In These Times: Überraschung Shanghai - Hinter schillernder Fassade verschlimmern sich die Menschenrechtsverletzungen in China


Auf einer Straße mitten in Shanghai, schlenderte ich in ein zwanzigstöckiges Gebäude, um sein Inneres zu bewundern. Drinnen zeigte sich eine Szene, die all jene, die vor fünf Jahren hier waren, schockiert hätte. Das Erdgeschoss des Gebäudes war in ein Börsenlokal umgewandelt worden und Hunderte von gewöhnlichen Chinesen schlossen wild Wetten auf der lokalen Börse ab.

Aber diese Szene, ähnlich dem Alltag in den Finanzhauptstädten wie New York oder Tokyo, ist kaum vergleichbar mit den Freiheiten, die sich Menschen in China wünschen würden. In den letzten Jahren haben sich multinationale Unternehmen zuhauf in Chinas ausgebreitet, das Land ist der Welthandelsorganisation beigetreten, und Peking hat ausländische PR-Spezialisten angeheuert, um das Image des Landes im Vorfeld der Olympiade 2008 neu zu verpacken. Aber neben ökonomischer Liberalisierung haben sich die Menschenrechte aktuell verschlechtert. Ein Wiederaufleben des Religiösen, Arbeiterproteste und Internetcafes - in der Tat, alles was die Regierung als Gefahr für die Autorität ansieht - hat eine Welle von oft brutalen Niederschlagungen nach sich gezogen.

An der Oberfläche scheint China ein Platz rapiden Wechsels zu sein, besonders für Ausländer, die sich in aufblühenden östlichen Städten wie Shanghai aufhalten. Als Heimat von knapp einem Fünftel der chinesischen Bevölkerung, befinden sich in diesen Städten die Mehrheit an Starbucks, Mobilphone-Kiosks und Börsen. Sie scheinen voll zu sein von jungen Chinesen, die gegen die sozialen Grenzen angehen. „Es gibt definitiv ein öffentliches Image vom östlichen China, das sehr reizvoll sein könnte, insbesondere für ausländische Geschäftsleute, die keinen tieferen Blick wagen wollen,“ sagt Mike Jendryzcek von Human Rights Watch in Washington.

13 Jahre nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens hat sich die Aufmerksamkeit der Welt von den Verletzungen in China abgewendet. Viele frühere Dissidenten sind zurückgekehrt, unwillig, über ihre Vergangenheit zu sprechen; einer der führender Protestler von 1989, Ya-Qin Zhang, ist nun Chef des Forschungszentrums von Microsoft in China. Im letzten Jahrzehnt hat Chinas Geheimpolizei die Netzwerke von Andersdenkenden, die dem Wesen Informationen geliefert hatten, zerbrochen, und heute ist die beste Quelle für Nachrichten über Menschenrechte ein Mann in China, Frank Lu Siqing, der von seinem kleinen Apartment in Hongkong aus eine Kontrollorganisation führt.

Die gegenwärtige Gruppe der chinesischen Führer ist laut Aussagen von Menschenrechtsexperten weniger tolerant als die frühere Generation unter Deng Xiaoping und, für eine zeitlang, Zhao Ziyang, ein Reformer, der nach den Massakern auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 unter Arrest gestellt wurde. (Zhao blieb eingesperrt aus Angst, er könnte zur Anlaufstelle für Reformer werden.) Laut He Qinglian, einem bekannten chinesischen Journalisten, hat sich diese gegenwärtige Führungsgeneration unter Jiang Zemin ihre politischen Zähne 1998 abgewetzt, als sie davon überrascht wurden, wie schnell Proteste in eine landesweite Antiregierungsbewegung münden können. Als Ergebnis haben Jiang und seine Kohorten eine nahezu irrationale Angst vor Bewegungen entwickelt, die danach streben, eine nationale Mitgliedschaft zu gründen. Gar nicht überraschend hat Jiang der Volksbefreiungsarmee, Chinas ultimativer Waffe gegen Proteste, eingeräumt, mehr Einfluss gegenüber inneren Angelegenheiten geltend zu machen. Auch hat Jiang die Stärke der paramilitärischen Volksarmeepolizei erhöht.

In der Tat bezweifeln einige Experten, dass die nächste Generation der kommunistischen Parteiführer an die Macht kommen wird. Während sich Jiang auf seinen Besuch der USA im Oktober vorbereitet, erhöhen sich in Peking die Spekulationen, dass der 76 Jahre alte Präsident nicht wirklich dazu gewillt ist, seine Führungstitel über Partei und Armee abzugeben. Angeblich hat Jiang seine Unterstützer in der Partei schon darauf vorbereitet, ihn für eine weitere Periode als Armeechef zu wählen, auch wenn der mögliche Amtsnachfolger Hu Jintao als Thronerbe Jiangs gilt.

