sind ja alle umgekehrt.“ (Fa-Erklärung auf der Fa-Konferenz in der Schweiz 1998)

Mir wurde deutlich, dass ich bisher die Sichtweise der gewöhnlichen Menschen für die Bedeutung von Barmherzigkeit verwendet hatte. Ist es barmherzig, die Zuschauer Fotos machen zu lassen und beide Augen zuzudrücken? Ist es gut, sie damit einen Fehler und ein Verbrechen begehen zu lassen, das ihnen vielleicht später auf irdischer und himmlischer Ebene zum Verhängnis wird? Ist es gut, sie damit Karma bekommen und De verlieren zu lassen? So hatte ich das bisher noch nicht betrachtet. War das dann nett von mir, sie nicht am Fotografieren zu hindern und zu korrigieren? Auch wenn mein Eingreifen dann erst mal nicht „nett“ von mir ist, ist das Ergebnis im Gesamten doch viel besser für alle.

Am nächsten Tag half ich meinem Bruder im Weinberg beim Beschneiden der Reben. Es war ein sonniger Tag und Zeit, dies zu tun. Bisher hatte ich so etwas noch nie getan und durfte es nun lernen. Das Beschneiden der Reben wird als Rebschule bezeichnet. Dabei müssen von den vielen neuen Trieben alle Triebe bis auf einen oder zwei radikal abgeschnitten werden. Nur so kann das beste Ergebnis für eine gute Ernte erzielt werden. Die übrigen Zweige werden dann noch in die gewünschte Richtung gebogen und angebunden, wobei ein Zweig dabei manchmal auch bricht. An den frischen Schnitten tritt sofort viel Wasser aus. Es sieht sehr radikal aus, wenn der Rebstock sozusagen „blutet“. Durch das „Zhuan Falun“ hatte ich gelernt, dass Pflanzen auch Lebewesen mit Gefühlen sind. Ich hatte viel Angst davor, diese Arbeit zu tun und die Reben zu verletzen. Mein Bruder erklärte mir, dass wenn er das nicht machen würde, der Rebstock verhungern kann, da er nicht in der Lage sei, so viel Zweige mit Wasser zu versorgen. Er spreche oft mit den Pflanzen und versuche, dies liebevoll für sie zu machen. Diese Lektion im Weinberg war extra für mich gedacht. Ich durfte meine Lektionen lernen: Barmherzigkeit bedeutet nicht nur, nett und freundlich zu sein.

Die nächste Lektion bei Shen Yun kam dann in Graz in Österreich. Eine nette Dame, circa 75 Jahre alt, machte von vielen Szenen Videos. Es war wieder so, dass es nicht störte, aber direkt vor meiner Nase stattfand. Meine Denkweise hatte sich verändert. Mir war nun bewusst, dass diese Dame Karma für sich erzeugte und ich sie davon abhalten musste, es war zu ihrem Vorteil. Höflich aber sehr direkt sprach ich sie darauf an, dass ich ihr Filmen mit zwei Kollegen beobachtet hätte und dies hier bei der Veranstaltung verboten sei und eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Auch sagte ich ihr, dass ich die Anweisung hätte, sie zu bitten, die Aufnahmen zu löschen. Ohne Umschweife gab sie ihr Vergehen zu und löschte ohne Diskussion sofort die Aufnahmen. Ich war sehr erstaunt. Wie bei einem Profi ging das Löschen innerhalb weniger Sekunden, als würde die alte Dame das ständig machen. Das hatte ich so nicht erwartet. Ich war mir sicher gewesen, dass dies richtig für sie war. Und sie hatte es gemacht. Ihre klare Seite machte das Vergehen in wenigen Schritten und in kurzer Zeit rückgängig. Nun hatte ich plötzlich das Gefühl, endlich die Bedeutung von Barmherzigkeit verstanden zu haben.

War aber auch schon Nachsicht dabei? Nach dem ersten erfolgreichen Erlebnis dachte ich, das könnte noch besser gehen. Und schon folgten am darauffolgenden Tag die zwei nächsten Prüfungen, um meine Vorgehensweise weiter zu verbessern.

Bei der ersten jungen Dame erweiterte ich das Gespräch, um ihr klarzumachen, wie wichtig das Löschen der Bilder für das Team ist und welche Möglichkeiten wir ihr geben, um schöne Erinnerungs-Aufnahmen an den Bannern von Shen Yun im Foyer zu machen. Der Shen-Yun-Shop biete auch viele Andenken samt den erstklassigen Fotos und Videos der Webseite von Shen Yun. Somit konnte die Dame meine Nachsicht und Barmherzigkeit noch deutlicher erkennen und schätzen. Sie folgte meinen Anweisungen und ich bedankte mich für ihr Verständnis.

