Meine Familie und Zhao Ming: Zwei Geschichten der Verfolgung

Zum ersten Mal traf ich Zhao Ming, ein Student am Trinity College, im Juli 1998. Mein erster Eindruck war, dass er sehr strahlend und freundlich ist. Deshalb fragte ich ihn, ob er nicht in Irland studieren wollte. Später bekam er tatsächlich das Angebot, sein Diplom im Fach Computerwissenschaft am Trinity College, Dublin, zu machen. Ich kam gerade aus meinen Ferien in China zurück. Zhao Ming kam in Dublin am 17. März, dem St.-Patrick`s-Tag an. Damals dachte ich, das wäre ja ein gutes Zeichen. Ming begann bald nach seiner Ankunft gewissenhaft mit dem Studium seines Hauptfachs. Er genoss die vielen Informationen und die gute Forschungsumgebung im Westen. Er machte glücklicherweise auch die Bekanntschaft mit guten Freunden an der Universität, wie Mr. Jim Dowling, ein Kollege in derselben Fakultät. Jim ist eingebunden in die TCD (Trinity College, Dublin)-Meditationsgemeinschaft und weil sie ähnliche Interessen hatten, wurde Ming der Meditationsgesellschaft vorgestellt. Jim war Ming auch dabei behilflich eine Falun Gong Gruppe zu gründen. Jeder der Ming traf, sagte er sei sehr nett und sanftmütig und lächele immer.

Ming bewohnte mit zwei anderen Freunden und mir ein Haus in Charlemont, Griffith Avenue, in dem ich immer noch lebe. Wir haben eine gute und solide Freundschaft, weil wir alle Falun Gong praktizieren und auch Interessen für andere Dinge teilen. Ming kocht auch sehr gut. Er kochte oft sehr leckeres chinesisches Essen für uns alle und genoss es, anderen behilflich zu sein. Weil Ming durch das praktizieren von Falun Gong so viel erhalten hatte, wollte er es mit allen teilen, damit alle dieselben Vorteile erhielten. Er ging zusammen mit anderen von uns zu Geist-Körper-Seele Ausstellungen in Dublin und Cork. Ming ging nach Galway City, um Falun Gong vorzustellen und täglich um die Mittagszeit zeigte er die Übungen am Merrion Square. Er tat all das vollkommen freiwillig.

Aber als Ming plötzlich erfuhr, dass Falun Gong von der chinesischen Regierung verboten worden war und diese guten unschuldigen Menschen - viele von ihnen sind seine Freunde, Lehrer und Kollegen - verfolgt werden, konnte er es nicht ertragen, täglich Folterberichte zu lesen und sich vorzustellen wie diese Menschen leiden. Er fühlte sich hilflos hier. Deswegen beschloss er nach Hause zu fahren, um nachzusehen was dort nicht stimmte. Er konnte nicht glauben, dass die Regierung wirklich so brutal vorgeht. Deshalb ging er zum Petitionsbüro, um die Wahrheit über Falun Dafa und seine Erfahrungen beim Praktizieren mitzuteilen. Er hat wahrscheinlich nicht erwartet, dass er wegen der Erklärung der Wahrheit festgehalten und auf unbestimmte Zeit eingesperrt wird. Im Januar 2000 also wurde er verhaftet und sein Pass einbehalten. Später wurde er unter Hausarrest gestellt. Weil er nicht mehr nach Irland zurück konnte, um sein Studium fortzusetzen, musste er in Peking seinen Lebensunterhalt verdienen. Unglücklicherweise wurde Ming im Mai 2000 abermals, im Haus eines Freundes, gefangengenommen und im Juli für ein Jahr ins Tuanhe-Arbeitslager in der Nähe von Peking eingewiesen. Er sollte im Mai diesen Jahres freigelassen werden, aber - wie wir es erwartet haben- wurde seine Strafe um 10 Monate verlängert. Einfach deshalb, weil er seinen Glauben an Falun Gong nicht aufgegeben hatte. Ming's einziges Verbrechen war, Falun Gong zu praktizieren, das die Menschen lehrt, sich nach Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht zu richten und die Menschen eine bessere Gesundheit erhalten lässt.

Alle seine Freunde vermissen ihn sehr, weil er so ein guter, barmherziger und wahrhaftiger Mensch ist. Ich erinnere mich, wie gerne er Fleisch isst, an die guten Mahlzeiten, die er für uns und andere Freunde kochte, und an sein schönes und freundliches Lächeln. Ich will mir nicht vorstellen, wie er jetzt, nachdem er 15 Monate lang immer wieder gefoltert wurde, aussieht. Ming war ein schlanker aber gesunder junger Mann. Wie es ihm wohl nach Schlaf- und Essensentzug und vielen Stunden harter Arbeit im Arbeitslager geht?

