Vertreter der UNO sagt, daß sich die Menschenrechtssituation in China verschlechtert hat


von


ERIK ECKHOLM
(New York Times, 2. März 2000)

Beijing, 02.03.2000 - Die höchste Repräsentantin der UNO für Menschenrechte äußerte hier am heutigen Tag schwere Bedenken über die, wie sie selbst sagte, "Verschlechterung" der Handhabung von Menschenrechten in China.

"Ich bin über drei Gebiete besorgt, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Versammlungsfreiheit", sagte Mary Robinson, die Hochkommissarin für Menschenrechte, bei einer Pressekonferenz heute Nachmittag, nachdem sie hohe chinesische Regierungsbeamte getroffen hatte.

Ihre kritische Beurteilung erfolgte weniger als drei Wochen vor dem jährlichen UNO-Menschenrechts-Gipfeltreffen, bei dem die USA eine Resolution vorschlagen wird, welche die chinesische Menschenrechtsbilanz verurteilt.

Frau Robinson lehnte es ab, die Resolution zu kommentieren. Ihre hier gemachten Aussagen könnten die amerikanische Position bestärken, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Resolution bei dem Gipfeltreffen in Genf verabschiedet wird nach Aussagen von Diplomaten gering, weil China eine Mehrheit von Ländern mobilisieren kann, um sie wegen ungerechtfertigter Einmischung in innere Angelegenheiten abzulehnen.

Bei Treffen mit dem Vizepremierminister Qian Qichen und anderen Regierungsbeamten drückte Frau Robinson ihre Bedenken über die Entwicklungen der letzten eineinhalb Jahre aus. Dazu zählen lange Haftstrafen für Demokratieaktivisten, die von ihr so bezeichnete "bemerkenswerte Niederschlagung religiöser Meinungsäußerung" und die Unterdrückung von Gewerkschaftsaktivisten und der geistigen Bewegung Falun Gong.

Sie überreichte der chinesischen Regierung einen schriftlichen Bericht, der die Verletzungen internationaler Rechtsstandards detailliert darlegt, und eine Liste mit zahlreichen Personen, die ohne faire Rechtsverfahren inhaftiert wurden.

Ungefähr zu der gleichen Zeit, zu der Frau Robinson sprach, äußerte das Außenministerium bei einer regulären Pressekonferenz, daß nur das chinesische Volk das Recht habe, zu beurteilen, ob sich deren Rechte verschlechtert oder verbessert hätten. "Das chinesische Volk ist zufrieden" mit den Freiheiten, die es genießt, sagte ein Sprecher, Zhu Bangzhao, und forderte die Hochkommisarin auf, "auf der Basis von gegenseitigem Respekt" mit China zu kooperieren.

Frau Robinson, eine ehemalige Präsidentin Irlands, war sich offensichtlich der chinesischen Empfindlichkeiten bewußt und lobte den wie sie sagte beständigen Fortschritt im Bereich der "wirtschaftlichen und sozialen Rechte" und auch Anstrengungen, Rechtsverfahren zu verbessern. Bei ihrer Kritik der Bilanz Chinas im Bereich der Grundfreiheiten und des Rechtsschutzes, der in internationalen Deklarationen festgehalten ist, hielt sie sich jedoch nicht zurück.

Frau Robinson hatte gehofft, diese Woche eine Übereinkunft über das schon seit langem diskutierte Programm zur technischen Kooperation mit China zu erzielen, das sich damit befaßt, wie die chinesischen Gesetze und Rechtspraktiken mit den beiden Abkommen über internationale Rechte, die China unterschrieben aber nicht ratifiziert hat, in Übereinstimmung gebracht werden können.

Eine derartige Übereinkunft wurde heute nicht bekanntgegeben, aber Frau Robinson sagte, daß ihr versichert worden wäre, daß die chinesische Seite beabsichtigt, noch dieses Jahr zu unterschreiben.

Frau Robinson sagte, daß sie davon ermutigt worden wäre, daß das chinesische Parlament damit begonnen hätte, das Internationale Abkommen über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, das 1997 unterschrieben worden war, zu diskutieren.

Das Internationale Abkommen über Politische und Bürgerliche Rechte betreffend sagte sie, daß noch kein ähnlicher Fortschritt zu erkennen sei und sie merkte an, daß China weitgehende Änderungen unternehmen müßte, um seine Rechtspraktiken in Übereinstimmung mit internationalen Standards zu bringen.

Frau Robinson sagte, daß neben anderen notwendigen Änderungen das berüchtigte chinesische System der "Umerziehung durch Arbeit", bei dem angebliche Kriminelle und Staatsgegner für bis zu drei Jahre ohne Verfahren bzw. fundamentalen Rechtsschutz in Arbeitslager geschickt werden, beendet werden müßte.

Den regierungseigenen Angaben zufolge waren 1997 ca. 230.000 Menschen in solchen Lagern interniert, und die Regierung hat bisher öffentlich keine Anzeichen dafür gegeben, daß sie ernsthaft überlegen würde, dieses System abzuschaffen.

Frau Robinson sagte, daß sie bestürzt war, von Vorschlägen für ein neues Gesetz zu erfahren, das das Umerziehung-durch-Arbeit-System betreffen würde, als ob dadurch dessen internationale Legitimität verbessert würde.

"Schlechte Gesetze können eine Tyrannei darstellen", sagte sie.

Frau Robinson war in Beijing, um an einem UN-Workshop betreffend Menschenrechte in Asien teilzunehmen.

Die chinesische Presse stellte das Treffen als ein Zeichen für den Fortschritt dar und gab die Gratulationsbotschaft von Präsident Jiang Zemin an das Forum wider, in dem er die globale Entwicklung der Menschenrechte feierte - weil sie sich an die kulturellen Traditionen des einzelnen Landes hielten.

"China hat gewaltige Anstrengungen bei den Menschenrechten unternommen und Erfolge erzielt, die die Welt verblüfft haben," sagte er.

Nachdem das amerikanische Außenministerium in seinem jährlichen Bericht China für seinen Rückfall scharf verurteilt hatte, veröffentlichte China letzte Woche einen eigenen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in den USA, wie zum Beispiel Rassismus und Mißhandlung von Häftlingen.

Die chinesischen Zeitungen haben über das kontroverse Gerichtsverfahren in New York gegen zwei Polizeibeamte, die den westafrikanischen Straßenverkäufer Amadou Diallo erschossen hatten und von allen Anklagepunkten freigesprochen worden waren, in exponierter Weise berichtet.

Minghui Net englische Version
03.03.2000

Rubrik: Veranstaltungen