Auf die nächste Zuschauerin, die Aufnahmen machte, wurde ich von meinen Kollegen hingewiesen. Erst war ich unschlüssig, ob ich eingreifen sollte, da ich es selbst nicht gesehen hatte. Also fragte ich das Paar direkt, ob sie Aufnahmen gemacht hätten, was diese sofort bestätigten. Die beiden konnten leider mit den deutschen und chinesischen Hinweisen vor der Show nichts anfangen. Und so erklärte ich es ihnen in Englisch, dass die Aufnahmen von der Show zu Urheberrechtsverletzungen zählen und sie diese bitte löschen sollten. Auch gab ich wieder die Hinweise, was alles an Aufnahmen für schöne Erinnerungen möglich war. Ich gab ihnen das Gefühl, dass ich nicht böse und nachtragend deshalb sein würde.

Es geschah dann am Ende etwas, was mich erstaunte: Beim Verlassen des Saales kam das Paar, das Fotos gemacht hatte, nochmals bei mir vorbei und entschuldigte sich mehrmals. Ich drückte meine Dankbarkeit für ihre Kooperation aus und zeigte ihnen meine Freude darüber, dass sie nochmals zu mir gekommen waren.

Durch mein nun tieferes Verständnis von Zhen, Shan, Ren und dessen Bedeutung für uns als Praktizierende ist nun aus einer für mich unlösbaren Aufgabe, die mir große Angst bereitete, eine Aufgabe geworden, an die ich nun mit gutem Gewissen angehen kann. Mit klaren und aufrichtigen Gedanken kann ich dabei helfen, dass die Menschen, die gekommen sind, keine Fehler begehen.

Meine Begegnungen, um Wu-Wei zu lernen

Als Bühnenhelfer und Mitarbeiter bei der Sicherheit durfte ich mithilfe des Meisters und der Mitpraktizierenden dieses Jahr viel lernen. Mehrere Aufgaben waren dabei ein „erstes Mal“ für mich. Gelassenheit zu üben, war dabei ein herausragender Punkt gewesen, den ich entdecken durfte.

Ich wohne nur 30 km von Füssen entfernt. Es war für mich eine große Ehre, dass nun Shen Yun so nahe an meinen Heimatort kam. Hier durfte ich die Außensicherheit kennenlernen und mich dabei in Gelassenheit üben. Drei oder sechs Stunden an einem ruhigen Ort etwas zu bewachen, forderte meine Geduld enorm heraus. Wie sollte ich diese Zeit herumbringen, war das nicht langweilig? Dabei durfte ich lernen, wie wichtig jede einzelne Position und Aufgabe ist, zu der wir eingeteilt werden. Oft sah ich eine Aufgabe, die vergessen wurde, und füllte diese Lücke einfach aus. Dadurch kam es dann zu sehr langen und ungeplanten Einsätzen. Es war noch die Angst in mir, diese zusätzliche Last nicht tragen zu können. Und ich schaffte es nun zum ersten Mal, auf den Schlaf zu verzichten und Unmögliches möglich zu machen.

Mein erster Einsatz laut Dienstplan galt der Ankunft der Künstler und der Fahrzeuge am Hotel. Ich wartete stundenlang und die Künstler kamen nicht. Kurz vor Ende meines Dienstes rief dann unser Koordinator an und teilte mir mit, dass die Künstlergruppe die Zeit für eine Besichtigung nutzte. Er hatte von dieser Planänderung leider auch erst sehr spät erfahren. Ich eilte dort hin und fand die Busse und LKWs vor. Endlich konnte ich mit meiner Aufgabe beginnen. Eine Stunde später hatte ich dort Probleme mit der Bezahlung meines Parktickets und verlor wieder die Gruppe, die sich weiter zum Abendessen begab. Ich dachte, sie seien schon zum Hotel gefahren, um ihre Zimmer zu beziehen. Mein Kollege der nächsten Schicht bekam die passenden Hinweise und begab sich zur Überwachung an den richtigen Platz am Restaurant.