Im Laufe der Jahre traf ich viele nette und freundliche Iren, und ich habe bemerkt, dass sich die Menschen im Westen nur schwer vorstellen können, dass in anderen Teilen der Welt, wie in China, Menschen unter Einschränkung ihrer Freiheit und den menschlichen Grundrechten zu leiden haben. Sehr verärgert war ich, als mir mitgeteilt wurde, dass meine beiden Schwestern auf Falun Gong verzichtet hatten und auch andere Menschen im Arbeitslager dazu ermutigten auf Falun Gong zu verzichten. Mein Bruder besuchte mit seiner Frau die beiden Schwestern. Es war erstaunlich, aber sie waren wirklich voller Vorurteile und Bitternis. Sie warfen Falun Gong, meinem Bruder und auch mir vor, ihnen geschadet zu haben und der Grund für ihr Leid im Arbeitslager zu sein. Den ganzen Tag, nachdem ich das gehört hatte, glaubte ich nicht dass es wahr ist, weil ich wusste, wie hingebungsvoll diese beiden in den letzten zwei Jahren waren. Beide wurden aus ihren Firmen entlassen. Beide wurden gefangengenommen, viele Male geschlagen und gefoltert. Eine verlor ihre Familie, Weil ihr Mann dem unerträglichen Druck von Regierung und Polizei nicht gewachsen war und sich scheiden ließ. Zuletzt wurde die eine ohne Gerichtsverfahren im Dezember für 3 Jahre ins Jinan-Arbeitslager gesteckt. Die andere Schwester entkam, als letzten Dezember die Polizei versuchte sie gefangen zu nehmen, und sie dabei von ihnen vom dritten Stock eines Hauses gestoßen wurde, wobei ihre Hüfte verletzt wurde. Danach musste sie ein halbes Jahr mittellos umher ziehen, ohne Familie, ohne Freunde, bis sie im Juli diesen Jahres wieder gefangengenommen wurde. Beide Schwestern haben eine Tochter die zur Schule geht. Meine Mutter ist jetzt 73 Jahre alt und die Arme weiß nicht, was mit ihren Töchtern geschehen ist. Seit Dezember letzten Jahres hat sie die beiden nicht gesehen und immer fragt sie, wohin sie gegangen sind und warum sie so beschäftigt sind. Keiner will ihr die Wahrheit sagen, aus Angst, dass sie mit der schrecklichen Situation nicht umgehen kann. Wir haben uns drei Jahre nicht gesehen, und jedes Mal, wenn ich anrufe fragt sie, wann ich nach Hause komme.

Vor der Verfolgung waren wir eine sehr glückliche Familie. Wenn ich aus Peking oder Dublin in den Ferien nach Hause fuhr, kamen immer auch meine Schwestern und mein Bruder, um ein paar Tage mit uns zusammen zu sein und die Zeit mit uns zu genießen. Nachdem mein Vater im September 1998 gestorben war, war meine Mutter sehr einsam. Und nun fehlen in ihrem Leben die Töchter. Ihr Sohn wird ständig verfolgt und gefoltert (mein Bruder wurde schon mehrmals verhaftet, er ist auch Falun Gong Praktizierender), eine andere Tochter (ich) lebt Tausende von Meilen entfernt und wird vielleicht nie wieder gesehen. Meine Familie ist nur ein Beispiel von Millionen verfolgter Familien in China. Vielen Familien geht es schlechter als uns. In einer Familie in der Provinz Hubei starben Sohn (Peng Min, gestorben am 6. April 2001) und Mutter (Li Yingxiu, gestorben im Mai 2001). Beide wurden zu Tode gefoltert. Die anderen Familienmitglieder (Vater, noch ein Sohn und eine Tochter) befinden sich entweder in Gefängnissen oder Arbeitslagern. Wang Lixuan und ihr 8 Monate altes Baby wurden im Arbeitslager zu Tode gefoltert. In vielen anderen Familien werden die Eltern gefangengenommen und die Kinder sind alleine zu Hause und haben niemanden der sich um sie kümmert.

Ich weiß nicht, was ich den Menschen noch sagen kann, "Bitte helfen Sie diesen unschuldigen Menschen in China. Für Sie scheint es nur ein Wort zu sein, aber es könnte sie davor retten, entführt, gefoltert oder ermordet zu werden."

Dai Dongxue
03.09.2001

Übersetzt aus: http://www.clearwisdom.net/emh/articles/2001/9/4/13531p.html