Über den totalen Krieg gegen Falun Gong, einer spirituellen [Bewegung], wurde viel berichtet. Aber weniger erwähnt wurde, dass Pekings Sicherheitsapparat Falun Gong Anhänger routinemäßig gefoltert und ermordet hat. Es wurde berichtet, dass die chinesischen Behörden Hunderte von Falun Gong Befürwortern in psychiatrische Anstalten gesperrt haben und sie mit Drogen zwangsbehandelt hat; dass weitere Tausende mehr in dem weltgrößten System von Arbeitslagern festgehalten werden; und dass sogar mehrere Falun Gong Praktizierende exekutiert worden sind.

Details über die Exekutionen in China schockieren: Laut Wang Guoqi, einem Pathologen, der früher in einem chinesischen Armeehospital gearbeitet hatte, entnehmen Ärzte für gewöhnlich die Organe der hingerichteten Gefangenen, von denen keiner der Organentnahme zugestimmt hatte. Er berichtete von einem Arzt, der eine Niere entfernte, als der Gefangene, der den ersten Schuss überlebt hatte, noch atmete. Nachdem das Organ entnommen war, wurde der Verurteilte zum Sterben zurückgelassen.

China hat den Kampf gegen Falun Gong über seine Grenzen hinaus ausgedehnt. Peking verlangte von Kambodscha, Falun Gong Praktizierende, die nach Phnom Penh geflohen waren, auszuliefern und hat seine Konsulate in Amerika dazu benutzt, Hass auf Falun Gong Anhänger zu schüren. Ein Falun Gong Anhänger in Washington beklagt, chinesische Agenten hätten seine Privatgespräche aufgenommen und die Aufnahmen auf seinen Anrufbeantworter gespielt, um ihn einzuschüchtern. Peking dürfte auch die Haltung der Hongkonger Regierung und Medien gegenüber Falun Gong beeinflusst haben. Im April wurde der Chef des Pekinger Büros der South China Morning Post, Hongkongs führender englischsprachiger Zeitung, Jasper Becker, der mehrere Storys über Falun Gong geschrieben hatte, plötzlich entlassen. Dann im August, befand ein Hongkonger Gericht Anhänger von Falun Gong schuldig, eine „öffentliche Behinderung“ verursacht zu haben, während sie dort vor dem Verbindungsbüro der chinesischen Regierung protestiert hatten.

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Trotz der brutalen Kampagnen gegen Falun Gong und die Uigurischen Muslime, fürchtet Peking wohl am Meisten christliche evangelische Gruppen auf dem Land, seit evangelische Aufstände dabei halfen mehrere pre-kommunistische Regierungen zu stürzen. „Die Anzahl von Christen in China wächst stark, und die Regierung weiß das und ist aufgeregt,“ sagt Joseph Kung, Präsident der Kardinal Kung Vereinigung, einer gemeinnützigen Organisation in Connecticut, die die katholische Kirche in China unterstützt.

Die letzten drei Jahre über hatten die Behörden der öffentlichen Sicherheit prominente Sekten wie ‚Eastern Lightning‘ und die ‚Church of God‘, wie auch Untergrundkatholiken, die Verbindung zum Vatikan haben, im Visier.(Das offiziell atheistische Peking sponsert eine staatliche katholische Kirche, die den Papst nicht anerkennt.) Peking hat verstärkt Christen der Hauptströmung gegen charismatische evangelische Bewegungen bevorzugt, erlaubte mancher protestantischen Bewegung ihren Gottesdienst, wenn sie mit den Sicherheitskräften zusammenarbeitete bei der Ausrottung anderer Sekten. Mehr noch, eine Serie von regierungseigenen Dokumenten aus den Jahren zwischen 1999 und 2001 (und aus dem Land geschmuggelt) legen systematische Anstrengungen, Mitglieder evangelischer Kirchen zu inhaftieren oder zu töten, offen. (Eines der in den Dokumenten angeführten „Verbrechen“ der Evangelisten ist, „für den Weltfrieden zu beten.“) Dagegen haben Anhänger von Untergrundsekten Menschenrechtsorganisationen berichtet, dass sie von Sicherheitskräften mit Stöcken oder Elektrostößen an ihren Genitalien misshandelt worden seien.

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Den vollständigen Artikel finden sie unter: http://www.inthesetimes.com/issue/26/24/feature1.shtml