Ein eigenartiger Anfang meiner Aufgabe. Er forderte meine Geduld heraus. Ich hatte hier noch einiges an Ungeduld abzulegen – eine Anhaftung, die mich schon ein Leben lang begleitete. Wie konnte ich dies in Zukunft besser machen? Da es keinen Zufall gibt: Welche Bedeutung hatte es für mich? Ich legte meine Unruhe Tag für Tag immer mehr ab und konnte die Dinge und Aufgaben auf mich zukommen lassen. Dabei fehlte es mir ab und zu noch an einer guten Koordination mit unserem Leiter der Sicherheitsgruppe. Mal kommunizierte ich zu oft und intensiv mit ihm und verschwendete dabei seine kostbare Zeit. Mal kommunizierte ich zu wenig und er war nicht sicher, ob alles in Ordnung war. Ein anderes Mal verstand ich meine Aufgabe nicht richtig. Auch hier musste ich das passende Maß der Zusammenarbeit noch herausfinden. Es kam dann zu Konflikten, die vielleicht unnötig waren oder ihren Grund hatten. Ich schaute nach innen und machte mich auf den Weg, es zu optimieren.

Am letzten Tag der Show war ich für neun Stunden Außensicherheit eingeplant. Auch beim Abbau der Bühne wollte ich noch helfen, was circa zwei Stunden benötigte. Ich machte mir Sorgen über diesen langen Arbeitseinsatz und hatte Angst, es nicht zu schaffen.

Um 6 Uhr stand ich auf und machte meine erste Schicht ab 9 Uhr am Hotel der Künstler. Nach drei Stunden Dienst ging ich dann zum Theater. Dort bemerkte ich eine unbesetzte Station vor dem Theater bei den Bussen. Eigentlich war jetzt eine Ruhepause geplant, aber ich hatte das Gefühl, es wäre gut, diese Lücke zu füllen, und ich machte es, ohne weiter nachzufragen. Ich stellte mich dort hin, bis die Show zu Ende war und der Abbau meine Hilfe benötigte. Danach wollte ich eine Ruhepause machen. Ich konnte aber die nun vollbeladenen LKWs nicht allein ohne Bewachung stehen lassen. Also stellte ich mich dazu. Das dauerte dann bis zu meiner ersten Nachtschicht am Hotel, die dann bis Mitternacht dauerte. Dann konnte ich drei Stunden im Auto schlafen. Dabei verbrachte ich die meiste Zeit mit aufrichtigen Gedanken. Zu zweit kamen wir durch die letzten drei Stunden Nachtwache bis zum Sonnenaufgang um 6 Uhr. Das war mein härtester Teil. Es war gut, zu zweit zu sein und dabei auch einen guten Austausch zu haben. Es waren nun 18 Stunden Dienst mit drei Stunden Pause vergangen. Unmögliches war möglich geworden, ich war selbst erstaunt. Ich hatte viel Angst davor gehabt, die nicht notwendig gewesen war, und hatte gelernt, zu was ich mit der Hilfe des Meisters tatsächlich fähig sein kann.

Mit dieser neuen Erkenntnis konnte ich ein paar Wochen später den letzten Tag in Bregenz auf eine neue Art und Weise angehen. Gerne kam ich frühzeitig zum Theater, um mit aufrichtigen Gedanken dort das Feld zu reinigen. Auch auf dem Weg vom Hotel zum Theater nutzte ich die Zeit, um die Stadt mit meinen aufrichtigen Gedanken zu durchstreifen. Die frühe Ankunft erlaubte es mir, die Rolle des Türstehers am Künstlereingang zu übernehmen und die Mitarbeiter des Hauses und das früh beginnende Küchenteam von Shen Yun zu begrüßen und allen die Türe aufzuhalten. Jemandem die Türe zu öffnen, ihm Einlass zu gewähren, diese kleine Geste, jemandem dabei den Vortritt zu lassen, eine Verneigung, einen Gruß auszusprechen, jemandem ein Lächeln zu schenken: All das sind alte Traditionen und haben für mich eine magische Bedeutung bekommen bei Shen Yun, besonders an einer Tür wie dem Künstlereingang. Als ich auch für die Reinigungskräfte des Theaters die Tür aufhielt, waren die ganz erstaunt. „Das hat noch nie jemand für uns hier getan“, sagten die Frauen, gerührt von meiner kleinen Geste. Wir kamen daraufhin ins Gespräch über alte Traditionen und wie ich versuche, sie wieder zu lernen, weil sie mir inzwischen wichtig sind. Es sind die kleinen Gesten, an denen wir Praktizierenden den Menschen Zhen Shan Ren zeigen können und es sind die Traditionen, die den Menschen, denen wir begegnen, positiv auffallen. Einige Türen und Durchgänge durfte ich an dem Tag noch bewachen und jede war etwas Besonderes mit vielen Begegnungen.

