Den Fehler bei mir selber suchen und barmherzig auf mein Gegenüber zugehen

Wir Praktizierende investieren einen großen Teil unserer Freizeit, um den Menschen die wahren Sachverhalte über die grausame Verfolgung in China zugänglich zu machen. Wir verteilen Infomaterial, sammeln Unterschriften, entwerfen Zeitungen... Dabei pflegen wir untereinander intensive Kontakte, um Meinungen auszutauschen, wie man etwas noch besser machen kann, oder welche neuen Ideen man hat.

Viele Dinge werden über Email ausgetauscht. Dabei passiert es manchmal, dass man das, was der anderen geschrieben hat, nicht gut findet. Man fühlt sich deshalb im Herzen nicht ausgeglichen. Mir ist es schon oft so gegangen, dass ich, weil ich etwas vielleicht falsch verstanden hatte, oder etwas nicht gut fand, was der andere mir gesagt hat, eine Art Abneigung gegenüber diesem Praktizierenden gebildet habe. Ich urteilte willkürlich über ihn und wenn das dann öfter passierte, konnte es sogar geschehen, dass ich eine Anschauung gegenüber diesem Praktizierenden entwickelte. So dachte ich vielleicht, dieser Praktizierende ist eingebildet, oder er hat kein richtiges Verständnis gegenüber einer bestimmten Angelegenheit... Es ging sogar so weit, dass ich für jeden Praktizierenden sofort ein Klischee bereit hatte, in das ich ihn stecken konnte.

Unser Lehrer schreibt im Lunyu, der Einführung des Buches „Zhuan Falun“, dass wir unsere normale Mentalität abstreifen müssen, sonst würden wir uns nur innerhalb des durch unsere Ignoranz gezeichneten Kreises bewegen. Eigentlich habe ich genau das gemacht, indem ich die anderen so auf das bisschen, das ich an ihnen gesehen hatte, reduziert habe.

Unser Lehrer hat erst kürzlich wieder davon gesprochen, dass wir „unsere eigenen Probleme rechtzeitig beseitigen“ sollen ( Artikel: „Aufrichtige Gedanken“). Dabei sticht mir dieses Wort „rechtzeitig“ ins Auge. Ich habe festgestellt, dass ich gleich nachfragen kann, wie der andere das nun gemeint hat, wenn ich mir bei etwas unsicher bin. Ich brauche doch gar nicht so lange zu warten, bis sich bei mir diese Anschauung festgesetzt hat. In den letzten Tagen konnte ich bei mir feststellen, wie sich jeder Widerspruch sehr schnell aufgelöst hat, wenn ich ihm keinen Raum gelassen habe und mein Problem, das ich mit meinem Gegenüber hatte, sofort gemeinsam ausgeräumt habe. Ich habe gelernt, den Fehler bei mir selber zu suchen und barmherzig auf mein Gegenüber zuzugehen - und vor allem auch nachsichtig.

Praktiziere ich diese Haltung, so habe ich „... eine Pufferzone, einen Spielraum zum Nachdenken, wenn die Probleme plötzlich auftauchen.“ (Zhuan Falun, Kapitel 4, 2. Die Umwandlung des Karmas)

So lege ich jetzt noch mehr Wert darauf, auch scheinbare Kleinigkeiten zu beachten, mich zu bedanken, höflich zu bitten, wenn ich Hilfe brauche und einfach respektvoller mit meinen Mitmenschen umzugehen. Ich versuche, auf eMails immer schnell zu antworten, auch wenn die Antwort nur kurz ist, gleichzeitig bleibe ich auch geduldig, wenn meine eMails nicht so zügig, oder überhaupt nicht beantwortet werden. Denn ich weiß nie den wahren Hintergrund, warum einer jetzt nicht antwortet – und so denke ich an den „Spielraum“ und an unsere drei Prinzipien, „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht“, die mich auf meinem Weg begleiten.

Ich danke allen Praktizierenden, die mir jeden Tag dabei helfen, meine Eigensinne zu erkennen und zu beseitigen.

Rubrik: Meinungsforum