Mein Vorsatz für diesen Tag war, erst zu gehen, wenn ich niemandem mehr helfen konnte. Bisher gab es immer einen Punkt, an dem ich für mich entschied: „Es reicht jetzt. Meine Energie ist aufgebraucht.“ Dieses Mal wollte ich es nach meiner Erfahrung in Füssen besser machen. Also endete mein Dienst nicht nach dem Abbau der Bühne und dem Bewachen der LKWs bis zur Abfahrt vom Theater. Auch das Küchenteam hatte noch viel zu packen und konnte meine Hilfe noch ein paar Stunden gut gebrauchen. Ich schob den Gedanken auf die Seite, dass meine Kraft am Ende war, und schaffte es tatsächlich, zu den Letzten zu gehören, die das Theater verließen. Wieder war ich erstaunt, dass dies mit Hilfe des Meisters für mich möglich war. Auch diese Herausforderung durfte ich nun zum ersten Mal schaffen! Oft hatte ich zuvor gedacht, dass ich wohl alt würde und nicht mehr so viel leisten könne wie in meiner Jugend. Ist das so? Will ich das so haben? Ich denke, für Dafa können wir unsere Grenzen neu überdenken. Im Zhuan Falun steht klar, wie wir jünger werden können. Nutzen wir diese Gelegenheit. Ich durfte erleben, dass es geht, wenn ein aufrichtiger Gedanke meine Grundlage dabei ist.

Einen Anzug zu tragen und mich festlich und angemessen zu kleiden, war mir bisher immer zuwider gewesen. Ich bevorzugte es mehr, mich auch beruflich in einfacher Freizeitkleidung und mit Turnschuhen zu kleiden. Nach den Hinweisen des Meisters auf die Tradition schaue ich mir nun gerne alte Fotografien an und bin erstaunt, wie sich früher auch einfache, arme Bauern und Arbeiter in unserer Gemeinde bei ihrer täglichen Arbeit gut kleideten. Sie trugen alle noch Hüte. Auch bei größter Hitze bedeckten sie ihre Haut mit langen Kleidern. Zu kurzen Hosen wurden dann lange Strümpfe getragen. Man konnte anhand ihrer Kleidung ihren Beruf und ihre Herkunft erkennen. Jedes Dorf hatte seine Tracht. Teilweise gibt es diese Tradition bei uns noch.

In meiner Position im Außendienst durfte ich oft die Künstler beobachten, wie ruhig und diszipliniert sie sich vom Hotel auf den Weg zum Theater machten, bis sie wieder zurück waren. Von der Kleidung her, vom Benehmen und der Ruhe machten alle einen guten Eindruck auf mich. Passte ich in meiner Aufgabe der Sicherheit schon dazu? Hatte mein Auftreten schon diese Qualität? An diesem erstklassigen Vorbild der Künstler orientierte ich mich dann, um selbst bei einer scheinbar simplen Überwachung es noch besser zu machen und mich dort nach den alten traditionellen Anstandsregeln gut zu verhalten und über meine Kleidung nachzudenken. Es war mir eine Ehre, am Parkplatz, den ich überwachte, mit aufrichtigen Gedanken und einem Lächeln und höflichem Gruß die Künstler, wie auch oft unsere Zuschauer, die uns die Schicksalsverbindung brachte, zu begrüßen und zu verabschieden. Ich konnte vielen Menschen dabei den Weg zum Eingang des Theaters zeigen und manche Frage beantworten und weiterhelfen. Viel zu schnell gingen dabei die Stunden vorbei, bei denen ich mich voll und ganz auf meine Aufgabe konzentrieren konnte. Immer mehr durfte ich dabei den einen Körper spüren, den wir Praktizierenden bilden, und dabei auch die Gäste, die kamen, mit aufnehmen. Ich war wahrscheinlich der erste Praktizierende, den viele Gäste auf dem Weg zum Theater sahen. Also sollten sie auch einen guten Eindruck von mir haben. Auch diese scheinbar so unbedeutende Aufgabe war wichtig und brachte mir neue Erkenntnisse für meine Kultivierung.

Krank sein wollen

Um bei Shen Yun mithelfen zu können, war es lange Zeit unklar, ob wir uns wegen der Coronasituation impfen lassen mussten. Ich entschied mich Ende 2021 nach dem Lesen des Jingwen „Wacht auf“, mich impfen zu lassen, um auf jeden Fall den Bestimmungen in Österreich und Deutschland zu entsprechen und damit für jeden Fall gerüstet zu sein. Ich tat das für Shen Yun, aber mit einer widerwilligen Einstellung. Es gab für mich in Österreich zwei Möglichkeiten, um den Gesetzen zu entsprechen: Entweder man ließ sich impfen oder man hatte die Krankheit und galt danach für sechs Monate als genesen.

Nach der ersten Aufführung von Shen Yun im Januar 2022 war es notwendig, dass ich eine weitere Impfung durchführen musste. Ich wünschte mir, lieber krank zu werden, und damit die Impfung umgehen zu können. Dieser Wunsch erfüllte sich. Zwei Tage nach der Abreise aus Köln verlor ich den Geschmackssinn und ein PCR-Test bestätigte, dass ich infiziert war und mich in Quarantäne begeben musste. Als ein Praktizierender hatte ich mir eine Krankheit gewünscht. War das richtig? Gefährdete ich dadurch nicht auch meine Mitpraktizierenden?

In den folgenden Tagen wurde ich dann spürbar kraftlos und schwach. Nach fünf Tagen war es möglich, mich aus der Quarantäne freizutesten. Das Ergebnis zeigte aber, dass der Virus noch nicht beseitigt war. Ich hatte ihn mir herbeigesehnt und er wollte nicht gehen. War es gut, diese Lücke für das Böse aufzutun? Wenige Zeit später wollte ich eigentlich in Salzburg bei Shen Yun mithelfen. Am Tag vor dem Aufbau der Bühne in Salzburg war die Zeit der Quarantäne vorbei, ich hatte aber immer noch Coronasymptome mit  Husten und war schwach. Ich entschied mich dann kurzfristig, in Salzburg nicht mitzuhelfen.

Auch meine Nachbarn waren überrascht, dass ich, der nun sechs Jahre keine Krankheiten mehr gehabt hatte, plötzlich den Virus bekam. Ich hatte ihnen nicht erzählt, dass ich wahrscheinlich keine Krankheiten mehr haben würde, weil Falun Dafa als Vorsorge wirken kann. Das war ein schlechtes Zeichen, das ich an meine Umgebung weitergab, die mich genau beobachtet. Im Nachhinein war es für mich eine schlechte Situation und eine starke Anhaftung, sich die Krankheit zu wünschen und dadurch das Versprechen, in Salzburg zu helfen, nicht einlösen zu können.

Ich machte mir daraufhin Gedanken, ob dies nicht schon früher eine Anhaftung gewesen war. Tatsächlich konnte ich sehen, wie ich als Kind vor einer schweren Prüfung in der Schule gerne mal krank sein wollte, um die Prüfung zu verschieben. Auch eine Depression war eine Möglichkeit für mich, alle Verantwortung, die ich übernommen hatte, ablegen zu können. Immer wenn es zu viel für mich war, hatte ich gerne eine Krankheit. Als Kranker bekam ich Mitleid und Zuwendung. War ich danach süchtig? War hier eine Anhaftung, die es abzulegen galt?

Als Praktizierender achtete ich früher beim gemeinsamen Meditieren der Sitzmeditation genau darauf, ab wann und wie lange ich Schmerzen hatte, um später darüber berichten zu können. Wollte ich unbedingt die meisten Schmerzen am Übungsplatz haben? War das ein Wettbewerb der Schmerzen? Sollte ich jammern und das Mitleid der anderen für mich in Anspruch nehmen? Seit ich das loslassen kann und nicht mehr darauf achte, kann ich nicht sagen, ob und wie lange ich bei der Sitzmeditation Schmerzen habe. Kommt ein erster Gedanke hierzu auf oder schmerzen meine Beine, dann versuche ich, dies sofort leicht zu nehmen. Es hat für mich nun keine Bedeutung mehr.

Meine Aktivitäten bei Shen Yun und alle gemeinsamen Aktionen mit den Mitpraktizierenden haben mir sehr geholfen, einige Pässe zu erkennen und Wege zu finden, sie zu überwinden, so dass ich mich erhöhen konnte.

Ich bin dankbar, dass ich diesmal so intensiv bei Shen Yun dabei sein konnte, und bin gespannt, was ich noch alles lernen und erkennen kann. Ich bin dankbar für die Zeit, die der Meister uns gegeben hat, für den Austausch untereinander und die vielen Hinweise, die mich dabei weiterbringen. Es tut mir leid, meine Aufgaben noch nicht zur vollen Zufriedenheit aller erledigen zu können. Ich werde versuchen, es das nächste Mal noch besser zu machen.

Meine Erkenntnisse auf meiner Ebene sind noch begrenzt und ich freue mich auf Hinweise von euch.

Vielen Dank, verehrter Meister. Vielen Dank, liebe Mitpraktizierenden.